VwGH 12.02.2021, Ra 2021/04/0008
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | EURallg LVergRG Wr 2020 §31 LVergRG Wr 2020 §8 Abs1 VwGG §30 Abs2 VwGG §30 Abs3 |
RS 1 | Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei als präsumtive Zuschlagsempfängerin) im Vergabeverfahren betreffend einen näher bezeichneten Rahmenvertrag ab. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision war mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Mit Beschluss entschied das Verwaltungsgericht Wien, dass der Revision keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werde. In einem darauffolgenden Schriftsatz beantragte die Revisionswerberin ua., der VwGH möge den vorhin genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß § 30 Abs. 3 VwGG dahin abändern, dass der Auftraggeberin einstweilig, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision, untersagt werde, Einzelverträge über die Lieferung näher bezeichneter Produkte im Rahmen des mit der zweitmitbeteiligten Partei geschlossenen Rahmenvertrages zu schließen. Dieser - über die in § 30 Abs. 2 und 3 VwGG vorgesehene Möglichkeit, einer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hinausgehende - Antrag kann nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 30 Abs. 3 VwGG sein, sondern ist - unabhängig von der erfolgten Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 VwGG - als eigenständiger, unmittelbar auf Unionsrecht gestützter Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zu qualifizieren. |
Normen | VwGG §30 Abs2 VwGG §30 Abs3 |
RS 1 | Nichtstattgebung - vergaberechtliche Nachprüfung - Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei als präsumtive Zuschlagsempfängerin) im Vergabeverfahren betreffend einen näher bezeichneten Rahmenvertrag ab. Nach den - von der Revisionswerberin nicht bestrittenen - Ausführungen des Verwaltungsgerichtes Wien wurde der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren erteilt und der Rahmenvertrag abgeschlossen. Auch im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses könnte das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung seit dem Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr fortgesetzt werden (vgl. , mwN). Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der erfolgte Zuschlag nicht rückgängig gemacht werden, sodass das von der Revisionswerberin verfolgte Rechtsschutzziel, die Zuschlagserteilung zu verhindern, nicht erreicht werden kann (vgl. ). Das angefochtene Erkenntnis ist daher keinem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG mehr zugänglich. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben. |
Normen | EURallg VwGG §30 |
RS 2 | Der Verwaltungsgerichtshof hat - der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) folgend - wiederholt ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Erkenntnis auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl. , Pkt. 3.2., mwN). |
Normen | VwGG §30 VwGG §34 Abs1 |
RS 3 | Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , Ro 2014/04/0069 mit näherer Begründung festgehalten hat, ist zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der "sachnächsten" Zuständigkeit auszugehen, wobei das "sachnächste" Gericht das Verwaltungsgericht ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher für die Erlassung einer einstweiligen Anordnung im Revisionsverfahren unzuständig, woran auch die Vorlage der Revision durch das Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof nichts zu ändern vermag (vgl. , Rn. 16). Ausgehend davon war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung - soweit er sich an den Verwaltungsgerichtshof richtet - mangels Zuständigkeit zurückzuweisen, wobei damit keine abschließende Erledigung dieses Antrags verbunden ist (vgl. dazu auch , Rn. 40, mwN; , Ra 2015/04/0035). |
Normen | EURallg VwGG §30 |
RS 4 | Zweck der Erlassung unmittelbar auf Unionsrecht gegründeter einstweiliger Anordnungen ist die Sicherung der vollen Wirksamkeit der Entscheidung in der Hauptsache. Hauptsache ist jene, in der die Entscheidung ergeht, deren volle Wirksamkeit durch eine einstweilige Anordnung gesichert werden soll (vgl. erneut VwGH Ra 2018/19/0611, Rn. 14). Gemäß dem nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH bestehenden unionsrechtlichen Grundsatz muss ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes nationales Gericht in der Lage sein, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (vgl. , Rn. 28, mwN auch zur Judikatur des EuGH). |
Normen | |
RS 1 | Bei einer im Rahmen des § 17 Abs. 3 AVG im Einzelfall vorgenommenen Interessenabwägung wäre von der Revisionswerberin aufzuzeigen, dass das Ergebnis (hier: eines Überwiegens des berechtigten Interesses Dritter an der Geheimhaltung) in unvertretbarer Weise erzielt worden wäre (vgl. , 0002, Rn. 25 f; , Ra 2017/04/0022, 0023, Rn. 25). |
Normen | AufwandersatzV VwGH 2014 VwGG §49 Abs6 |
RS 2 | Zufolge des § 49 Abs. 6 VwGG gelten für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes mehrere Mitbeteiligte als eine Partei, jede Mitbeteiligte hat nur einen anteiligen Anspruch (vgl. etwa Maier/Mutzak, B-VG5, Anm. IV zu § 49 VwGG, mwN); daraus folgt die Abweisung des mehrfachen Begehrens auf Schriftsatzaufwand. Weiters findet in der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 der Ersatz von Umsatzsteuer keine Deckung. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/16/0066 B RS 5 (hier ohne den letzten Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der B GmbH, vertreten durch Dr. Gregor Maderbacher, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Schloss Schönbrunn, Kontrollorstöckl 112, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-123/072/11232/2020-20, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Linien GmbH & Co KG in 1030 Wien, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, 1030 Wien, Rennweg 17, Stock 5; 2. GMT Gummi-Metall-Technik GmbH, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 und 3 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei als präsumtive Zuschlagsempfängerin) im Vergabeverfahren betreffend einen näher bezeichneten Rahmenvertrag ab.
2 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision war mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Mit Beschluss vom , Zl. VGW-123/V/072/14858/2020/R-1, entschied das Verwaltungsgericht Wien, dass der Revision keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.
3 In ihrem Schriftsatz vom beantragte die Revisionswerberin ua., der Verwaltungsgerichtshof möge den (in Rn. 2 zitierten) Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß § 30 Abs. 3 VwGG dahin abändern, dass der außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.
4 Nach § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß § 30 Abs. 2 VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.
5 Nach den - von der Revisionswerberin nicht bestrittenen - Ausführungen des Verwaltungsgerichtes Wien in seinem Beschluss vom wurde der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren am erteilt und der Rahmenvertrag abgeschlossen.
6 Auch im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses könnte das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung seit dem Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr fortgesetzt werden (vgl. , mwN). Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der erfolgte Zuschlag nicht rückgängig gemacht werden, sodass das von der Revisionswerberin verfolgte Rechtsschutzziel, die Zuschlagserteilung zu verhindern, nicht erreicht werden kann (vgl. ). Das angefochtene Erkenntnis ist daher keinem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG mehr zugänglich.
7 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
8 Über den im Schriftsatz vom ebenfalls enthaltenen - über die in § 30 Abs. 2 und 3 VwGG vorgesehene Möglichkeit, einer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hinausgehenden - Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung sowie auf das dazu erstattete Vorbringen war im Rahmen des Verfahrens nach § 30 Abs. 3 VwGG nicht abzusprechen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2021/04/0008-5).
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., in der Revisionssache der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Gregor Maderbacher, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Schloss Schönbrunn, Kontrollorstöckl 112, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-123/072/11232/2020-20, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH & Co KG in W, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, 1030 Wien, Rennweg 17, Stock 5; 2. G GmbH, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin an die zweitmitbeteiligte Partei als präsumtive Zuschlagsempfängerin) im Vergabeverfahren betreffend einen näher bezeichneten Rahmenvertrag ab.
2 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision war mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Mit Beschluss vom , Zl. VGW-123/V/072/14858/2020/R-1, entschied das Verwaltungsgericht Wien, dass der Revision keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.
3 In ihrem Schriftsatz vom beantragte die Revisionswerberin ua., der Verwaltungsgerichtshof möge den (in Rn. 2 zitierten) Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß § 30 Abs. 3 VwGG dahin abändern, dass der Auftraggeberin einstweilig, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision, untersagt werde, Einzelverträge über die Lieferung näher bezeichneter Produkte im Rahmen des mit der zweitmitbeteiligten Partei geschlossenen Rahmenvertrages zu schließen (zur Behandlung des im Schriftsatz vom ebenfalls gestellten Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung siehe den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2021/04/0008-6).
4 Dieser - über die in § 30 Abs. 2 und 3 VwGG vorgesehene Möglichkeit, einer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hinausgehende - Antrag kann nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 30 Abs. 3 VwGG sein, sondern ist - unabhängig von der erfolgten Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 VwGG - als eigenständiger, unmittelbar auf Unionsrecht gestützter Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zu qualifizieren.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat - der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) folgend - bereits wiederholt ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Erkenntnis auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl. , Pkt. 3.2., mwN).
6 Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss Ro 2014/04/0069 mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, festgehalten hat, ist zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der „sachnächsten“ Zuständigkeit auszugehen, wobei das „sachnächste“ Gericht das Verwaltungsgericht ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher für die Erlassung einer einstweiligen Anordnung im Revisionsverfahren unzuständig, woran auch die Vorlage der Revision durch das Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof nichts zu ändern vermag (vgl. , Rn. 16).
7 Ausgehend davon war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung - soweit er sich an den Verwaltungsgerichtshof richtet - mangels Zuständigkeit zurückzuweisen, wobei damit keine abschließende Erledigung dieses Antrags verbunden ist (vgl. dazu auch , Rn. 40, mwN; , Ra 2015/04/0035).
8 Darüber hinaus wird noch auf Folgendes hingewiesen:
9 Zweck der Erlassung unmittelbar auf Unionsrecht gegründeter einstweiliger Anordnungen ist die Sicherung der vollen Wirksamkeit der Entscheidung in der Hauptsache. Hauptsache ist jene, in der die Entscheidung ergeht, deren volle Wirksamkeit durch eine einstweilige Anordnung gesichert werden soll (vgl. erneut VwGH Ra 2018/19/0611, Rn. 14). Gemäß dem nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH bestehenden unionsrechtlichen Grundsatz muss ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes nationales Gericht in der Lage sein, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (vgl. , Rn. 28, mwN auch zur Judikatur des EuGH).
10 Hauptsache im vorliegenden Revisionsverfahren ist die Entscheidung über die von der Revisionswerberin beantragte und vom Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom abgelehnte Nichterklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin im zugrundeliegenden Vergabeverfahren betreffend einen Rahmenvertrag. Nach den - von der Revisionswerberin nicht bestrittenen - Ausführungen des Verwaltungsgerichtes Wien in seinem Beschluss vom wurde der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren am erteilt und der Rahmenvertrag abgeschlossen.
11 Da eine Zuständigkeit zur Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung (wie hier der Zuschlagsentscheidung) nur bis zur Zuschlagserteilung besteht (siehe § 8 Abs. 2 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2020 [WVRG 2020]), könnte das Verwaltungsgericht Wien auch im Fall einer Aufhebung seines Erkenntnisses vom durch den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Revisionsverfahren die Zuschlagsentscheidung nicht mehr für nichtig erklären, sondern lediglich - auf Antrag der Revisionswerberin - das Verfahren als Feststellungsverfahren fortsetzen (und gegebenenfalls feststellen, dass der behauptete Rechtsverstoß vorliegt).
12 Vorliegend käme nur ein Antrag auf Feststellung nach § 8 Abs. 3 Z 1 WVRG 2020 (auf Feststellung, dass der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde) in Betracht, weil nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes sowohl eine Bekanntmachung erfolgt ist als auch eine Zuschlagsentscheidung mitgeteilt wurde. Eine derartige Feststellung hätte aber nicht die Nichtigerklärung des abgeschlossenen Rahmenvertrages zur Folge (siehe § 8 Abs. 3 Z 6 sowie § 31 Abs. 2 bis 4 WVRG 2020 bzw. dazu, dass dies mit den unionsrechtlichen Grundlagen in Einklang steht, Art. 2d Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG [Rechtsmittelrichtlinie]). Die Wirksamkeit einer Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Revisionsverfahren wäre darauf beschränkt, die Feststellung eines Rechtsverstoßes (als Grundlage für eine allfällige Geltendmachung von Schadenersatz nach § 373 BVergG 2018) durch das Verwaltungsgericht zu ermöglichen. Der Rahmenvertrag selbst bliebe vom Ausgang des vorliegenden Revisionsverfahrens hingegen unberührt.
13 Somit kann aber die begehrte einstweilige Anordnung, nämlich die Untersagung des Abschlusses von Einzelverträgen auf Basis des Rahmenvertrages, nicht der Sicherstellung der Wirksamkeit der späteren Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dienen. Schon aus diesem Grund könnte mit dem gegenständlichen Antrag die Sicherung des vorläufigen Rechtsschutzes in der Hauptsache nicht erreicht werden.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, in der Revisionssache der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Gregor Maderbacher, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Schloss Schönbrunn, Kontrollorstöckl 112, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-123/072/11232/2020-20, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH & Co KG in W, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Rennweg 17/5; 2. G GmbH in B, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Zweitmitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
1 1. Die Erstmitbeteiligte führte im Jahr 2020 als Sektorenauftraggeberin ein offenes Verfahren zum Abschluss eines Rahmenvertrages betreffend die Lieferung von Primärschichtfedern (eines Bestandteiles von Straßenbahnen) nach dem Billigstbieterprinzip durch. Die Revisionswerberin legte ebenso wie die Zweitmitbeteiligte ein Angebot. Mit Schreiben vom teilte die Erstmitbeteiligte der Revisionswerberin mit, ihr Angebot sei an vierter Stelle gereiht und es sei beabsichtigt, der Zweitmitbeteiligten den Zuschlag zu erteilen.
2 Die Revisionswerberin beantragte die Nichtigerklärung dieser Entscheidung und brachte - auf das Wesentliche verkürzt - vor, sie sei die einzige Anbieterin des ausgeschriebenen Produktes und die ihr vorgereihten Angebote seien deshalb als nicht ausschreibungskonform auszuscheiden; allfällige Zertifikate anderer Bieter seien entweder nicht von einer dazu berechtigten Stelle ausgestellt worden oder die Prüfungen seien nicht nach der insoweit maßgeblichen EN 45545-2 (Bahnanwendungen - Brandschutz in Schienenfahrzeugen) erfolgt. Die mitbeteiligten Parteien gaben dazu jeweils eine Stellungnahme ab.
3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht Wien den Nichtigerklärungsantrag der Revisionswerberin ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.
4 2.1. Nach Darstellung der wesentlichen Inhalte der im Verfahren erstatteten Schriftsätze sowie der am durchgeführten mündlichen Verhandlung traf das Verwaltungsgericht (auf das Wesentliche zusammengefasst) folgende Feststellungen: Hinsichtlich der Eignung sei als Anforderung (ua.) eine Referenz über die „Lieferung von Gummi-Metallteilen [mit einem bestimmten Wert] inklusive dem zugehörigen Brandschutzzertifikat nach EN 45545-2 [innerhalb eines bestimmten Zeitraumes]“ festgelegt worden. Ausschreibungsgegenstand seien „Primärschichtfedern Durchmesser [...] in der Materialausführung gemäß EN 45545-2:2016 R9 HL2“; diese Primärschichtfedern bestünden aus Metall und einem Gummimaterial, welches wiederum brennbar sei. Ausgehend davon seien in der Ausschreibung Anforderungen zum Brandverhalten festgelegt worden. Die in der Ausschreibung mehrfach bezogene (und im angefochtenen Erkenntnis auszugsweise dargestellte) Norm EN 45545-2 sehe in ihrem Teil 1 vor, dass alle nach dieser Norm erforderlichen Prüfungen durch Prüflabore durchzuführen seien, die dafür nach ISO/IEC 17025 akkreditiert seien. Teil 2 enthalte für den Anforderungssatz R9 näher dargestellte Maximalwerte, in Tabelle 2 die Vorgabe, dass bestimmte Metall-/Gummikomponenten die Anforderung R9 erfüllen müssten, und in Punkt 4.3. (sogenannte) Gruppierungsregeln (für Anwendungen unterhalb bestimmter Grenzwerte hinsichtlich der Masse).
5 Die Zweitmitbeteiligte habe - so das Verwaltungsgericht - nachvollziehbar dargelegt, weshalb ihr Referenzprodukt nicht unter die Tabelle 2 der EN 45545-2 falle und daher die mit der vorgelegten Klassifizierung vom nachgewiesene Anforderung für das Referenzprodukt ausreichend sei. Ein Prüfbericht zum Referenzprodukt sei nicht vorgelegt worden. Im vorliegenden Vergabeverfahren habe die Zweitmitbeteiligte das in der Klassifizierung vom genannte Produkt angeboten. Die diesbezüglich angeschlossenen Prüfberichte zur Wärmefreisetzungsrate, Rauchgastoxizität und Rauchdichte würden die Anforderungen der Auftraggeberin an den Inhalt erfüllen. Die Klassifizierungen und Prüfberichte stammten von der D KG, eine - wie aus den von der Zweitmitbeteiligten vorgelegten Unterlagen ersichtlich sei - durch die deutsche Akkreditierungsstelle gemäß ISO/IEC 17025 akkreditierte Prüfstelle ua. für das Brandverhalten von Bauteilen des Schienenfahrzeugbaus.
6 2.2. In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Verwaltungsgericht hinsichtlich der beizubringenden Referenzen davon aus, dass (angesichts der zugrundeliegenden Ausschreibungsbestimmungen) das Brandschutzzertifikat die Anforderungen der EN 45545-2 zu erfüllen habe und dies auch für die Frage gelte, von wem das Zertifikat zu erstellen sei. Mangels näherer diesbezüglicher Festlegungen könne der für das Referenzprodukt geforderte Nachweis für einen Bauteil gemäß Tabelle 2 durch Erfüllung der Anforderung R9 bzw. für einen Bauteil, auf den die Gruppierungsregeln gemäß Punkt 4.3. anwendbar seien, durch Erfüllung der dort genannten Anforderungen erbracht werden. Dass für das Referenzprodukt hinsichtlich des Brandschutzes dieselben Anforderungen zu erfüllen seien wie für das zu liefernde Produkt, gehe aus der Ausschreibung nicht hervor. Die vorgelegte Klassifizierung erfülle die Voraussetzungen an das geforderte Zertifikat; die Vorlage des Prüfberichtes für das Referenzprodukt sei in der Ausschreibung nicht gefordert worden. Zudem habe die Zweitmitbeteiligte in der Verhandlung nachgewiesen, dass die Prüfstelle, welche die Klassifizierung ausgestellt habe (D KG), für die Prüfung des Brandverhaltens von Bauteilen des Schienenfahrzeugbaus akkreditiert sei. Die Auftraggeberin habe die technische Leistungsfähigkeit der Zweitmitbeteiligten somit zu Recht bejaht.
7 Ob die Ausschreibung verlange, dass auch für das angebotene Produkt ein Nachweis gemäß EN 45545-2 betreffend den Brandschutz vorzulegen gewesen wäre, könne nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes dahinstehen, weil dem Angebot der Zweitmitbeteiligten eine entsprechende (ebenfalls von der D KG stammende) Klassifizierung angeschlossen gewesen sei, in der die Einhaltung der Anforderung R9 HL2 durch das angebotene Produkt bestätigt worden sei. Eine nähere Prüfung durch das Verwaltungsgericht, ob diese Prüfergebnisse in einem normkonformen Prüfprozess zustande gekommen seien, habe im Hinblick darauf unterbleiben können, dass diese Prüfung von einer akkreditierten Prüfstelle durchgeführt worden sei und kein Anlass bestehe, an der Normkonformität des Prüfvorganges zu zweifeln. Die Zweitmitbeteiligte habe somit ein ausschreibungskonformes Produkt angeboten. Dem weiteren Vorbringen der Revisionswerberin, wonach eine höhere Qualifikation (als die Erfüllung der Anforderung R9) gefordert gewesen sei, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, die Anforderung in der Ausschreibung sei ausdrücklich mit „R9 HL2“ festgelegt worden. Allfällige im Eisenbahngesetz enthaltene, vorliegend aber nicht festgelegte Anforderungen hätten daher außer Betracht zu bleiben.
8 Zum Antrag der Revisionswerberin auf Akteneinsicht nahm das Verwaltungsgericht eine Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 AVG vor und gelangte zum Ergebnis, dass aus den in den Prüfberichten enthaltenen Angaben für eine fachkundige Person Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Produktes möglich seien und das Interesse der Zweitmitbeteiligten an der Geheimhaltung insoweit überwiege. Soweit möglich sei die Revisionswerberin über die Prüfstelle, welche die von der Zweitmitbeteiligten vorgelegten Zertifikate ausgestellt habe, informiert worden. Welche weiteren Informationen die Revisionswerberin benötigt hätte, um die behauptete Rechtsverletzung effektiv verfolgen zu können, sei nicht erkennbar, zumal die Revisionswerberin ihren Standpunkt ohne genaue Kenntnis der Details darlegen habe können.
9 Auf die von der Revisionswerberin vorgelegten Urteile anderer Gerichte sei nicht näher einzugehen gewesen, weil sich diese Urteile auf andere Produkte als das verfahrensgegenständliche beziehen würden und ihnen somit keine Aussage zur Ausschreibungskonformität des Angebotes der Zweitmitbeteiligten entnommen werden könne.
10 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
11 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragen.
12 Die Revisionswerberin erstattete zwei weitere Schriftsätze.
13 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 5.1. Die Revisionswerberin führt in ihrem insoweit alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen Folgendes ins Treffen: Das Verwaltungsgericht sei in unvertretbarer Weise davon ausgegangen, dass der erforderliche Brandschutznachweis für die Referenzen auch dann als erbracht anzusehen sei, wenn für einen Bauteil, auf den die Gruppierungsregeln anzuwenden seien, die dort geforderten Anforderungen nachgewiesen würden. Da die Ausschreibung für das zu liefernde Produkt die Erfüllung der Anforderung R9 HL2 verlange, könne aus dem Umstand, dass für die Referenzen nicht ausdrücklich ein Zertifikat betreffend die Anforderung R9 HL2 verlangt werde, nicht der vom Verwaltungsgericht dargelegte Schluss gezogen werden. Da es vorliegend um ein Drehgestell gehe und ein solches die Grenzwerte nach Punkt 4.3. der EN 45545-2 niemals unterschreite, sei für Metall-Gummikomponenten immer der Anforderungssatz R9 maßgeblich. Bei Anwendung der Gruppierungsregeln würden die Referenzen nichts über die Eignung des Bieters aussagen und es bliebe völlig unklar, welche Anforderungen betreffend den Brandschutz nachzuweisen seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf ) seien in einem derartigen Fall Angebote aber trotz fehlender Regelungen zur Eignung auszuscheiden, wenn die Eignung objektiv nicht vorliege. Schließlich sei jede Konformitätsbewertung nach der EN 45545-2 im Hinblick auf die konkrete Endverwendung vorzunehmen; dies sei im vorliegenden Fall die Lieferung von Primärschichtfedern für Straßenbahnen.
17 Zudem verweist die Revisionswerberin auf die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Zweitmitbeteiligte den Prüfbericht für das Referenzprodukt nicht vorgelegt habe. Somit habe das Verwaltungsgericht die vorgelegten Nachweise in Ermangelung eines Prüfberichtes nicht im Hinblick auf die geplante Endverwendung prüfen können. Allerdings verlange die EN 45545-2 für jede Konformitätsbewertung einen Bericht. Das Fehlen dieser Berichte hätte zum Ausscheiden der Zweitmitbeteiligten führen müssen. Zudem habe das Verwaltungsgericht gegen das Überraschungsverbot verstoßen, weil die Revisionswerberin erst durch das angefochtene Erkenntnis vom Fehlen jeglicher Prüfberichte zu den Referenzprodukten erfahren habe.
18 Schließlich bringt die Revisionswerberin vor, sie habe durch Vorlage eines näher bezeichneten Urteils des Landgerichtes Köln nachgewiesen, dass die Prüfberichte der von der Zweitmitbeteiligten herangezogenen D KG zu Gummi-Metall-Federn unrichtig seien. Das Verwaltungsgericht habe unter grober Verletzung der Verfahrensvorschriften festgehalten, es bestehe kein Anlass, an der Normkonformität des Prüfvorganges zu zweifeln.
19 5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene, fallbezogene Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen bzw. von Angebotsunterlagen nicht erfolgreich mittels Revision angefochten werden kann (vgl. , Rn. 18, mwN). Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall könnte nur dann die Zulässigkeit der Revision begründen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. , Rn. 24, mwN).
20 Eine derart krasse Fehlbeurteilung durch das Verwaltungsgericht vermag die Revisionswerberin mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen aber nicht aufzuzeigen. Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise zunächst davon ausgegangen, dass die Anforderungen in der bestandfest gewordenen Ausschreibung an die zu erbringende Referenz sowie an das zu liefernde Produkt jeweils unterschiedlich ausgestaltet gewesen seien und hinsichtlich des Referenzproduktes kein bestimmter Anforderungssatz angegeben gewesen sei. Zudem wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass bei den Referenzen nicht die Lieferung von (gegenständlich ausgeschriebenen) Primärschichtfedern, sondern von Gummi-Metallteilen gefordert gewesen sei. Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass aus den Anforderungen an das zu liefernde Produkt bzw. aus dessen Endverwendung keine Rückschlüsse auf die Anforderungen an das Referenzprodukt gezogen worden sind. Ebenso wenig ist es als unvertretbar anzusehen, dass das Verwaltungsgericht die Gruppierungsregeln als für die Anforderungen an das Referenzprodukt maßgeblich erachtet hat. Gleiches gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die Vorlage des Prüfberichtes für das Referenzprodukt in der Ausschreibung nicht verlangt gewesen sei und das Fehlen einer derartigen Vorlage demnach keinen Ausscheidensgrund darstelle. Aus dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten hg. Erkenntnis VwGH 2004/04/0094 lässt sich für den vorliegenden Fall nichts Gegenteiliges ableiten, weil das Verwaltungsgericht die Zweitmitbeteiligte basierend auf der nicht als unvertretbar zu erachtenden Auslegung der Ausschreibung eben als leistungsfähig und damit geeignet angesehen hat.
21 Mit ihrem Verweis auf das ins Treffen geführte Urteil des Landgerichtes Köln vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer akkreditierten Prüfstelle aufgrund einer unvertretbaren Beweiswürdigung angenommen hat (vgl. zum insoweit maßgeblichen Prüfungsmaßstab etwa , 0107, Rn. 16, mwN). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht aus dem besagten Urteil für den vorliegenden Fall hinsichtlich der Frage der Akkreditierung der D KG keine Rückschlüsse gezogen hat. Dass das Verwaltungsgericht eine Notwendigkeit, den dem vorgelegten Zertifikat zugrundeliegenden Prüfvorgang seinerseits zu überprüfen, im Hinblick auf die Ausschreibungsbestimmungen verneint hat, ist ebenso wenig als rechtswidrig anzusehen. Soweit die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen betreffend die akkreditierte Prüfstelle der Sache nach einen Begründungsmangel geltend machen sollte, fehlt es schließlich an der insoweit gebotenen Relevanzdarlegung (vgl. zu diesem Erfordernis , Rn. 6 f, mwN).
22 6.1. Die Revisionswerberin moniert eine Verletzung im Recht auf Akteneinsicht und auf Parteiengehör. Das Verwaltungsgericht habe die Einsichtnahme in die Brandschutzzertifikate und Prüfberichte verweigert. Die Interessenabwägung sei sehr kursorisch erfolgt und die Möglichkeit, der Revisionswerberin zumindest eingeschränkt (durch Schwärzungen) Akteneinsicht zu gewähren, sei nicht geprüft worden. Zudem habe das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Frage, ob die Einsichtnahme in die Zertifikate Rückschlüsse auf die verwendeten Materialien zulasse, keinen Sachverständigen beigezogen.
23 Zudem sei das Verwaltungsgericht aktenwidrig davon ausgegangen, dass sich das von der Revisionswerberin vorgelegte Urteil des Landgerichtes Köln nicht auf das verfahrensgegenständliche Produkt beziehe, obwohl das Urteil Gummi-Metall-Komponenten für Drehgestelle in Schienenfahrzeugen betreffe.
24 6.2. Die Zulässigkeit einer Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel (wie der behaupteten Nichtgewährung von Akteneinsicht) nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerberin günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa , Rn. 14, mwN).
25 Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass bei einer im Rahmen des § 17 Abs. 3 AVG im Einzelfall vorgenommenen Interessenabwägung von der Revisionswerberin aufzuzeigen wäre, dass das Ergebnis (fallbezogen eines Überwiegens des berechtigten Interesses Dritter an der Geheimhaltung) in unvertretbarer Weise erzielt worden wäre (vgl. , 0002, Rn. 25 f; , Ra 2017/04/0022, 0023, Rn. 25).
26 Schließlich obliegt auch die Frage, ob eine Beweisaufnahme gemessen an den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes notwendig ist, der fallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. , Rn. 33, mwN).
27 Dass das Verwaltungsgericht die (ohne Beiziehung eines Sachverständigen durchgeführte) Interessenabwägung im vorliegenden Fall in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, vermag die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen. Zudem fehlt es insoweit auch an der gebotenen Relevanzdarstellung, weil nicht dargelegt wird, inwieweit die Einsichtnahme in die in Rede stehenden Unterlagen für einen Erfolg des Nachprüfungsantrages erforderlich gewesen wären.
28 Soweit die Revisionswerberin in den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zum vorgelegten Urteil des Landgerichtes Köln eine Aktenwidrigkeit erblickt, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht (im Hinblick darauf, dass die Zweitmitbeteiligte nicht Partei dieses Verfahrens war) in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen ist, dass dieses Urteil keine Aussagen zu den verfahrensgegenständlichen Produkten der Zweitmitbeteiligten enthält.
29 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
30 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 49 Abs. 6 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Gemäß § 49 Abs. 6 VwGG gelten für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes mehrere Mitbeteiligte als eine Partei, weshalb jede Mitbeteiligte nur einen anteiligen Anspruch hat; daraus folgt die Abweisung des Mehrbegehrens der Zweitmitbeteiligten (vgl. auch , Rn. 14).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VwGG §30 Abs2 VwGG §30 Abs3 |
Schlagworte | Vollzug |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021040008.L05 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-48077