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VwGH 09.04.2020, Ra 2019/16/0073

VwGH 09.04.2020, Ra 2019/16/0073

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BAO §115
BAO §269 Abs1
BAO §85
VwRallg
RS 1
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind Parteienerklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (Hinweis ; , Ra 2014/13/0003; , Ra 2015/15/0041).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0102 B RS 1
Normen
BAO §85
VwRallg
RS 2
Die Berufung eines berufsmäßigen Parteienvertreters auf die ihm (etwa nach § 8 RAO) erteilte Vollmacht und das Fortsetzen der Ausführungen des Schriftsatzes in der "Ich-Form" sind - soweit keine gegenteiligen Hinweise vorliegen - so zu verstehen, dass der Einschreiter für den Vertretenen handelt, ohne dass dem jeweils ein "namens des Vertretenen" hinzugefügt werden müsste.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0102 B RS 2 (hier ohne Bezugnahme auf § 8 RAO)

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2019/16/0074 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der S GmbB in H (Deutschland), vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1200021/2017, betreffend Zurückweisung der Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin war die Vertreterin der E-GmbH. 2 Mit Bescheid vom setzte das Zollamt gegenüber der E-GmbH Verzugszinsen nach Art. 114 UZK in näher bezeichneter Höhe fest.

3 Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben und die Aussetzung der Einhebung ohne Anforderung einer Sicherheitsleistung beantragt. Der Beschwerde gegen die Festsetzung der Verzugszinsen war als "Anlagenkonvolut 1" die Beschwerde der E-GmbH vom gegen den der Festsetzung der Verzugszinsen zugrunde liegenden Eingangsabgabenbescheid vom beigefügt, in der die Revisionswerberin erklärte, mit der Vertretung der E-GmbH beauftragt zu sein, und auf eine beglaubigte Kopie der Vollmacht verwies.

4 Mit Bescheid vom erklärte das Zollamt die Beschwerde der E-GmbH vom gegen den Bescheid über die Festsetzung von Verzugszinsen mangels Befolgung des ergangenen Mängelbehebungsauftrags vom als zurückgenommen. 5 Die gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom erhobene Beschwerde der E-GmbH wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom wegen Vorliegens eines nicht verbesserungsfähigen Mangels zurück.

6 Am wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

7 Mit dem angefochtenen Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht in der "Beschwerdesache (der Revisionswerberin)" die Beschwerde vom als unzulässig zurück und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Die Beschwerde vom sei nicht der E-GmbH, sondern der Revisionswerberin selbst zuzurechnen. Diese habe die Beschwerde im eigenen Namen eingebracht und nicht einmal das Vorliegen einer Vollmacht behauptet.

8 Mit Beschluss vom , E 4266/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

9 In der sodann erhobenen außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit unter anderem vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin die Beschwerde im eigenen Namen und nicht als Parteienvertreterin, im Namen ihrer Mandantin, erhoben habe.

10 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteienerklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. ; , Ra 2016/15/0053; , Ra 2014/13/0003; , Ra 2015/15/0041).

13 Die Berufung eines berufsmäßigen Parteienvertreters auf die ihm erteilte Vollmacht und das Fortsetzen der Ausführungen des Schriftsatzes in der "Ich-Form" ist - soweit keine gegenteiligen Hinweise vorliegen - so zu verstehen, dass der Einschreiter für den Vertretenen handelt, ohne dass dem jeweils ein "namens des Vertretenen" hinzugefügt werden müsste (vgl. nochmals ).

14 Die Beschwerde vom gegen den, der Festsetzung der Verzugszinsen zugrunde liegenden Eingangsabgabenbescheid vom , in der sich die Revisionswerberin auf die ihr erteilte Vollmacht berief und den Schriftsatz in der "Wir-Form" fortsetzte, war daher eindeutig nicht der Revisionswerberin, sondern der E-GmbH zuzurechnen. 15 Diese sprachliche Gestaltung wurde auch in der Beschwerde vom fortgeführt, welche das Verfahren betreffend die Festsetzung der Verzugszinsen nach Art. 114 UZK, somit von Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO) der Eingangsabgaben, betraf und vom Verfahrensablauf im Zusammenhang mit dem Eingangsabgabenbescheid vom und der dagegen erhobenen Beschwerde vom steht. Zudem wurden im Betreff ausdrücklich die E-GmbH, deren Abgabenkontonummer sowie der angefochtene, an die E-GmbH ergangene Bescheid angeführt. In der Beschwerdevorentscheidung vom ist das Zollamt daher davon ausgegangen, dass auch die Beschwerde vom nicht der Revisionswerberin selbst, sondern der E-GmbH zuzurechnen ist. Das Bundesfinanzgericht hätte jedenfalls nicht ohne Vorhalt, in wessen Namen die Beschwerde erhoben wird, diese der Revisionswerberin selbst zurechnen dürfen. 16 Jedoch hat das Bundesfinanzgericht mit dem gegenständlich angefochtenen, an die Revisionswerberin gerichteten Beschluss vom nicht über eine Beschwerde der E-GmbH vom abgesprochen. Dem Spruch des Beschlusses ist eindeutig zu entnehmen, dass über eine der Revisionswerberin zugerechnete Beschwerde entschieden wird, indem für diese Beschwerde eine Zurückweisung ausgesprochen wird.

17 Die Revisionswerberin ist durch die an sie gerichtete Zurückweisung der ihr zugerechneten Beschwerde aber in keinem subjektivöffentlichen Recht verletzt. Für die Rechtsstellung der Revisionswerberin macht es nämlich keinen Unterschied, ob der angefochtene Beschluss des Bundesfinanzgerichts aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Somit fehlt es der Revisionswerberin an der Beschwer (vgl. , mwN). 18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §115
BAO §269 Abs1
BAO §85
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160073.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-47730