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VwGH 03.09.2019, Ra 2019/08/0121

VwGH 03.09.2019, Ra 2019/08/0121

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §13 Abs3
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §9 Abs1
RS 1
Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG 2014 genannten Inhaltserfordernissen (hier: Beschwerdegründe und Beschwerdebegehren), sind diese Mängel gemäß der - gemäß § 17 VwGVG 2014 auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. insoweit zu § 13 Abs. 3 AVG etwa die Erkenntnisse vom , 2004/18/0200, mwN, und vom , 2011/08/0062, jeweils zum Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrags).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/01/0036 E VwSlg 19037 A/2015 RS 1 (hier nur Fehlen der Beschwerdegründe)
Normen
AVG §13 Abs3
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §9 Abs1
RS 2
§ 13 Abs. 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen (Hinweis Erkenntnisse vom , 2004/05/0115, vom , 2008/02/0012, sowie vom , 2011/08/0062; vgl. auch die Beschlüsse vom , 2012/11/0019, sowie vom , 2012/11/0228). Dies gilt auch für die bewusste und rechtsmissbräuchliche Einbringung "leerer" Beschwerden nach dem VwGVG 2014. Um ein derartiges Anbringen sofort zurückweisen zu können, ist die rechtsmissbräuchliche Absicht in der Zurückweisungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (Hinweis E vom , 2007/02/0340).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/01/0036 E VwSlg 19037 A/2015 RS 2
Normen
AVG §13 Abs3
VStG §5 Abs1
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3
RS 3
Es ist nicht als unvertretbar anzusehen, dass das Landesverwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall in den Umständen, dass der Revisionswerber als Beschwerdebegründung (im Geltungsbereich des § 5 Abs. 1 VStG; vgl. ) lediglich vorbrachte, er habe "die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten", und dass er seiner Ankündigung, ergänzendes Vorbringen zu erstatten, innerhalb der Beschwerdefrist und auch bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachgekommen ist, eine "leere", der Verlängerung der Beschwerdefrist dienende Beschwerde und sohin rechtsmissbräuchliche Absicht erblickt hat.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des A J in H, vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7/2. Stock, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-302321/2/KL/CG, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wels), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die am erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gegen das wegen zweimaliger Verletzung der Meldepflicht gemäß § 111 Abs. 1 und 2 iVm § 33 Abs. 1 und 2 ASVG am ergangene Straferkenntnis der Stadt Wels (Geldstrafe von insgesamt EUR 4.680,--, Ersatzfreiheitsstrafe 313 Stunden) als unzulässig zurückgewiesen.

5 Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer habe in der Beschwerde Folgendes vorgebracht:

"Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten. Der Beschuldigte wird nach eingehender Durchsicht des Aktes mit seiner rechtfreundlichen Vertretung noch ergänzendes Vorbringen erstatten."

6 Der Beschwerdeführer sei in Kenntnis der Anforderungen an eine Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) und der Folgen einer unzureichenden Beschwerde. Er habe gewusst, dass die Beschwerde nicht ausreichend ausgeführt und zu vervollständigen ist. Habe eine Partei den Mangel bewusst herbeigeführt, zB um eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, sei für die Erteilung eines Verbesserungsauftrags kein Raum. Der Revisionswerber habe kein weiteres Vorbringen erstattet. Die Beschwerdefrist sei zum Entscheidungszeitpunkt abgelaufen gewesen. 7 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Der Revisionswerber erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass im angefochtenen Beschluss die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte rechtsmissbräuchliche Absicht bei dem Anbringen nicht festgestellt worden sei und dass das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. 9 Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG genannten Inhaltserfordernissen (hier: Beschwerdegründe), sind diese Mängel gemäß der - gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. insoweit zu § 13 Abs. 3 AVG ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient § 13 Abs. 3 AVG allerdings dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen (; , 2011/08/0375; , 2012/08/0259). Dies gilt auch für die bewusste und rechtsmissbräuchliche Einbringung "leerer" Beschwerden nach dem VwGVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 9 VwGVG, Anm. 6). Um im Sinne der Rechtsprechung ein derartiges Anbringen sofort zurückweisen zu können, ist die rechtsmissbräuchliche Absicht in der Zurückweisungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (). 10 Es ist nicht als unvertretbar anzusehen, dass das Landesverwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall in den Umständen, dass der Revisionswerber als Beschwerdebegründung (im Geltungsbereich des § 5 Abs. 1 VStG; vgl. ) lediglich vorbrachte, er habe "die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten", und dass er seiner Ankündigung, ergänzendes Vorbringen zu erstatten, innerhalb der Beschwerdefrist und auch bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachgekommen ist, eine "leere", der Verlängerung der Beschwerdefrist dienende Beschwerde und sohin rechtsmissbräuchliche Absicht erblickt hat. 11 Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Revisionswerber in späteren Zeiträumen - sei es in einem Schriftsatz, sei es in einer Verhandlung - eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung vorgenommen hätte.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §13 Abs3
VStG §5 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §9 Abs1
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3
Schlagworte
Verbesserungsauftrag Bejahung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080121.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-47569