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VwGH 21.11.2018, Ro 2018/03/0049

VwGH 21.11.2018, Ro 2018/03/0049

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Der dem (für die "ordentliche" Gerichtsbarkeit geltenden) Art. 87 Abs. 3 B-VG nachgebildete Art. 135 Abs. 3 B-VG statuiert auch für die VwG den "Grundsatz der festen Geschäftsverteilung". Diese Einrichtung steht (ua) auch im engen Zusammenhang mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter iSd Art. 83 Abs. 2 B-VG. Im Geltungsbereich des verfassungsgesetzlich geregelten Prinzips der festen Geschäftsverteilung bedeutet diese Garantie auch das Recht auf eine Entscheidung durch den gemäß der Geschäftsverteilung zuständigen Organwalter; in diesem Sinne handelt es sich bei der Geschäftsverteilung um eine zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift (Hinweis E ua, VfSlg 19556; E , VfSlg 19514; E , VfSlg 19764).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/21/0032 E RS 1
Normen
RS 2
Der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung gilt für die Aufteilung der von den VwG zu besorgenden Geschäfte "auf die Einzelrichter und Senate" (Art. 135 Abs. 2 B-VG).
Normen
RS 3
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde bzw. die Entscheidung eines VwG verletzt, wenn die Behörde bzw. das VwG eine ihr bzw. ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehmen oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnen und damit eine Sachentscheidung verweigern (vgl. idZ etwa , VfSlg. 20.158; ).
Normen
RS 4
Die feste Geschäftsverteilung (als zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift) begründet ein auf den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit gerichtetes Recht (vgl. etwa VwGH (verstärkter Senat) , 658/63, VwSlg. 6505 A). Die Einhaltung der Zuständigkeitsregelungen stellt eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung dar ().
Normen
RS 5
Entscheidet ein nach der Geschäftsverteilung des VwG nicht zuständiger (Einzel-)Richter, so führt dies im Revisionsverfahren vor dem VwGH zur Aufhebung der Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des VwG (vgl. , mwH).
Normen
RS 6
Das Recht auf Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit steht vor einem VwG lediglich den Parteien eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu (vgl. etwa ). Das revisionserhebende Mitglied des VwG kann derart in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ihm selbst als Richter im Zusammenhang mit seiner Prüfung der geschäftsverteilungskonformen Gerichtszuständigkeit ein solches Recht auf Handhabung einer der Geschäftsverteilung des VwG entsprechenden Aufteilung der richterlichen Geschäfte zusteht. Vielmehr verfügen das VwG und seine Organwalter auch bezüglich der Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeit grundsätzlich nicht über subjektiv-öffentliche Rechte, sondern über behördliche Zuständigkeiten (vgl. idZ etwa ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Mag. DDr. J T in S, vertreten durch Dr. Eva Schulze, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rudolfsplatz 4/1. Stock, gegen eine Erledigung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-PR-895/2018- 7, betreffend Geschäftsverteilung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Mit dem hier bekämpften Schreiben vom teilte der Präsident des Verwaltungsgerichts Wien unter dem Betreff "Antrag auf Feststellung der Unzuständigkeit der Geschäftsabteilung 42 zur Entscheidung über die Beschwerde der ...... gegen den Spruchpunkt II der Bescheidausfertigung des Magistrats der Stadt Wien ......" dem Adressaten dieses Schreibens, einem Mitglied des Verwaltungsgerichts (VwG), mit, dass entgegen dessen Meinung ein Feststellungsbeschluss des Präsidenten nicht zu erlassen sei.

2 In seiner dagegen erhobenen Revision erachtet sich der als Revisionswerber einschreitende Richter in seinem subjektivöffentlichen Recht verletzt, nur im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben (insbesondere des § 7 Abs. 2 iVm § 18 des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG) und der rechtzeitig beschlossenen und ordnungsgemäß kundgemachten Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts Wien) als Richter mit der Behandlung von Geschäftssachen betraut werden zu dürfen und nur im Fall einer rechtmäßigen Zuteilung in der Geschäftssache zu einer bestimmten Geschäftszahl der Gerichtsabteilung 42 zur Behandlung dieser Geschäftssache verpflichtet werden zu dürfen.

3 B. Die Revision ist nicht zulässig. 4 B.a. Der dem (für die "ordentliche" Gerichtsbarkeit geltenden) Art. 87 Abs. 3 B-VG nachgebildete Art. 135 Abs. 3 B-VG statuiert auch für die VwG den "Grundsatz der festen Geschäftsverteilung". Dieser Grundsatz gilt für die Aufteilung der von den VwG zu besorgenden Geschäfte "auf die Einzelrichter und Senate" (Art. 135 Abs. 2 B-VG). Er steht (u.a.) auch im engen Zusammenhang mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter iSd Art. 83 Abs. 2 B-VG (; ). Dieses Recht wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde bzw. die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts verletzt, wenn die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht eine ihr bzw. ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehmen oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnen und damit eine Sachentscheidung verweigern (vgl. idZ etwa , VfSlg. 20.158; ). Im Anwendungsbereich des Prinzips der festen Geschäftsverteilung bedeutet diese Garantie auch das Recht auf eine Entscheidung durch den gemäß der Geschäftsverteilung zuständigen Organwalter; in diesem Sinne handelt es sich bei der Geschäftsverteilung um eine zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift (; ).

5 Diese Rechtsposition begründet ein auf den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit gerichtetes Recht (vgl. etwa VwGH (verstärkter Senat) , 658/63, VwSlg. 6505 A). Die Einhaltung der Zuständigkeitsregelungen stellt eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung dar (). Entscheidet ein nach der Geschäftsverteilung des VwG nicht zuständiger (Einzel-)Richter, so führt dies im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Aufhebung der Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des VwG (vgl. nochmals , mwH).

6 B.b. Das Recht auf Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit steht vor einem VwG aber lediglich den Parteien eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu (vgl. etwa ). Das revisionserhebende Mitglied des VwG kann vorliegend derart in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ihm selbst als Richter im Zusammenhang mit seiner Prüfung der geschäftsverteilungskonformen Gerichtszuständigkeit ein solches Recht auf Handhabung einer der Geschäftsverteilung des VwG entsprechenden Aufteilung der richterlichen Geschäfte zusteht. Vielmehr verfügen das VwG und seine Organwalter auch bezüglich der Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeit grundsätzlich nicht über subjektiv-öffentliche Rechte, sondern über behördliche Zuständigkeiten (vgl. idZ etwa ).

7 C. Da somit der Revisionswerber nicht zur Erhebung einer Revision gegen die von ihm als Entscheidung eingestufte Erledigung legitimiert ist, war diese Revision schon deshalb zurückzuweisen (§ 34 Abs. 1 VwGG;

vgl. idZ , VwSlg. 18.978 A).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §1;
AVG §8;
B-VG Art135 Abs2;
B-VG Art135 Abs3;
B-VG Art83 Abs2;
B-VG Art87 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018030049.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-48130