VwGH 09.10.2019, Ra 2019/16/0164
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | KanalG NÖ 1977 §5 Abs3 |
RS 1 | Nach der hg. Rechtsprechung sind die an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen im Sinn des § 5 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 die Geschoßflächen eines Gebäudes, welches über einen Kanalanschluss verfügt. Ob es sich dabei um einen einheitlichen Baukörper oder um getrennte Gebäude, von welchem eines nicht an den Kanal angeschlossen ist, handelt, ist in erster Linie nach der baulichen Gestaltung zu beurteilen (vgl. bereits wie vom Verwaltungsgericht zutreffend zitiert , und ). Ein einheitliches Gebäude ist nach dieser Rechtsprechung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden sind, welche überdies Öffnungen aufweisen, wodurch eine funktionelle Einheit dieser Teile hergestellt wird. Aber auch eigene, als getrennte Gebäude in Betracht kommende Bauwerke sind als einheitliches Gebäude im Sinn des NÖ Kanalgesetzes 1977 anzusehen, wenn durch Verbindungstüren zwischen diesen beiden Trakten eine funktionelle Einheit geschaffen wird (vgl. und ). |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/16/0165
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2019/16/0166 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache der Mag. B M, BA, und des Mag. C P, beide in E, beide vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Universitätsring 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-577/001-2019, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Stadtrat der Stadtgemeinde Ebreichsdorf; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis schrieb das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Revisionswerbern im Instanzenzug eine jährliche Kanalbenützungsgebühr ab dem für eine näher angeführte Liegenschaft vor und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. In der Begründung wird u.a. ausgeführt:
2 Auf der in Rede stehenden Liegenschaft befinde sich ein zweigeschoßiges Gebäude mit einer bebauten Fläche von 143,72 m2, welches im Erd- und Obergeschoss an den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen sei. Vom Erdgeschoss gelange man durch eine Tür in die angebaute Garage. Die Garage habe ein eigenes, unabhängig vom Wohngebäude bestehendes Fundament und sei im Gegensatz zum Wohngebäude nicht unterkellert. Das Fundament der Garage befinde sich auf einem anderen Niveau als jenes des Wohngebäudes. Die Garage habe eigene tragende Wände. Die an das Wohnhaus angebaute Garagenwand sei nicht mit dem Wohnhaus verbunden und trage selbständig das Garagenflachdach (mit Kiesschüttung). Auch das Garagenflachdach sei mit dem Wohnhaus nicht verbunden. Das Wohnhaus habe ein Walmdach. Das Garagengebäude umfasse zwei Räume, wovon der größere als Kfz-Abstellraum bewilligt und genutzt sei. Zwischen der Garage und dem Wohngebäude befinde sich eine Türöffnung mit Brandschutztür. Von der Garage gelange man durch diese Tür in den Hauswirtschaftsraum im Erdgeschoss. Im gesamten Garagenbereich befänden sich keine Anschlüsse an den Schmutzwasserkanal. Die bebaute Fläche der Garage betrage 68,5 m2. Die Garage sei auch von außen straßenseitig über das Garagentor und gartenseitig über eine Außentür begehbar. Eine Nutzung der Garage sei auch ohne Zugang über das Wohnhaus möglich. Die Fertigstellungsmeldung zu diesem Bauvorhaben sei am erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt sei das Wohngebäude auch an den öffentlichen Schmutzwasserkanal mit zwei Geschossen angeschlossen gewesen.
3 Das Landesverwaltungsgericht bezog die (unstrittige) Fläche der Garage in die Berechnungsfläche für die Kanalbenützungsgebühr ein. Zwar lägen zwei baulich voneinander getrennte, selbständige Gebäudebereiche vor, die aus baurechtlicher Sicht wohl auch zwei getrennte Gebäude darstellten, die allerdings durch eine Verbindungstür miteinander verbunden seien.
4 In der Beschwerde angeführte (näher zitierte) Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die bloße Verbindung zweier Gebäude durch Verbindungsgang oder Tür deren Selbständigkeit nicht ausschließe, seien nicht zum NÖ Kanalgesetz ergangen und dementsprechend im Revisionsfall nicht einschlägig. 5 Der Verwaltungsgerichtshof gehe bei seinen (näher zitierten) Entscheidungen zum NÖ Kanalgesetz auch bei baulich selbständiger Gestaltung zweier Gebäudebereiche davon aus, dass die durch Verbindungstüren zwischen diesen Trakten geschaffene funktionelle Einheit ausreiche, um die Beurteilung zu rechtfertigen, es liege ein einheitliches Gebäude vor. Ermöglichten insbesondere Verbindungen oder Öffnungen eine einheitliche private oder betriebliche Nutzung beider Trakte, so sei in der Beurteilung von einem Gebäude auszugehen, denn neben der baulichen Gestaltung seien auch funktionelle und wirtschaftliche Kriterien maßgeblich. 6 Im Revisionsfall bestünde zwischen den beiden Gebäudebereichen "Wohnhaus" und "Garage" ein Durchgang, sodass dadurch eine einheitliche private Nutzung im Sinne einer funktionellen Einheit ermöglicht werde. Es sei daher von einem einheitlichen Gebäude (von der Abgabenbehörde als "Wohnhaus mit angebauter Garage" bezeichnet) auszugehen.
7 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 5 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 ergibt sich die Berechnungsfläche, welche gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. Teil der Bemessungsgrundlage der Kanalbenützungsgebühr ist, von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen.
11 Geschoßfläche ist gemäß § 1a Z 6 des NÖ Kanalgesetzes 1977 die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebene Fläche.
12 Nach der hg. Rechtsprechung sind die an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen im Sinn des § 5 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 die Geschoßflächen eines Gebäudes, welches über einen Kanalanschluss verfügt. Ob es sich dabei um einen einheitlichen Baukörper oder um getrennte Gebäude, von welchem eines nicht an den Kanal angeschlossen ist, handelt, ist in erster Linie nach der baulichen Gestaltung zu beurteilen (vgl. bereits wie vom Verwaltungsgericht zutreffend zitiert , und ). 13 Ein einheitliches Gebäude ist nach dieser Rechtsprechung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden sind, welche überdies Öffnungen aufweisen, wodurch eine funktionelle Einheit dieser Teile hergestellt wird. Aber auch eigene, als getrennte Gebäude in Betracht kommende Bauwerke sind als einheitliches Gebäude im Sinn des NÖ Kanalgesetzes 1977 anzusehen, wenn durch Verbindungstüren zwischen diesen beiden Trakten eine funktionelle Einheit geschaffen wird (vgl. und ).
14 Von dieser Rechtsprechung ist das Landesverwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.
15 Die Revisionswerber wenden im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision ein, bei den beiden zuletzt genannten Erkenntnissen möge die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene typisierende Betrachtungsweise zugetroffen haben. Die konkrete Belastung der Kanalanlage sei in jenen beiden Fällen zu berücksichtigen gewesen. Im vorliegenden Revisionsfall bewirke die Garage aber keinerlei Mehrbelastung für die Kanalanlage des Wohnhauses.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch - entgegen der Ansicht der Revisionswerber - ein einheitliches Gebäude nicht deshalb angenommen, weil eine funktionale Einheit zwischen zwei baulich selbständigen Gebäuden bestehe und diese funktionale Einheit dazu führe, dass die im angeschlossenen Gebäude befindliche Kanalanlage bei typisierender Betrachtungsweise eine stärkere Nutzung erfahre. Er hat vielmehr ausgesprochen, dass eine "durch die Verbindungstüren zwischen diesen Trakten geschaffene funktionale Einheit ausreicht, um die Beurteilung der belangten Behörde zu rechtfertigen, es liege ein einheitliches Gebäude vor, zumal im Hinblick auf die solcherart geschaffene funktionale Einheit bei typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass" eine stärkere Nutzung der nur in einem Trakt vorhandenen Sanitäranlagen erfolgt. Die von den Revisionswerbern ins Treffen geführte "stärkere Nutzung" stellt somit keine Voraussetzung dar, um von einem einheitlichen Gebäude zu sprechen, sondern eine zusätzliche Begründung für das Vorliegen einer bereits durch die Verbindungstüren geschaffenen funktionalen Einheit. 17 Soweit die Revisionswerber das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2004/17/0193, für sich in Anspruch nehmen und vortragen, dem Verwaltungsgerichtshof hätte der funktionale Zusammenhang durch eine Verbindungstür für die Annahme eines einheitlichen Gebäudes nicht ausgereicht, vielmehr hätte der Verwaltungsgerichtshof mehrere besondere bauliche Gegebenheiten für ausschlaggebend gehalten, übersehen sie, dass der Verwaltungsgerichtshof in jenem Erkenntnis, welches im Übrigen nicht zum NÖ Kanalgesetz, sondern zum Oberösterreichischen Interessentenbeiträgegesetz 1958 erging, eine Verbindung des Gebäudes mit dem Zubau verlangt habe, "sei es durch eine Verbindungstüre, sei es in Form einer baulichen Integration, wie etwa bei Vorliegen eines abgeschleppten Daches, das über den Zubau reicht". Der Verwaltungsgerichtshof hat daher diese beiden Kriterien gleichwertig nebeneinander gestellt.
18 Somit vermögen die Revisionswerber nicht, die vom Landesverwaltungsgericht im Revisionsfall vorgenommene Beurteilung des in Rede stehenden Wohnhauses und der Garage als funktionale Einheit auf Grund der zwischen Wohnhaus und Garage befindlichen Verbindungstür in Frage zu stellen.
19 Solcherart werfen die Revisionswerber keine Rechtsfragen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
20 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | KanalG NÖ 1977 §5 Abs3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160164.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-47753