VwGH 27.08.2020, Ra 2020/02/0191
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | KFG 1967 VStG §19 VStG §45 Abs1 VwGG §30 Abs2 |
RS 1 | Nichtstattgebung - Übertretungen des KFG - Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das wegen Übertretungen des KFG gegen ihn erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft insofern Folge, als es von der Verhängung von Geldstrafen absah und ihm eine Ermahnung erteilte. Den vorliegenden Aufschiebungsantrag begründet der Revisionswerber damit, dass "die vorzeitige Eintragung der Ermahnung in das Verwaltungsstrafregister einen unverhältnismäßigen Nachteil" bewirke. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die sich aus einschlägigen Vorstrafen für die Strafbemessung ergebenden Nachteile nicht als "Vollzug" dieser Vorstrafen anzusehen (vgl. ). Nichts anderes kann für mögliche Folgen aus der Registrierung eines Schuldspruchs samt Ausspruch einer Ermahnung (vgl. Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG² § 19 VStG Rz. 13 lit. b; Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren8 II 68; und Ebner in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum StGB² § 33 Rz. 6 betreffend Schuldspruch nach § 13 JGG) gelten. Sonstige konkrete Nachteile machte der Revisionswerber nicht geltend. Dem Antrag auf aufschiebende Wirkung war sohin nicht stattzugeben. |
Normen | KFG 1967 §102 Abs10 KFG 1967 §103 Abs1 Z2 lita VwGG §42 Abs2 Z1 |
RS 1 | § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG 1967 verlangt vom Zulassungsbesitzer bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, dass für Fahrten das im § 102 Abs. 10 KFG 1967 angeführte Verbandzeug bereitgestellt ist. Da die zitierte Regelung das Bereitstellen von Verbandzeug für Fahrten verlangt, kann diese Pflicht des Zulassungsbesitzers nicht uneingeschränkt gesehen werden. Hier wurde eingewendet, dass das nicht mehr fahrbereite Kraftfahrzeug dem Zeugen auf Privatgrund ausschließlich zur Begutachtung übergeben worden sei. Dazu traf aber das VwG keine Feststellungen. Dieses Vorbringen ist geeignet, den im Straferkenntnis angelasteten Vorwurf einer Übertretung des § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG 1967 durch den Zulassungsbesitzer zu entkräften, wenn die Überlassung des Fahrzeuges nicht für Fahrten erfolgte und solche auch nicht vorherzusehen waren. |
Normen | KFG 1967 §102 Abs10 KFG 1967 §103 Abs1 Z2 lita VwGG §42 Abs2 Z1 |
RS 2 | Eine Bereitstellung eines dem § 102 Abs. 10 KFG 1967 entsprechenden Verbandzeugs begründet keine Übertretung des § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG 1967. |
Normen | KFG 1967 §102 Abs10 KFG 1967 §102 Abs10a KFG 1967 §103 Abs1 Z2 KFG 1967 §103 Abs1 Z2 lita VStG §2 Abs2 VStG §27 Abs1 VStG §9 VwGG §42 Abs2 Z1 VwGVG 2014 §38 |
RS 3 | Im Fall der unterlassenen Einhaltung einer Verpflichtung nach § 103 Abs. 1 Z 2 KFG 1967 ist durch ein Unternehmen etwa in Form einer juristischen Person als Zulassungsbesitzerin, die ua für die Bereitstellung einer entsprechenden reflektierenden Warntafel nach § 102 Abs. 10a KFG 1967 zu sorgen hat, Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, weil von diesem aus die notwendigen Dispositionen zur Bereitstellung der Warntafeln durch die für die Leitung des Unternehmens Verantwortlichen zu treffen ist (vgl. ). Nichts anderes kann für eine KG gelten, die als Zulassungsbesitzerin eines Kleinkraftrades gemäß § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG 1967 bei Kfz dafür zu sorgen hat, dass für Fahrten das im § 102 Abs. 10 KFG 1967 angeführte Verbandzeug bereitgestellt ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Ing. D, vertreten durch Mag. Erich Allinger und Dr. Lukas Ludwiger, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Herrengasse 25, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-1877/001-2019, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das wegen Übertretungen des KFG gegen ihn erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen insofern Folge, als es von der Verhängung von Geldstrafen absah und ihm eine Ermahnung erteilte.
2 Den vorliegenden Aufschiebungsantrag begründet der Revisionswerber damit, dass „die vorzeitige Eintragung der Ermahnung in das Verwaltungsstrafregister einen unverhältnismäßigen Nachteil“ bewirke.
3 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die sich aus einschlägigen Vorstrafen für die Strafbemessung ergebenden Nachteile nicht als „Vollzug“ dieser Vorstrafen anzusehen (). Nichts anderes kann für mögliche Folgen aus der Registrierung eines Schuldspruchs samt Ausspruch einer Ermahnung (vgl. Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG² § 19 VStG Rz. 13 lit. b; Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren8 II 68; und Ebner in Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum StGB² § 33 Rz. 6 betreffend Schuldspruch nach § 13 JGG) gelten. Sonstige konkrete Nachteile machte der Revisionswerber nicht geltend.
5 Dem Antrag auf aufschiebende Wirkung war sohin nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Ing. B in B, vertreten durch Mag. Erich Allinger und Dr. Lukas Ludwiger, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Herrengasse 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-1877/001-2019, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde) vom wurde dem Revisionswerber angelastet, er habe als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher genannten KG als Zulassungsbesitzerin eines nach dem Kennzeichen konkretisierten Kleinkraftrades zu verantworten, dass am um 16:55 Uhr auf der X-Bundesstraße 49 (zu Spruchpunkt 1.) der Zeuge S das Kraftfahrzeug ohne vorschriftsgemäße Begutachtungsplakette verwendet habe und (zu Spruchpunkt 2) die KG nicht dafür Sorge getragen habe, dass das für Fahrten gemäß § 102 Abs. 10 KFG vorgeschriebene Verbandzeug bereitgestellt worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch zu 1. § 36 lit. e, § 102 Abs. 1, § 134 Abs. 1 KFG und zu 2. § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu 1. eine Geldstrafe von € 70,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) und zu 2. eine Geldstrafe von € 40,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Stunden) verhängt und ihm ein Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG vorgeschrieben wurde.
2 In der dagegen erhobenen Beschwerde bemängelte der Revisionswerber u.a. den im Straferkenntnis angegebenen Tatort und brachte vor, das nicht mehr fahrbereite Kraftfahrzeug mit neuem und ordnungsgemäßem Verbandzeug dem Zeugen G auf Privatgrund ausschließlich zur Begutachtung übergeben zu haben, ob er Interesse am kostenlosen Erwerb des Wracks habe.
3 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde insofern statt, als von der Verhängung von Geldstrafen abgesehen und dem Revisionswerber zu beiden Spruchpunkten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt werde. Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei zum Tatzeitpunkt Verantwortlicher der Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Kleinkraftrades gewesen. Der Zeuge S habe am um 16:55 Uhr auf der X-Bundesstraße 49 das Kraftfahrzeug gelenkt. Dabei sei u.a. festgestellt worden, dass sich am Fahrzeug eine Begutachtungsplakette mit anderem Kennzeichen als dem am Fahrzeug angebrachten befunden habe. Das Verbandzeug habe das Ablaufdatum 12/2005 aufgewiesen.
5 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf die Aussage des Polizeibeamten im Zusammenhalt mit der von ihm erstatteten Anzeige. Die Mängel als solche erachtete das Verwaltungsgericht als nicht bestritten.
6 Rechtlich sah das Verwaltungsgericht darin eine Übertretung des § 102 Abs. 1 iVm. § 36 lit. a KFG, weil der Revisionswerber dem Zeugen G ein Fahrzeug überlassen habe, obwohl es nicht zum Verkehr zugelassen gewesen sei. Zusätzlich habe er die Pflichten des Zulassungsbesitzers laut § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG verletzt, weil er dem Lenker kein gemäß § 102 Abs. 10 KFG vorgeschriebenes Verbandzeug bereitgestellt habe. Ein Verbandzeug mit Ablaufdatum 12/2005 könne nicht mehr zur Wundversorgung geeignet sein und dem Revisionswerber sei der Beweis nicht gelungen, dass das 14 Jahre abgelaufene Verbandzeug ohne Nachteile für einen Verwundeten noch verwendet werden könne. Der Zulassungsbesitzer dürfe ein Fahrzeug nur dann jemandem zum Lenken überlassen, wenn dieses den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Indem der Revisionswerber ein nicht fahrbereites Fahrzeug dem Zeugen G zu welchem Zweck auch immer überlassen habe, habe er die genannte Pflicht verletzt und er müsse sich auch eine unbefugte Inbetriebnahme zurechnen lassen. Schließlich begründete das Verwaltungsgericht noch, warum es die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG als erfüllt betrachtete.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtete der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , E 725/2020-5, deren Behandlung ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.
8 Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision.
9 Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen erstattete eine Revisionsbeantwortung.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision vor, das Verwaltungsgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es aus einem Mangel der Begutachtungsplakette geschlossen habe, dass das Fahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen sei. Es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob sich der Revisionswerber Verstöße gegen § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG infolge unbefugter Inbetriebnahme durch einen Dritten zurechnen lassen müsse. Schließlich habe das Verwaltungsgericht abweichend von zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegen den aus § 38 VwGVG iVm. § 25 VStG abzuleitenden Amtswegigkeitsgrundsatz verstoßen, weil es vom Revisionswerber verlange, sich frei zu beweisen.
12 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
13 § 36 KFG lautet in der Fassung der 19. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 103/1997, auszugsweise:
„Kraftfahrzeuge ... dürfen ... auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn
a) sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden,
...
e) bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs. 1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.“
14 Nach § 102 Abs. 1 KFG in der Fassung der 28. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 57/2007, darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, u.a davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht.
15 Gemäß § 102 Abs. 10 erster Satz KFG in der Fassung der 32. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 40/2016, hat der Lenker auf Fahrten u.a. Verbandzeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, mitzuführen.
16 Laut § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG in der Fassung der 21. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 80/2002, hat der Zulassungsbesitzer bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, dass für Fahrten das im § 102 Abs. 10 KFG angeführte Verbandzeug bereitgestellt ist.
17 Gegenstand des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses zu Spruchpunkt 1. war in Bezug auf die Verletzung des § 36 KFG, dass die Begutachtungsplakette nicht das Kennzeichen des Fahrzeuges (vgl. § 57a Abs. 5 KFG) aufwies. Demgemäß zog die belangte Behörde § 36 lit. e KFG als verletzte Rechtsvorschrift heran.
18 Im angefochtenen Erkenntnis wird eine Übertretung des § 36 lit. a KFG angenommen, jedoch fehlt eine Begründung für den abgeänderten Vorwurf, das Fahrzeug sei nicht zum Verkehr zugelassen gewesen. Dem Revisionswerber wurde im genannten Straferkenntnis nicht angelastet, dass das in Rede stehende Fahrzeug keine Zulassung im Sinne der §§ 37 bis 39 KFG aufgewiesen hätte.
19 „Sache“ des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (vgl. etwa , mwN).
20 Eine Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben, was erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (siehe ).
21 Nach der hg. Rechtsprechung ist eine Richtigstellung oder Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. , mwN).
22 Indem das Verwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage der Ermahnung des Revisionswerbers einen anderen Tatvorwurf zugrunde legte, belastete es das angefochtene Erkenntnis schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
23 Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach dem festgestellten Sachverhalt das auf die KG zugelassene Fahrzeug nicht von einem Vertretungsbefugten der Gesellschaft, sondern vom Zeugen S verwendet wurde.
24 Die in diesem Zusammenhang zusätzlich herangezogene Bestimmung des § 102 Abs. 1 KFG wendet sich an den Kraftfahrzeuglenker, hier also an den Zeugen S. Warum der Revisionswerber für die in Spruchpunkt 1. des bekämpften Straferkenntnisses genannten Handlungen des Lenkers hafte, wird vom Verwaltungsgericht nicht näher begründet. Der in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses enthaltene Hinweis, der Revisionswerber habe dem Zeugen G ein nicht zum Verkehr zugelassenes Fahrzeug überlassen, ist weder vom ausdrücklich festgestellten Sachverhalt gedeckt noch als dislozierte Feststellung geeignet, einen ausreichenden Grund für die verwaltungsstrafrechtliche Haftung des Revisionswerbers für die Verwendung des Motorfahrrades durch den Zeugen S darzustellen.
25 Da das Verwaltungsgericht aus seinem festgestellten Sachverhalt die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 102 Abs. 1 iVm. § 36 lit. a KFG annahm, ohne eine ausreichende Beziehung zwischen dem Revisionswerber und dem unmittelbar handelnden Zeugen S herzustellen, belastete es auch aus diesem Grund sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit.
26 Zu Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses sah das Verwaltungsgericht die Verletzung der Pflicht des § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG, dass der Zulassungsbesitzer dem Lenker ein entsprechendes Verbandzeug bereitzustellen habe, als erfüllt an. Die Rechtsausführungen im angefochtenen Erkenntnis gehen davon aus, dass der Zulassungsbesitzer ein Fahrzeug nur dann jemandem zum Lenken überlassen dürfe, wenn dieses den gesetzlichen Vorschriften entspreche, und der Revisionswerber müsse sich eine unbefugte Inbetriebnahme des Fahrzeuges zurechnen lassen, weil er es dem Zeugen G zu welchem Zweck auch immer übergeben habe.
27 § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG verlangt vom Zulassungsbesitzer bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, dass für Fahrten das im § 102 Abs. 10 KFG angeführte Verbandzeug bereitgestellt ist.
28 Da die zitierte Regelung das Bereitstellen von Verbandzeug für Fahrten verlangt, kann diese Pflicht des Zulassungsbesitzers nicht uneingeschränkt gesehen werden. Der Revisionswerber wandte bereits in der im angefochtenen Erkenntnis wörtlich wiedergegebenen Beschwerde gegen das Straferkenntnis ein, das nicht mehr fahrbereite Kraftfahrzeug dem Zeugen G auf Privatgrund ausschließlich zur Begutachtung übergeben zu haben. Dazu traf aber das Verwaltungsgericht keine Feststellungen. Dieses Vorbringen ist geeignet, den im Straferkenntnis angelasteten Vorwurf einer Übertretung des § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG durch den Revisionswerber zu entkräften, wenn die Überlassung des Fahrzeuges nicht für Fahrten erfolgte und solche auch nicht vorherzusehen waren. Daher erweist sich das angefochtene Erkenntnis auch zu Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses als rechtswidrig.
29 Schließlich traf das Verwaltungsgericht zum Verbandzeug lediglich die Feststellung des darauf ersichtlichen Ablaufdatums 12/2005. In der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses findet sich die Ausführung, dass die Mängel als solche nicht bestritten worden seien. In der rechtlichen Beurteilung folgerte das Verwaltungsgericht, es könne nicht davon ausgehen, dass ein 14 Jahre abgelaufenes Verbandzeug noch zur Wundversorgung geeignet sei und dem Revisionswerber der Gegenbeweis nicht gelungen sei.
30 Diese Begründung ist nicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar ist, ob das Verwaltungsgericht von einer unbestrittenen Tatsache ausgeht oder nur die Beweisführung des Revisionswerbers als nicht überzeugend erachtete. Mit dem Beschwerdevorbringen, ein neues Verbandpaket sei bei der Übergabe des Fahrzeugs vom Revisionswerber an den Zeugen G vorhanden gewesen, und der zu diesem Nachweis angeschlossenen Urkunde setzte sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander. Damit belastete das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis auch mit einem wesentlichen Begründungsmangel, weil eine Bereitstellung eines dem § 102 Abs. 10 KFG entsprechenden Verbandzeugs keine Übertretung des § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG begründen würde.
31 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
32 Im Übrigen sei bemerkt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Fall der unterlassenen Einhaltung einer Verpflichtung nach § 103 Abs. 1 Z 2 KFG durch ein Unternehmen etwa in Form einer juristischen Person als Zulassungsbesitzerin, die u.a. für die Bereitstellung einer entsprechenden reflektierenden Warntafel nach § 102 Abs. 10a KFG zu sorgen hätte, Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens ist, weil von diesem aus die notwendigen Dispositionen zur Bereitstellung der Warntafeln durch die für die Leitung des Unternehmens Verantwortlichen zu treffen ist (vgl. ). Nichts anderes kann für eine KG gelten, die als Zulassungsbesitzerin eines Kleinkraftrades gemäß § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a KFG bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen hat, dass für Fahrten das im § 102 Abs. 10 KFG angeführte Verbandzeug bereitgestellt ist.
33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | KFG 1967 VStG §19 VStG §45 Abs1 VwGG §30 Abs2 |
Schlagworte | Vollzug |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020191.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-47834