VwGH 25.09.2019, Ra 2019/09/0091
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Mit den in § 50 Abs. 4 GSpG 1989 enthaltenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten wollte der Gesetzgeber dem Versuch der Glücksspielanbieter begegnen, durch mangelnde Kooperation die Behörden an der Erlangung hinreichender Verdachtsmomente zu hindern und so bereits im Ansatz die Einleitung von Strafverfahren zu vereiteln. Nicht nur, dass den Kontrollorganen Testspiele unentgeltlich ermöglicht werden sollten, es sollten sich die Verpflichteten auch nicht durch mangelnde Vorkehrungen ihrer Mitwirkungspflicht entziehen können (vgl. ErläutRV 1960 BlgNR 24. GP 51 zu § 50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG 1989). Ohne diese Pflichten wäre es den Behörde nicht oder nur mit unangemessen hohem Aufwand möglich, Verstöße gegen das Glücksspielgesetz festzustellen und entsprechend zu ahnden (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/09/0171 E RS 1 |
Normen | GSpG 1989 §50 Abs4 VwGG §34 Abs1 |
RS 2 | Bereits aus § 50 Abs. 4 GSpG 1989 ergibt sich, dass der Gesetzgeber möglichst umfassende Mitwirkungspflichten vorsehen wollte (vgl. ). |
Normen | GSpG 1989 §50 Abs4 VwGG §34 Abs1 |
RS 3 | Würde die im Zeitpunkt der Kontrolle fehlende Betriebsbereitschaft vorgefundener Glücksspieleinrichtungen zur Verneinung der glücksspielrechtlichen Duldungs- und Mitwirkungspflichten führen, könnte gerade nicht ermittelt werden, ob die Bestimmungen des GSpG 1989 in Bezug auf die vorgefundenen Glücksspieleinrichtungen eingehalten werden. Regelungsgegenstand des § 50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG 1989 ist daher der Adressatenkreis der Duldungs- und Mitwirkungsplichten, nicht aber der Status der vorgefunden Glücksspieleinrichtungen. Eine andere Auslegung würde den Zweck der normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten vereiteln (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der T K in S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 30.9-957/2018-13, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig und verhängte über sie eine Geldstrafe (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe). Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig. 2 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 3 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Gemäß § 50 Abs. 4 GSpG sind die Behörden gemäß § 50 Abs. 1 GSpG und die in § 50 Abs. 2 und 3 GSpG genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG, dem Amtssachverständigen gemäß § 1 Abs. 3 GSpG und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkommt.
5 Mit den in § 50 Abs. 4 GSpG enthaltenen Duldungs- und Mitwirkungspflichten wollte der Gesetzgeber dem Versuch der Glücksspielanbieter begegnen, durch mangelnde Kooperation die Behörden an der Erlangung hinreichender Verdachtsmomente zu hindern und so bereits im Ansatz die Einleitung von Strafverfahren zu vereiteln. Nicht nur, dass den Kontrollorganen Testspiele unentgeltlich ermöglicht werden sollten, es sollten sich die Verpflichteten auch nicht durch mangelnde Vorkehrungen ihrer Mitwirkungspflicht entziehen können. Ohne diese Pflichten wäre es den Behörden nicht oder nur mit unangemessen hohem Aufwand möglich, Verstöße gegen das Glücksspielgesetz festzustellen und entsprechend zu ahnden. Bereits aus § 50 Abs. 4 GSpG ergibt sich daher, dass der Gesetzgeber möglichst umfassende Mitwirkungspflichten vorsehen wollte (siehe etwa ).
6 Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes eingehalten werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits ausgesprochen, dass wenn die im Zeitpunkt der Kontrolle fehlende Betriebsbereitschaft vorgefundener Glücksspieleinrichtungen zur Verneinung der glücksspielrechtlichen Duldungs- und Mitwirkungspflichten führen würde, gerade nicht ermittelt werden könnte, ob die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes in Bezug auf die vorgefundenen Glücksspieleinrichtungen eingehalten werden. Regelungsgegenstand des § 50 Abs. 4 zweiter Satz GSpG ist daher der Adressatenkreis der Duldungs- und Mitwirkungsplichten, nicht aber der Status der vorgefunden Glücksspieleinrichtungen. Eine andere Auslegung würde den Zweck der normierten Duldungs- und Mitwirkungspflichten vereiteln (vgl. ).
7 Anders als die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nun meint, hat das Verwaltungsgericht die von der Revisionswerberin bereitgehaltenen All-in-One-Bildschirm-Computer samt Cash-Box sehr wohl als Glücksspieleinrichtungen qualifiziert. Ob für diese Beurteilung ausreichende Beweisergebnisse vorhanden waren, stellt jedoch eine Frage der Beweiswürdigung dar, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als reine Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa , mwN), was in der Revision jedoch nicht aufgezeigt wird.
8 Die Revisionswerberin bestreitet ferner weder die Feststellung, dass sie der mehrfach an sie gerichteten Aufforderung, die noch betriebswarmen Geräte wieder einzuschalten und in betriebsbereiten Zustand zu versetzen, nicht nachgekommen ist, noch zeigt sie konkret auf, aus welchem Grund ihr die Erfüllung der Aufforderung nicht möglich gewesen wäre (vgl. wieder ). Mit der pauschalen Behauptung, die Revisionswerberin habe nicht die faktische Macht gehabt, für die Verfügbarkeit der Geräte zu sorgen, wird eine relevante Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt. 9 Da das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision auch sonst keine Rechtsfrage aufwirft, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090091.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-47584