VwGH 09.10.2019, Ra 2019/16/0155
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Inanspruchnahme der Ermäßigung der Bemessungsgrundlage nach § 26a GGG voraus, dass die Ermäßigung "eingangs der Eingabe, bei Einbringung im ERV in der Eingabe an leicht auffindbarer Stelle" in Anspruch zu nehmen ist. "Eingabe" im Sinn des § 26a GGG ist in systematischem Zusammenhang mit TP 9 GGG das Grundbuchsgesuch (). Dass aus den dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Beilagen allenfalls erkennbar oder erschließbar wäre, dass ein nach § 26a Abs. 1 GGG begünstigter Erwerbsvorgang vorliege, reicht angesichts des unmissverständlichen Wortlautes des § 26a Abs. 2 GGG "eingangs der Eingabe" nicht aus. |
Norm | |
RS 2 | Die in § 26a Abs. 2 GGG geforderte Voraussetzung stellt nicht lediglich eine "verfahrensrechtliche Vorgabe" dar. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26a Abs. 2 erster Satz GGG tritt die Ermäßigung eben nur dann ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/16/0156
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache 1. der p ltd in S, Malta, und 2. des Dipl. Ing. S W H in S, beide vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 28, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes
vom , Zl. I413 2205570-1/34Z, betreffend Vorschuss für Barauslagen in einer Angelegenheit der Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schriftsatz vom beantragten die Revisionswerber beim Bezirksgericht Telfs u.a die Einverleibung des Eigentumsrechtes an einer Reihe von Eigentumswohnungen auf einer näher genannten Liegenschaft zugunsten des Zweitrevisionswerbers. Als Urkunden wurden u.a. ein Kaufvertrag samt Nachtrag zwischen den Revisionswerbern und ein Firmenbuchauszug der erstrevisionswerbenden Gesellschaft (Erstrevisionswerberin) beigelegt.
2 Der Schriftsatz enthielt den Vermerk:
"Der Wert des Kaufgegenstandes ((Zweitrevisionswerber) - (Erstrevisionswerberin)) entspricht dem Verkehrswert. Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer wurde gemäß § 11 GrEstG zu Erf.Nr. ... durchgeführt und wird gemäß § 13 GrEstG abgeführt."
3 Die beantragten Einverleibungen wurden vom Bezirksgericht Telfs mit Beschluss vom bewilligt und in EZ ... des Grundbuchs Telfs vollzogen.
4 Nach einem Zahlungsauftrag und einer dagegen erhobenen Vorstellung schrieb der Präsident des Landesgerichtes Innsbruck den Revisionswerbern mit Bescheid vom restliche Pauschalgebühren nach TP 9 lit. b Z 1 GGG in näher angeführter Höhe samt einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG vor. Der der Gebührenentrichtung zugrunde gelegte Kaufpreis habe sich nicht am Preis orientiert, der für dieselben Miteigentumsanteile samt damit verbundenem Wohnungseigentum im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblicherweise zu erzielen sei. Damit lägen außergewöhnliche Verhältnisse im Sinn des § 26 Abs. 3 GGG vor, weshalb die von den Parteien bekannt gegebene Gegenleistung nicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei. Auf Grund durchschnittlich ermittelter Kaufpreise sei die Behörde zu einem näher angeführten Wert als Bemessungsgrundlage gelangt. Der vorgeschriebene Pauschalgebührenbetrag errechne sich aus der sich aus dieser Bemessungsgrundlage ergebenden Pauschalgebühr abzüglich der bereits bezahlten Pauschalgebühr.
5 Die dagegen mit Schriftsatz vom erhobene Beschwerde wendet sich gegen die Höhe des von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Wertes der in Rede stehenden Wohnungen und gegen die Annahme außergewöhnlicher Verhältnisse. Deshalb seien die bekannt gegebenen Kaufpreise als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
6 Mit dem angefochtenen Beschluss verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht die Revisionswerber zur ungeteilten Hand zum Erlag eines Vorschusses in Höhe von 20.000 EUR binnen einer Frist von 14 Tagen. Der Vorschuss sei für Barauslagen zu erlegen, welche durch die Aufnahme des Sachverständigenbeweises durch eine näher genannte nichtamtliche Sachverständige voraussichtlich erwüchsen. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig.
7 Im Zuge der Schilderung des Grundbuchsverfahrens vor dem Bezirksgericht Telfs und des Verwaltungsverfahrens betreffend die Gerichtsgebühren hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , in welcher die Notwendigkeit der Aufnahme eines Sachverständigengutachtens erörtert worden sei, hätten die Revisionswerber mit Schriftsatz vom die Eigentumsverhältnisse der Erstrevisionswerberin offengelegt und (erstmals) die Anwendung des § 26a Abs. 1 Z 2 GGG beantragt, weil ein begünstigter Erwerbsvorgang vorliege, weshalb als Bemessungsgrundlage der unter dem vereinbarten Kaufpreis liegende dreifache Einheitswert heranzuziehen wäre.
8 Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom eine nichtamtliche Sachverständige aus dem Fachbereich der Immobilienbewertung bestellt habe, hätten die Revisionswerber mit Eingabe vom dagegen eingewendet, dass es einer Einholung des Sachverständigengutachtens nicht bedürfte, weil § 26a Abs. 1 GGG anzuwenden wäre.
9 Das Bundesverwaltungsgericht halte die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises für notwendig, weil § 26a Abs. 1 GGG im Revisionsfall nicht anzuwenden sei. Denn die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Ermäßigung des § 26a Abs. 1 GGG, dass diese Inanspruchnahme eingangs der Eingabe in Anspruch genommen werde, sei im Revisionsfall nicht gegeben.
10 Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , E 1903/2019-5, die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom , E 1903/2019-7, die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. 11 Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
12 Tarifpost (TP) 9 lit. b Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) sieht Pauschalgebühren für die Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes in Höhe von 1,1 vH vom Wert des Rechtes vor.
13 Gemäß § 26 Abs. 1 GGG ist die Eintragungsgebühr bei der Eintragung des Eigentumsrechts vom Wert des einzutragenden Rechts zu berechnen und wird der Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre.
14 Soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, ist gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 GGG bei einem Kauf der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
15 Gemäß § 26a Abs. 1 GGG ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei bestimmten angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts heranzuziehen. Unter den begünstigten Erwerbsvorgängen ist (§ 26a Abs. 1 Z 2 leg. cit.) u. a. die Übertragung einer Liegenschaft auf Grund eines Erwerbsvorgangs zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter genannt.
16 § 26a Abs. 2 GGG lautet:
"(2) Eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage tritt nur ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch Vorlage geeigneter Urkunden, bei Lebensgefährten insbesondere durch Bestätigungen über den Hauptwohnsitz zu bescheinigen."
17 § 26a Abs. 3 GGG enthält eine Verordnungsermächtigung, unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung die näheren Umstände und Modalitäten u.a. für die Bescheinigungen nach § 26a Abs. 2 leg. cit. nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zu bestimmen.
18 Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind nach § 17 VwGVG iVm § 52 Abs. 1 und 2 AVG Amtssachverständige oder bei Vorliegen der dafür normierten Voraussetzungen nichtamtliche Sachverständige heranzuziehen. 19 Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann gemäß § 76 Abs. 4 AVG die Partei, welche den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
20 Gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
21 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 Die Revisionswerber gehen davon aus, dass die in § 52 AVG geforderte Notwendigkeit, den Wert der Liegenschafts(anteile) mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln, nicht gegeben sei, weil als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr im Revisionsfall nicht der in § 26 Abs. 1 GGG näher definierte Wert, sondern gemäß § 26a Abs. 1 GGG für den damit begünstigten Erwerbsvorgang der geringere dreifache Einheitswert heranzuziehen sei. 23 Sie tragen zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, eingangs der Eingabe sei eindeutig erkennbar gewesen, dass die Revisionswerber zum begünstigten Personenkreis des § 26a Abs. 1 GGG zählten, weil aus dem zwischen den Revisionswerbern abgeschlossenen Kaufvertrag zweifelsfrei hervorgehe, dass die Berechnung des Kaufpreises auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes erfolgt sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der materiell-rechtlichen Begünstigung seien im Revisionsfall zweifelsfrei erfüllt. § 26a Abs. 2 GGG bestimme lediglich die formelle Geltendmachung im Verfahren und stelle keine weitere materielle Voraussetzung für die Entstehung des Rechtsanspruchs auf Begünstigung des Erwerbsvorganges dar. Der Zweitrevisionswerber sei einziger Gesellschafter der Erstrevisionswerberin gewesen, weshalb ein begünstigter Erwerbsvorgang im Sinn des § 26a Abs. 1 Z 2 GGG gegeben sei. Dies sei bereits bei Antragstellung bekannt oder erkennbar gewesen. Denn aus einer der Eingabe beigelegten Urkunde, dem Registerauszug der Erstrevisionswerberin, sei die "Identität von Gesellschaft und Gesellschafter" eindeutig hervorgegangen.
24 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Inanspruchnahme der Ermäßigung der Bemessungsgrundlage nach § 26a GGG voraus, dass die Ermäßigung "eingangs der Eingabe, bei Einbringung im ERV in der Eingabe an leicht auffindbarer Stelle" in Anspruch zu nehmen ist. "Eingabe" im Sinn des § 26a GGG ist in systematischem Zusammenhang mit TP 9 GGG das Grundbuchsgesuch (). Dass aus den dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Beilagen allenfalls erkennbar oder erschließbar wäre, dass ein nach § 26a Abs. 1 GGG begünstigter Erwerbsvorgang vorliege, reicht angesichts des unmissverständlichen Wortlautes des § 26a Abs. 2 GGG "eingangs der Eingabe" nicht aus.
25 Entgegen der von den Revisionswerbern in der Begründung der Zulässigkeit der Revision vertretenen Ansicht stellt die in § 26a Abs. 2 GGG geforderte Voraussetzung nicht lediglich eine "verfahrensrechtliche Vorgabe" dar. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26a Abs. 2 erster Satz GGG tritt die Ermäßigung eben nur dann ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird.
26 Angesichts des klaren Wortlautes dieser Bestimmung und der dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. neuerlich ) zeigen die Revisionswerber nicht auf, dass die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge.
27 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160155.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-47750