VwGH 17.07.2019, Ra 2019/06/0111
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Ein Recht auf Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG 2014 besteht nicht. Nach der hg. Rechtsprechung ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die VwG gesetzlich festgelegt. Die nach § 28 VwGVG 2014 von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (vgl. , mwN). |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/06/0112
Ra 2019/06/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision 1. des Dr. J B, M.Sc.,
2. der B T und 3. des Dr. techn. G B, M.Sc., alle in V und vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, LL.M., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , LVwG- 2018/36/2679-18, betreffend die Untersagung der Ausführung eines Bauvorhabens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bürgermeister der Marktgemeinde Völs; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde V. vom , mit welchem die weitere Ausführung des mit Bescheid vom auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG V. bewilligten Bauvorhabens untersagt wurde, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das LVwG - soweit für das vorliegende Verfahren von Relevanz - aus, im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Baueinstellungsbescheides sei eine abweichende Ausführung zu dem mit Bescheid vom bewilligten Bauvorhaben vorgelegen, welche der Bewilligungspflicht gemäß § 28 Abs. 1 TBO 2018 unterliege. Dies habe sich aus dem Gutachten des beigezogenen hochbautechnischen Sachverständigen, welches auch eine Auflistung der einzelnen vorgenommenen baulichen Änderungen enthalte, ergeben. Angesichts der noch nicht durchgeführten (im Erkenntnis näher dargelegten) Arbeiten, welche den Aktenvermerken zu den Lokalaugenscheinen der Baubehörde zu entnehmen seien, sei davon auszugehen gewesen, dass sich das gegenständliche Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Baueinstellung noch in der Ausführung befunden habe.
6 Nach der hg. Rechtsprechung ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. , mwN). Diesen Erfordernissen entspricht die Revision, welche unter "2. Zulässigkeit" im Wesentlichen den Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wiedergibt, ohne einen Fallbezug herzustellen, nicht.
7 An diesem Ergebnis ändert sich auch unter der Annahme, die dem Punkt "2. Zulässigkeit" übergeordnete Überschrift B "Angaben gem. § 26 Abs. 3 VwGG" habe eigentlich auf § 28 Abs. 3 VwGG Bezug nehmen wollen, weshalb nicht nur der ausdrücklich mit "Zulässigkeit" bezeichnete Punkt 2., sondern alle Unterpunkte der Überschrift B, somit auch Punkt "3. Maßgebliche Rechtsfragen" der Zulässigkeitsbegründung zuzurechnen seien, nichts, da auch dort keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt wird:
8 Die revisionswerbenden Parteien machen hier zunächst geltend, das LVwG habe die Festlegungen der Statik und weitere Fragen, welche die Baubewilligung nicht betreffen könnten, zum Gegenstand der Baueinstellung gemacht. Mit diesem vagen Vorbringen konnte eine Rechtswidrigkeit der Ausführungen des LVwG, welches unter Berufung auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten vom Vorliegen bewilligungspflichtiger baulicher Änderungen ausging, nicht aufgezeigt werden.
9 Wenn die Revision weiters geltend macht, die Baueinstellung wäre unzulässig gewesen, da sich die bauliche Anlage nicht mehr in der Ausführung befunden habe, wird damit dem angefochtenen Erkenntnis, welches die nicht abgeschlossenen Arbeiten mit Hinweis auf die von der Baubehörde durchgeführten Lokalaugenscheine im Einzelnen darlegt, nicht konkret entgegengetreten.
10 Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass ein Recht auf Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG 2014, wie die Revision zu vermeinen scheint, nicht besteht. Die Revision verkennt auch, dass nach der hg. Rechtsprechung ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG 2014 von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden, deren Vorliegen die Revision auch nicht darlegen konnte (vgl. , mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/06/0112
Ra 2019/06/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über den Antrag 1. des Dr. J B, M.Sc., 2. der B T und 3. des Dr. G B, M.Sc., alle in V und vertreten durch die CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/06/0111 bis 0113-5, abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Untersagung der Ausführung eines Bauvorhabens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Völs; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
1 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom wurde die Beschwerde der Wiederaufnahmewerber gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde V. vom , mit welchem die weitere Ausführung des mit Bescheid vom auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG V. bewilligten Bauvorhabens untersagt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Die von den Wiederaufnahmewerbern dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/06/0111 bis 0113-5, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen und dem damaligen Vertreter der Wiederaufnahmewerber am zugestellt.
3 Die Wiederaufnahmewerber stellten - zunächst unvertreten - einen Wiederaufnahmeantrag, der am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt ist. Mit verfahrensleitender Anordnung vom wurden die Wiederaufnahmewerber unter Hinweis auf § 24 VwGG aufgefordert, den Wiederaufnahmeantrag durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin/einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Zugleich wurde den Wiederaufnahmewerbern zur Behebung der Mängel eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Mängelbehebungsauftrags gesetzt und sie wurden darauf hingewiesen, dass die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Eingabe vom gelte.
4 Mit Schriftsatz vom wurde durch die nunmehrigen Rechtsvertreter ein Wiederaufnahmeantrag eingebracht. Nach dem Hinweis auf die Vollmachtserteilung enthält dieser Antrag folgenden Text (Hervorhebung wie im Original):
„Entsprechend der verfahrensleitenden Anordnung vom wird über ausdrücklichen Wunsch der Antragsteller der Wiederaufnahmeantrag mit folgendem Inhalt nunmehr im Wege eines Anwalts neuerlich eingebracht, wobei es sich dabei um den von den Antragstellern verfassten Antrag handelt (diese stützen sich auf nachgenannte Wiederaufnahmegründe):“
5 Es folgt der von den Wiederaufnahmewerbern verfasste Text des Wiederaufnahmeantrags (der in dem von den Rechtsvertretern eingebrachten Antrag zur Gänze unter Anführungszeichen wiedergegeben wird). Weiteres Vorbringen enthält der Antrag nicht.
6 Gemäß § 24 Abs. 2 VwGG sind (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) unter anderem Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen (Anwaltspflicht). Diesem Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann entsprochen, wenn die Eingabe als eine durch den Rechtsanwalt verfasste eingebracht wird und nicht bloß ein von der Partei selbst verfasster Schriftsatz mit Unterschrift und Stampiglie des Rechtsanwalts vorgelegt wird (vgl. etwa ; ; , jeweils mwN).
7 Im vorliegenden Fall wird in dem nach Erteilung des Mängelbehebungsauftrags eingebrachten Schriftsatz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um den von den Antragstellern (Wiederaufnahmewerbern) verfassten Schriftsatz handelt, der bloß „im Wege eines Anwalts neuerlich eingebracht“ wird. Damit wurde dem in der verfahrensleitenden Verfügung vom erteilten Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen, sodass der Wiederaufnahmeantrag gemäß § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 34 Abs. 4 VwGG von Gesetzes wegen als zurückgezogen gilt und das Verfahren daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060111.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-47532