VwGH 03.10.2019, Ra 2019/05/0238
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 70 Abs. 1 erster Satz NÖ BauO 2014 sind die darin genannten anhängigen Bauverfahren nach der bisherigen Rechtslage, wozu auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu zählen sind, zu Ende zu führen. In Anbetracht dieser eindeutigen Regelung kommt es bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung der von der Bauwerberin beantragten Baubewilligung daher nicht darauf an, ob im NÖ ROG 2014 "Übergangsbestimmungen hinsichtlich laufender Verfahren" normiert sind. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/05/0239
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1. des Ing. J L und
2. des J L, beide in H, beide vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-409/002-2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde H; weitere
Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte
Partei: E GmbH in K, vertreten durch die Winkler & Riedl Rechtsanwälte OG in 3430 Tulln, Wiener Straße 7-9/Top 1/4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa , mwN).
5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H. vom wurde aufgrund des Bauansuchens der mitbeteiligten Partei vom (bei der Baubehörde am selben Tag eingelangt) gemäß § 23 Abs. 1 und 2 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: NÖ BauO 1996) die baubehördliche Bewilligung für den Teilabbruch der bestehenden Gebäude, die Sanierung und den Umbau der bestehenden Stadthäuser zu einem Lokal und Wohnungen sowie den Neubau einer Hotel- und Wohnhausanlage mit Tiefgarage auf näher bezeichneten Grundstücken unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt, wobei die Einwendungen (u.a.) der Revisionswerber als Nachbarn gegen das Bauvorhaben "als unbegründet zurückgewiesen und als unzulässig abgewiesen" wurden. 6 Die von den Revisionswerbern dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde H. vom "als unzulässig abgewiesen".
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt 1.) die von den Revisionswerbern gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt 2.) eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
8 Dazu führte das Landesverwaltungsgericht (u.a.) aus, dass für den gegenständlichen und den an die verfahrensgegenständlichen Grundstücke östlich angrenzenden Baulandbereich in der Zeit vom bis ein (neu) erstellter Teilbebauungsplan aufgelegt worden, die Kundmachung im Zeitraum vom bis erfolgt und der Teilbebauungsplan mit Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung vom unbeanstandet zur Kenntnis genommen worden sei. Im vorliegenden Fall sei es unstrittig, dass das eingereichte Projekt aus dem Jahr 2014 - also aus der Zeit vor Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) - stamme, und es sei, weil nur geringfügige Modifikationen des Projektes durchgeführt worden seien, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung heranzuziehen. Da der im Jahre 2015 erlassene Teilbebauungsplan erst später in Kraft getreten sei, sei dieser im vorliegenden Verfahren noch nicht heranzuziehen gewesen. Daraus folge, dass nach § 54 NÖ BauO 1996 im Baulandbereich ohne Bebauungsplan die Bauklassen I und II jedenfalls zulässig seien (Hinweis auf ).
9 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, das Landesverwaltungsgericht habe bei dieser Beurteilung übersehen, dass für die Anwendung des § 54 NÖ BauO 1996 kein Raum bleibe, weil das gleichzeitig mit der NÖ BO 2014 mit in Kraft getretene NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) - im Gegensatz zu § 70 Abs. 1 NÖ BO 2014 - keine Übergangsbestimmungen hinsichtlich laufender Verfahren enthalte. Da das NÖ ROG 2014 nicht unmittelbar auf Baubewilligungsverfahren anwendbar sei, sondern aufgrund des Materienverweises nach § 20 Abs. 1 Z 1 iVm § 23 Abs. 1 NÖ BO 2014, mangle es im gegenständlichen Fall an einer Rechtsgrundlage für die Anwendung des § 54 NÖ BauO 1996 auf das gegenständliche Projekt. Es gebe im NÖ ROG 2014 keine Übergangsbestimmung, dass das NÖ Raumordnungsgesetz 1976 auf jene Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des NÖ ROG 2014 noch anhängig seien, anzuwenden sei. Das angefochtene Erkenntnis leide daher an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, zumal die Bauklassen I und II nach § 54 NÖ BauO 1996 mangels gesetzlicher Übergangsregelung nicht zur Anwendung gelangen könnten. Entgegen der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes sei in der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bislang noch nicht geklärt, ob die Bauklassen I und II nach § 54 NÖ BauO 1996 mangels gesetzlicher Übergangsregelung auf Verfahren zur Anwendung gelangen könnten, die vor dem Inkrafttreten der NÖ BO 2014 und des NÖ ROG 2014 eingeleitet worden seien, obwohl es aufgrund des Materienverweises nach § 20 Abs. 1 Z 1 iVm § 23 Abs. 1 NÖ BO 2014 an einer Rechtsgrundlage für die Anwendung des § 54 NÖ BauO 1996 nach Inkrafttreten des NÖ ROG 2014 mangle.
10 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
11 Das Landesverwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa , mwN).
12 Zu diesem Zeitpunkt () stand die NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, in der Fassung LGBl. Nr. 53/2018 in Geltung, die am in Kraft getreten war (§ 72 Abs. 1 NÖ BO 2014).
13 § 70 Abs. 1 erster Satz NÖ BO 2014 bestimmt, dass die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren, ausgenommen jene nach den §§ 33 und 35 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind. 14 Die Revision zieht in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht in Zweifel, dass das gegenständliche Baubewilligungsverfahren vor Inkrafttreten der NÖ BO 2014 - nämlich am - bereits anhängig war und daher auf den Revisionsfall die NÖ BauO 1996 (in der Fassung LGBl. 8200-23) anzuwenden war. So sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 70 Abs. 1 erster Satz NÖ BO 2014 die darin genannten anhängigen Bauverfahren nach der bisherigen Rechtslage, wozu auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu zählen sind, zu Ende zu führen. In Anbetracht dieser eindeutigen Regelung kommt es bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Baubewilligung daher nicht darauf an, ob im NÖ ROG 2014 "Übergangsbestimmungen hinsichtlich laufender Verfahren" normiert sind.
15 Kann sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen - wie hier das Landesverwaltungsgericht auf § 70 Abs. 1 erster Satz NÖ BO 2014 -, so ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig und liegt damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar auch dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa , mwN). Dass in einem solchen, am Tage des Inkrafttretens der NÖ BO 2014 anhängigen Baubewilligungsverfahren (auch) die Bestimmung des § 54 NÖ BauO 1996 zur Anwendung gelangen kann, ergibt sich im Übrigen nicht nur aus dem klaren Wortlaut des § 70 Abs. 1 erster Satz NÖ BO 2014, sondern auch - entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung - aus der hg. Judikatur (vgl. etwa ).
16 Aus welchen Gründen unter dem Blickwinkel des § 54 NÖ BauO 1996 die Bauklassen I und II nicht zur Anwendung gelangen könnten, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision somit nicht nachvollziehbar dargestellt.
17 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050238.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-47513