VwGH 11.10.2018, Ra 2018/16/0158
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | BuLVwG-EGebV 2015 §4 Abs1 |
RS 1 | Bei § 4 Abs. 1 BuLVwG-EGebV handelt es sich um eine In-Kraft-Treten-Bestimmung, die in ihrem ersten Halbsatz das In-Kraft-Treten mit normiert und im Weiteren vorerst eine Ausnahme im Sinne einer Einschränkung des zeitlichen Bedingungsbereiches, im letzten Halbsatz jedoch eine Ausnahme von dieser Ausnahme vorsieht: so sie ist zwar nur auf jene Eingaben anzuwenden, die sich auf Bescheide beziehen, die ein Bescheiddatum nach dem aufweisen, im Übrigen - so die Ausnahme von der Ausnahme - (jedoch) auf alle sonstigen Eingaben, die nach dem eingebracht werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dr. G E, in W, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105384/2017, betreffend Eingabegebühr und Gebührenerhöhung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Gebührenbescheid vom , mit welchem das Finanzamt eine Eingabegebühr samt Gebührenerhöhung für eine Beschwerde gegen eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom zur Vorlage des Reisepasses des Mandanten binnen Frist vorgeschrieben hatte, gemäß § 279 BAO als unbegründet ab; weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Tragend führte das Bundesfinanzgericht u.a. aus:
„Der Beschwerdeführer vertritt in der Beschwerde die Ansicht, dass die Verfahrensanordnung des BFA vom betreffend Vorlage eines Reisepasses in einem Verfahren nach § 55 AsylG ergangen sei, bezüglich dessen auf die Bestimmung des § 70 AsylG zu verweisen wäre, wonach für dieses Verfahren absolute Gebührenfreiheit bestehe.
Gemäß § 70 Asylgesetz 2005 sind die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsausgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten.
§ 55 AsylG regelt die Voraussetzungen zur Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ von im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag.
Die gegenständliche Beschwerde vom an das Bundesverwaltungsgericht leitet ein neues Verfahren ein und stellt keine unmittelbar durch das Asylgesetz veranlasste Schrift dar. In der Begründung des Beschlusses des BVwG wurde auf die Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich Vorliegen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verwiesen. In der Sache selbst wurden weder Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes noch jene des Asylgesetzes 2005 angewendet. Die Beschwerde wurde nicht in einem Verfahren nach dem AsylG 2005 eingebracht.
Die Erläuternden Bemerkungen zum AsylG 2005 enthalten keine Ausführungen zur Gebührenbefreiungsbestimmung.
In der Literatur findet sich zur Befreiungsbestimmung des § 70 AsylG 2005 Folgendes:
Die Gebührenbefreiung für Verfahren nach dem AsylG 2005 bleibt weiterhin bestehen. Von der Gebührenbefreiung umfasst sind nach dem Gesetzestext (‚Verfahren nach diesem Bundesgesetz‘) durch die Implementierung der Anträge auf Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen aus dem NAG auch Verfahren, in denen ein Antrag nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 gestellt wurde (vgl. Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 70 Asylgesetz 2005).
Betrachtet man in anderen Materiengesetzen enthaltene Gebührenbefreiungsbestimmungen fällt auf, dass mit Wirksamkeit ab vielfach der Satz angefügt wurde: ‚Die Befreiung gilt auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof‘ (vgl. etwa § 51 BundesbehindertenG, § 23 BehinderteneinstellungsG, § 68 HeeresversorgungsG, § 6 ImpfschadenG, § 4 KriegsopferversorgungsG 1957, § 11 VerbrechensopferG). Ein derartiger Zusatz fehlt bei der Bestimmung des § 70 AsylG 2005. Eine derart weite Befreiung auch in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof ist dem § 70 AsylG nicht zu entnehmen.
Nach dem Erkenntnis des greift die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 schon deshalb nicht, weil diese Befreiung nicht auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgedehnt wurde und sich damit nicht auf die Eingabengebühr für Beschwerden erstreckt.
Es kommt daher nach dem oben Gesagten für die am beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Beschwerde die Befreiung nach § 70 AsylG nicht zur Anwendung.“
2 Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, sein Erkenntnis entspreche der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes „(Ro 2015/16/0041 vom , Ra 2017/16/0122 vom )“.
3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision sieht ihre Zulässigkeit darin, das Bundesfinanzgericht habe diese mit der standardisierten Allgemeinfloskel für nicht zulässig erklärt. Diesen Ausführungen stehe nun aber eindeutig entgegen, dass gemäß § 4 Abs. 1 BuLVwG-EGebV diese Verordnung auf jene Eingaben anzuwenden sei, die sich auf Bescheide bezögen, sodass bei einer Beschwerde gegen eine Verfahrensanordnung keine Rede davon sein könne, weshalb allein hiedurch die Gesetzeslage vollinhaltlich verkannt worden sei. Weiters erblickt die Revision ihre Zulässigkeit in der Frage der Gebührenbefreiung nach § 70 AsylG.
4 Zur Darstellung der maßgebenden Rechtslage wird zunächst gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Erkenntnisse vom , Ro 2015/16/0041, sowie vom , Ra 2017/16/0122, verwiesen: Darnach wurde die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 nicht auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgedehnt und erstreckt sich damit nicht auf die Eingabegebühr für Beschwerden.
5 In der Begründung ihrer Zulässigkeit übergeht die vorliegende Revision, dass sich das Bundesfinanzgericht auch in seinem Ausspruch über die Unzulässigkeit auf die beiden zitierten Erkenntnisse stützte.
6 Weiters stützt die Revision ihre Zulässigkeit darauf, dass gemäß § 4 Abs. 1 BuLVwG-EGebV diese Verordnung auf jene Eingaben anzuwenden sei, die sich auf Bescheide bezögen, sodass bei einer Beschwerde gegen eine Verfahrensanordnung keine Rede davon sein könne.
7 Gemäß § 4 Abs. 1 leg.cit. trat die zitierte Verordnung mit in Kraft und ist auf jene Eingaben anzuwenden, die sich auf Bescheide beziehen, die ein Bescheiddatum nach dem aufweisen; im Übrigen auf Eingaben, die nach dem eingebracht werden.
8 Bei § 4 Abs. 1 leg.cit. handelt es sich um eine In-Kraft-Treten-Bestimmung, die in ihrem ersten Halbsatz das In-Kraft-Treten mit normiert und im Weiteren vorerst eine Ausnahme im Sinne einer Einschränkung des zeitlichen Bedingungsbereiches, im letzten Halbsatz jedoch eine Ausnahme von dieser Ausnahme vorsieht: so sie ist zwar nur auf jene Eingaben anzuwenden, die sich auf Bescheide beziehen, die ein Bescheiddatum nach dem aufweisen, im Übrigen - so die Ausnahme von der Ausnahme - auf alle sonstigen Eingaben, die nach dem eingebracht werden.
9 Da sich die revisionsgegenständliche Eingabe unstrittig nicht gegen einen Bescheid wandte und daher die in § 4 Abs. 1 letzter Halbsatz vorgesehene Ausnahme von der Ausnahme („sonstige Eingabe“) erfüllt, fällt die verfahrensgegenständliche, die Gebührenpflicht auslösende Eingabe jedenfalls in den zeitlichen Anwendungsbereich nach § 4 Abs. 1 leg.cit.
10 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, dieser Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BuLVwG-EGebV 2015 §4 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160158.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-47380