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VwGH 27.06.2019, Ro 2018/15/0020

VwGH 27.06.2019, Ro 2018/15/0020

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ABGB §6
VwRallg
RS 1
Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vgl. ; , 2009/15/0168, und , 2008/15/0193). Dies gilt sinngemäß auch für die Auslegung einer Verordnungsregelung.
Normen
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs1
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs2 Z2 idF 2015/118
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §6
RS 2
Abgabengegenstand der Grazer Lustbarkeitsabgabe sind nach § 1 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 2003 (LustAbgO) die in Graz abgehaltenen Veranstaltungen. Wenn § 4 LustAbgO daher von einem "Jahresumsatz" spricht, kann damit von vornherein weder der "österreichweit" von der Veranstalterin mit Filmvorführungen erzielte Umsatz gemeint sein noch die auf die einzelne Filmvorführung entfallenden Einnahmen. Aus § 6 Stmk. LustbarkeitsabgabeG 2003 ergibt sich das Erfordernis der Zusammenfassung der in einem Monat stattgefundenen Filmvorführungen. Ob dabei auf das gesamte Gebiet der Stadt Graz, auf den einzelnen Standort oder auf den einzelnen Kinosaal abzustellen ist, erschließt sich aus Wortsinn und der Systematik der gegenständlichen Bestimmungen nicht.
Normen
LichtspielG Stmk 1983 §25
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs1
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs2 Z2 idF 2015/118
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4
RS 3
§ 4 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 2003 sieht - innerhalb des vom Landesgesetzgeber gezogenen Rahmens - einen mit der Höhe des Jahresumsatzes steigenden Abgabesatz vor. Die Bestimmung trägt der höheren Leistungsfähigkeit größerer Veranstalter Rechnung. Die mit dem Steiermärkischen Lichtspielgesetz 1983 (LSG) an die Veranstalter gestellten Anforderungen an die baulichen Anlagen der Betriebsstätte (vgl. § 25 LSG) sprechen dafür, die Höhe der am einzelnen Standort erzielten Umsätze als Indikator für die Leistungsfähigkeit des Veranstalters heranzuziehen. Wollte man nämlich die Umsätze des einzelnen Kinosaales zum Bezugspunkt des anzuwendenden Abgabesatzes machen, würde außer Acht gelassen, dass im Falle des Zusammenschlusses mehrerer Kinosäle an einem Standort (Kinocenter) die nach dem LSG vorgeschriebenen Einrichtungen gemeinsam genutzt werden können und daher die mit dem einzelnen Kinosaal erzielten Einnahmen nur in einem geringeren Ausmaß mit Ausgaben belastet sind als dies bei einem nicht in einem Verbund stehenden Kinosaal der Fall ist. Ein derartiges Verständnis der gestaffelten Abgabesätze erwiese sich als nicht sachgerecht. Dem von der Veanstalterin der Filmvorführungen in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellten Umstand des Vorliegens separater Bewilligungsbescheide nach dem LSG kommt demgegenüber keine erkennbare Relevanz im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Veranstalters zu, zumal die Veranstalterin die Ausführungen der Abgabenbehörde, das Vorliegen separater Bewilligungsbescheide habe verwaltungsökonomische Gründe, im Verfahren nicht entkräftet hat.
Normen
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs1
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4
RS 4
Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 2003 in der Fassung der Novelle 2015, Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 13/2015, legt es nahe, dass bei einem bestimmten Jahresumsatz die Abgabe zur Gänze nach dem Prozentsatz zu ermitteln ist, der zu diesem Jahresumsatz normiert ist. Anders als etwa § 33 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2015, der ausdrücklich für die "ersten" und die näher bestimmten weiteren "Einkommensteile" bestimmte Steuersätze normiert, ordnet diese Regelung lediglich bestimmte Umsatzbereiche den jeweiligen Abgabesätzen zu. Bestätigt wird diese Wortlautinterpretation durch die Erläuterungen des Verordnungsgebers zur Novelle 2015.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der C m.b.H. in W, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 61.11-2709/2016-5, betreffend Lustbarkeitsabgabe Jänner bis März 2016 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte der Stadtsenat der Stadt Graz gegenüber der revisionswerbenden GmbH Lustbarkeitsabgaben für Filmvorführungen nach dem Steiermärkischen Lichtspielgesetz 1983 für die Monate Jänner, Februar und März 2016 fest.

2 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde, in der sie ausführte, dass für eine Zusammenfassung der in den zehn Kinosälen jeweils erzielten Umsätze zur Ermittlung des Abgabesatzes jede rechtliche Grundlage fehle. Es sei für jeden Saal ein eigener Lustbarkeitsabgabesatz zu ermitteln, was sich aus dem Umstand ergebe, dass für jeden der zehn Kinosäle ein eigener Bewilligungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vorliege. Weiters hätte der Vergnügungssteuersatz gestaffelt berechnet werden müssen. Denn es sei nicht sachgerecht, dass bei Überschreiten einer Umsatzschwelle für den gesamten Umsatz insgesamt der höhere Abgabesatz zur Anwendung gelange. 3 In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung hielt der Stadtsenat diesen Ausführungen u.a. entgegen, dass für die zehn Säle zwar hinsichtlich der Vorführ-, Errichtungs- und Benützungsbewilligung separate Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung ergangen seien, dies jedoch nur deshalb, um bei später anfallenden Umbauten eines Kinosaales lediglich den entsprechenden Bescheid abändern zu müssen.

4 In ihrem Vorlageantrag ergänzte die Revisionswerberin, dass weder dem Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetz (im Folgenden LAG) noch der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 2003 (im Folgenden LustAbgO) eine Bestimmung zu entnehmen sei, wonach verschiedene, jeweils gesondert bewilligte Veranstaltungen zusammenzufassen wären. Zur gestaffelten Berechnung des Abgabesatzes wurde bekräftigt, dass sich auf Grund der am in Kraft getretenen Lustbarkeitsabgabe-Verordnungs-Novelle 2015 durch die Ergänzung der "von" Schwellenwerte um "bis" Schwellenwerte eine gestaffelte Berechnung der Lustbarkeitsabgabe ergeben würde. Die in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Neufassung des § 4 Abs. 2 LustAbgO sei erst am in Kraft getreten und könne für den hier relevanten Abgabezeitraum nicht angewendet werden.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

6 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das gegenständliche Kino verfüge über einen zentralen Haupteingang und ein Foyer. Aus diesem Foyer gelange man zu allen zehn Kinosälen. Der im Gebäude vorhandene Lift befinde sich direkt im Zentrum der Anlage und befördere Kinobesucher von der Tiefgarage in das Erdgeschoß. Das Obergeschoß sei über eine Rolltreppe erreichbar. Vor Benützung dieser Rolltreppe erfolge die Kontrolle der Kinokarten für die Säle. Das Verlassen des Obergeschoßes sei mittels Lifts sowie Treppe möglich. Die zentrale Kartenverkaufsstelle für alle zehn Kinosäle befinde sich im Foyer. Der im Obergeschoß angesiedelte Barbereich sowie sämtliche WC-Anlagen seien für Besucher aller Säle gemeinsam benutzbar. Die Fluchtwege seien auf Grund von Fluchtwegstromanalysen und Personenstromanalysen so aufgebaut, dass bei einer notwendigen Evakuierung ein reibungsloser Abgang der Besucher aller Säle gewährleistet sei.

7 Zur Frage, ob die Umsätze der einzelnen Kinosäle zwecks Ermittlung des Abgabesatzes zusammenzurechnen oder getrennt zu betrachten seien, führte das Verwaltungsgericht aus, entgegen der Ansicht der Revisionswerberin könne aus dem Umstand des Vorliegens getrennter Bewilligungsbescheide für die einzelnen Kinosäle nicht abgeleitet werden, dass die Lustbarkeitsabgabe getrennt für die einzelnen Kinosäle zu bemessen sei. Vielmehr spreche § 3 Abs. 1 LAG, wonach abgabepflichtig der Unternehmer der Veranstaltung sei, sowie § 3 Abs. 2 LAG, wonach Unternehmer die Person sei, auf deren Namen oder Rechnung die Veranstaltung durchgeführt werde, dafür, dass ein Multiplexkino für den Tarif als Einheit zu sehen sei. Dafür spreche auch, dass in § 4 Abs. 6 Steiermärkisches Lichtspielgesetz (im Folgenden LSG) für eine Betriebsstätte in Klammer das Wort "Standort" genannt sei. Weiters habe nach § 25 Abs. 1 LSG die Betriebsstätte "zumindest einen Zuschauerraum, einen Warteraum, einen Vorführraum" zu umfassen. Ferner lasse sich für eine Einheit eines Kinobetriebes § 4 Abs. 2 LustAbgO ins Treffen führen, wonach der Gesamtjahresumsatz des Vorjahres des abgabepflichtigen Unternehmens heranzuziehen sei. Gegenständlich liege eine Betriebsstätteneinheit vor. Dies habe zur Folge, dass der Jahresumsatz 2015 aller zehn Kinosäle zusammenzurechnen sei. 8 Zum Streitpunkt der gestaffelten Berechnung des Abgabesatzes wird vom Verwaltungsgericht ausgeführt, § 4 Abs. 1 LustAbgO habe bis zum vorgesehen, dass ab dem jeweiligen Erreichen des Grenzsatzes des Jahresumsatzes für den Gesamtbetrag der jeweils höhere Abgabesatz zu entrichten sei. Mit der Novelle vom sei die Bestimmung dahingehend geändert worden, dass innerhalb eines bestimmten Jahresumsatzes ("von ... bis ...") der Abgabesatz zu entrichten sei. Würde man der Auffassung der Revisionswerberin folgen, so käme bei einem Gesamtnettojahresumsatz von 5,156.575,68 EUR für das Jahr 2015 statt eines Abgabesatzes von 10 % ein Abgabesatz von 9,22 % zur Anwendung. Die neue Textierung des § 4 Abs. 1 LustAbgO könne einerseits so verstanden werden, dass der Jahresumsatz nach jenem Abgabesatz zu berechnen sei, in den er bei den Rahmenbeträgen falle. Andererseits könnte man die Textierung auch so auffassen, dass eine gestaffelte Berechnung des Jahresumsatzes entsprechend den angeführten Rahmenbeträgen zu erfolgen habe; also für die ersten 135.000 EUR ein Steuersatz von 0,5 %, für die folgenden

134.999 EUR ein solcher von 2 %, usw. für die Berechnung der Lustbarkeitsabgabe heranzuziehen sei. Durch die Einfügung der

Wortfolgen: "von ... bis ..." sei es zu einer unklaren Regelung

gekommen.

9 Nachdem die wörtliche Auslegung der strittigen Norm nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führe, sei zu prüfen, welche Absicht der Verordnungsgeber bei der Erlassung der Bestimmung gehabt habe. In dem Bericht an den Gemeinderat vom betreffend die Änderung der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 2003 heiße es u. a.:

"Bei der Abgabe auf Filmvorführungen gibt es derzeit eine Staffelung, deren Untergrenzen seit 1986 unverändert sind. Um insbesondere die ‚innerstädtische Kinolandschaft' (...) steuerlich zu entlasten, sollen die Umsatzstufen im Ausmaß der bisherigen Veränderung des Verbraucherpreisindexes (VPI) aktualisiert werden. Die so notwendige Anpassung beträgt 84,8 % (...)."

10 Aus diesen erläuternden Bemerkungen ergebe sich, dass eine steuerliche Entlastung ausschließlich durch die Anhebung der Untergrenze der Umsatzstufen habe erfolgen sollen. So komme der Abgabesatz von 10 % statt wie früher bei einem Jahresumsatz über 365.000 EUR nunmehr erst bei einem Jahresumsatz von über 675.000 EUR zur Anwendung. Dass zusätzlich durch eine gestaffelte Berechnung eine weitere steuerliche Entlastung habe herbeigeführt werden sollen, sei dem Bericht an den Gemeinderat nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.

11 Der Verordnungsgeber habe rasch erkannt, dass der Wortlaut des § 4 Abs. 1 LustAbgO idF der Novelle 2015 unterschiedlich interpretiert werden könne und habe sich schon am veranlasst gesehen, neuerlich eine Novelle zu verabschieden, in der bei Beibehaltung des Wortlautes des § 4 Abs. 1 LustAbgO klargestellt worden sei, dass bei Überschreiten einer Umsatzgrenze der dann maßgebende Abgabesatz für den Gesamtumsatz gelte. 12 Da die Lustbarkeitsabgabe für die Monate Jänner bis März 2016 nur zu einem Teil entrichtet worden sei, habe der Stadtsenat die Lustbarkeitsabgabe zu Recht mit Bescheid vorgeschrieben.

13 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei zulässig, weil es zu beiden gegenständlich strittigen Themenbereichen an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

14 Die Revisionswerberin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , E 1448/2017-5, abgelehnt und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom , E 1448/2017- 7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die sodann erhobene Revision nach Vorlage der Verfahrensakten und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erwogen:

16 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen zulässig.

17 Das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabegesetz 2003, LGBl. Nr. 50/2003 idF LGBl. Nr. 118/2015, lautet auszugsweise:

"§ 1

Geltungsbereich und Abgabengegenstand

(1) Dieses Landesgesetz legt die Rahmenbedingungen fest, unter denen die Gemeinden berechtigt werden, durch Verordnung (Lustbarkeitsabgabeverordnung) eine Lustbarkeitsabgabe für die Durchführung von Veranstaltungen einzuheben.

(2) Veranstaltungen im Sinne des Gesetzes sind

(...)

2. Veranstaltungen nach dem Steiermärkischen Lichtspielgesetz 1983, LGBl. Nr. 60/1983.

(...)

§ 3

Abgabepflicht und Haftung

(1) Abgabepflichtig ist der Unternehmer/die Unternehmerin der Veranstaltung

(2) Unternehmer/Unternehmerin ist die Person, auf deren Namen oder Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird; (...)

(...)

§ 4

Ausmaß

(1) Die Gemeinde ist ermächtigt, die Höhe der Abgabe in Prozentsätzen des Eintrittsgeldes bis zum Höchstausmaß von 25 Prozent, bei Filmvorführungen bis zum Höchstausmaß von 10 Prozent festzusetzen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage haben die Umsatzsteuer und die Lustbarkeitsabgabe außer Betracht zu bleiben.

(...)

§ 6

Fälligkeit, Ende der Abgabepflicht

(1) Die Lustbarkeitsabgabe ist bei regelmäßigen Veranstaltungen am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Veranstaltung (Filmvorführung) stattgefunden hat.

(2) Bei fallweisen Veranstaltungen tritt die Fälligkeit zwei Wochen nach Beendigung der Veranstaltung ein.

(...)

§ 7

Abgabenerklärung, Entrichtung

Die Lustbarkeitsabgabe ist, mit Ausnahme des § 4 Abs. 4, eine Selbstberechnungsabgabe und ist spätestens am Fälligkeitstag

unaufgefordert zu erklären und zu entrichten.

§ 11

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten der Gemeinde

sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.

(...)"

18 Die im Revisionsfall maßgebende Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom über die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe, Grazer Lustbarkeitsabgabeor dnung 2003, LustAbgO, lautete in ihrer Stammfassung, Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 25/2003, auszugsweise:

"§ 1

Abgabengegenstand

(1) Für die in Graz abgehaltenen Veranstaltungen wird nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes vom über die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe (Lustbarkeitsabgabegesetz 2003 - LAG), LGBl. Nr. 50/2003, eine Lustbarkeitsabgabe eingehoben.

(2) Nachstehende Veranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 LAG sind abgabepflichtig:

(...)

4. Filmvorführungen nach dem Steiermärkischen

Lichtspielgesetz 1983;

(...)

§ 2

Bemessung der Abgabe

(1) Die Abgabe ist zu bemessen:

(...)

d) für Filmvorführungen gemäß § 1 Abs. 2 Z 4 nach § 4;

(...)

§ 4

Abgabe auf Filmvorführungen

(1) Die Abgabe beträgt bis zu einem Jahresumsatz

von 73.000 Euro 0,5 Prozent

von 146.000 Euro 2,00 Prozent

von 219.000 Euro 4,00 Prozent

von 292.000 Euro 6,00 Prozent

von 365.000 Euro 8,00 Prozent

über 365.000 Euro 10,00 Prozent

des Eintrittsgeldes ausschließlich der Abgabe und der Umsatzsteuer.

(2) Für die gemäß Abs. 1 zur Anwendung gelangenden Abgabesätze ist der Jahresumsatz des Vorjahres heranzuziehen.

(...)"

Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Lustbarkeitsabgabe-Verordnungs-Novelle 2015, Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 13/2015, bekam § 4 Abs. 1 folgende Fassung:

"Die Abgabe errechnet sich vom Eintrittsgeld ausschließlich der Abgabe und der Umsatzsteuer auf Basis folgender Umsatzgrenzen:


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Jahresumsatz
Jahresumsatz
Abgabensatz
 
bis 135.000
0,5 %
von 135.001
bis 270.000
2 %
von 270.001
bis 405.000
4 %
von 405.001
bis 540.000
6 %
von 540.001
bis 675.000
8 %
über 675.000
 
10 %"

Diese Verordnung trat mit in Kraft.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Lustbarkeitsabgabe-Verordnungs-Novelle 2016, Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 2/2016, wurde angeordnet, dass die Umsatzgrenzen des § 4 Abs. 1 Eurobeträge sind und § 4 Abs. 2 lautet:

"Für die gemäß Abs. 1 zur Anwendung gelangenden Abgabesätze ist der Jahresgesamtumsatz des Vorjahres des/der abgabepflichtigen Unternehmers/Unternehmerin heranzuziehen, wobei bei Überschreiten einer Umsatzgrenze der dann maßgebliche Abgabesatz für den Gesamtumsatz gilt."

Diese Verordnung ist mit in Kraft getreten. 19 Die maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Lichtspielgesetzes 1983, LGBl. Nr. 60/1983, lauten auszugsweise:

"§ 2

Bewilligungs- und Anzeigepflicht

(1) Die öffentliche Veranstaltung von Lichtspielen bedarf einer Bewilligung.

(...)

(2) Die Bewilligung zur öffentlichen Veranstaltung von Lichtspielen kann natürlichen und juristischen Personen erteilt werden. (...)

(...)

§ 4

Umfang und Dauer der Bewilligung

(...)

(5) Bewilligungen für eine feste Betriebsstätte sind auf Dauer des vom Bewilligungswerber nachzuweisenden Benützungsrechts an der Betriebsstätte zu erteilen, sofern nicht eine kürzere Dauer beantragt wird.

(6) Die Bewilligung zur Veranstaltung von Lichtspielen darf, abgesehen von den im folgenden bestimmten Ausnahmen, nur für eine bestimmte feste Betriebsstätte (Standort) erteilt werden.

(...)

§ 25

Bauliche Anlage der Betriebsstätte

(1) Die Betriebsstätte hat zumindest einen Zuschauerraum, einen Warteraum, einen Vorführraum und, sofern eine Zentralbatterie verwendet wird, einen Raum für die Batterie der Sicherheitsbeleuchtung zu umfassen. Weiters müssen Räume für sanitäre Anlagen vorhanden sein.

(...)"

20 Die Revision vertritt zur Frage der Zulässigkeit der Zusammenfassung der Umsätze der zehn Kinosäle zu einem Gesamtjahresumsatz - auf das Wesentliche zusammengefasst - die Ansicht, die Frage des Abgabepflichtigen sei strikt von der Frage des Abgabengegenstandes zu unterscheiden. Denn wäre auf den Gesamtumsatz des Unternehmers von Veranstaltungen abzustellen, wären alle von der Revisionswerberin österreichweit veranstalteten Lichtspielvorführungen einzubeziehen. Diese Heranziehung würde bei weitem die Kompetenz der gegenständlichen Gesetz- und Verordnungsgeber überschreiten. Zudem würde die notwendige Kongruenz zwischen LAG und LustAbgO wegfallen. Es entstünde ein unlösbarer kompetenzrechtlicher Widerspruch zwischen den beiden Normen. Bezugspunkt der beiden Normen stellten die "Veranstaltungen" dar. In diesem Sinne bestimme § 6 LAG zur Fälligkeit, dass die Lustbarkeitsabgabe bei regelmäßigen Veranstaltungen am 15. des Monats fällig sei, der dem Monat folge, in dem die Veranstaltung (Filmvorführung) stattgefunden habe. Bei lediglich fallweisen Veranstaltungen trete die Fälligkeit hingegen zwei Wochen nach Beendigung der Veranstaltung ein. Somit lege das LAG selbst bereits das Zusammenfassen von Veranstaltungen fest. Dabei stelle das LAG aber nicht auf eine "Betriebsstätteneinheit", sondern vielmehr auf eine "Veranstaltungseinheit" ab, welche sich an der zugrundeliegenden (Dauer-)Bewilligung zu orientieren habe. Eine Bewilligung nach § 2 Abs. 1 LSG werde für die "öffentliche Veranstaltung" an sich erteilt und nicht für die Betriebsstätte. Bestehe aber eine feste Betriebsstätte, so könnten Bewilligungen nach § 4 Abs. 5 LSG auch auf Dauer erteilt werden. Aus der Zusammenschau von LAG, LustAbgO und LSG, das die Basis für die beiden anderen Normierungen lege, zeige sich, dass bei regelmäßigen Veranstaltungen auf eine "Veranstaltungseinheit" abzustellen sei, welche ihren Rahmen in der jeweils auf sie zugeschnittenen (Dauer-)Bewilligung erfahre. Demzufolge sei auch § 4 Abs. 1 LustAbgO - um keine Widersprüche zwischen den drei genannten Normen zu erzeugen - so auszulegen, dass eine gesonderte Abgabenberechnung für jede der eigenständig bewilligten "Veranstaltungseinheiten" zu erfolgen habe.

21 Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vgl. ; , 2009/15/0168, und , 2008/15/0193). Dies gilt sinngemäß auch für die Auslegung einer Verordnungsregelung.

22 Abgabengegenstand der Grazer Lustbarkeitsabgabe sind nach § 1 LustAbgO die in Graz abgehaltenen Veranstaltungen. Wenn § 4 LustAbgO daher von einem "Jahresumsatz" spricht, kann damit von vornherein weder der "österreichweit" von der Revisionswerberin mit Filmvorführungen erzielte Umsatz gemeint sein noch die auf die einzelne Filmvorführung entfallenden Einnahmen. Wie die Revisionswerberin selbst einräumt, ergibt sich aus § 6 LAG das Erfordernis der Zusammenfassung der in einem Monat stattgefundenen Filmvorführungen. Ob dabei auf das gesamte Gebiet der Stadt Graz (derartiges steht im Revisionsfall nicht in Frage), auf den einzelnen Standort oder auf den einzelnen Kinosaal abzustellen ist, erschließt sich aus Wortsinn und der Systematik der gegenständlichen Bestimmungen nicht.

23 § 4 LustAbgO sieht - innerhalb des vom Landesgesetzgeber gezogenen Rahmens - einen mit der Höhe des Jahresumsatzes steigenden Abgabesatz vor. Die Bestimmung trägt der höheren Leistungsfähigkeit größerer Veranstalter Rechnung. Die mit dem Steiermärkischen Lichtspielgesetz 1983 an die Veranstalter gestellten Anforderungen an die baulichen Anlagen der Betriebsstätte (vgl. § 25 LSG) sprechen dafür, die Höhe der am einzelnen Standort erzielten Umsätze als Indikator für die Leistungsfähigkeit des Veranstalters heranzuziehen. Wollte man nämlich mit der Revisionswerberin die Umsätze des einzelnen Kinosaales zum Bezugspunkt des anzuwendenden Abgabesatzes machen, würde außer Acht gelassen, dass im Falle des Zusammenschlusses mehrerer Kinosäle an einem Standort (Kinocenter) die nach dem LSG vorgeschriebenen Einrichtungen gemeinsam genutzt werden können und daher die mit dem einzelnen Kinosaal erzielten Einnahmen nur in einem geringeren Ausmaß mit Ausgaben belastet sind als dies bei einem nicht in einem Verbund stehenden Kinosaal der Fall ist. Ein derartiges Verständnis der gestaffelten Abgabesätze erwiese sich als nicht sachgerecht. Dem von der Revisionswerberin in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellten Umstand des Vorliegens separater Bewilligungsbescheide nach dem LSG kommt demgegenüber keine erkennbare Relevanz im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Veranstalters zu, zumal die Revisionswerberin die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, das Vorliegen separater Bewilligungsbescheide habe verwaltungsökonomische Gründe, im Verfahren nicht entkräftet hat.

24 Es war daher nicht rechtswidrig, die an dem revisionsgegenständlichen Kinostandort von der revisionswerbenden GmbH insgesamt erzielten Umsätze der Ermittlung des Abgabesatzes nach § 4 Abs. 1 LustAbgO zu Grunde zu legen. 25 Wie schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wendet sich die Revisionswerberin in einem weiteren Revisionspunkt auch gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass § 4 LustAbgO schon in der Fassung der Novelle 2015 so zu verstehen war, dass bei Überschreiten einer Untergrenze der dann maßgebende Abgabesatz für den Gesamtumsatz gilt.

26 Dazu bringt die Revisionswerberin vor, dass Zweifel an einer gestaffelten Berechnungsmethode erst aufgrund der Textänderung des § 4 LustAbgO durch die Novelle 2016 aufkommen könnten. Die Modifizierung des Abs. 2 LustAbgO könne jedenfalls nichts am eindeutigen Regelungsinhalt des Abs. 1 LustAbgO ändern. Ginge man entgegen dem Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin aber davon aus, dass § 4 LustAbgO in der gegenständlich anzuwendenden Fassung der Novelle 2015 eine unklare Norm darstelle, lasse der Bericht an den Gemeinderat vom zur Änderung der Bestimmung eine Begründung fehlen, weshalb die Textierung in "von (...) bis" geändert worden sei. Der weitere Bericht vom , in dem ausgeführt werde, dass mit der Neufassung des § 4 Abs. 1 LustAbgO abgesehen von der Valorisierung keine inhaltliche Änderung gegenüber jenem Rechtszustand beabsichtigt worden sei, wie er bis zum Ablauf des gegolten habe, und die Novelle 2016 erfolge, um diesbezüglich missverständlichen Interpretationen vorzubeugen, könne keine Rückwirkung auf die mit bereits in Kraft getretene Änderung bewirken.

27 Der Verfassungsgerichtshof hat in dem gegenüber der Revisionswerberin ergangenen Ablehnungsbeschluss vom , E 1448/2017, diese Rechtsansicht der Revisionswerberin nicht geteilt und ausgeführt, dass dem Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Chronologie der Novellen zur LustAbgO nicht entgegengetreten werde, wenn es in der durch den Gemeinderatsbeschluss der Stadt Graz vom erfolgten Einfügung des letzten Halbsatzes eine "authentische" Interpretation durch die Verordnungsgeberin erblicke, die mit der Novelle zum Ausdruck bringe, § 4 Abs. 2 der LustAbgO sei schon in der Fassung vom so zu verstehen gewesen, dass bei Überschreiten einer Umsatzgrenze der dann maßgebliche Abgabesatz für den Gesamtumsatz gelte. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin lasse sich aus dem Einkommensteuergesetz 1988 kein verfassungsrechtliches Prinzip ableiten, welches die Verordnungsgeberin bei Festlegung eines progressiven Tarifs zu einer nach den Tarifstufen progressiven Staffelung verpflichten würde.

28 Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes legt es der Wortlaut des § 4 Abs. 1 LustAbgO in der Fassung der Novelle 2015 nahe, dass bei einem bestimmten Jahresumsatz die Abgabe zur Gänze nach dem Prozentsatz zu ermitteln ist, der zu diesem Jahresumsatz normiert ist. Anders als etwa § 33 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2015, der ausdrücklich für die "ersten" und die näher bestimmten weiteren "Einkommensteile" bestimmte Steuersätze normiert, ordnet die revisionsgegenständliche Regelung lediglich bestimmte Umsatzbereiche den jeweiligen Abgabesätzen zu. Bestätigt wird diese Wortlautinterpretation durch die Erläuterungen des Verordnungsgebers zur Novelle 2015. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn das Verwaltungsgericht § 4 LustAbgO schon in der Fassung vom den Inhalt beigemessen hat, wie er mit der Novelle 2016 seine Klarstellung gefunden hat. 29 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am

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Normen
ABGB §6
LichtspielG Stmk 1983 §25
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs1
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §1 Abs2 Z2 idF 2015/118
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §6
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018150020.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-48153