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VwGH 18.09.2019, Ra 2019/04/0111

VwGH 18.09.2019, Ra 2019/04/0111

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2019/04/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des Dr. G und 2. der U, beide vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W102 2146440-1/123E, betreffend Genehmigung nach § 17 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH, vertreten durch Onz, Onz, Kraemer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, 2. Güterwegegemeinschaft U, vertreten durch den Obmann E; vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde:

Niederösterreichische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Genehmigungsbescheid der belangten Behörde über die von den mitbeteiligten Parteien beantragte Genehmigung der Errichtung und des Betriebs eines näher bezeichneten Windparks mit letztlich - im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingeschränkt um die Windkraftanlagen 1 - 3 - zehn Windkraftanlagen mit der Maßgabe der Abänderung bestimmter Auflagen sowie der Erteilung weiterer Auflagen, wies im Übrigen unter anderem die von den Revisionswerbern gegen den Genehmigungsbescheid erhobene Beschwerde ab und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, verbunden mit dem Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3 Begründend brachten die Revisionswerber zu diesem Antrag vor, dass keine zwingenden öffentlichen Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall entgegenstünden. Vielmehr diene der beantragte Aufschub dem Schutz von Leib und Leben der Revisionswerber sowie vor unverhältnismäßigen Nachteilen durch den Vollzug. Die konkreten Windkraftanlagen würden betriebsbedingte Geräusche verursachen, wodurch die Wohnnachbarschaft einer erheblichen Lärmbelastung ausgesetzt werden würde. "Für die Revisionswerber ergäbe sich durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Windkraftanlagen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit, zumindest aber eine unzumutbare Belästigung iSd Gesetzes." Windkraftanlagen würden Infraschall verursachen, der zu beträchtlichen gesundheitlichen Auswirkungen führe und sich durch keine Schutzmaßnahmen bremsen lasse. Der durch Windkraftanlagen verursachte Lärm beeinträchtige durch die Störung und Belästigung als psychosozialer Stressfaktor nicht nur das subjektive Wohlbefinden und die Lebensqualität, sondern auch die Gesundheit im engeren Sinn. Nach wissenschaftlichen Studien aktiviere Lärm das autonome Nervensystem und das hormonelle System. Die Folge könnten Veränderungen von Bluthochdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren sein. Der Körper schütte vermehrt Stresshormone aus, die ihrerseits in Stoffwechselvorgänge des Körpers eingreifen würden.

4 Nach § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Revision eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

5 Selbst wenn man mit den Revisionswerbern davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses kein zwingendes öffentliches Interesse, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den "Annahmen des Verwaltungsgerichts" sind hierbei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa zuletzt , Rn. 7, sowie , Rn. 9, jeweils mwN).

7 Diesfalls ist auf Basis der dargestellten Rechtslage in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng (vgl. wiederum , Rn. 9, sowie , Rn. 10, jeweils mwN). 8 Die Revisionswerber stützen das Bestehen eines unverhältnismäßigen Nachteils im Falle der Verwirklichung des genehmigten Projekts pauschal auf eine erhebliche Gefährdung ihrer Gesundheit bzw. eine zumindest unzumutbare Belästigung durch betriebsbedingt von den geplanten Windkraftanlagen verursachten Geräusche sowie Infraschall und begründen dies lediglich mit allgemeinen Behauptungen zu den Auswirkungen von durch Windkraftanlagen betriebsbedingt verursachtem Lärm und Infraschall ohne auf die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach das beantragte Vorhaben keine Gefahr für Leib und Leben und keine unzumutbare Belastung durch Lärm und Infraschall bewirke, näher einzugehen und bezogen auf das konkrete Projekt tatsächliche Umstände darzulegen, aus denen sich für sie, die von ihnen behaupteten unverhältnismäßigen Nachteile ergäben.

9 Ausgehend davon war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher schon deshalb nicht stattzugeben, weil die Revisionswerber den ihnen entstehenden unverhältnismäßigen Nachteil nicht ausreichend konkretisiert dargelegt haben.

10 Angesichts dessen erübrigt sich die Beurteilung, ob dem Aufschiebungsantrag zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.

11 Dem Aufschiebungsantrag der Revisionswerber war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
UVPG 2000 §17
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040111.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-47496