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VwGH 13.08.2019, Ra 2019/04/0071

VwGH 13.08.2019, Ra 2019/04/0071

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §13 Abs8
ÖkostromG 2012 §15a
VwGG §30 Abs2
RS 1
Nichtstattgebung - UVP-Genehmigungsverfahren - Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist die Vollzugstauglichkeit der bekämpften Entscheidung. Unter Vollzug einer Entscheidung ist ihre Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinn der Herstellung der dem Inhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes (vgl. , mwN). An der Vollzugstauglichkeit fehlt es etwa dann, wenn an die - als Folge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretende - Anhängigkeit des Verfahrens über den Antrag vor dem Verwaltungsgericht keine für den Antragsteller günstigen Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. etwa zu den Fällen einer Abweisung oder Zurückweisung von Ansuchen , mwN).
Norm
AVG §13 Abs8
RS 1
Es ist nach § 13 Abs. 8 AVG zulässig, dass ein verfahrenseinleitender Antrag in jedem Stadium des Verfahrens geändert werden kann, sofern diese Änderung nicht wesentlich ist. Liegt hingegen eine wesentliche Änderung vor, ist dies als Zurückziehung des ursprünglichen Anbringens und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren. Wo die Grenze zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen verläuft, ist letztlich eine Wertungsfrage; abgesehen von dem im Gesetz ausdrücklich genannten Fall einer dadurch bewirkten Änderung der Zuständigkeiten stellt die hg. Rechtsprechung darauf ab, dass dadurch das Vorhaben in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert wird, dass zusätzliche und neue Gefährdungen entstehen (Hinweis Erkenntnisse vom , 2007/09/0122, und vom , Ro 2015/22/0026, und Beschluss vom , Ra 2015/04/0055).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/04/0037 E RS 1
Normen
AVG §13 Abs8
GewO 1994 §74 Abs2
RS 2
Änderungen des Projektes im Zuge des Genehmigungsverfahrens, die nicht geeignet sind, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen usw. im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 herbeizuführen, sind als gemäß § 13 Abs. 8 AVG nicht wesentliche Antragsänderung zulässig (Hinweis zu - im Gegensatz dazu - unzulässigen Änderungen des Projektes auf die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 557 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2003/04/0007 E RS 4
Norm
AVG §13 Abs8
RS 3
Im Mehrparteienverfahren darf die Änderung keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien berühren und darüber hinaus auch bisher geltend gemachte Rechte nicht anders tangieren (vgl. , Rn. 14, mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/04/0027 B RS 3
Normen
RS 4
Projektsänderungen sind grundsätzlich auch im Berufungsverfahren zulässig (Hinweis Erkenntnisse vom , 2013/05/0004, und vom , 2011/05/0135). In Hinblick auf § 17 VwGVG 2014 in Verbindung mit § 13 Abs. 8 AVG und die vergleichbare Funktion der Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gilt dies auch für Änderungen während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0062). Modifikationen des Projektes sind allerdings nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird. Das Verwaltungsgericht hat also über die Angelegenheit abzusprechen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/04/0037 E RS 3
Normen
AVG §58 Abs2
AVG §60
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwRallg
RS 5
Nach der auch nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, aufrecht erhaltenen hg. Rechtsprechung führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den VwGH, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den VwGH an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. B , Ra 2014/17/0009).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/07/0012 E RS 1
Normen
AVG §13 Abs8
AVG §39 Abs3
RS 6
Änderungen des Antrages im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG sind grundsätzlich auch im Verfahren vor dem VwG zulässig (vgl. etwa , mwN). Soweit sich eine Änderung des Antrags im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG hält (also das Wesen der Sache nicht verändert wird) und zudem die Grenze des Beschwerdegegenstandes nicht überschritten ist, hat das VwG über den geänderten Antrag in der Sache zu entscheiden (vgl. dazu auch Köhler, § 28 VwGVG, in: Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg.], VwGVG Kommentar [2021] Rz. 41). Seit der Novellierung des § 13 Abs. 8 AVG durch BGBl. I Nr. 57/2018 kommt hinzu, dass der verfahrenseinleitende Antrag nur mehr "bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens" geändert werden darf. Bis zu dieser Novellierung blieb der Schluss des Ermittlungsverfahrens ohne Auswirkungen auf die in § 13 Abs. 8 AVG vorgesehene Möglichkeit der Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages (vgl. dazu weiterführend Leeb, Schluss des Ermittlungsverfahrens neu, ZVG 2019, 106 [116] sowie kritisch zu dieser Änderung des § 13 Abs. 8 AVG Niederhuber, "Stiefkind" AVG? Reformbedarf im Verfahrensrecht, in: Furherr [Hrsg.], Umweltverfahren und Standortpolitik [2020] 103 [112] mwN).
Normen
AVG §13 Abs8
AVG §39 Abs3
AVG §39 Abs4
AVG §39 Abs5
VwGVG 2014 §17
VwRallg
RS 7
§ 13 Abs. 8 AVG ist (nach § 17 VwGVG 2014) auch im Verfahren vor dem VwG anwendbar. Daraus folgt zunächst, dass in jenen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde oder das VwG das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 3 AVG geschlossen hat, keine Antragsänderung mehr im jeweiligen Verfahren erfolgen kann (vgl. Köhler, Änderungen des Verfahrensrechts durch die AVG-Novelle BGBl I 57/2018, in: Baumgartner [Hrsg.], Jahrbuch Öffentliches Recht 2019 [2019] 133 [162]). Auch die Gesetzesmaterialien zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 verweisen darauf, dass die neuen Regelungen in § 39 Abs. 3 bis 5 AVG und in § 13 Abs. 8 AVG (gemäß § 17 VwGVG 2014) auch "im Verfahren der VwG sinngemäß anzuwenden" sind (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 4). Damit ist aber lediglich klargestellt, dass erstens auch VwG das von ihnen durchzuführende Ermittlungsverfahren schließen können und zweitens in diesen Fällen danach keine Antragsänderungen mehr erfolgen dürfen. Für die Frage, ob eine auf Behördenebene erfolgte Schließung des Ermittlungsverfahrens und damit die in § 13 Abs. 8 AVG normierte Begrenzung der Möglichkeit, den Antrag zu ändern, auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren "fortwirkt", lässt sich daraus hingegen nichts gewinnen. Während gegen ein solches "Fortwirken" in Zusammenhang mit der Zulässigkeit weiterer Vorbringen im Schrifttum vor allem das fehlende Neuerungsverbot und die besondere Bedeutung der mündlichen Verhandlung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie die umfassende Kognitionsbefugnis der VwG ins Treffen geführt werden (vgl. Köhler in Baumgartner, aaO, 162 f; gegen eine Auswirkung auf das Neuerungsverbot insbesondere auch Leeb, ZVG 2019, 115, und Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 [2019] Rz. 833), sind es in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit einer Antragsänderung im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG in erster Linie gewichtige teleologische Erwägungen, die gegen ein derartiges "Fortwirken" über das verwaltungsbehördliche Verfahren hinaus sprechen.
Normen
AVG §39 Abs3
AVG §39 Abs4
AVG §39 Abs5
VwGVG 2014 §17
VwRallg
RS 8
Die Anordnung des § 39 Abs. 3 bis 5 AVG bezieht sich schon nach ihrem Wortlaut und ihrer Systematik nur auf das Verfahren jener Instanz, die das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt, und zwar genau genommen nur auf den Zeitraum zwischen der Schließung und der Erlassung des Bescheides (vgl. Leeb, ZVG 2019, 115). Hinzu kommt aber vor allem, dass die in § 39 Abs. 3 bis 5 AVG vorgesehene Möglichkeit, das Ermittlungsverfahren zu schließen, darauf abzielt, "Verfahrensverschleppungen" zu verhindern (vgl. die Erläuterungen zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018: RV 193 BlgNR 26. GP 1 und 4). Die Schließung des Ermittlungsverfahrens hat zur Folge, dass auf Grund des im Zeitpunkt des Schlusses des Ermittlungsverfahrens vorliegenden Sachverhalts entschieden werden kann (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 3). Es soll also jene Instanz, die die Schließung des Ermittlungsverfahrens vorgenommen hat, in die Lage versetzt werden, auf dem Boden der bis dahin gesammelten Ermittlungsergebnisse den Bescheid bzw. das Erkenntnis (den Beschluss) zu erlassen (vgl. Köhler in Baumgartner, Jahrbuch Öffentliches Recht 2019 [2019] 163). Insoweit ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Schließung des Ermittlungsverfahrens (um ihr Ziel zu erreichen) über die jeweilige Verfahrensebene hinauswirken sollte.
Normen
AVG §13 Abs8
AVG §37
AVG §39 Abs3
VwGVG 2014 §17
VwRallg
RS 9
Motiv für das in § 13 Abs. 8 AVG neu hinzugekommene und an die Schließung des Ermittlungsverfahrens anknüpfende Verbot von Antragsänderungen war, dass Antragsänderungen dem Zweck der Schließung des Ermittlungsverfahrens zuwiderlaufen könnten (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 4). Das ist insofern nachvollziehbar, als § 37 zweiter Satz AVG der Behörde im Fall einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8 AVG) ausdrücklich aufträgt, das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies in Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist. Damit lassen sich zwar Handlungen der Antragsgegner, die ein Interesse daran haben können, ein Projekt zumindest zu verschleppen, ins Kalkül ziehen, nicht aber jene der Antragsteller. Es liegt zwar auf der Hand, dass auch Antragsänderungen den Verfahrensabschluss verzögern. Fraglich erscheint allerdings, ob mit einer sofortigen abweisenden Entscheidung auf Basis des bisherigen Antrags der - in den Erläuterungen zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 deutlich in den Vordergrund gestellten - Verfahrenseffizienz tatsächlich besser gedient ist; dies auch in Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung, wonach die Behörde dem Antragsteller sogar unwesentliche Änderungen nahelegen muss, wenn dadurch ein Grund für die Abweisung seines Ansuchens beseitigt werden kann (siehe dazu die Nachweise bei Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 [2018] Rz. 135). Zudem wird gerade in jenen Fällen, in denen die Antragsänderung den Versagungsgrund beseitigt hätte, nach der Abweisung ohnehin mit einem neuen (geänderten) Antrag zu rechnen sein (vgl. dazu weiterführend Leeb, ZVG 2019, 117 f).
Normen
AVG §13 Abs8
AVG §39 Abs3
VwRallg
RS 10
Würde die Möglichkeit der Antragsänderung derart eingeschränkt (dass nach einer Schließung des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde eine Antragsänderung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedenfalls ausgeschlossen wäre) und stünde damit dem Konsenswerber auch nicht mehr die erforderliche Anpassung seines Antrages zur Vermeidung eines Versagungsgrundes offen, wäre der mit der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 verfolgte Zweck der Verfahrensbeschleunigung in sein genaues Gegenteil verkehrt (vgl. Köhler in Baumgartner, Jahrbuch Öffentliches Recht 2019 [2019] 163). Dass ein "Zurückschicken an den Start" - gerade in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium (wie dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren) - weder im Interesse des Antragstellers noch im öffentlichen Interesse an einer möglichst gleichermaßen umfassenden wie ökonomischen Entscheidung über ein Vorhaben liegt, belegen auch die Motive des Gesetzgebers zur ursprünglichen Einführung des § 13 Abs. 8 AVG mit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998. Der Antragsteller soll im Antragsverfahren daher über den Inhalt seines Begehrens bestimmen und damit über den Gegenstand des Verfahrens "disponieren" können (so ausdrücklich AB 1167 BlgNR 20. GP 28). Auch diesem Anliegen würde eine derart weitreichende "Sperrwirkung" einer behördlichen Anordnung gemäß § 39 Abs. 3 AVG zuwiderlaufen.
Normen
AVG §13 Abs8
AVG §39 Abs3
RS 11
Eine von der Behörde gemäß § 39 Abs. 3 AVG verfügte Schließung des Ermittlungsverfahrens "wirkt" nicht auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren "fort" und erstreckt sich damit die in § 13 Abs. 8 AVG normierte Begrenzung der Möglichkeit, den Antrag zu ändern, in einem solchen Fall nur auf das verwaltungsbehördliche Verfahren .
Normen
AVG §1
AVG §13 Abs8
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28 Abs2
RS 12
Antragsänderungen sind gemäß § 13 Abs. 8 AVG auch dann unzulässig, wenn sie die "sachliche und örtliche Zuständigkeit berühren". Diese Einschränkung wird als "absolute Grenze" angesehen. Damit sind typischerweise Konstellationen angesprochen, in denen die Antragsänderung zu einer Änderung der Zuständigkeit der Behörde - etwa bei einer Überschreitung von Schwellenwerten - führt (vgl. Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 [2018], Rz. 135). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des VwGH in einem solchen Fall das Vorbringen als neuer Antrag unter konkludenter Zurückziehung des alten Antrags zu werten und hat das VwG den Bescheid ersatzlos zu beheben und den neuen Antrag an die zuständige Behörde zur Entscheidung über die "neue" Sache weiterzuleiten (vgl. , mwN). Dies steht im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz, dass für die behördliche Zuständigkeit nicht etwa die - durch den Antrag bestimmte rechtlich relevante - Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung, sondern jene im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I2 [2014] § 13 Rz. 44).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der e Erzeugungsgesellschaft m.b.H., vertreten durch die Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W225 2144678- 2/4E, betreffend UVP-Genehmigungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. S und 2. A, 3. V und 4. A, 5. M, 6. G,

7.

S S, 8. B und 9. S Di, 10. Mag. K, 11. H, 12. Dr. F, 13. Dr. M,

14.

B K und 15. Ing. R, 16. R F, 13. bis 16. vertreten durch die John & John Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reichsratsstraße 17), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde der Antragstellerin die Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens "Windpark (...)" erteilt. 2 Den dagegen erhobenen Beschwerden der mitbeteiligten Parteien gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom Folge und hob den Genehmigungsbescheid ersatzlos auf.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der von der Antragstellerin vorgenommenen Änderung ihres verfahrenseinleitenden Antrages (Erhöhung der Leistung des Windparks von 27,6 MW auf 30,4 MW) um eine wesentliche und somit unzulässige Änderung im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG handle. 3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.

Zur Vollzugsfähigkeit des angefochtenen Erkenntnisses wird unter anderem ausgeführt, dass diese nach der Rechtsprechung bereits dann vorliege, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeizuführen vermag. Das treffe im vorliegenden Fall zu: Die Antragstellerin habe zwei Anträge gemäß § 15 Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012) gestellt. Durch die ersatzlose Behebung des UVP-Genehmigungsbescheides verliere sie ihren Rang auf der Warteliste, weil damit eine wesentliche Antragsvoraussetzung (§ 15a Abs. 1 Z 1 ÖSG 2012) wegfalle.

4 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. 5 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Vollzugstauglichkeit der bekämpften Entscheidung. Unter Vollzug einer Entscheidung ist ihre Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinn der Herstellung der dem Inhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes (vgl. , mwN). An der Vollzugstauglichkeit fehlt es etwa dann, wenn an die - als Folge der Sistierungswirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wieder eintretende - Anhängigkeit des Verfahrens über den Antrag vor dem Verwaltungsgericht keine für den Antragsteller günstigen Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. etwa zu den Fällen einer Abweisung oder Zurückweisung von Ansuchen , mwN).

6 Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis zwar eine von der Behörde erteilte Genehmigung aufgehoben. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde dennoch nicht dazu führen, dass der vor dem Bundesverwaltungsgericht in Beschwerde gezogene Genehmigungsbescheid für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof Wirksamkeit erlangen würde. Da den gegen den Genehmigungsbescheid erhobenen Beschwerden der mitbeteiligten Parteien nämlich ihrerseits aufschiebende Wirkung zukommt, wäre für die Antragstellerin auch bei einer infolge der Sistierungswirkung der vom Verwaltungsgerichtshof zuerkannten aufschiebenden Wirkung wieder eintretenden Anhängigkeit des diesbezüglichen Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nichts gewonnen. Das gilt auch in Hinblick auf die ins Treffen geführte Erfüllung der Antragsvoraussetzung gemäß § 15a Abs. 1 Z 1 ÖSG 2012 ("Angaben über den rechtmäßigen Betrieb der Anlage"). 7 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher schon mangels Vollzugstauglichkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der egesellschaft m.b.H. in M, vertreten durch die Lindner Stimmler Rechtsanwälte GmbH, Währinger Straße 2-4/1/29, 1090 Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W225 2144678-2/4E, betreffend ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. S K und 2. A K, beide in S, 3. A P und 4. V P, beide in S, 5. M S in S, 6. G L in G, 7. Dr. F W in G, 8. B D und 9. S D, beide in S, 10. Mag. K H in F, 11. H P in P, 12. S S in G, 13. Dr. M P in G, 14. B K und 15. Ing. R K sowie 16. R F, alle drei in S, 13. bis 16. vertreten durch die John & John Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reichsratsstraße 17/15), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 1. Die revisionswerbende Partei beantragte mit Eingabe vom bei der Niederösterreichischen Landesregierung (belangte Behörde) die Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) für die Errichtung und den Betrieb des in den Gemeinden G, S, G und L gelegenen Vorhabens „Windpark [...]“.

2 Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch und erklärte per Edikt vom das Ermittlungsverfahren mit Wirkung vom für geschlossen.

3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der revisionswerbenden Partei die UVP-rechtliche Genehmigung für das beantragte Vorhaben erteilt. Dieses umfasste acht Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 3,45 MW (somit mit einer Gesamtleistung von 27,6 MW) und einer Nabenhöhe von 137 m bzw. 117 m, eine windparkinterne Verkabelung inklusive Datenleitungen sowie zwei Erdkabelsysteme als externe Windparkverkabelung zum Umspannwerk L und den „Zuwegungen“ einschließlich aller damit in Zusammenhang stehender Begleitmaßnahmen.

4 Gegen diesen Genehmigungsbescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien (als Nachbarn) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 80/2018 wurde das UVP-G 2000 unter anderem dahingehend geändert, dass der - im vorliegenden Fall einschlägige - Schwellenwert im Tatbestand „Anlagen zur Nutzung von Windenergie“ der Z 6 lit. a, Spalte 2 des Anhangs 1 von 20 MW auf 30 MW (elektrische Gesamtleistung) erhöht wurde.

6 In der Folge beantragte die revisionswerbende Partei mit Schreiben vom (beim BVwG eingebracht am ) eine Änderung ihres Antrages insoweit, als anstelle der dem UVP-Genehmigungsbescheid vom zu Grunde liegenden Windkraftanlagen der Type Vestas V 126 mit einer elektrischen Leistung von jeweils 3,45 MW nunmehr Windkraftanlagen derselben Type mit einer elektrischen Leistung von jeweils 3,8 MW (somit mit einer Gesamtleistung von 30,4 MW) zum Einsatz gelangen sollten. Die Nabenhöhe von 137 m bzw. 117 m, der Rotorendurchmesser und alle sonstigen von außen sichtbaren Elementen würden hingegen unverändert bleiben.

Im Änderungsantrag wurde ausgeführt, dass sich der Windkraftanlagentyp V 126 - 3,8 MW vom (behördlich) genehmigten Anlagentyp geringfügig unterscheide. Konkret stelle die Konfiguration „3,8 MW Power Mode“ einen leistungsoptimierten Modus dar. Die Konfiguration des „3,8 MW Power Mode“ basiere auf einer zusätzlichen Software-Applikation, ähnlich wie die Einstellung der schallreduzierten Betriebsmodi. Durch diesen zusätzlichen Power Mode könne die Windenergieanlage bei Starkwind länger in Betrieb bleiben, bevor sie sich abschalte. Dadurch werde die elektrische Leistung auf 3,8 MW erhöht. Ansonsten sei die Anlage zum behördlich genehmigten Anlagentyp baugleich. Es würden sich keine Änderungen in Bezug auf Abmessungen, Schattenwurf, Farbgebung/Glanz, wassergefährdende Stoffe, Abfälle, Brandschutzkonzept, Personenschutz, Fluchtwege sowie Schallemissionen gemäß Spezifikation ergeben. Die Revisionswerberin erkläre daher, dass von ihr auch bei Verwendung des geänderten Anlagentyps sämtliche Auflagen des Genehmigungsbescheides eingehalten würden. Durch den neuen zum Einsatz kommenden Anlagentyp komme es zu keiner Veränderung der Umweltauswirkungen des von der Behörde genehmigten Windparks.

7 Mit Erkenntnis vom gab das BVwG den Beschwerden statt und änderte - gestützt auf die neue, mit der UVP-Novelle BGBl. I Nr. 80/2018 geschaffene Rechtslage - den Genehmigungsbescheid vom dahingehend ab, dass der Antrag auf Genehmigung des UVP-Vorhabens „Windpark [...]“ mit den acht Windkraftanlagen der Type V 126 / 3,45 MW zurückgewiesen werde, weil das Vorhaben nicht (mehr) der UVP-Pflicht unterliege.

8 Mit Beschluss vom entschied das BVwG, das mit Erkenntnis vom abgeschlossene Verfahren gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wiederaufzunehmen.

Das BVwG begründete dies damit, dass eine neue Tatsache hervorgekommen sei. Noch am Tag vor der Zustellung des verfahrensabschließenden Erkenntnisses des BVwG habe die revisionswerbende Partei eine Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages übermittelt. Auf Grund der Übermittlung außerhalb der Amtsstunden sei die Eingabe jedoch erst am Folgetag - dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses - (mit Beginn der Amtsstunden) eingebracht worden, wobei die Protokollierung nach der erfolgten Zustellung des Erkenntnisses erfolgt sei. Da die vorsitzführende Gerichtsabteilung erst nach Erlassung des Erkenntnisses darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass eine Antragsänderung vorliege, könne kein Verschulden an der Nichtberücksichtigung der Antragsänderung durch den zur Entscheidung berufenen Senat erkannt werden. Ebenso wenig liege ein Verschulden der revisionswerbenden Partei vor. Die Eingangs-Protokollierung sei am  um 9:13 Uhr und somit erst nach der im Weg des ERV bewirkten Zustellung des Erkenntnisses an die Rechtsvertretung der revisionswerbenden Partei um 8:43 Uhr erfolgt. Somit sei dem Erkenntnis des BVwG ein unvollständiger Akteninhalt zugrunde gelegen, weshalb nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass in Kenntnis des gesamten Akteninhaltes eine anderslautende Entscheidung getroffen worden wäre. Ob die Antragsänderung die Eignung aufweise, eine im Hauptinhalt des Spruchs anderslautende Entscheidung herbeizuführen, sei eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren beantwortet werden müsse. Ob das Verfahren tatsächlich einen anderen Ausgang nehme, sei im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären.

9 2. In der Folge gab das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom den Beschwerden erneut Folge und hob den Genehmigungsbescheid vom ersatzlos auf. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

10 In seiner Begründung hielt das BVwG fest, dass durch die erfolgte Antragsänderung die Megawattleistung des Windparks im Vergleich zum bisher projektierten Vorhaben von 27,6 MW auf 30,4 MW erhöht worden sei. Die Erhöhung der Gesamtkapazität entspreche daher einer Leistungszunahme von mehr als 10 %. Dies solle augenscheinlich auf Grund eines Softwareupdates erfolgen, ohne dass am äußeren Erscheinungsbild etwas verändert werde. Das bedeute nach den Ausführungen der revisionswerbenden Partei (mit Verweis auf die beigebrachte Stellungnahme des Anlagenherstellers), dass keine anderen Auswirkungen als bisher zu erwarten seien. Die revisionswerbende Partei verkenne hier jedoch, dass durch das Softwareupdate - wie im Änderungsantrag selbst ausgeführt - die Windkraftanlagen auch bei höheren Windgeschwindigkeiten als bisher (nämlich bei Starkwinden) betrieben werden können. Die längere Betriebsdauer auch bei stärkeren Winden sowie die dadurch bedingte, schon nach den allgemeinen Gesetzen der Logik anzunehmende Erhöhung der jahresdurchschnittlichen Betriebsdauer führe jedoch geradehin bei einer bloß abstrakten Betrachtung dazu, dass sich die Auswirkungen des Windparks auf Menschen, Tiere und Boden im Sinn des § 1 Abs. 1 UVP-G 2000 gegenüber dem ursprünglichen Projekt erhöhen und daher ungünstiger seien. Die so bedingten längeren Betriebszeiten der Anlage seien jedenfalls geeignet, bei Nachbarn größere Beeinträchtigungen herbeizuführen. Diese würden durch die Antragsänderung anders als bisher berührt. Es sei auch nicht auszuschließen, dass neue Nachbarn durch die Zunahme der Betriebszeiten betroffen wären. Die beantragte Änderung erweise sich daher zweifellos als wesentlich.

11 Darüber hinaus sei - so das BVwG - darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung von Antragsänderungen in der Rechtsmittelinstanz engere Grenzen bestünden und nicht bloß auf das Wesen der Sache im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG abzustellen sei. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid sei lediglich ein Windpark mit 27,6 MW an Nennleistung genehmigt worden. Ein Abspruch über einen Windpark mit nun 30,4 MW und somit einer deutlich erhöhten Gesamtkapazität übersteige daher den Spruch des angefochtenen Bescheides und sei daher der Kognitionsbefugnis des BVwG entzogen.

12 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

13 Die erst- bis neunt- sowie die dreizehnt- bis sechzehntmitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie jeweils beantragten, der Revision keine Folge zu geben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 1.1. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, dass angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil über einen nicht anhängigen Antrag entschieden worden sei. Das BVwG habe verkannt, dass die Antragsänderung vom gar nicht zum Aktenbestandteil geworden sei. Diese gelte nämlich erst am als eingelangt. Die Beschlussfassung des Senats (des BVwG) betreffend das Erkenntnis vom (siehe oben Rn. 7) sei jedoch bereits am um 11:00 Uhr erfolgt. Ausgehend vom Zeitpunkt dieser Beschlussfassung wäre eine Antragsänderung, die nach Abschluss des Verfahrens eingebracht worden sei, nur dann zulässig gewesen, wenn diese vom entscheidenden Senat zugelassen worden wäre. Dies sei nicht erfolgt, weshalb sich die Änderung als nicht wirksam erweise. Wenn die Änderung vom aber nicht während des Verfahrens eingebracht worden sei, dann liege keine wirksame Verfahrenserklärung vor und das BVwG habe damit über einen nicht anhängigen Antrag abgesprochen. Nur eine zulässige Antragsänderung bewirke, dass im weiteren Verfahren nur mehr der geänderte, nicht aber der ursprüngliche Antrag Verfahrensgegenstand sei. Da das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis über einen nicht anhängigen Antrag (nämlich in Form nach der Änderung vom ) abgesprochen habe, sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden. Durch diese Vorgehensweise habe das BVwG ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

15 Eine Abweichung von der Rechtsprechung liege auch deshalb vor, weil das BVwG die Antragsänderung vom unzulässig dahingehend ausgelegt habe, dass damit eine längere Betriebsdauer einhergehe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürften Behörden (und damit wohl auch Verwaltungsgerichte) einem Anbringen nicht von vornherein einen ungünstigen Inhalt unterstellen. Das BVwG habe die Textpassage im Schriftsatz vom „Durch diesen zusätzlichen Power Mode kann die Windenergieanlage bei Starkwind länger in Betrieb bleiben, bevor sie sich abschaltet.“ offenbar missverstanden. Diese Ausführung beziehe sich auf den Teilleistungsbereich und nicht auf den gesamten Betriebsbereich. Tatsächlich solle die geänderte Anlage (Betriebsmodus 3,8 MW) wie die ursprünglich beantragte Anlage (Betriebsmodus 3,45 MW) im Windgeschwindigkeitsbereich zwischen 3 m/s und 22,5 m/s in Betrieb gehalten werden. Es komme daher zu keinen längeren Betriebszeiten bei Starkwinden. Die angesprochene Leistungsänderung werde durch eine Software-Umstellung lediglich im Teilleistungsbereich zwischen 11 m/s und 22,5 m/s bewirkt, die im Wesentlichen einen geringen zusätzlichen Energieanteil des Windes in den Betriebsstrang leite, der sonst ungenutzt durch den Rotorkreis durchgehen würde.

16 1.2. Soweit die Revision in ihrem ersten Vorbringen (vgl. Rn. 14) geltend macht, das BVwG habe über einen nicht anhängigen Antrag abgesprochen, weil der Abänderungsantrag vom nicht während des Verfahrens, sondern erst nach dem erfolgten Beschluss des BVwG betreffend das Erkenntnis vom (Stattgabe der Beschwerden und Zurückweisung des Genehmigungsantrages) eingebracht worden wäre und deshalb keine wirksame Verfahrenserklärung vorläge, übersieht sie, dass durch den Beschluss des BVwG vom das mit Erkenntnis vom abgeschlossene Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen wurde. Durch diesen Beschluss des BVwG ist das verfahrensabschließende Erkenntnis vom ex tunc außer Kraft getreten (vgl. etwa ).

Folglich ist dem Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weil das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis über eine nach Abschluss des Verfahrens eingebrachte und somit unzulässige Antragsänderung abgesprochen hätte, der Boden entzogen.

17 Die Revision ist jedoch in Hinblick auf das zweite Vorbringen (vgl. Rn. 15) zulässig und aus den nachstehenden Gründen auch berechtigt.

18 2.1. Gemäß § 13 Abs. 8 AVG in der - mit in Kraft getretenen - Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 3) geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

19 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es gemäß § 13 Abs. 8 AVG zulässig, dass ein verfahrenseinleitender Antrag in jedem Stadium des Verfahrens geändert werden kann, sofern diese Änderung nicht wesentlich ist. Liegt hingegen eine wesentliche Änderung vor, ist dies als Zurückziehung des ursprünglichen Anbringens und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren. Wo die Grenze zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen verläuft, ist letztlich eine Wertungsfrage. Abgesehen von dem im Gesetz ausdrücklich genannten Fall einer dadurch bewirkten Änderung der Zuständigkeiten stellt die Rechtsprechung darauf ab, dass dadurch das Vorhaben in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert wird, dass zusätzliche und neue Gefährdungen entstehen. So gilt etwa für den Bereich des Betriebsanlagenrechts, dass Änderungen des Projektes im Zuge des Genehmigungsverfahrens, die nicht geeignet sind, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen usw. im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 herbeizuführen, als gemäß § 13 Abs. 8 AVG nicht wesentliche Antragsänderung zulässig sind (vgl. zu all dem , mwN). Im Mehrparteienverfahren darf die Änderung somit keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien berühren und darüber hinaus auch bisher geltend gemachte Rechte nicht anders tangieren (vgl. , mwN).

20 Projektänderungen sind grundsätzlich auch im Berufungsverfahren zulässig. In Hinblick auf § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 8 AVG und die vergleichbare Funktion der Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gilt dies auch für Änderungen während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Modifikationen des Projektes sind allerdings nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird. Das Verwaltungsgericht hat also über die Angelegenheit abzusprechen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. nochmals VwGH Ra 2014/04/0037, mwN, sowie die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd [2017] § 28 VwGVG Rz. 37).

21 Nach der (auch nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, aufrecht erhaltenen) Rechtsprechung führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. , , Ro 2019/03/0015, jeweils mwN). Wird das Verwaltungsgericht den sich aus § 29 Abs. 1 VwGVG ergebenden Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, der einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt (vgl. , mwN).

22 2.2. Im vorliegenden Fall ging das BVwG von einer unzulässigen (weil wesentlichen, die Sache „ihrem Wesen nach“ im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG ändernden) Projektmodifikation aus und behob daher den angefochtenen Bescheid ersatzlos. Das Softwareupdate führe nämlich zu einer Erhöhung der Betriebsdauer, wodurch die Auswirkungen des Windparks auf Menschen, Tiere und Boden gegenüber dem ursprünglichen Projekt ungünstiger seien.

23 Dem hält die Revisionswerberin entgegen, dass die Antragsänderung keine längere Betriebszeit zur Folge hätte und es daher auch zu keinen stärkeren oder anderen Umweltauswirkungen käme. Zudem sei die vom BVwG - unter Anwendung der allgemeinen Gesetze der Logik - gezogene Schlussfolgerung in Hinblick auf die Schallauswirkungen falsch. Dies belege die schalltechnische Stellungnahme des im behördlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen Ing. G. Darin werde festgehalten, dass die Aussage, wonach es durch eine längere Betriebsdauer bei stärkeren Winden im Vergleich zum ursprünglichen Projekt zu stärkeren Auswirkungen des Windparks auf Menschen (Dauer der Lärmbelastung von Nachbarn) komme, aus schalltechnischer Sicht nicht bestätigt werden könne. Wie schon im Zulässigkeitsvorbringen ausgeführt, habe das BVwG die Antragsänderung vom offenbar missverstanden.

24 Die mitbeteiligten Parteien bringen in ihrer Revisionsbeantwortung wiederum vor, dass sich durch die Projektänderung die betriebskausalen Lärmemissionen wie Schall und Infraschall und damit die Dauer und Intensität der Lärmbelästigung für die Nachbarn erhöhen würden. Dies sei unabhängig davon, ob sich die Betriebszeiten bei Starkwinden verlängern oder bei Starkwinden die Rotorblätter stärker im Wind stünden. Auch der Sachverständige Ing. G sei in seiner Stellungnahme stets von einer Emissionserhöhung durch mehrere Quellen ausgegangen. Die in seiner Stellungnahme angeführten Angaben seien in Zusammenhang mit der von der Revisionswerberin abgegebenen Erklärung zur Leistungserhöhung nicht nachvollziehbar und stünden im Widerspruch zu den Denkgesetzen und Erfahrungen des Lebens. Der Sachverständige gebe an, dass bei zunehmender Windgeschwindigkeit die windabhängigen Geräusche anstiegen, während die betriebskausalen Emissionen der Anlage auf Grund der „Pitschsteuerung“ der Rotorblätter konstant blieben. Das könne als allgemeine Feststellung Gültigkeit haben. „Als Untermauerung für die Erklärungen der Revisionswerberin zur Leistungssteigerung (gleichbleibende Windverhältnisse, gleichbleibende Betriebsdauer) ist diese Stellungnahme unbrauchbar. Dies deshalb, da das Land NÖ in seiner Fragestellung sowie auch der Sachverständige bei seiner Beantwortung von längeren Betriebszeiten bei stärkeren Winden ausgehen.“

25 2.3. Das BVwG setzte sich mit der Frage, wie sich das nachträgliche Softwareupdate auf den Betrieb bzw. die Betriebszeiten der Windkraftanlagen auswirke, nur insoweit auseinander, als es - gestützt auf die Angaben im Änderungsantrag vom  - den Schluss zog, dass die technische Änderung zu einer Erhöhung der jahresdurchschnittlichen Betriebsdauer führe und sich dies gegenüber dem ursprünglichen Projekt ungünstiger auf Menschen, Tiere und Boden auswirke. Das BVwG ging dabei weder auf den im Änderungsantrag vertretenen Standpunkt der Revisionswerberin ein, wonach durch die bloße Erhöhung der Engpassleistung das Vorhaben in seinem Wesen nicht verändert werde und auch bei Verwendung des geänderten Anlagentyps sämtliche Auflagen des Genehmigungsbescheides eingehalten würden, noch beruht die Beurteilung des BVwG auf beigezogenem Sachverstand. Vielmehr begründete das BVwG seine Annahme, das nachträgliche Softwareupdate habe eine Erhöhung der Betriebsdauer zur Folge, allein mit den „allgemeinen Gesetzen der Logik“.

Die insoweit mangelhaften Feststellungen des BVwG halten daher einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand. Die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung ist somit einer Überprüfung nicht zugänglich.

26 Hinzu kommt, dass diese nach Ansicht des BVwG allgemein bekannte (notorische) - für die Frage der Zulässigkeit der Antragsänderung maßgebliche - Feststellung den Parteien des Verfahrens, insbesondere auch der Revisionswerberin, vom BVwG nicht vorgehalten wurde (vgl. zur Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, den Parteien zu offenkundig erachteten Tatsachen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben , mwN). Dass es in diesem Punkt einer weitergehenden Erörterung unter Einbeziehung der Parteien bedurft hätte und der (in der Revision auch gerügten) Verletzung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall Relevanz zukommt, wird schon anhand der zu diesem strittigen Umstand ergangenen Vorbringen im Revisionsverfahren deutlich.

27 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

28 3. Für das fortgesetzte Verfahren ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall weder die von der belangten Behörde verfügte Schließung des Ermittlungsverfahrens (siehe Rn. 2) noch der Umstand, dass mit der nachträglichen Erhöhung der Megawattleistung des Windparks von 27,6 MW auf 30,4 MW die (neue) - für die Frage der UVP-Pflicht von Anlagen zur Nutzung von Windenergie maßgebliche - Schwelle der Z 6 lit. a, Spalte 2 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 (in der Fassung BGBl. I Nr. 80/2018) überschritten wird, der erfolgten Änderung des Antrages von vornherein entgegensteht.

29 3.1. Wie oben dargelegt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass Änderungen des Antrages im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG grundsätzlich auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zulässig sind (vgl. etwa , mwN). Soweit sich eine Änderung des Antrags im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG hält (also das Wesen der Sache nicht verändert wird) und zudem die Grenze des Beschwerdegegenstandes nicht überschritten ist, hat das Verwaltungsgericht über den geänderten Antrag in der Sache zu entscheiden (vgl. dazu auch Köhler, § 28 VwGVG, in: Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg.], VwGVG Kommentar [2021] Rz. 41).

30 Seit der Novellierung des § 13 Abs. 8 AVG durch BGBl. I Nr. 57/2018 kommt hinzu, dass der verfahrenseinleitende Antrag nur mehr „bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens“ geändert werden darf. Bis zu dieser - im vorliegenden Fall maßgeblichen (vgl. § 82 Abs. 22 AVG) - Novellierung blieb der Schluss des Ermittlungsverfahrens ohne Auswirkungen auf die in § 13 Abs. 8 AVG vorgesehene Möglichkeit der Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages (vgl. dazu weiterführend Leeb, Schluss des Ermittlungsverfahrens neu, ZVG 2019, 106 [116] sowie kritisch zu dieser Änderung des § 13 Abs. 8 AVG Niederhuber, „Stiefkind“ AVG? Reformbedarf im Verfahrensrecht, in: Furherr [Hrsg.], Umweltverfahren und Standortpolitik [2020] 103 [112] mwN).

31 Im vorliegenden Fall erklärte die belangte Behörde - gestützt auf § 16 Abs. 3 UVP-G 2000 - mit Edikt vom das Ermittlungsverfahren mit Wirkung vom für geschlossen. Gemäß § 16 Abs. 3 UVP-G 2000 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 95/2013) ist § 39 Abs. 3 AVG im UVP-Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde das Ermittlungsverfahren bei Entscheidungsreife, mit Wirkung jedoch frühestens vier Wochen nach Zustellung oder Beginn der Auflage der Niederschrift über die mündliche Verhandlung, für geschlossen erklären kann. Diese Erklärung bewirkt, dass keine neuen Tatsachen und Beweismittel mehr vorgebracht werden können. § 45 Abs. 3 AVG bleibt unberührt (§ 16 Abs. 3 zweiter und dritter Satz UVP-G 2000).

32 § 13 Abs. 8 AVG ist (nach § 17 VwGVG) auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anwendbar. Daraus folgt zunächst, dass in jenen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde oder das Verwaltungsgericht das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 3 AVG geschlossen hat, keine Antragsänderung mehr im jeweiligen Verfahren erfolgen kann (vgl. Köhler, Änderungen des Verfahrensrechts durch die AVG-Novelle BGBl I 57/2018, in: Baumgartner [Hrsg.], Jahrbuch Öffentliches Recht 2019 [2019] 133 [162]).

Auch die Gesetzesmaterialien zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 verweisen darauf, dass die neuen Regelungen in § 39 Abs. 3 bis 5 AVG und in § 13 Abs. 8 AVG (gemäß § 17 VwGVG) auch „im Verfahren der Verwaltungsgerichte sinngemäß anzuwenden“ sind (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 4). Damit ist aber - wie schon festgehalten - lediglich klargestellt, dass erstens auch Verwaltungsgerichte das von ihnen durchzuführende Ermittlungsverfahren schließen können und zweitens in diesen Fällen danach keine Antragsänderungen mehr erfolgen dürfen. Für die Frage, ob eine auf Behördenebene erfolgte Schließung des Ermittlungsverfahrens und damit die in § 13 Abs. 8 AVG normierte Begrenzung der Möglichkeit, den Antrag zu ändern, auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren „fortwirkt“, lässt sich daraus hingegen nichts gewinnen.

33 Während gegen ein solches „Fortwirken“ in Zusammenhang mit der Zulässigkeit weiterer Vorbringen im Schrifttum vor allem das fehlende Neuerungsverbot und die besondere Bedeutung der mündlichen Verhandlung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie die umfassende Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte ins Treffen geführt werden (vgl. Köhler in Baumgartner, aaO, 162 f; gegen eine Auswirkung auf das Neuerungsverbot insbesondere auch Leeb, ZVG 2019, 115, und Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 [2019] Rz. 833), sind es in Bezug auf die - gegenständlich relevante - Frage der Zulässigkeit einer Antragsänderung im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG in erster Linie gewichtige teleologische Erwägungen, die gegen ein derartiges „Fortwirken“ über das verwaltungsbehördliche Verfahren hinaus sprechen. Dabei ist jeweils auf die primäre Intention der betreffenden Regelungen zu verweisen:

34 Die Anordnung des § 39 Abs. 3 bis 5 AVG bezieht sich schon nach ihrem Wortlaut und ihrer Systematik nur auf das Verfahren jener Instanz, die das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt, und zwar genau genommen nur auf den Zeitraum zwischen der Schließung und der Erlassung des Bescheides (vgl. Leeb, ZVG 2019, 115).

Hinzu kommt aber vor allem, dass die in § 39 Abs. 3 bis 5 AVG vorgesehene Möglichkeit, das Ermittlungsverfahren zu schließen, darauf abzielt, „Verfahrensverschleppungen“ zu verhindern (vgl. die Erläuterungen zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018: RV 193 BlgNR 26. GP 1 und 4). Die Schließung des Ermittlungsverfahrens hat zur Folge, dass auf Grund des im Zeitpunkt des Schlusses des Ermittlungsverfahrens vorliegenden Sachverhalts entschieden werden kann (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 3). Es soll also jene Instanz, die die Schließung des Ermittlungsverfahrens vorgenommen hat, in die Lage versetzt werden, auf dem Boden der bis dahin gesammelten Ermittlungsergebnisse den Bescheid bzw. das Erkenntnis (den Beschluss) zu erlassen (vgl. Köhler in Baumgartner, aaO, 163). Insoweit ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Schließung des Ermittlungsverfahrens (um ihr Ziel zu erreichen) über die jeweilige Verfahrensebene hinauswirken sollte.

35 Weiters geht es um die Frage nach dem Sinn des in § 13 Abs. 8 AVG neu hinzugekommenen und an die Schließung des Ermittlungsverfahrens anknüpfenden Verbots von Antragsänderungen. Motiv dafür war, dass Antragsänderungen dem Zweck der Schließung des Ermittlungsverfahrens zuwiderlaufen könnten (vgl. RV 193 BlgNR 26. GP 4). Das ist insofern nachvollziehbar, als § 37 zweiter Satz AVG der Behörde im Fall einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8 AVG) ausdrücklich aufträgt, das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies in Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist. Damit lassen sich zwar Handlungen der Antragsgegner, die ein Interesse daran haben können, ein Projekt zumindest zu verschleppen, ins Kalkül ziehen, nicht aber jene der Antragsteller. Es liegt zwar auf der Hand, dass auch Antragsänderungen den Verfahrensabschluss verzögern. Fraglich erscheint allerdings, ob mit einer sofortigen abweisenden Entscheidung auf Basis des bisherigen Antrags der - in den Erläuterungen zur AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 deutlich in den Vordergrund gestellten - Verfahrenseffizienz tatsächlich besser gedient ist; dies auch in Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung, wonach die Behörde dem Antragsteller sogar unwesentliche Änderungen nahelegen muss, wenn dadurch ein Grund für die Abweisung seines Ansuchens beseitigt werden kann (siehe dazu die Nachweise bei Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 [2018] Rz. 135). Zudem wird gerade in jenen Fällen, in denen die Antragsänderung den Versagungsgrund beseitigt hätte, nach der Abweisung ohnehin mit einem neuen (geänderten) Antrag zu rechnen sein (vgl. dazu weiterführend Leeb, ZVG 2019, 117 f).

Würde die Möglichkeit der Antragsänderung derart eingeschränkt (dass nach einer Schließung des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde eine Antragsänderung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedenfalls ausgeschlossen wäre) und stünde damit dem Konsenswerber auch nicht mehr die erforderliche Anpassung seines Antrages zur Vermeidung eines Versagungsgrundes offen, wäre der mit der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 57/2018 verfolgte Zweck der Verfahrensbeschleunigung in sein genaues Gegenteil verkehrt (vgl. Köhler in Baumgartner, aaO, 163). Dass ein „Zurückschicken an den Start“ - gerade in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium (wie dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren) - weder im Interesse des Antragstellers noch im öffentlichen Interesse an einer möglichst gleichermaßen umfassenden wie ökonomischen Entscheidung über ein Vorhaben liegt, belegen auch die Motive des Gesetzgebers zur ursprünglichen Einführung des § 13 Abs. 8 AVG mit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998. Der Antragsteller soll im Antragsverfahren daher über den Inhalt seines Begehrens bestimmen und damit über den Gegenstand des Verfahrens „disponieren“ können (so ausdrücklich AB 1167 BlgNR 20. GP 28). Auch diesem Anliegen würde eine derart weitreichende „Sperrwirkung“ einer behördlichen Anordnung gemäß § 39 Abs. 3 AVG zuwiderlaufen.

36 Aus all dem ergibt sich, dass eine von der Behörde gemäß § 39 Abs. 3 AVG verfügte Schließung des Ermittlungsverfahrens nicht auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren „fortwirkt“ und sich damit die in § 13 Abs. 8 AVG normierte Begrenzung der Möglichkeit, den Antrag zu ändern, in einem solchen Fall nur auf das verwaltungsbehördliche Verfahren erstreckt.

37 3.2. Antragsänderungen sind gemäß § 13 Abs. 8 AVG auch dann unzulässig, wenn sie die „sachliche und örtliche Zuständigkeit berühren“. Diese Einschränkung wird als „absolute Grenze“ angesehen. Damit sind typischerweise Konstellationen angesprochen, in denen die Antragsänderung zu einer Änderung der Zuständigkeit der Behörde - etwa bei einer Überschreitung von Schwellenwerten - führt (vgl. Schulev-Steindl, aaO, Rz. 135). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem solchen Fall das Vorbringen als neuer Antrag unter konkludenter Zurückziehung des alten Antrags zu werten und hat das Verwaltungsgericht den Bescheid ersatzlos zu beheben und den neuen Antrag an die zuständige Behörde zur Entscheidung über die „neue“ Sache weiterzuleiten (vgl. erneut VwGH Ra 2014/04/0037, mwN). Dies steht im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz, dass für die behördliche Zuständigkeit nicht etwa die - durch den Antrag bestimmte rechtlich relevante - Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung, sondern jene im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I2 [2014] § 13 Rz. 44).

38 Im vorliegenden Fall wird durch die Antragsänderung zwar die Zuständigkeit insoweit berührt, als durch die nachträgliche Erhöhung der Megawattleistung des Windparks die (neue) - für die Frage der UVP-Pflicht von Anlagen zur Nutzung von Windenergie maßgebliche - Schwelle der Z 6 lit. a, Spalte 2 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 (in der Fassung BGBl. I Nr. 80/2018) überschritten wird.

39 Die Antragsänderung hat im vorliegenden Fall angesichts der während des beim BVwG anhängigen Verfahrens - ohne entsprechende Übergangsbestimmung (vgl. § 46 Abs. 28 UVP-G 2000) - erfolgten Anhebung des gesetzlichen Schwellenwertes von 20 MW auf 30 MW jedoch zu keiner Zuständigkeitsänderung geführt. Vielmehr wurde eine solche durch die gegenständliche Modifizierung des Antrages „verhindert“, zumal das ursprüngliche beantragte und bereits erstinstanzlich genehmigte Vorhaben nach der zwischenzeitlich eingetretenen Gesetzesänderung nicht mehr UVP-pflichtig gewesen wäre.

40 Ausgehend davon handelt es sich gegenständlich um keine - die Zuständigkeit berührende - Antragsänderung, wie sie § 13 Abs. 8 AVG vor Augen hat. Das Vorbringen der Revisionswerberin ist daher insoweit auch nicht als neuer Antrag unter konkludenter Zurückziehung des alten Antrags zu werten und kommt eine ersatzlose Behebung des Bescheides und eine Weiterleitung des neuen Antrages an die zuständige Behörde zur Entscheidung über die „neue“ Sache (aus diesem Grund) nicht in Betracht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs8
ÖkostromG 2012 §15a
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040071.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-47494