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VwGH 22.10.2019, Ro 2018/10/0044

VwGH 22.10.2019, Ro 2018/10/0044

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art133 Abs4
SHG Wr 1973 §25
SHG Wr 1973 §26 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1
RS 1
Dafür, ob ein Einkommen den Anspruch auf Sozialhilfe mindern oder

zum Erlöschen bringen kann, ist das "tatsächliche" Einkommen des

Hilfeempfängers wesentlich. Dieses kann nur ein solches sein, das

zur Befriedigung des Lebensbedarfs des Hilfeempfängers zur

Verfügung steht (Hinweis E , 97/08/0017). Es ist daher

grundsätzlich von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen,

der alle Einkünfte des Hilfe Suchenden umfasst, gleichgültig aus

welchem Titel sie ihm zufließen (Pfeil, Österreichisches

Sozialhilferecht, Seite 408 mwN; E , 942 ff/49,

VwSlg 930 A/1949). Nur die zur Erzielung der Einkünfte

erforderlichen Aufwendungen und echte (das heißt nicht

pauschalierte oder bloß - etwa aus steuerlichen Gründen - so

bezeichnete) Aufwandsentschädigungen, die einem Arbeitnehmer vom

Arbeitgeber für tatsächlich getätigte Auslagen gewährt werden,

dürfen als Einkünfte unberücksichtigt bleiben (Pfeil aaO).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 97/08/0101 E RS 1
Normen
B-VG Art133 Abs4
SHG Wr 1973 §25
SHG Wr 1973 §26 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1
RS 2
Im Verfahren betreffend Kostenersatz sind Kreditrückzahlungen, die in Form von Schuldzinsen mit Einnahmen aus Vermietung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen - wie auch andere zur Erzielung der Miete erforderliche Ausgaben - von den Mieteinnahmen in Abzug zu bringen (vgl. ).
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a
RS 3
Wird in der Zulässigkeitsbegründung des VwG das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom VwG angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2016/03/0028 B RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des W S in N, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Am Kirchenplatz, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien

vom , Zl. VGW-141/028/16378/2017-15, betreffend Kostenersatz nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: Fonds Soziales Wien in 1030 Wien, Guglgasse 7-9), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Revisionswerber verpflichtet, Kostenersatz für entstandene Kosten der Pflege und Betreuung "aufgrund hinreichenden Einkommens" in näher genannter Höhe zu leisten. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 25, 26 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) genannt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom wurde eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

3 Den zuletzt genannten Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es - soweit ersichtlich - an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, "in welchem Ausmaß Kostenersatz aus Einkommen in einem Fall zu leisten ist, in dem der Kostenersatzanspruch des Sozialhilfeträgers mit den Ansprüchen eines Sachwalters auf Entschädigung konkurriert mit der Besonderheit, dass sich ein Großteil der Entschädigung des Sachwalters nicht auf Grundlage des Einkommens sondern des vorhandenen Vermögens bestimmt". 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

5 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. 6 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen.

7 Die Revision ist unzulässig:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemal3 Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. ; , Ro 2017/10/0002; , Ro 2017/10/0031). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzun gen einer Revision (vgl. ; , Ro 2016/01/0011; , Ro 2015/05/0018). 11 Mit der oben wiedergegebenen Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes wird eine im Revisionsfall relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt:

12 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den sozialhilferechtlichen Bestimmungen der Länder ist mangels einer (anderslautenden) Begriffsbestimmung im jeweiligen Landesgesetz von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen, der alle Einkünfte des Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen (vgl. ; , Ra 2017/10/0060; , 2006/10/0260; , 2005/10/0187). Dies wurde auch zum WSHG bereits ausgesprochen (vgl. ; , 98/03/0216). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, unterliegt demnach auch ein aus Mieteinnahmen erzieltes Einkommen grundsätzlich der Ersatzpflicht nach § 26 Abs. 1 Z 1 WSHG. Eine Norm des Inhalts, dass im Umfang der Entschädigung des Sachwalters "kein Einkommen" im Sinne des WSHG bzw. dass insoweit - in der Formulierung des Verwaltungsgerichtes - "eine gegenüber dem Kostenersatz gemäß § 26 WSHG bevorrechtete Forderung" vorläge, ist dem WSHG nicht zu entnehmen. Gegenteiliges wird auch vom Revisionswerber nicht behauptet.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits darauf hingewiesen, dass nur die zur Erzielung der Einkünfte erforderlichen Aufwendungen als Einkünfte unberücksichtigt bleiben dürfen, etwa echte, d.h. nicht pauschalierte oder bloß - etwa aus steuerlichen Gründen - so bezeichnete Aufwandsentschädigungen, die einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber für tatsächlich getätigte Auslagen gewährt werden (vgl. das oben genannte Erkenntnis , mit Verweis auf ). Ebenso sind Kreditrückzahlungen, die in Form von Schuldzinsen mit Einnahmen aus Vermietung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen - wie auch andere zur Erzielung der Miete erforderliche Ausgaben - von den Mieteinnahmen in Abzug zu bringen (vgl. ). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen, wenn es - in der Revision unbestritten - derartige Aufwendungen (hier: die Kosten für die Gebäudeverwaltung) einkommensmindernd berücksichtigt hat. Dass aber die Aufwendungen für den Sachwalter zur Erzielung der hier in Rede stehenden Mieteinkünfte erforderlich gewesen wären, ist weder ersichtlich noch wurde Derartiges in der Revision behauptet. Eine im Revisionsfall relevante grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes daher nicht aufgezeigt.

14 Der Revisionswerber führt in seiner Zulässigkeitsbegründung aus, die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes möge "schon stimmen", gehe aber "am konkreten Fall vorbei". In Wahrheit liege die erhebliche Rechtsfrage darin, dass "das Verwaltungsgericht trotz der eindeutigen Formulierung des § 34 EStG 1988 die Entschädigung des Sachwalters und den dadurch gemäß § 32 IV TP 7 Z I lit. c Z 2 GGG ausgelösten Gebührenanspruch des Bundes nicht als außergewöhnliche Belastung erkannt und trotz der eindeutigen Definition des Einkommens in § 2 Abs. 2 EStG 1988 nicht erkannt" habe, dass "die Einkünfte des Revisionswerbers aus Vermietung und Verpachtung um diese außergewöhnliche Belastung zu kürzen" seien, um das Einkommen zu ermitteln. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes stehe insofern im Widerspruch "zur völlig eindeutigen Rechtslage".

15 Soweit der Revisionswerber damit offenbar davon ausgeht, dem WSHG sei der Einkommensbegriff des § 2 Abs. 2 EStG 1988 zu Grunde zu legen, trifft dies nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu. Maßgeblich ist nach dieser Rechtsprechung das "tatsächliche" Einkommen des Hilfeempfängers, das zur Befriedigung des Lebensbedarfes des Hilfeempfängers zur Verfügung steht, wobei von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen ist, der alle Einkünfte des Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen. Mit seiner Ansicht, dass die Aufwendungen für den Sachwalter in einem Fall wie dem vorliegenden - wie bereits ausgeführt - nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist das Verwaltungsgericht daher nicht von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Damit wird auch in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision keine im Revisionsfall relevante grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt.

16 Wird aber in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. ; , Ro 2018/03/0029; , Ro 2016/03/0028).

17 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

19 Der mitbeteiligten Partei war kein Schriftsatzaufwand zuzuerkennen, weil ihre Revisionsbeantwortung nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht wurde (vgl. § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
B-VG Art133 Abs4
SHG Wr 1973 §25
SHG Wr 1973 §26 Abs1 Z1
VwGG §25a Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018100044.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-48140