VwGH 28.03.2019, Ra 2019/07/0012
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt u.a. die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. ). Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das BVwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/18/0197 E RS 7 |
Normen | AgrGG Stmk 1985 §1 AgrGG Stmk 1985 §7 Abs1 AgrGG Stmk 1985 §7 Abs6 FlVfGG §1 FlVfGG §19 FlVfGG §21 FlVfGG §28 Abs1 |
RS 2 | Ein Regulierungsverfahren ist insbesondere dann durchzuführen, wenn die Nutzungen ungeregelt oder der Ertragsfähigkeit nicht angepasst sind oder das Regulierungsverfahren wegen Streitigkeiten hierüber erforderlich erscheint. Es hat vor allem die Aufgabe, den nachhaltigen Ertrag der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, die wirtschaftlich zulässigen Nutzungen und die Ansprüche der Parteien auf diese Nutzungen zu ermitteln. Zudem schafft es die Grundlagen für den Wirtschaftsplan und die Verwaltungssatzungen. Es dient der Fixierung und Sicherung der alten, nach örtlicher Übung überkommenen Nutzungsrechte in einem stufenförmigen Verfahren. Davon ist das Teilungsverfahren zu unterscheiden, welches die Umwandlung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung in ein (privatrechtliches) Eigentum mit sich bringt (§ 7 Abs 2 Stmk AgrGG 1985). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/07/0036 E VwSlg 18304 A/2011 RS 1
(hier nur zweiter und dritter Satz) |
Normen | AgrGG Stmk 1985 §38 AgrGG Stmk 1985 §39 AgrGG Stmk 1985 §40 AgrGG Stmk 1985 §47 Abs2 AgrGG Stmk 1985 §47 Abs3 FlVfGG §15 FlVfGG §34 FlVfGG §35 Abs1 FlVfGG §36 Abs1 |
RS 3 | Aus §§ 38 Abs. 2, 39 und 40 Stmk AgrGG 1985 ergibt sich, dass ein Teil des Regulierungsplanes auch in der Beschreibung des nutzbaren agrargemeinschaftlichen Gebietes und dessen nachhaltigen Ertrags (in einem Nutzungsplan, Aufforstungsplan oder Weidenutzungsplan) besteht. Stellt ein Teil dieses Gebietes eine von einem Windpark betroffene Grundfläche dar, kann sie nicht mehr agrarisch genutzt werden; von einer solchen Flächenreduktion ist die Rechtsausübung der Agrargemeinschaftsmitglieder unmittelbar betroffen. Der Reduktion des Ausmaßes der nutzbaren agrargemeinschaftlichen Flächen kann daher in einem Regulierungsverfahren durchaus Bedeutung zukommen; dies wird auch durch die Bestimmungen des § 47 Abs. 2 und 3 legcit. deutlich, wonach der Agrarbehörde während eines anhängigen Regulierungsverfahrens ua die Zuständigkeit zur Entscheidung über Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken und über die Gegenleistung für die Benutzung solcher Grundstücke zukommt. |
Normen | ABGB §936 VwRallg |
RS 4 | Unter einer Option ist ein vertraglich eingeräumtes Gestaltungsrecht zu verstehen, das einer Partei, dem Optionsberechtigten, das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen (vgl. ). |
Normen | VwGG §35 VwGG §36 VwGG §45 Abs1 Z4 |
RS 1 | Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist bereits dann nicht verwirklicht, wenn im Verfahren vor dem VwGH den Vorschriften über das Parteiengehör nicht zuwidergehandelt wurde (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Ing. S N in D, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 40.28-1136/2018-6, betreffend die Wiederaufnahme eines Regulierungsverfahrens (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Agrarbezirksbehörde für Steiermark), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird abgewiesen.
Begründung
1 Die Agrarbezirksbehörde Steiermark erließ im Regulierungsverfahren betreffend die Agrargemeinschaft F (in weiterer Folge: Agrargemeinschaft), deren Mitglied der Revisionswerber ist, mit Kundmachung vom den Regulierungsplan dieser Agrargemeinschaft. Mit Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) eine dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab.
2 Der Revisionswerber beantragte mit einem am beim LVwG eingelangten E-Mail die Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens. Begründend führte er aus, es sei ihm am anlässlich einer Vollversammlung der Agrargemeinschaft erstmals der originale Optionsvertrag betreffend den Windpark F vom / vorgelegt worden, dem die erforderliche Unterschrift des Schriftführers der Agrargemeinschaft fehle; dieser Vertrag sei daher nicht nach den geltenden Verwaltungssatzungen (§ 22 Abs. 1) und somit nicht rechtwirksam zu Stande gekommen. Der Regulierungsplan sei aufgrund der dort dargestellten Windenergieanlagen WEA 1, WEA 2 und WEA 3 und deren beanspruchter Stellflächen "unzulässig". Die Regulierung diene der planmäßigen Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Diese rechtliche Ordnung könne denkunmöglich aufgrund rechtswidrig errichteter Windenergieanlagen vorliegen, welche große Flächen agrargemeinschaftlicher Flächen in Anspruch nähmen. Daher sei das Regulierungsverfahren gemäß § 32 VwGVG wieder aufzunehmen.
3 Mit dem nun in Revision gezogenen Beschluss vom wies das LVwG diesen Antrag gemäß § 32 VwGVG ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen.
4 In der Begründung verwies das LVwG auf Gegenstand und Inhalt eines Regulierungsverfahrens nach § 7 Abs. 1 und 6 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes (StAgrGG). Der Revisionswerber habe zur Relevanz des neuen Beweismittels ausgeführt, dass die rechtliche Ordnung denkunmöglich aufgrund rechtswidrig errichteter Windenergieanlagen vorliegen könne, weil sie große Teile agrargemeinschaftlicher Flächen in Anspruch nähmen. Bereits dieses Vorbringen zeige, dass im rechtskräftigen Regulierungsplan die Windkraftanlagen auf den in Anspruch genommenen agrargemeinschaftlichen Grundstücken unabhängig vom Rechtsgrund ihrer Entstehung, also selbst, wenn deren Errichtung rechtswidrig gewesen wäre, zu erfolgen gehabt hätte. Das im Beschwerdeverfahren über den Regulierungsplan ergangene Erkenntnis des LVwG sei weder durch diesen Vertrag herbeigeführt worden noch sei die Beurteilung, ob dieser Vertrag zustande gekommen sei oder nicht, eine Vorfrage zur Erlassung dieses Erkenntnisses oder sei er überhaupt als Tatsache oder Beweismittel in das Regulierungsverfahren einbezogen worden. Dieses vom Revisionswerber beigebrachte Beweismittel könne daher, selbst wenn der genannte Vertrag absolut nichtig wäre, nicht zu einem im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Erkenntnis führen, weil ihm im Regulierungsverfahren keine Bedeutung zukomme. Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag auf Grundlage des "originalen Optionsvertrags (Urschrift) betreffend Windpark 'F' ohne der erforderlichen Unterschrift des Schriftführers" sei als unbegründet abzuweisen gewesen.
5 Die Revision wurde mit Formelbegründung als unzulässig erklärt.
6 In seiner gegen diesen Beschluss erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das LVwG verkenne, dass ein Regulierungsplan gemäß § 37 StAgrGG erst "nach" Klarstellung der Verhältnisse zu verfassen sei. Da die Voraussetzungen für den Bau der Windkraftanlagen nicht vorlägen (wegen des Fehlens der Unterschrift des Schriftführers) und dies bei der Erstellung des Regulierungsplanes relevant sei, handle es sich um eine rechts- und aktenwidrige Entscheidung des LVwG, wenn Unerheblichkeit bescheinigt werde. Das LVwG habe sich auch nicht auf Rechtsprechung stützen können, derzufolge rechtswidrig errichtete Bauwerke (Windkraftanlagen) auf agrargemeinschaftlichen Grundstücken kein Hindernis beim Abschluss eines Regulierungsplanes darstellten und daher unabhängig vom Rechtsgrund ihrer Entstehung in den Regulierungsplan aufzunehmen seien. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Frage, unter welchen Umständen rechtswidrig errichtete Bauwerke auf agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Zuge des Abschlusses des Regulierungsplanes zu behandeln seien; darin liege eine Rechtsfrage besonderer Bedeutung.
12 Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass der Revisionswerber unter "Rechtswidrigkeit der Errichtung der Windkraftanlagen" die seiner Ansicht nach mangels korrekter Fertigung des Vertrages fehlende vertragliche Grundlage für die Nutzung von Grundflächen der Agrargemeinschaft zu diesem Zweck versteht.
13 Die Revision erweist sich als zulässig, weil es noch keine Rechtsprechung zu der Frage gibt, welche Relevanz in einem Regulierungsverfahren dem Umstand zukommt, dass ein Vertrag über eine bestimmte Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Gebietes seitens der Organe der Agrargemeinschaft nicht korrekt unterfertigt wurde; von der Beantwortung dieser Frage hängt die Eignung dieses Beweismittels als Wiederaufnahmegrund nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ab.
14 Nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.
15 Die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG setzt u.a. die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (). Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Verwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. ; , Ra 2017/02/0046).
16 Im vorliegenden Fall geht es um die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Regulierungsverfahrens. Ein Regulierungsverfahren nach dem StAgrGG hat vor allem die Aufgabe, den nachhaltigen Ertrag der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, die wirtschaftlich zulässigen Nutzungen und die Ansprüche der Parteien auf diese Nutzungen zu ermitteln. Zudem schafft es die Grundlagen für den Wirtschaftsplan und die Verwaltungssatzungen (vgl. ).
17 Aus §§ 38 Abs. 2, 39 und 40 StAgrGG ergibt sich, dass ein Teil des Regulierungsplanes auch in der Beschreibung des nutzbaren agrargemeinschaftlichen Gebietes und dessen nachhaltigen Ertrags (in einem Nutzungsplan, Aufforstungsplan oder Weidenutzungsplan) besteht. Stellt - wie im vorliegenden Fall - ein Teil dieses Gebietes eine von einem Windpark betroffene Grundfläche dar, kann sie nicht mehr agrarisch genutzt werden; von einer solchen Flächenreduktion ist die Rechtsausübung der Agrargemeinschaftsmitglieder unmittelbar betroffen. Der vom Revisionswerber genannten Reduktion des Ausmaßes der nutzbaren agrargemeinschaftlichen Flächen (hier: durch die Errichtung von Windkraftanlagen) kann daher in einem Regulierungsverfahren durchaus Bedeutung zukommen; dies wird auch durch die Bestimmungen des § 47 Abs. 2 und 3 StAgrGG deutlich, wonach der Agrarbehörde während eines anhängigen Regulierungsverfahrens ua die Zuständigkeit zur Entscheidung über Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken und über die Gegenleistung für die Benutzung solcher Grundstücke zukommt.
18 Als neu hervorgekommenes Beweismittel, auf Grund dessen die Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens verfügt werden solle, nennt der Revisionswerber den Umstand, dass der originale Optionsvertrag (Urschrift) vom /
betreffend den Windpark ?F', nicht auch vom Schriftführer unterzeichnet worden sei, was den Verwaltungssatzungen widerspreche.
19 Diesem Beweismittel fehlt allerdings aus mehreren Gründen die nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG notwendige Relevanz für den Verfahrensausgang, also für die Gestaltung des Regulierungsplans:
20 Der Revisionswerber bringt in seinem Wiederaufnahmeantrag nicht vor, dass dem Abschluss des Optionsvertrags vom / eine zumindest mehrheitlich zustimmende Willensbildung der Vollversammlung als zuständiges Organ der Agrargemeinschaft gefehlt hätte. Die Unterschrift durch den Schriftführer könnte daher - in korrekter Umsetzung des damals gemeinschaftlich gebildeten Willens der Vollversammlung - jederzeit nachgeholt und der vom Revisionswerber aufgezeigte Formalfehler somit saniert werden.
21 In diesem Sinn ging auch das OLG Graz in seinem zwischen dem Revisionswerber und dem Land Steiermark in einer Amtshaftungssache ergangenen Urteil vom , 5R 107/18x (S. 36), davon aus, dass es angesichts einer Genehmigung des Inhalts der Nutzungsvereinbarung (dort: aus dem Jahr 2004) durch die Vollversammlung auf die statutenmäßige Fertigung dieses Vertrages durch die Organe der Agrargemeinschaft nicht ankomme. Dies gilt auch für den Optionsvertrag vom / . Schon aus diesem Grund fehlt dem Umstand der fehlenden Unterschrift des Schriftführers die notwendige Relevanz für den Verfahrensausgang.
22 Dazu kommt, dass Gegenstand dieses Vertrages die Option auf den Abschluss eines Nutzungsvertrages betreffend bestimmte Flächen der Agrargemeinschaft ist. Unter einer Option ist ein vertraglich eingeräumtes Gestaltungsrecht zu verstehen, das einer Partei, dem Optionsberechtigten, das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen (vgl. , mwH). 23 Mit dem Abschluss eines Optionsvertrages allein wird die Nutzung konkreter agrargemeinschaftlicher Grundflächen aber noch nicht verändert, dazu bedarf es der Ziehung der Option. Der Abschluss des Optionsvertrags allein bewirkt noch nicht, dass Teile der agrargemeinschaftlichen Flächen einer anderen Nutzung zugeführt werden, wäre es doch auch möglich, dass der Optionsberechtigte von der Option gar keinen Gebrauch macht. Der Abschluss des Optionsvertrages steht daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung der agrargemeinschaftlichen Flächen als Windpark.
24 Angesichts dessen kann dahin stehen, ob dem Optionsvertrag vom / , der inhaltlich mit dem Options- und Nutzungsvertrag vom weitgehend ident ist, überhaupt die ihm vom Revisionswerber zugesprochene rechtliche Wirkung zukommt (vgl. dazu die im erwähnten Urteil des OLG vom vertretene Rechtsansicht, wonach bereits mit der Annahme der Option durch das Energieunternehmen im Jahr 2011 das Schuldverhältnis zu den Bedingungen des Nutzungsvertrages vom zu Stande gekommen ist). 25 Aus diesen Gründen fehlt es dem seitens des Revisionswerbers geltend gemachten neuen Beweismittel an der für einen Wiederaufnahmegrund nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG notwendigen Relevanz für den Verfahrensausgang.
26 Die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages durch das LVwG steht daher nicht im Widerspruch zur Rechtslage.
27 Da bereits der Inhalt der Revision erkennen ließ, dass die vom Revisionswerber behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, war sie gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über den Antrag des Ing. S N in D, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/07/0012-6, abgeschlossenen Verfahrens betreffend Wiederaufnahme eines Regulierungsverfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/07/0012-6, wurde die außerordentliche Revision des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 40.28-1136/2018-6, gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abgewiesen.
2 Mit seiner am beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Eingabe begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme dieses Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG mit der Begründung, die „mitbeteiligte Behörde“ sei entgegen der Bestimmung des § 36 Abs. 1 VwGG dem Revisionsverfahren nicht beigezogen worden. Daraus leite er ab, dass das Erkenntnis vom anders gelautet hätte. In der Sache bringt er - in Reaktion auf Rn 20 des Erkenntnisses vom - vor, dass dem Abschluss des Optionsvertrags vom / auf Seiten der vertragsschließenden Agrargemeinschaft die zustimmende Willensbildung ihrer Vollversammlung gefehlt habe.
3 Gemäß § 45 Abs. 2 VwGG ist der Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
4 Der Wiederaufnahmeantrag enthält zwar keine Angaben dazu, wann der Wiederaufnahmewerber vom Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes Kenntnis erlangt hat. Dass die (vor dem Verwaltungsgericht) belangte Behörde dem Revisionsverfahren nicht beigezogen wurde, ergibt sich jedoch bereits aus dem Erkenntnis vom selbst, in dem ausdrücklich angeführt wurde, dass die Entscheidung „gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren“ erfolgte. Der Wiederaufnahmewerber bzw. dessen Vertreter erlangten davon also mit der Zustellung des Erkenntnisses - hier am - Kenntnis (vgl. zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Zustellung des Erkenntnisses bei behaupteter Verletzung des Parteiengehörs , mwN).
5 Der erst mehr als zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt eingebrachte Wiederaufnahmeantrag erweist sich somit als verspätet.
6 Im Übrigen liegt auch der vorgebrachte Wiederaufnahmegrund nicht vor:
7 Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.
8 Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist bereits dann nicht verwirklicht, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht zuwidergehandelt wurde (vgl. , mwN).
9 Wie sich aus dem Erkenntnis vom ausdrücklich ergibt, erfolgte die Abweisung der Revision gemäß § 35 VwGG, weil bereits der Inhalt der Revision erkennen ließ, dass die vom Revisionswerber behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag. In einem solchen Fall sieht das Gesetz eine Entscheidung „ohne weiteres Verfahren“ vor. Die Beiziehung der anderen Parteien - darunter die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht - ist hingegen nur dann nach § 36 VwGG im Rahmen eines vom Verwaltungsgerichtshof einzuleitenden Vorverfahrens vorgeschrieben, wenn sich eine außerordentliche Revision zur weiteren Behandlung als geeignet erweist. Die vorgebrachte Verletzung der Vorschriften über das Parteiengehör liegt damit nicht vor.
10 Damit kann auch die Frage auf sich beruhen, ob ein Wiederaufnahmewerber überhaupt die Nichtgewährung von Parteiengehör gegenüber einer anderen Partei als Wiederaufnahmegrund iSd § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend machen kann. Es muss auch nicht weiter darauf eingegangen werden, dass dem Antrag jegliche Ausführungen dazu fehlen, warum anzunehmen wäre, dass das Erkenntnis im Fall der Anhörung der (vor dem Verwaltungsgericht) belangten Behörde anders gelautet hätte; dem weiteren, in der Sache erstatteten Vorbringen stünde zudem das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen.
11 Der Antrag auf Wiederaufnahme des Revisionsverfahrens Ra 2019/07/0012 war somit zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | ABGB §936 AgrGG Stmk 1985 §1 AgrGG Stmk 1985 §38 AgrGG Stmk 1985 §39 AgrGG Stmk 1985 §40 AgrGG Stmk 1985 §47 Abs2 AgrGG Stmk 1985 §47 Abs3 AgrGG Stmk 1985 §7 Abs1 AgrGG Stmk 1985 §7 Abs6 AVG §46 AVG §69 Abs1 Z2 FlVfGG §1 FlVfGG §15 FlVfGG §19 FlVfGG §21 FlVfGG §28 Abs1 FlVfGG §34 FlVfGG §35 Abs1 FlVfGG §36 Abs1 VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2 VwRallg |
Schlagworte | Beweismittel Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070012.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-47543