VwGH 08.04.2019, Ra 2019/20/0137
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VerfGG 1953 §85 Abs3 VwGG §30 Abs2 |
RS 1 | Nichtstattgebung - Asylangelegenheiten - Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss der gegen die verfahrensgegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Erkennt der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zu, so hat dies zur Folge, dass die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 93/18/0115, mwN). Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof ist aber, dass überhaupt ein Vollzug der angefochtenen Entscheidung möglich ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2006/10/0014). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu, weil durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bereits durch den Verfassungsgerichtshof der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses aufgeschoben wurde. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/18/0157 B RS 1 |
Normen | |
RS 1 | Das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung nicht. Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine "ordnungsgemäße Ladung". Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der im § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt. Die Rechtfertigungsgründe haben auch für einen geladenen Vertreter Geltung (vgl. , mwN). |
Normen | |
RS 2 | Eine Versäumung einer mündlichen Verhandlung nach § 71 Abs. 1 AVG tritt dann nicht ein, wenn die Partei nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen wurde (vgl. ). Diese zu § 71 Abs. 1 AVG ergangene Rechtsprechung ist infolge der gleichartigen Rechtslage auf die Bestimmung des § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 übertragbar (zur grundsätzlich generell gegebenen Übertragbarkeit der zu § 71 AVG ergangenen Judikatur auf § 33 VwGVG 2014 vgl. etwa ; , Ra 2015/06/0113; , Ra 2016/02/0049). |
Normen | |
RS 3 | Da die nicht ordnungsgemäße Ladung zu einer durchgeführten Verhandlung dem rechtswidrigen Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung gleichzuhalten ist (vgl. ), ist der aufgezeigte Verfahrensmangel im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 MRK jedenfalls wesentlich (vgl. etwa das Erkenntnis , mit Verweis auf , und das bereits zitierte, auf Art. 47 der Grundrechtecharta Bezug nehmende Erkenntnis 2010/15/0196). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/11/0055 E RS 1 |
Normen | |
RS 4 | Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen Ladungsbescheid liegt nicht mehr vor, wenn die darin angedrohten Sanktionen nicht mehr verhängt werden können (vgl. , 0236). Das wurde insbesondere dann als gegeben erachtet, wenn die Behörde ein Verhalten gesetzt hat, das nur so gedeutet werden konnte, dass sie ein Erscheinen bei ihr zum festgesetzten Termin nicht weiter für erforderlich erachte und demgemäß an das Nichtbefolgen der Ladung keine Konsequenzen knüpfen werde (vgl. ). Ein derartiger Verzicht auf die in einem Ladungsbescheid angedrohten Sanktionen kann auch implizit zum Ausdruck gebracht werden. Ein solcher wurde etwa in der Erlassung eines neuerlichen Ladungsbescheides und der Abhaltung eines neuen Termins erblickt, weil in einem solchen Fall kein Zweifel bestehen kann, dass die Behörde damit den ersten Ladungsbescheid für hinfällig erachtete (vgl. ). |
Normen | |
RS 5 | Verbietet sich die Annahme, dass die ursprünglich rechtskonform ergangene Ladung zum darin festgelegten Termin befolgt werden muss, weil die Behörde - hier: das VwG - der Partei bekanntgibt, den Termin für die Verhandlung auf einen anderen Tag verlegt zu haben, so kann nicht mehr davon ausgegangen werden, sie dürfte an das Nichtbefolgen der Ladung, soweit sie den ursprünglichen Termin betroffen hat, noch Konsequenzen knüpfen. Dies führt dazu, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es liege eine ordnungsgemäße Ladung für den ursprünglich festgelegten Verhandlungstermin vor. Dies wiederum führt dazu, dass eine dennoch zu dieser Zeit durchgeführte Verhandlung dem rechtswidrigen Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung gleichzuhalten ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des G, geboren 1997, vertreten durch Mag.rer.soc.oec.Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W134 2177989-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom , mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt und festgestellt worden war, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, als unbegründet abgewiesen.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber eine außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.
3 Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Bis zur Vorlage der Revision hat jedoch gemäß § 30 Abs. 2 VwGG das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.
4 Das Bundesverwaltungsgericht ist seiner nach § 30 Abs. 2 VwGG bestehenden Pflicht, über den Antrag auf aufschiebende Wirkung vor Vorlage der Revision zu entscheiden (vgl. zu dieser Pflicht auch in Bezug auf außerordentliche Revisionen ; , Ra 2017/19/0113), nicht nachgekommen (zudem: obgleich es in seinem Beschluss vom , mit dem ein vom Revisionswerber gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, davon ausgegangen ist, das nunmehr mit Revision bekämpfte Erkenntnis sei infolge eines entscheidungsmaßgeblichen Verfahrensfehlers offenkundig rechtswidrig), sondern hat die Revision samt dem unerledigt gebliebenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.
5 Zwischenzeitig hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , E 997/2019-4, E 1033/2019-3, der bei diesem Gerichtshof gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
6 Erkennt der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu, so hat dies zur Folge, dass die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag. Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof ist aber, dass überhaupt ein Vollzug der angefochtenen Entscheidung möglich ist. Dies trifft nicht zu, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof der Vollzug der angefochtenen Entscheidung bereits aufgeschoben wurde (vgl. , mwN).
7 Ausgehend davon kommt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG im vorliegenden Fall derzeit nicht in Betracht. Auf die Bestimmung des § 30 Abs. 2 letzter Satz VwGG wird hingewiesen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger, den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revisionen des G S in B, vertreten durch Mag.rer.soc.oec.Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen 1. das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W134 2177989-1/15E, und 2. den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W134 2177989-2/2E, betreffend 1. Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG und 2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),
I. zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis vom wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die gegen den Beschluss vom gerichtete Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Dagegen erhob der Revisionswerber, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er auch die Durchführung einer Verhandlung beantragte.
4 Das Bundesverwaltungsgericht führte - zwecks Ergänzung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts - ergänzende Ermittlungen zur Situation im Heimatland des Revisionswerbers durch. 5 Am wurde vom Bundesverwaltungsgericht die im Beschwerdeverfahren durchzuführende Verhandlung für den , 10.00 Uhr, anberaumt und der Revisionswerber für diesen Termin zur Verhandlung - im Weg seines Vertreters - vorgeladen.
6 Mit Schreiben vom erstattete der Revisionswerber zu den Länderberichten und zu einem ihm gemeinsam mit der Ladung übermittelten Gutachten eine Stellungnahme und legte Kopien von Zeitungsberichten vor. In der Folge wurden von ihm dem Bundesverwaltungsgericht noch weitere Unterlagen zum Nachweis seiner mittlerweile in Österreich erfolgten Integration übersendet.
7 Am führte das Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung durch, zu der (außer dem vom Bundesverwaltungsgericht bestellten Dolmetscher) niemand gekommen ist. Eine mündliche Verkündung der Entscheidung über die Beschwerde erfolgte nach Schluss der Verhandlung nicht.
8 Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Folge weitere Erhebungen zur Situation im Heimatland des Revisionswerbers durch. 9 Mit verfahrensleitendem Beschluss vom räumte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit ein, sich zu den von ihm beigeschafften neuen Berichten - der zeitlich jüngste Bericht ("Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh)" vom Österreichischen Roten Kreuz - Accord) ist mit datiert - schriftlich zu äußern. 10 Der Revisionswerber erstattete mit Schriftsatz vom eine Stellungnahme.
11 In der Folge erließ das Bundesverwaltungsgericht, ohne weitere Verfahrensschritte zu setzen, das angefochtene Erkenntnis vom , mit dem es die vom Revisionswerber erhobene Beschwerde abwies. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. In der Begründung dieses Erkenntnisses wurde darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht am eine Verhandlung durchgeführt habe, zu der trotz ordnungsgemäßer Ladung weder der Revisionswerber "noch dessen Rechtsberatung" gekommen seien.
12 Mit Schriftsatz vom brachte der Revisionswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Verhandlung ein. Darin brachte er vor, dass er ordnungsgemäß zur Verhandlung am geladen worden sei. Allerdings sei er mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom , das am zugestellt worden sei, davon verständigt worden, dass die Verhandlung auf den verlegt worden sei. Sein Vertreter habe diese Mitteilung sogar (vor der Verhandlung) zweimal erhalten. Infolge dessen sei er davon ausgegangen, dass die Verhandlung am nicht stattfinden werde, weshalb er an diesem Tag auch nicht zum Bundesverwaltungsgericht gekommen sei. Am sei sogar nochmals eine Mitteilung über die Verlegung der Verhandlung auf den zugestellt worden. Es habe über seine Bitte seine Rechtsvertretung am (gemeint: 2018) Rücksprache gehalten, um klarzustellen, ob die Verhandlung am stattfinden werde. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts sei die Auskunft gegeben worden, dass keine Verhandlungstermine für den bekannt seien. Am habe der Revisionswerber ein Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts erhalten, mit dem ihm Parteiengehör zu Länderberichten eingeräumt worden sei. Der Revisionswerber habe dazu eine Stellungnahme erstattet und sei davon ausgegangen, er werde für einen vom Bundesverwaltungsgericht noch festzusetzenden neuen Termin wieder eine Ladung zu einer Verhandlung erhalten. Jedoch sei ihm am das Erkenntnis, mit dem über die Beschwerde entschieden worden sei, zugestellt worden.
13 Der Revisionswerber habe erstmals durch die Erwähnung im Erkenntnis davon erfahren, dass am eine Verhandlung stattgefunden habe. Dass eine solche am durchgeführt worden sei, habe er bei "aller erforderlichen zumutbaren Aufmerksamkeit" nicht wissen können. Er sei insgesamt dreimal von der Verlegung des Verhandlungstermines verständigt worden. Der Fehler müsse daher beim Bundesverwaltungsgericht liegen. Auch das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem ihm Parteiengehör eingeräumt worden sei, habe keinen Hinweis darauf enthalten, dass bereits eine Verhandlung stattgefunden habe.
14 Als Nachweis für sein Vorbringen legte der Revisionswerber Kopien von Mitteilungen des Bundesverwaltungsgerichts über die Verlegung der Verhandlung auf den vor. Diesen Mitteilungen ist zu entnehmen, dass der Revisionswerber als Adressat der Mitteilung und seine Vertreterin als Empfängerin des Schriftstückes bezeichnet wurden. Weiters enthalten die Mitteilungen jeweils bei den Daten der Rechtssache seinen Namen und die für das Beschwerdeverfahren des Revisionswerbers vom Bundesverwaltungsgericht vergebene Aktenzahl. Im Text der Mitteilung wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Rechtssache um das Verfahren über die Beschwerde gegen den mit den Daten der Behörde, der Dienststelle, des Datums und der Aktenzahl näher konkretisierten Bescheid handle. Dabei handelte es sich um die Daten jenes Bescheides, der aufgrund des vom Revisionswerber gestellten Antrages vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassen wurde. Als einzige Abweichung zu den das Beschwerdeverfahren des Revisionswerbers betreffenden Daten ist der Hinweis im Text vorhanden, dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei um M A handle.
15 Mit Beschluss vom sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Verhandlung sowie dem damit verbundenen Antrag, dem Wiedereinsetzungsbegehren aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 33 VwGVG nicht stattgegeben werde. Weiters wurde die Erhebung einer Revision vom Verwaltungsgericht für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig erklärt.
16 In seiner Begründung stellte das Bundesverwaltungsgericht darauf ab, dass nach der Rechtsprechung eine Versäumung einer Verhandlung dann nicht vorliege, wenn die Partei nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen worden sei. Der Revisionswerber sei irrtümlich vom Bundesverwaltungsgericht darüber verständigt worden, dass die Verhandlung vom auf den verlegt worden sei. Somit liege für den eine ordnungsgemäße Ladung nicht vor. Somit habe der Revisionswerber die Verhandlung auch nicht versäumt. Es sei daher dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge zu geben. Jedoch werde der Revisionswerber darauf hingewiesen, dass die Frist zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis vom noch nicht abgelaufen sei.
17 Gegen diese beiden Entscheidungen richten sich die gegenständlichen Revisionen, die dem Verwaltungsgerichtshof vom Bundesverwaltungsgericht samt den Verfahrensakten vorgelegt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen das Erkenntnis vom erhobene Revision das Vorverfahren eingeleitet. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 I. Zur Aufhebung
20 Die Revision gegen das Erkenntnis vom erweist sich aus den zu ihrer Zulässigkeit vorgetragenen Gründen, wonach es nicht rechtens sei, einer Partei mitzuteilen, dass die Verhandlung nicht stattfinden werde, diese aber dennoch durchzuführen, als zulässig und begründet.
21 Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, es dürfe nach der maßgeblichen Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz im gegenständlichen Fall nicht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Das trifft ausgehend von der Aktenlage zu. 22 Weiters ist darauf hinzuweisen, dass sich zwar in den vorgelegten Verfahrensakten Mitteilungen über die Verständigung der Verlegung der Verhandlung nicht finden. Allerdings räumt das Verwaltungsgericht selbst ein, dass es - wenn auch irrtümlich - den Revisionswerber (mehrfach) davon verständigt habe, dass die in seiner Rechtssache für den anberaumte Verhandlung auf den verlegt worden sei.
23 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hindert das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung die Durchführung der Verhandlung nicht. Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine "ordnungsgemäße Ladung". Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einer der im § 19 Abs. 3 AVG genannten - das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigenden - Gründe vorliegt. Die Rechtfertigungsgründe haben auch für einen geladenen Vertreter Geltung (vgl. , mwN). 24 Eine Versäumung einer mündlichen Verhandlung nach § 71 Abs. 1 AVG tritt jedoch dann nicht ein, wenn die Partei nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen wurde (vgl. ). Diese zu § 71 Abs. 1 AVG ergangene Rechtsprechung ist infolge der gleichartigen Rechtslage auf die Bestimmung des § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbar (zur grundsätzlich generell gegebenen Übertragbarkeit der zu § 71 AVG ergangenen Judikatur auf § 33 VwGVG vgl. etwa ; , Ra 2015/06/0113; , Ra 2016/02/0049).
25 Die nicht ordnungsgemäße Ladung zu einer durchgeführten Verhandlung ist dem rechtswidrigen Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung gleichzuhalten. In einem solchen Fall ist der Verfahrensmangel im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 47 GRC - in den Anwendungsbereich letzteren fällt die vorliegende Rechtssache - jedenfalls wesentlich (vgl. , mwN).
26 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass immer dann eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen Ladungsbescheid nicht mehr vorliegt, wenn die darin angedrohten Sanktionen nicht mehr verhängt werden können (vgl. , 0236). Das wurde insbesondere dann als gegeben erachtet, wenn die Behörde ein Verhalten gesetzt hat, das nur so gedeutet werden konnte, dass sie ein Erscheinen bei ihr zum festgesetzten Termin nicht weiter für erforderlich erachte und demgemäß an das Nichtbefolgen der Ladung keine Konsequenzen knüpfen werde (vgl. ). Ein derartiger Verzicht auf die in einem Ladungsbescheid angedrohten Sanktionen kann auch implizit zum Ausdruck gebracht werden. Ein solcher wurde in der Rechtsprechung etwa in der Erlassung eines neuerlichen Ladungsbescheides und der Abhaltung eines neuen Termins erblickt, weil in einem solchen Fall kein Zweifel bestehen kann, dass die Behörde damit den ersten Ladungsbescheid für hinfällig erachtete (vgl. ).
27 Verbietet sich demnach die Annahme, dass die ursprünglich rechtskonform ergangene Ladung zum darin festgelegten Termin befolgt werden muss, weil die Behörde - hier: das Verwaltungsgericht - der Partei bekanntgibt, den Termin für die Verhandlung auf einen anderen Tag verlegt zu haben, so kann nach dem Gesagten nicht mehr davon ausgegangen werden, sie dürfte an das Nichtbefolgen der Ladung, soweit sie den ursprünglichen Termin betroffen hat, noch Konsequenzen knüpfen.
28 Dies führt dazu, dass im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung nicht mehr davon gesprochen werden kann, es liege eine ordnungsgemäße Ladung für den ursprünglich festgelegten Verhandlungstermin vor. Dies wiederum führt nach der oben dargestellten Rechtslage dazu, dass eine dennoch zu dieser Zeit durchgeführte Verhandlung dem rechtswidrigen Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung gleichzuhalten ist.
29 Dies ist hier der Fall, weil das Bundesverwaltungsgericht dem ursprünglich rechtskonform zur Verhandlung für den vorgeladenen Revisionswerber mitgeteilt hat, dass die Verhandlung auf den verlegt werde. Dies konnte - was das Bundesverwaltungsgericht auch der Sache nach unter Hinweis auf einen Irrtum einräumt - nur so verstanden werden, dass es ein Erscheinen des Revisionswerbers zum ursprünglich festgelegten Termin als nicht erforderlich erachtete. Eine weitere Verhandlungstagsatzung hat aber unbestrittenermaßen nicht stattgefunden.
30 Sohin hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung über die Beschwerde des Revisionswerbers mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb das angefochtene Erkenntnis aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
31 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 3, Z 5 und Z 6 VwGG abgesehen werden.
32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. 33 II. Zur Zurückweisung
34 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 133 Abs. 9 B-VG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen des Art. 133 B-VG sinngemäß anzuwenden. 35 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 36 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 37 Nach dem oben Gesagten tritt eine Versäumung einer Verhandlung dann nicht ein, wenn die Partei nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen wurde. Da dies hier zu bejahen war, wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung vom Bundesverwaltungsgericht zu Recht keine Folge gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht ist insoweit nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die gegen den über den Wiedereinsetzungsantrag absprechenden Beschluss gerichtete Revision war sohin mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | VerfGG 1953 §85 Abs3 VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200137.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-47799