VwGH 23.09.2020, Ra 2019/01/0358
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AdelsaufhG 1919 §1 AdelsaufhV 1919 §1 |
RS 1 | Österreichische Staatsbürger sind nach dem im Verfassungsrang stehenden Adelsaufhebungsgesetz nicht berechtigt, Adelstitel bzw. Adelszeichen (auch ausländischen Ursprungs) zu führen (vgl. , 0004, Rn. 12, mwN). § 1 AdelsaufhebungsG iVm der hierzu ergangenen Vollzugsanweisung verbietet einen Namen (Namensbestandteil oder Namenszusatz), wenn dieser entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist oder eine Adelsbezeichnung oder einen Adelsbestandteil darstellt, der unabhängig von einem auf Grund der konkreten Namens- und Familiengeschichte tatsächlich historischen Adelsbezug grundsätzlich geeignet ist, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen (vgl. , unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 4354/2017). |
Normen | AdelsaufhV 1919 §2 Z1 AdelsaufhV 1919 §2 Z2 AdelsaufhV 1919 §2 Z4 AdelsaufhV 1919 §2 Z5 |
RS 2 | Bei der Prüfung, ob ein ausländischer Namensbestandteil, der deutschsprachigen Namensbestandteilen und -zusätzen gemäß § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung von der Übersetzung her ähnlich ist, aber tatsächlich keinen historischen Adelsbezug aufweist, eine ausländische Standesbezeichnung oder einen ausländischen Titel darstellt, der ebenso einschlägig wie die in § 2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten ist, und damit objektiv (also ohne dass es auf einen tatsächlichen historischen Adelsbezug ankäme) für österreichische Staatsbürger den Eindruck bestehender Vorrechte der Geburt oder des Standes erwecken kann, ist ausgehend von der fremdsprachigen Bezeichnung und nicht von der deutschsprachigen Übersetzung auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass dem Adelszeichen "von" im deutschsprachigen Kontext in Österreich eine besondere, unmittelbar mit Vorrechten der Geburt oder des Standes verbundene Bedeutung zukommt, die aber mit von der Übersetzung her ähnlichen ausländischen Namensbestandteilen oder -zusätzen - wie beispielsweise "de" oder "van" - typischerweise nicht verbunden werden (vgl. zu allem , Rn. 26 - 28; vgl. zum Wort "von" auch , Rn. 13, mwN auch auf die Rechtsprechung des VfGH). Ausgehend von den hier angeführten Grundsätzen und Leitlinien ist die einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, mit dem italienischen Namensbestandteil "de" werde in Österreich keine adelige Abstammung assoziiert, jedenfalls vertretbar (vgl. auch ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-101/073/11194/2018-12, betreffend Angelegenheit nach dem Personenstandsgesetz 2013 (mitbeteiligte Partei: de, vertreten durch Dr. Meinrad Küenburg, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 16), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte ist seit Geburt österreichische Staatsbürgerin und Tochter des A. „X de Y“ und der A. „X de Y“.
2 Mit Bescheid vom berichtigte der Magistrat der Stadt Wien (Amtsrevisionswerberin) von Amts wegen gemäß § 42 Abs. 1 Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013) die Eintragung der Mitbeteiligten im Geburtenbuch von „geb. „X de Y“ auf „geb. „X - Y“, weil „de“ auch nach der italienischen Namenstradition ein als adelig zu nennendes Prädikat darstelle.
3 Der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis statt, hob den erstbehördlichen Bescheid ersatzlos auf und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.
4 Das Verwaltungsgericht führte begründend aus, es sei überschießend, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach kein österreichischer Staatsbürger einen Namen (Namensbestandteil oder Namenszusatz) führen oder erwerben können solle, der iSd Adelsaufhebungsgesetzes Adelsbezeichnungen enthalte und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, dahingehend auszulegen, dass österreichischen Staatsbürgern grundsätzlich das Führen von Namenszusätzen bzw. -bestandteilen in fremder Sprache, wie vorliegend den aus dem Italienischen stammenden Namensbestandteil „de“, verboten sei, um potentielle Missverständnisse zu vermeiden. Dies gelte insbesondere in jenen Fällen, in denen der betreffende Namenszusatz seiner Herkunft und Bedeutung nach definitiv kein Adelszeichen gewesen sei. Im Übrigen sei ein Missverständnis in Bezug auf die italienische Präposition „de“ gar nicht möglich, weil im deutschsprachigen Raum keine Abstammung - sohin auch keine adelige - damit assoziiert werde.
Eine Adelsherkunft werde weder impliziert noch suggeriert, zumal eine Namensbezeichnung mit Hinweis auf die Abkunft der bei vielen italienischen Namen anzutreffenden Kategorie des „Patronyms/Matronyms“ entspreche (beispielsweise „de Carlo“ als Bezeichnung für den Sohn oder „von Carlo“ für die Tochter). Der Namensbestandteil „de“ habe auch nichts mit Adel zu tun, wie aus der in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegten Italienischen Historischen Adelsenzyklopädie hervorgehe. Zudem bestätige auch das Schreiben des Österreichischen Staatsarchivs vom , dass keine Dokumente festgestellt hätten werden können, aus denen Rückschlüsse auf eine adelige Herkunft des Namens „X de Y“ gezogen werden könnten.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die Mitbeteiligte beantragte in ihrer nach Einleitung des Vorverfahrens eingebrachten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Amtsrevision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Amtsrevision, die einleitend darlegt, das Nichtvorliegen einer adeligen Abstammung nicht zu bestreiten, bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, zur Rechtsfrage, ob der Anschein von Vorrechten der Geburt oder des Standes auch auf Grund eines nichtadeligen ausländischen Namenszusatzes für seinen Träger unabhängig vom tatsächlichen Adelsbezug in Bezug auf eine entsprechende Eintragung des Namens in das zentrale Personenstandsregister zu prüfen sei, liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Das Verwaltungsgericht habe den nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , E 4354/2017, maßgeblichen Aspekt des Anscheins von Vorrechten der Geburt oder des Standes auf Grund eines Namenszusatzes für seinen Träger außer Acht gelassen. Auch ein ausländischer Namenszusatz, sofern er kein Adelszeichen sei, sei hinsichtlich seines Anscheins nach zu prüfen.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung - diesbezüglich an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes anknüpfend - klargestellt, dass österreichische Staatsbürger nach dem im Verfassungsrang stehenden Adelsaufhebungsgesetz nicht berechtigt sind, Adelstitel bzw. Adelszeichen (auch ausländischen Ursprungs) zu führen (vgl. , 0004, Rn. 12, mwN). § 1 AdelsaufhebungsG iVm der hierzu ergangenen Vollzugsanweisung verbietet einen Namen (Namensbestandteil oder Namenszusatz), wenn dieser entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist oder eine Adelsbezeichnung oder einen Adelsbestandteil darstellt, der unabhängig von einem auf Grund der konkreten Namens- und Familiengeschichte tatsächlich historischen Adelsbezug grundsätzlich geeignet ist, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen (vgl. , unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 4354/2017).
11 In dem Erkenntnis vom , E 4050/2019, hat sich der Verfassungsgerichtshof jüngst mit der Zulässigkeit der Eintragung des aus dem Portugiesischen stammenden Namensbestandteils „Nobre de“ (ins Deutsche übersetzt: „Edle von“) auseinandergesetzt und dazu ausgeführt:
„8. In VfSlg 17.060/2003 hat der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die besondere Funktion des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit (vgl Kolonovits, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Vorbemerkungen zum AdelsaufhG, Rz 8) festgehalten, dass österreichische Staatsbürger nach diesem Verfassungsgesetz allgemein nicht berechtigt sind, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.
In VfSlg 19.891/2014 hat der Verfassungsgerichtshof an dieser Auffassung explizit festgehalten und ausgeführt, dass es die aus seinem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes ist, die in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebene Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, dahingehend zu konkretisieren, dass der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge für österreichische Staatsbürger ausnahmslos aufgehoben werden (§1 AdelsaufhebungsG). Kein österreichischer Staatsbürger soll also einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) führen oder erwerben können, der im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes Adelsbezeichnungen enthält und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes.
Das Adelsaufhebungsgesetz schließt nach dieser Rechtsprechung also für österreichische Staatsbürger den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen aus, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen. Der Zusatz ‚von‘ stellt ein solches als Namensbestandteil unzulässiges Adelszeichen dar.
In VfSlg 20.234/2017 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass im Hinblick auf die besondere Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit durch Abschaffung des Adels und auch seiner ‚äußeren Ehrenvorzüge‘ (§ 1 AdelsaufhebungsG) diese Verfassungsbestimmung und in der Folge in entsprechender Interpretation § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung dahingehend zu verstehen sind, dass ein Verbot, das Wort ‚von‘ als Namensbestandteil zu führen, nicht nur für jene Familiennamen besteht, die tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen. Die aus dem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes geht nämlich in Konkretisierung der in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebenen Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, auch dahin, einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) zu verbieten, der den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes (siehe auch VfSlg 19.891/2014).
Bei dieser Beurteilung kommt es darauf an, ob der in Rede stehende Name (Namensbestandteil oder -zusatz) geeignet ist, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen solcher Vorrechte zum Ausdruck zu bringen, wobei die objektive Wahrnehmung derjenigen, die das Diskriminierungsverbot des Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG vor einer Ungleichbehandlung auf Grund von Vorrechten der Geburt oder des Standes schützen will, maßgeblich ist (vgl auch , Bogendorff von Wolffersdorff, Rz 79: ‚[...] Adelsbezeichnungen oder -bestandteile, die glauben machen könnten, dass der Träger des Namens einen entsprechenden Rang inne habe [...]‘). In diesem Sinn ist das durch § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotene Wort ‚von‘ grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist (VfSlg 20.234/2017).
3. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass das Adelsaufhebungsgesetz in Verbindung mit der Vollzugsanweisung österreichischen Staatsbürgern zunächst ausnahmslos untersagt, Namensbestandteile oder -zusätze zu führen, die Adelsbezeichnungen darstellen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Adelsbezeichnungen handelt.
Durch das Adelsaufhebungsgesetz sind österreichischen Staatsbürgern des Weiteren auch solche Namensbestandteile oder -zusätze untersagt, die von einer objektiven Wahrnehmung der Staatsbürger (Art 7 Abs 1 B-VG) ausgehend geeignet sind, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen solcher Vorrechte zum Ausdruck zu bringen. Das Wort ‚von‘ als Namensbestandteil ist nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft hervorzurufen.
...
4.1. Dass auch Adelsbezeichnungen ausländischen Ursprungs durch § 1 AdelsaufhebungsG österreichischen Staatsbürgern untersagt sind, wenn sie den Eindruck erwecken, für ihren Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Vollzugsanweisung in Konkretisierung des Adelsaufhebungsgesetzes in § 1 inländische und ausländische Adelsbezeichnungen gleichermaßen untersagt und in § 2 Z 5 ausdrücklich darauf abstellt, dass gewisse ausländische Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können und daher untersagt sind, auch wenn sie tatsächlich nicht mit einem Adelsvorzug verbunden sind. Der Zweck dieser Regelungen der Vollzugsanweisung liegt auch darin sicherzustellen, dass sich Angehörige des Adels auch in der Namensführung nicht mehr von den übrigen Staatsbürgern unterscheiden. ‚Das sollte nicht nur für Adelsbezeichnungen im strengen Wortsinn, sondern auch für Bezeichnungen gelten, die den Anschein einer Zugehörigkeit zu einem bevorzugten Stand erwecken. Dies wird aus § 2 Z 5 der Vollzugsanweisung deutlich, wonach auch ‚das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit dem Adelsvorzuge verbundener Titel [...] selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam' als aufgehoben festgestellt wurde‘ (Zeyringer, Adelsbezeichnungen und Personenstandsrecht, ÖSTA 1980, 3 [4 f.]).
Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Vollzugsanweisung in § 2 Z 4 und 5 entsprechende ausländische Standesbezeichnungen oder Titel, die den Eindruck eines Adelsvorzugs erwecken können, bloß demonstrativ aufzählt und damit zu erkennen gibt, dass für die Frage, wann eine ausländische Standesbezeichnung oder ein ausländischer Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können, im Hinblick auf die Vielzahl möglicher ausländischer Standesbezeichnungen und Adelstitel auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.
Dies gilt, wie aus den in §2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten Beispielen hervorgeht, für ausländische Namensbestandteile, die als solche Standesbezeichnungen bzw verpönte Titel transportieren (so kommt es nach § 2 Z 4 auf adelige Standesbezeichnungen wie zB Ritter, Freiherr, Graf oder Fürst und diesen vergleichbare ausländische Standesbezeichnungen an und hat § 2 Z 5 ausländische Titel wie beispielsweise Conte oder Marchese vor Augen).
Nach § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung sind nun durch § 1 AdelsaufhebungsG das Adelszeichen ‚von‘ sowie Adelsprädikate im engeren und im weiteren Sinn, insbesondere auch das Ehrenwort ‚Edler‘, aufgehoben, ohne dass die Vollzugsanweisung ausdrücklich auch vergleichbare ausländische Bezeichnungen mit einbezieht. Damit soll offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass insbesondere dem Adelszeichen ‚von‘ im deutschsprachigen Kontext in Österreich eine besondere, unmittelbar mit Vorrechten der Geburt oder des Standes verbundene Bedeutung zukommt, die mit von der Übersetzung her ähnlichen ausländischen Namensbestandteilen oder -zusätzen - wie sie beispielsweise Namenszusätze wie ‚de‘ oder ‚van‘ darstellen - typischerweise nicht verbunden werden. Solche, den genannten deutschsprachigen Namensbestandteilen und -zusätzen gemäß § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile oder -zusätze sind daher durch § 1 AdelsaufhebungsG iVm § 1 der Vollzugsanweisung dann untersagt, wenn sie tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen (VfSlg 20.234/2017). Denn gemäß § 1 der Vollzugsanweisung trifft die Aufhebung den Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge und damit entsprechende Namensbestandteile und -zusätze, gleichviel, ob es sich um im Inland erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.
4.2. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg geht davon aus, dass der im Hinblick auf die Beschwerdeführerin strittige Namensbestandteil ‚Nobre de‘ mit ‚Edle von‘ zu übersetzen sei und insofern den Eindruck einer durch §1 AdelsaufhebungsG untersagten Adelsbezeichnung erwecke. Damit stellt das Landesverwaltungsgericht Salzburg bei seiner Beurteilung maßgeblich auf die deutsche Übersetzung dieses Namensbestandteils ab, was schon deswegen unzulässig ist, weil es im maßgeblichen Kontext (siehe VfSlg 20.234/2017) für die Beurteilung, ob ein ausländischer Namensbestandteil in Österreich den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, auf die ausländische, also die fremdsprachige Bezeichnung und nicht die deutschsprachige Übersetzung ankommt.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg verkennt aber insbesondere, dass dem Adelszeichen ‚von‘ und dem Ehrenwort ‚Edler‘ von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile nur dann gemäß § 1 AdelsaufhebungsG iVm § 1 der Vollzugsanweisung untersagt sind, wenn sie entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen oder wenn ‚Nobre de‘ oder auch ‚de *******‘ eine ausländische Standesbezeichnung oder einen ausländischen Titel darstellt, der ebenso einschlägig wie die in § 2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten ist, und damit objektiv (also ohne dass es auf einen tatsächlichen historischen Adelsbezug ankäme) für österreichische Staatsbürger den Eindruck bestehender Vorrechte der Geburt oder des Standes erwecken kann. ...“
12 Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Erwägungen. Bei der Prüfung, ob ein ausländischer Namensbestandteil, der deutschsprachigen Namensbestandteilen und -zusätzen gemäß § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung von der Übersetzung her ähnlich ist, aber - wie vorliegend - tatsächlich keinen historischen Adelsbezug aufweist, eine ausländische Standesbezeichnung oder einen ausländischen Titel darstellt, der ebenso einschlägig wie die in § 2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten ist, und damit objektiv (also ohne dass es auf einen tatsächlichen historischen Adelsbezug ankäme) für österreichische Staatsbürger den Eindruck bestehender Vorrechte der Geburt oder des Standes erwecken kann, ist demnach ausgehend von der fremdsprachigen Bezeichnung und nicht von der deutschsprachigen Übersetzung auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits klargestellt, dass dem Adelszeichen „von“ im deutschsprachigen Kontext in Österreich eine besondere, unmittelbar mit Vorrechten der Geburt oder des Standes verbundene Bedeutung zukommt, die aber mit von der Übersetzung her ähnlichen ausländischen Namensbestandteilen oder -zusätzen - wie beispielsweise „de“ oder „van“ - typischerweise nicht verbunden werden (vgl. zu allem , Rn. 26 - 28; vgl. zum Wort „von“ auch , Rn. 13, mwN auch auf die Rechtsprechung des VfGH).
13 Das Verwaltungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.
14 Vorliegend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass im romanisch-sprachigen Raum im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum mehrteilige Familiennamen gebräuchlich seien, die Präposition „de“ eine Verbindung der beiden Namensbestandteile darstelle und nicht auf einen adeligen Ursprung hinweise. Die Familiennamen würden auf den Herkunftsort einer Familie oder beispielsweise auf künstlerische Anredeformen hindeuten. Der Namensbestandteil „de Y“ bezeichne nicht die Abkunft eines bestimmten Elternteils, sondern von einem Meister in künstlerischer oder handwerklicher Hinsicht. Schließlich habe im allgemeinen italienischen Sprachgebrauch der Namensbestandteil „de“ nichts mit Adel zu tun.
15 Ausgehend von den oben angeführten Grundsätzen und Leitlinien ist die einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, mit dem italienischen Namensbestandteil „de“ werde in Österreich keine adelige Abstammung assoziiert, jedenfalls vertretbar (vgl. auch ). Eine - in der Einzelfallbeurteilung allein maßgebliche - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt (vgl. zur Leitfunktion des Verwaltungsgerichtshofes allgemein ).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
17 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | AdelsaufhG 1919 §1 AdelsaufhV 1919 §1 AdelsaufhV 1919 §2 Z1 AdelsaufhV 1919 §2 Z2 AdelsaufhV 1919 §2 Z4 AdelsaufhV 1919 §2 Z5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010358.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-47437