Suchen Hilfe
VwGH 30.01.2020, Ra 2020/02/0001

VwGH 30.01.2020, Ra 2020/02/0001

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AuskunftspflichtG Wr 1988 §1 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 1
Auskunftsersuchen bringen im Normallfall streng sachverhaltsbezogene Rechtsfragen mit sich, die keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben. Schon deshalb sind solche Fälle in der Regel nicht als Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG zu qualifizieren ().

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Magistrats der Stadt Wien, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-101/056/11488/2018-7, betreffend Auskunftserteilung nach dem Wiener Auskunftspflichtgeset z (mitbeteiligte Partei: S, vertreten durch die Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Schubertring 8), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht einem Auskunftsersuchen der mitbeteiligten Partei teilweise Folge gegeben und die revisionswerbende Partei zur Auskunftserteilung verhalten. Letztere hat mit ihrer Revision gegen dieses Erkenntnis einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Die mitbeteiligte Partei habe kein überwiegendes Interesse an der unmittelbaren Auskunftserteilung.

2 In ihrer Stellungnahme zu diesem Antrag sah die mitbeteiligte Partei kein öffentliches Interesse oder ein Interesse anderer Parteien, die von einem unverhältnismäßigem Nachteil bedroht wären.

3 Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

4 Im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geht es nicht um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, sondern einzig und allein um die Auswirkungen eines (möglichen) sofortigen Vollzuges dieses Erkenntnisses. Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. , mwN).

5 Dies ist vorliegend der Fall, weil eine einmal erteilte Auskunft nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. 6 Dem Antrag war daher stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-101/056/11488/2018-7, betreffend Auskunftserteilung nach dem Wiener Auskunftspflichtgesetz (mitbeteiligte Partei: S GmbH in W, vertreten durch die Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Schubertring 8), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom an die revisionswerbende Partei beantragte die mitbeteiligte Partei „nach dem Auskunftspflichtgesetz bzw. dem Wiener Auskunftspflichtgesetz“ Auskunft über folgende Fragen:

-Wurden seit dem gegen Veranstalter und/oder deren nach außen vertretungsbefugten Organe und/oder deren veranstaltungsrechtliche Geschäftsführer Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Fußballspielen im Ernst Happel Stadion stehen?

-Wenn ja, welche Veranstaltungen von Fußballspielen hat das betroffen?

2 Mit Telefonat vom verweigerte die revisionswerbende Partei die Erteilung der Auskunft, weil der Auskunftserteilung die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht/Amtsverschwiegenheit entgegenstehe. Die mitbeteiligte Partei beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom eine bescheidmäßige Erledigung des Antrages vom .

3 Mit Bescheid vom verweigerte die revisionswerbende Partei die begehrte Auskunft, weil die gestellten Fragen nicht vom Auskunftsbegriff umfasst seien. Nach der Begründung würden die Fragen den Inhalt denkmöglicher Verwaltungsstrafverfahren und Überlegungen der Veranstaltungsbehörde zu solchen Verfahren betreffen. Der Begriff „Auskunft“ umfasse die Pflicht zur Information über die Tätigkeit der Behörde, nicht aber eine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens. Der Gesetzgeber habe den Organen der Vollziehung im Weg der Auskunftspflicht nicht auch eine Verpflichtung überbinden wollen, ihre Handlungen und Unterlassungen auch den anfragenden Bürgern gegenüber begründen und damit - letztlich - rechtfertigen zu müssen. Wenn die mitbeteiligte Partei nach dem zugrundeliegenden Betrachtungszeitraum solcher denkmöglicher Verwaltungsstrafverfahren und konkreter „Veranstaltungen von Fußballspielen“ im Ernst Happel Stadion frage, ersuche diese damit um eine nähere Begründung für die von der revisionswerbenden Partei getroffenen Entscheidungen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der Beschwerde der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der ersten Frage Folge und stellte fest, dass die revisionswerbende Partei das diesbezügliche Begehren auf Auskunft zu Unrecht verweigert und die beantragte Auskunft zu erteilen habe. Zur zweiten Frage wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Begründend führte es aus, die erste Frage ziele nicht darauf ab, den Verfahrensgegenstand gegen einen identifizierbaren Veranstalter zu erfragen und der zeitliche Rahmen sei auch nicht auf einen so kurzen Zeitraum eingeschränkt, dass eine konkrete Person bzw. ein konkreter Veranstalter dadurch eindeutig identifizierbar wäre. Aus den eingeholten Internetauszügen gehe hervor, dass die Mehrzahl an Veranstaltungen in diesem Sportstadion im Wesentlichen von zwei Veranstaltern in dem Zeitraum veranstaltet worden sei („Austria“ und Nationalmannschaft). Mit keiner der beiden Fragen werde die Auskunft begehrt, Inhalte entsprechender Verfahren zu erfragen. Alleine die Frage, ob (überhaupt) Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Fußballspielen eingeleitet worden seien, beinhalte keine Begründungspflicht, ob und gegebenenfalls warum Verfahren eingeleitet worden seien. Auch die zweite Frage richte sich nicht nach dem Inhalt allenfalls geführter Verwaltungsstrafverfahren. Dass damit Inhalte entsprechender Verwaltungsstrafverfahren und Akteneinsicht begehrt würden, ergebe sich aus dieser Frage auch nicht. Auch hier bestehe keine Begründungs- bzw. Erläuterungspflicht der Behörde. Es handle sich daher grundsätzlich um zwei Auskunftsbegehren, welche unter das Auskunftspflichtgesetz fielen.

6 Zur ersten Frage sei weiter auszuführen, dass lediglich nach den Veranstaltungen gefragt worden sei; aus den Angaben der Spielenden und der Heimmannschaft sei jeweils pro Veranstaltung der Veranstalter identifizierbar. Es habe in dem Zeitraum (bis dato) lediglich zwei Veranstalter, nämlich die „Austria“ und die österreichische Nationalmannschaft, gegeben. Es sei hier wesentlich, dass es (zumindest) zwei verschiedene Veranstalter seit gegeben habe und dass im zeitlichen Rahmen von nunmehr drei Jahren (Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Wien) zumindest mehr als 20 Veranstaltungen stattgefunden hätten. Vor diesem Hintergrund sei kein überwiegendes Schutzinteresse eines Dritten an der Geheimhaltung der entsprechenden Informationen zu erkennen. Mit der begehrten Auskunft sei ein Veranstalter nicht identifizierbar und andere Geheimhaltungsinteressen seien nicht hervorgekommen. Die Auskunft hätte daher erteilt werden müssen.

7 Die zweite Frage sei hingegen darauf gerichtet, Auskunft zu erhalten in Bezug auf welche - namentlich zu nennenden - Veranstaltungen Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden seien. Die Behörde habe die Auskunft betreffend der zweiten Frage zu konkreten Verwaltungs(straf)verfahren sowohl aus Gründen der Amtsverschwiegenheit als auch aus Gründen des Datenschutzes zu Recht verweigert.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die revisionswerbende Partei erachtet die Revision für zulässig, weil zur Frage, ob die Identifizierbarkeit von lediglich zwei Veranstalterinnen bzw. von deren verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Personen bereits ein Schutzinteresse eines Dritten an der Geheimhaltung der entsprechenden Information darstelle, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Mangels Bezug auf den im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. , mwN).

Die von der revisionswerbenden Partei oben wiedergegebene Frage ist allgemein gehalten und kann vom Verwaltungsgerichtshof mangels Bezuges zum konkreten Sachverhalt nicht beantwortet werden.

Ebenfalls ohne Fallbezug bringt die revisionswerbende Partei weiter vor, sie gehe aufgrund der weitreichenden Folgen im Falle von Auskunftsersuchen im Zusammenhang mit nahezu sämtlichen Verwaltungsstrafmaterien davon aus, dass die Klärung der genannten Rechtsfrage über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfalte.

12 Dabei übersieht die revisionswerbende Partei, dass Auskunftsersuchen im Normallfall streng sachverhaltsbezogene Rechtsfragen mit sich bringen, die keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben. Schon deshalb sind solche Fälle in der Regel nicht als Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG zu qualifizieren (, mwN).

13 Von der Revision wird auch nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht fallbezogen das Auskunftsersuchen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise unrichtig beurteilt hätte (, mwN).

14 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AuskunftspflichtG Wr 1988 §1
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020001.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-47822