VwGH 17.09.2019, Ra 2019/16/0154
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Nach dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 230 Abs. 3 BAO entfaltet ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nur dann die Wirkung der Hemmung von Einbringungsmaßnahmen und damit nach dem ebenso eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 4 lit. b BAO die Wirkung, dass Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten sind, wenn das Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht wurde. |
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RS 2 | Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine "Säumnis" beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs. 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst (vgl. aus dem darin übereinstimmenden Schrifttum etwa Stoll, BAO Band 3, S. 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren2, § 217 BAO Anm. 10). Zur insoweit wortgleichen Vorgängerreglung des § 221 BAO (bis zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) wurde diese Frage nicht erst durch die Entscheidung des , beantwortet, sondern bereits durch frühere Erkenntnisse ( 818, 819/62, VwSlg 2930 F/1963; ). Dass der seit dem Budgetbegleitgesetz 2001 nunmehr in § 217 Abs. 5 BAO enthaltenen Regelung insoweit dieselbe Bedeutung zukommt, ergibt sich auch aus den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2001 (311 BlgNR 21. GP, 199), worin angeführt wird, dass "ein spätestens am Fälligkeitstag eingebrachtes Stundungsansuchen" vorerst das Entstehen von Säumniszuschlagsansprüchen verhindert. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache der B GmbH in W, vertreten durch die Schlosser-Peter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Plankengasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7102875/2018, betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in einer Angelegenheit der Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht gegenüber der revisionswerbenden Gesellschaft m.b.H. (Revisionswerberin) im Instanzenzug einen ersten Säumniszuschlag in näher angeführter Höhe fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Eine mit Bescheid vom vom Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin festgesetzte Grunderwerbsteuer in näher angeführter Höhe sei am fällig gewesen. Am habe die Revisionswerberin ein Ansuchen um Zahlungserleichterung eingebracht.
3 Damit sei die Säumnis bei der Abgabenentrichtung vor Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens eingetreten, weshalb der erste Säumniszuschlag festzusetzen gewesen wäre. Nur ein zeitgerechtes Ansuchen um Zahlungserleichterung, nämlich ein vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachtes Ansuchen, verhindere die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Der Begriff der Säumnis in § 217 Abs. 5 BAO, wonach die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht entsteht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt, erfasse nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie etwa verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.
4 Mit Beschluss vom , E 2135/2019-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
5 Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 210 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97 leg. cit.) des Abgabenbescheides fällig.
9 Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe näherer Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
10 Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist. 11 Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden.
12 § 217 Abs. 5 BAO lautet:
"(5) Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist."
13 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, die belangte Behörde (sic !) habe die (ordentliche) Revision nicht zugelassen, weil das Erkenntnis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht widerspreche, und führe dabei "im Wesentlichen die Entscheidung 86/16/0023 ins Treffen, wonach der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass der Begriff der Säumnis in § 217 Abs. 5 BAO (vormals § 221 Abs. 1 BAO) nur die verspätete Tilgung, nicht aber Fristversäumnisse anderer Art umfasse." Soweit überblickbar handle es sich dabei um die einzige Entscheidung zu dieser Frage, sodass von einer ständigen Rechtsprechung noch nicht gesprochen werden könne. Außerdem sei nicht ersichtlich, "ob diesem Erkenntnis, das im Übrigen im RIS nicht im Volltext zur Verfügung steht, sondern nur Rechtssätze, auch tatsächlich ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen ist". Daher erscheine es aus Gründen Rechtssicherheit geboten, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage
auseinandersetze, ob ein Antrag auf Zahlungserleichterung innerhalb der Fünftagesfrist des § 217 Abs. 5 BAO der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstehe oder nicht.
14 Die Revisionswerberin führt ein Fehlen ständiger Rechtsprechung ins Treffen. Demgegenüber stellt Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf eine ständige Rechtsprechung ab.
15 Nach dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 230 Abs. 3 BAO entfaltet ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nur dann die Wirkung der Hemmung von Einbringungsmaßnahmen und damit nach dem ebenso eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 4 lit. b BAO die Wirkung, dass Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten sind, wenn das Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht wurde.
16 Das Bundesfinanzgericht hat zwar nicht festgestellt (und es geht aus den vorgelegten Akten des Verfahrens auch nicht hervor), wann der im angefochtenen Erkenntnis erwähnte Bescheid über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer vom zugestellt (§ 97 BAO) worden ist, wann somit die Frist des § 210 Abs. 1 BAO zu laufen begonnen hat, doch gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und das Bundesfinanzgericht übereinstimmend davon aus, dass die in Rede stehende Grunderwerbsteuer am fällig gewesen ist. 17 Die in Rede stehende Grunderwerbsteuer wurde jedenfalls unstrittig nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet (§ 217 Abs. 1 BAO).
18 Dergestalt entfaltete das am eingebrachte Ansuchen um Zahlungserleichterungen nicht die in § 230 Abs. 3 und § 217 Abs. 4 lit. b BAO normierten Wirkungen.
19 Nach dem weiters eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine "Säumnis" beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs. 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst (vgl. aus dem darin übereinstimmenden Schrifttum etwa Stoll, BAO Band, S. 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren2, § 217 BAO Anm. 10). 20 Zur insoweit wortgleichen Vorgängerreglung des § 221 BAO (bis zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) wurde diese Frage nicht erst durch die vom Bundesfinanzgericht zitierte Entscheidung () beantwortet, sondern bereits durch frühere Erkenntnisse ( 818, 819/62, VwSlg 2.930/F, worauf auch beim von der Revisionswerberin erwähnten Rechtssatz im RIS hingewiesen wird; ).
21 Dass der seit dem Budgetbegleitgesetz 2001 nunmehr in § 217 Abs. 5 BAO enthaltenen Regelung insoweit dieselbe Bedeutung zukommt, ergibt sich auch aus den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2001 (311 BlgNR 21. GP, 199), worin angeführt wird, dass "ein spätestens am Fälligkeitstag eingebrachtes Stundungsansuchen" vorerst das Entstehen von Säumniszuschlagsansprüchen verhindert.
22 Angesichts der klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung wirft die Revisionswerberin somit keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. auch bis 0086, und und 0161).
23 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160154.L00 |
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Fundstelle(n):
CAAAF-47749