VwGH 06.11.2019, Ra 2018/12/0020
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die in § 32 Abs. 2 VwGVG 2014 geregelte subjektive Frist beginnt bereits mit Kenntnis des Antragstellers von dem Sachverhalt, der den Wiederaufnahmegrund bilden soll, zu laufen; entscheidend ist die Kenntnis von einem Sachverhalt, nicht aber die rechtliche Wertung dieses Sachverhalts. Für den Fristenlauf ist daher nicht maßgebend, ob dem Antragsteller die mögliche Qualifizierung eines Sachverhalts als Wiederaufnahmegrund bewusst ist (vgl. und , Ra 2019/14/0261). Dies gilt auch dann, wenn die in Rede stehenden Tatsachen der Partei noch vor Abschluss des Verfahrens bekannt geworden sind (vgl. ; = VwSlg. Nr. 5035/A). |
Normen | |
RS 2 | Auf die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens steht niemandem ein Rechtsanspruch zu (Hinweis E , 85/12/0114). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2006/07/0012 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Revisionssache der BH in A, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Stiftgasse 21/20, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , GZ. LVwG-AV-611/012-2014, betreffend Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages (vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich belangte Behörde:
Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Beschlusses wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auf , , Ra 2016/09/0012, , Ra 2017/12/0055, , Ra 2017/09/0026, und , Ra 2017/09/0051, betreffend Leistungsfeststellung und Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses, verwiesen.
2 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Revisionswerberin unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Kalendermonaten ab Zustellung dieses Bescheides aufgelöst.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wurde mit Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom als unbegründet abgewiesen.
4 Mit dem bereits zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde die von der Revisionswerberin gegen den Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom erhobene Revision mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Revisionswerberin erfolgte am .
5 Mit Antrag vom begehrte die Revisionswerberin die Wiederaufnahme u.a. des mit Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom abgeschlossenen Verfahrens betreffend Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Die Revisionswerberin führte aus, das Landesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom zahlreiche näher bezeichnete Feststellungen auf Grund von Zeugenaussagen getroffen, wobei diese mit der Pflegedokumentation aus näher genannten Gründen nicht übereinstimmten. Diese nunmehr vorliegenden Beweismittel seien zu beachten und zu verwerten. Die Frage der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen sei eine besonders relevante. 6 Mit Verbesserungsauftrag vom forderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Revisionswerberin zur Angabe auf, wann sie vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe.
7 Mit Schreiben vom führte die Revisionswerberin dazu auszugsweise Folgendes aus:
"Die Beschwerdeführerin hatte noch bei aufrechtem Dienstverhältnis Zugang zu den nun mit dem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Urkunden, wie auch aus dem Druckdatum ersichtlich ist.
Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund hat die Beschwerdeführerin erst mit Zugang der Entscheidung des VwGH (wie bereits im Wiederaufnahmeantrag ausgeführt) erhalten:
Voraussetzung für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme ist ein abgeschlossenes Verfahren vor dem VwG. Die Revision gegen das Urteil darf nicht mehr zulässig sein (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 32 VwGVG).
Die Voraussetzung des § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG ist erfüllt, da die Zeugenaussagen im Verfahren vor dem LVwG stattgefunden haben."
8 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/12/0055, wurde Spruchpunkt 2. des dort angefochtenen Beschlusses, mit dem der Wiederaufnahmeantrag betreffend das Verfahren auf Kündigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zurückgewiesen worden war, wegen Unzuständigkeit infolge unrichtiger Senatsbesetzung aufgehoben. 9 Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Beschlusses wies das Landesverwaltungsgericht den Antrag der Revisionswerberin auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses neuerlich als unzulässig zurück.
10 Begründend vertrat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zusammengefasst die Auffassung, die Revisionswerberin habe die subjektive Wiederaufnahmefrist des § 32 Abs. 2 VwGVG versäumt. Die Revisionswerberin habe die Bedeutung des von ihr selbst zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/12/0007, verkannt. Dort sei unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass ein Wiederaufnahmeantrag ungeachtet einer allfällig noch offenen Revisionsfrist und somit ungeachtet einer fehlenden Bewilligungsvoraussetzung zulässig sei, zumal die in § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG umschriebene Frist bei Eintritt der Bewilligungsvoraussetzung des § 32 Abs. 1 zweiter Halbsatz VwGVG bereits verstrichen sein könnte. Daraus erhelle, dass die Revisionswerberin die Rechtzeitigkeit ihres Antrags nicht allein damit begründen könne, dass sie das offene Revisionsverfahren abzuwarten gehabt habe. Vielmehr komme es für die Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Antrages allein auf die Kenntnis der Revisionswerberin von der zur Begründung ihres Antrags ins Treffen geführten Pflegedokumentation an. Ihren eigenen Angaben zufolge habe die Revisionswerberin von dieser Pflegedokumentation bereits im Jahr 2014 Kenntnis gehabt, weshalb ihr Antrag auf Wiederaufnahme betreffend die Kündigung des provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses jedenfalls als verspätet zurückzuweisen sei.
11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Beschluss aufheben und dahin abändern, dass das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich betreffend die Dienstbeurteilung und Kündigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Revisionswerberin wieder aufgenommen und einer neuerlichen Entscheidung zugeführt werde.
12 Mit dem vorliegenden Zulässigkeitsvorbringen (vgl. Rn. 18ff) wird die Zulässigkeit der Revision, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2. richtet, nicht aufgezeigt:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Es bestehen keine rechtlichen Hindernisse über die Revision betreffend Spruchpunkt 2. des angefochtenen Beschlusses unabhängig von der Entscheidung über die Revision gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Beschlusses betreffend die Dienstbeurteilung (protokolliert zu Ra 2018/09/0055) zu entscheiden (vgl. den eingangs zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom , Ra 2016/12/0002).
16 § 32 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in der Stammfassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautete:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines
durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen
Verfahrens ist stattzugeben, wenn eine Revision beim
Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig
ist und
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches
Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung
herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im
Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche
Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."
17 Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 248/2016 u.a., wurde in § 32 Abs. 1 VwGVG in der Stammfassung die Wortfolge "eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und" aufgehoben. Es wurde ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten. Dieses Erkenntnis wurde mit BGBl. I Nr. 2/2017 vom Bundeskanzler kundgemacht. 18 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Standpunkt vertreten wird, die Revision sei deshalb zulässig, weil das Verwaltungsgericht § 32 VwGVG in der Stammfassung und nicht richtigerweise in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2017 angewendet habe, wird damit die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt. Unabhängig davon, in welcher der beiden genannten Fassungen § 32 VwGVG zur Anwendung gelangt, ist nämlich der Wiederaufnahmeantrag der Revisionswerberin - aus den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gründen - verspätet erhoben worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beginnt nämlich die in § 32 Abs. 2 VwGVG geregelte subjektive Frist bereits mit Kenntnis des Antragstellers von dem Sachverhalt, der den Wiederaufnahmegrund bilden soll, zu laufen; entscheidend ist die Kenntnis von einem Sachverhalt, nicht aber die rechtliche Wertung dieses Sachverhalts. Für den Fristenlauf ist daher nicht maßgebend, ob dem Antragsteller die mögliche Qualifizierung eines Sachverhalts als Wiederaufnahmegrund bewusst ist (vgl. zB. und , Ra 2019/14/0261, jeweils mwN). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - die in Rede stehenden Tatsachen der Partei noch vor Abschluss des Verfahrens bekannt geworden sind (vgl. hiezu neben dem oben zitierten Erkenntnis vom insbesondere auch schon = VwSlg. Nr. 5035/A zur vergleichbaren Norm des § 69 Abs. 2 AVG).
19 Die durch die vorzitierte Judikatur geprägte Interpretation des § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG hängt weder von der Anwendbarkeit der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Wortfolge in Abs. 1 leg.cit. noch von deren Auslegung ab. Zum Verständnis des § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG vor dem Hintergrund einer Anwendbarkeit der aufgehobenen Wortfolge in Abs. 1 leg.cit. genügt es, auf die insofern übereinstimmenden Ausführungen unter
2.1.1. des zitierten verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses, bzw. auf Rn. 32 f. des hg. Erkenntnisses vom , Ro 2016/12/0007, zu verweisen, wonach die in Rede stehende Frist ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes zu laufen beginnt. 20 Nach der bereinigten Rechtslage, deren Anwendung auch auf alle vor der Aufhebung verwirklichte Sachverhalte sich hier im Übrigen aus der diesbezüglichen ausdrücklichen Anordnung im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom (vgl. dessen auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG gestützten Spruchpunkt II.) ergibt, war die in Rede stehende Wortfolge aufgehoben und konnte folglich der oben wiedergegebenen Auslegung unter keinen Umständen entgegenstehen.
21 Auch mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte die Wiederaufnahme amtswegig verfügen müssen, wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt. Es steht nämlich niemandem ein Rechtsanspruch auf amtswegige Verfügung der Wiederaufnahme gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG zu (vgl. , oder , Ra 2015/05/0004). Der Revisionswerberin fehlt somit die Legitimation zur Geltendmachung dieses Revisionsgrundes. 22 Die vorliegende Entscheidung auf Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages betreffend das Kündigungsverfahren wurde mit der Nichteinhaltung der subjektiven Frist gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG begründet. Die Begründung, weshalb der Wiederaufnahmeantrag unzulässig ist, hat entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin auch nicht im Spruch, sondern in der Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts - wie vorliegendenfalls auch geschehen - zu erfolgen.
23 Da ein rechtzeitig erhobener Wiederaufnahmeantrag betreffend die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses nicht vorlag, war die Pflegedokumentation auch - entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen - nicht amtswegig beizuschaffen und für eine "materielle Wahrheitsfindung" zu verwenden.
24 Auch mit dem Vorbringen, die Revision sei deshalb zulässig, weil die im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht beigezogenen Laienrichter befangen gewesen seien, weil sie "gegen den eigenen Dienstgeber zu Gericht gesessen" seien, wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt. Die Zulässigkeit einer Revision bei Behauptung einer Befangenheit setzt aus dem Grunde des Art. 133 Abs. 4 B-VG voraus, dass im Zuge dieser Rüge eine grundsätzliche Rechtsfrage (des Verfahrensrechts) aufgeworfen wird. Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. , mwN). 25 Die Zulässigkeitsbegründung verweist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. E 1595/2015, mit dem ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Art. 6 EMRK) aufgehoben wurde, weil der im damals erkennenden Senat mitwirkende fachkundige Laienrichter Referatsleiter in jener Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung war, in der auch die belangte Behörde eingegliedert ist, und sich deshalb gegenüber dem Leiter dieser Abteilung - der auch die belangte Behörde leitete - in einer "unmittelbar untergeordneten Stellung" befand.
26 Einen vergleichbaren Sachverhalt hat die Zulässigkeitsbegründung vorliegendenfalls jedoch nicht aufgezeigt. Der in der Zulässigkeitsbegründung allein aufgezeigte Umstand, wonach die beigezogenen Laienrichter Bedienstete des Landes Niederösterreich waren, folgt aus der gesetzlichen Anordnung des § 98a Abs. 4 NÖ Landes-Bedienstetengesetz. Selbst mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung könnte die Zulässigkeit der Revision nicht begründet werden (vgl. ).
27 Aus den dargelegten Gründen liegen somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision war daher, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Beschlusses richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120020.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-47298