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VwGH 07.05.2020, Ra 2018/16/0089

VwGH 07.05.2020, Ra 2018/16/0089

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
GebG 1957 §17 Abs1
GebG 1957 §33 TP19 Abs1 Z1
RS 1
Mit dem gegenständlichen Vertrag ist die Verpflichtung der Bank, ihrer Vertragspartnerin rückzahlbare Geldmittel verzinslich zur Verfügung zu stellen, und somit das Recht der Vertragspartnerin, den Auszahlungsbetrag abzurufen, begründet worden. Damit liegen die wesentlichen Elemente eines Kreditvertrags vor als eines Vertrags, mit dem ein Geldbetrag zum Abruf zur Verfügung gestellt wird.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der K AG in M, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4600 Wels, Edisonstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101518/2014, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin am  mit der R Bank eine als „Darlehensvertrag“ bezeichnete Vereinbarung abschloss, die auf der ersten Seite den Vermerk „Gebührenbefreit gemäß § 33 TP 8 Abs. 2 Z 1 GebG“ trug und auszugsweise wie folgt lautete:

„[...]

3. DARLEHENSBETRAG

3.1. Die Darlehensgeberin wird dem Darlehensnehmer ein Darlehen in Höhe von EUR 42.000.000,-- zu den Bestimmungen und unter den Bedingungen dieses Vertrags (im Folgenden „Darlehen“) gewähren.

3.2. Der Vertrag ist ein Realkontrakt und kommt mit Auszahlung des Darlehensbetrages gemäß Punkt 3.1. an den Darlehensnehmer wirksam zustande.

4. ZWECK DES DARLEHENS

Der Darlehensnehmer verpflichtet sich, das Darlehen gemäß den Bedingungen und Bestimmungen dieses Vertrags ausschließlich zur Refinanzierung der Abschichtung der Anleihe zu verwenden.

5. ABRUFUNG DES DARLEHENSBETRAGS

5.1. Das Darlehen ist nach Unterfertigung des Vertrags durch die Parteien bei Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen (Punkt 6.1.) abrufbar.

5.2. Eine Abrufung des Darlehens in Teilbeträgen ist ausgeschlossen.

5.3. Die Abrufung des Darlehens erfolgt unmittelbar nach Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen gemäß Punkt 6.1 mit schriftlicher Abrufungsmitteilung gemäß Anlage ./5.3.

5.4. Jede Abrufung ist unwiderruflich, die Währung hat auf Euro zu lauten und der gewünschte Auszahlungstag muss ein Bankarbeitstag sein.

5.5. Letzter Auszahlungstag für das Darlehen ist der .

6. AUSZAHLUNGSVORAUSSETZUNGEN

6.1. Bedingung für die Auszahlung des Darlehens ist, das alle nachfolgend angeführten Auszahlungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens erfüllt sind:

6.1.1. Vorliegen einer Legal Opinion einer von der Darlehensgeberin akzeptierten Rechtsanwaltskanzlei, wie diese im Entwurf als Anlage ./6.1.1 angeschlossen ist;

6.1.2. Comfort Letter oder Protokollierung eines Gespräches der Darlehensgeberin oder anderer Konsortialbanken mit dem Land Oberösterreich, aus dem/der hervorgeht, dass das Land Oberösterreich, vorbehaltlich der positiven Behandlung durch den oberösterreichischen Landtag, beabsichtigt eine abstrakte unwiderrufliche Garantie zugunsten der Darlehensgeberin für das Darlehen zu übernehmen, mit der die Rückzahlung des Darlehens an die Darlehensgeberin bis zu einem Höchstbetrag von EUR 33,6 Mio besichert wird.

6.1.3. Unterfertigung der Sicherheitenverträge und rechtswirksame Bestellung der Sicherheiten gemäß Punkt 13.2.;

6.1.4. Nichtvorliegen eines Fälligstellungsgrundes gemäß Punkt 17.;

6.1.5. Erfüllung aller Auszahlungsvoraussetzungen für den [...]-Kredit;

6.1.6. Einlangen einer firmenmäßig unterfertigten Abrufungsmitteilung des Darlehensnehmers gemäß Punkt 5. bei der Darlehensgeberin.

6.1.7. Nachweis eines unwiderruflichen Überweisungsauftrages des Darlehensnehmers zur Dotierung des in Punkt 13.3 genannten Kontos in der in Punkt 13.3 genannten Höhe.

6.2. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, die Auszahlungsvoraussetzungen so zeitgerecht nachzuweisen, dass eine Auszahlung bis spätestens erfolgen kann, andernfalls ist die Darlehensgeberin nicht verpflichtet den Darlehensbetrag auszuzahlen. [...]“

Weiters wurden Bestimmungen über die Laufzeit (Punkt 7.), die Verzinsung (Punkt 8.), die freiwillige vorzeitige Tilgung (Punkt 9.), das Wandlungsrecht (Punkt 10.), die Management Fee, Arrangement Fee und Agency Fee (Punkt 11.), die Sicherheiten (Punkt 13.) und die Fälligstellung (Punkt 17.) vereinbart.

2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin für diesen Vertrag eine Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 iHv 336.000 € fest. Dabei folgte das Finanzamt dem Ergebnis der vorangegangenen Außenprüfung, wonach der betreffende Vertrag mangels Zuzählung der Darlehensvaluta spätestens zum Zeitpunkt der Urkundenerrichtung nicht als Darlehensvertrag, sondern als (gebührenpflichtiger) Kreditvertrag zu qualifizieren sei.

3 In der dagegen erhobenen Berufung vom brachte die Revisionswerberin im Wesentlichen vor, bei der abgeschlossenen Vereinbarung handle es sich um keinen Kreditvertrag, sondern um einen Darlehensvorvertrag, da diese - wie aus Punkt 3. unmissverständlich hervorgehe - keine unmittelbare Verpflichtung des Darlehensgebers zur Auszahlung der Darlehensvaluta begründe, sondern die Vertragsparteien nur zum Abschluss des Hauptvertrags (Darlehensvertrags) verpflichte.

4 Nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt und der Stellung eines Vorlageantrags durch die Revisionswerberin wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Revisionswerberin ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

5 Bei der am (und damit noch vor Inkrafttreten des Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetzes - DaKRÄG, BGBl. I Nr. 28/2010) abgeschlossenen, als „Darlehensvertrag“ bezeichneten, Vereinbarung handle es sich um einen gebührenpflichtigen Kreditvertrag und nicht um einen gebührenfreien Vorvertrag für ein Lombarddarlehen. Der Vertragstext enthalte keinen Hinweis darauf, dass der Wille der Parteien erst auf den künftigen Abschluss eines Vertrags gerichtet sei. Vielmehr hätten die Vertragsparteien eine Willenseinigung darüber erzielt, dass der Revisionswerberin von der R Bank eine bestimmte Geldsumme zur Verfügung gestellt werde und die Zuzählung der Geldsumme erfolgen solle, wenn die Revisionswerberin die in Punkt 6. der Vereinbarung aufgelisteten Bedingungen und Auflagen zur Gänze erfüllt habe. Zudem seien im Vertrag Vereinbarungen über sämtliche Vertragselemente, wie Höhe (Punkt 3.1.), Laufzeit (Punkt 7.), Verzinsung (Punkt 8.), freiwillige vorzeitige Tilgung (Punkt 9.), Wandlungsrecht (Punkt 10.), Management Fee, Arangement Fee und Agency Fee (Punkt 11.), Sicherheiten (Punkt 13.) und Fälligstellung (Punkt 17.), getroffen worden.

6 Zwar werde in Punkt 3.2. des Vertrags ausgeführt, dass dieser ein Realkontrakt sei und mit der Auszahlung des Darlehensbetrags zu Stande komme. In Punkt 5.3. werde der Revisionswerberin jedoch das Recht eingeräumt, den Auszahlungsbetrag nach Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen gemäß Punkt 6.1. mittels einseitiger schriftlicher Mitteilung abzurufen. Gerade in dieser Bestimmung komme die konsensuale Begründung der Verpflichtung der R Bank zum Ausdruck, der Revisionswerberin rückzahlbare, verzinsliche Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Die Vereinbarung vom schaffe daher nicht bloß den Anspruch auf Abschluss eines Hauptvertrags (Darlehensvertrags), sondern begründe - für den Fall der Erfüllung der darin festgelegten Bedingungen - unmittelbar die darin vorgesehenen Leistungsansprüche und Leistungsverpflichtungen.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

9 § 17 Abs. 1, 2 und 4 GebG 1957 lauten:

„(1) Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

(2) Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

(4) Auf die Entstehung der Gebührenschuld ist es ohne Einfluß, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.“

10 Wie das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis zutreffend ausführt, ist mit dem revisionsgegenständlichen Vertrag die Verpflichtung der R Bank, der Revisionswerberin rückzahlbare Geldmittel verzinslich zur Verfügung zu stellen, und somit das Recht der Revisionswerberin, den Auszahlungsbetrag abzurufen, begründet worden. Damit liegen die wesentlichen Elemente eines Kreditvertrags vor als eines Vertrags, mit dem ein Geldbetrag zum Abruf zur Verfügung gestellt wird. Dass die Verpflichtung und das korrespondierende Recht von den in Punkt 6. des Vertrags festgelegten Bedingungen abhängig gemacht sind, ist gemäß § 17 Abs. 4 GebG 1957 ohne Einfluss auf das Entstehen der Gebührenschuld. Auch tut es den mit dem Vertrag begründeten Rechten und Pflichten keinen Abbruch, dass die Parteien den Vertrag in Punkt 3.2. der Vereinbarung als „Realkontrakt“ bezeichnen.

11 Dazu kommt, dass nach dem Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalls allenfalls auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu. Die vertretbare Auslegung eines Schriftstückes wirft in der Regel keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (, mwN). Die vom Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Fall vorgenommene Deutung der Vereinbarung vom als Kreditvertrag erweist sich keinesfalls als unvertretbar.

12 Somit wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen, wonach das Bundesfinanzgericht über die Grenzen der Auslegungsregeln bei Verträgen gemäß § 914 ABGB hinaus den in der Vertragsurkunde geäußerten Parteiwillen in ein anderes Rechtsgeschäft umgedeutet habe, keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

13 Mit dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen wird gerügt, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach nur dann kein bloßer Vorvertrag vorliege, wenn in einer Vereinbarung bereits über die Vertragselemente abgesprochen würde und eine unmittelbare Verpflichtung zur Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Leistungen festgesetzt werde.

14 Dem ist entgegen zu halten, dass das Bundesfinanzgericht dem Vertrag entnehmen konnte, dass der Revisionswerberin (in Punkt 5.3. der Vereinbarung) ausdrücklich das Recht eingeräumt worden ist, den Auszahlungsbetrag abzurufen, woraus sich das Bestehen eines unmittelbaren Leistungsanspruchs der Revisionswerberin und einer unmittelbaren Leistungsverpflichtung der Kreditgeberin ergibt.

15 Das Bundesfinanzgericht konnte darüber ergänzend sogar noch feststellen, dass über die Kernelemente eines Kreditvertrags hinaus im streitgegenständlichen Vertrag auch noch Vereinbarungen über weitere Vertragselemente, wie Höhe (Punkt 3.1.), Laufzeit (Punkt 7.), Verzinsung (Punkt 8.), freiwillige vorzeitige Tilgung (Punkt 9.), Wandlungsrecht (Punkt 10.), Management Fee, Arrangement Fee und Agency Fee (Punkt 11.), Sicherheiten (Punkt 13.) und Fälligstellung (Punkt 17.), getroffen wurden.

16 Auch ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit jenem vergleichbar, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/16/0114, zugrunde lag. Für die dortige Beschwerdeführerin bestand nach dem deutlichen Urkundeninhalt („Die Vertragsparteien vereinbaren, künftig [...] einen Darlehensvertrag [...] abzuschließen. Dieser Darlehensvorvertrag räumt dem Schuldner und der Genossenschaft lediglich das Recht ein, den Abschluß eines Darlehensvertrages zu verlangen; der Schuldner erlangt jedoch nicht die Verfügung über den als Darlehensbetrag genannten Geldbetrag. Der Abschluß des Darlehensvertrages hat über Aufforderung einer der Vertragsparteien innerhalb des vorgesehenen Zeitraumes unverzüglich zu erfolgen.“) noch kein Anspruch auf Verfügung über den Geldbetrag und somit kein unmittelbarer Leistungsanspruch, sondern lediglich das Recht auf Abschluss des in der Vertragsurkunde inhaltlich näher detaillierten Hauptvertrags (Darlehensvertrags).

17 Die in Punkt 5.3. der Vereinbarung enthaltene Bedingung für die Leistungsverpflichtung kann keinesfalls bewirken, die Vereinbarung bloß als Vorvertrag zu werten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Zulässigkeitsvorbringen zitierten Entscheidung des , war nach der dort zu beurteilenden Vereinbarung doch das Recht des Klägers auf Abschluss eines Vertrags vom Eintritt einer Bedingung abhängig.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

19 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
GebG 1957 §17 Abs1
GebG 1957 §33 TP19 Abs1 Z1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018160089.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-47366