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VwGH 26.03.2019, Ra 2018/05/0220

VwGH 26.03.2019, Ra 2018/05/0220

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
VwRallg;
RS 1
Wie sich aus § 22 Abs. 6 OÖ ROG 1994 ergibt, ist eine Wohnung im Betriebsbaugebiet (zum Unterschied etwa zum Wohngebiet) nur ausnahmsweise zulässig. Ausnahmebestimmungen sind grundsätzlich restriktiv zu interpretieren (, mwN). In diesem Sinne sprechen auch die Gesetzesmaterialien zum Kriterium der Erforderlichkeit (BlgLT 659/2005, 26. GP) von der Unmöglichkeit oder zumindest unzumutbaren Erschwernis einer ordnungsgemäßen Betriebsführung. Die räumliche Nähe der in der Wohnung aufhältigen Personen muss aufgrund betrieblicher Erfordernisse unumgänglich sein.
Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
ROG OÖ 1994 §22;
RS 2
In Bezug auf raumordnungsrechtliche Bestimmungen ist an den Begriff der "Erforderlichkeit" ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. , und ). Bloße "Zweckmäßigkeit" genügt nicht (vgl. ). Des Weiteren ist bei der Beurteilung raumordnungsrechtlicher Erforderlichkeit nicht ein subjektiver, sondern ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. wiederum ; ; ferner ).
Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
ROG OÖ 1994 §22;
RS 3
Eine Rufbereitschaft ist für sich nicht geeignet, die Erforderlichkeit einer Wohnsitznahme am Betriebsstandort zu begründen. Dasselbe gilt für unregelmäßige Arbeitszeiten. Die Erforderlichkeit einer Betriebswohnung kann sich insbesondere nicht schon allein daraus ergeben, dass Fahrten zwischen dem Betriebsstandort und einem woanders gelegenen Wohnsitz vermieden werden sollen, wobei die Lage eines solchen Wohnsitzes zu den nicht maßgeblichen subjektiven Umständen zählt.
Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
ROG OÖ 1994 §22;
RS 4
Der Umstand, dass der Revisionswerber faktisch bereits längere Zeit am Betriebsstandort wohnt, besagt in keiner Weise, ob dies auch erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 6 OÖ ROG 1994 ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Ing. J R in N, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-151332/16/RK/FE, betreffend Untersagung einer Bauausführung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeinderat der Gemeinde N; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Gemeinde N Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 In seinem "Ansuchen bzgl. Genehmigung einer Betriebswohnung", bei der Gemeinde N eingelangt am , führte der Revisionswerber zu deren Erforderlichkeit im Wesentlichen aus, dass er ein Unternehmen zur Fertigung von Expeditionsfahrzeugen betreibe. Der Revisionswerber habe Kunden aus vielen verschiedenen Zeitzonen. Durch die Zeitverschiebung sei ein Bürobetrieb daher teilweise auch durchgehend nachts erforderlich. Da es sich um Spezialanfertigungen handle, sei eine ständige Interaktion mit den Kunden erforderlich, wobei diese hauptsächlich online erfolge. Kunden würden oft auch aus weit entfernten Regionen anreisen, wobei die Zeit vor Ort so effizient wie möglich genutzt werden müsse, um bei der Auftragsvergabe den Vorzug zu erhalten. Auch in diesen Fällen komme es daher zu Nachtarbeit. Der Bürobetrieb in der Nacht umfasse auch die Angebots- und Planungsphase, in der mit einem 3D-Drucker Modelle erstellt würden. Der Drucker habe eine Laufzeit von bis zu 24 Stunden, was die Anwesenheit des Revisionswerbers erfordere. Ferner müssten Programme oft bis spätestens 6 Uhr morgens bei den Werkzeugbaufirmen eingelangt sein, was ebenfalls Nachtarbeit bedinge. Der durch Schweiß- und Schleifarbeiten an Fahrzeugen entstehende Funkenflug erfordere aus Sicherheits- und Brandschutzgründen seine Anwesenheit im Betrieb weit über 22 Uhr hinaus. Die Fertigung umfasse unter anderem die Verklebung von Paneelen zu Wohnkabinen. Der Klebstoff erfordere eine genaue Einhaltung der Klebezeiten mit anschließender Bearbeitung. Diese erfolge zur Gänze händisch, falle aber auch in die Nachtstunden. Zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit des Betriebes als Kleinstunternehmen habe sich die Erforderlichkeit der intensiven individuellen Kundenbetreuung herauskristallisiert. Diese müsse auch zur Nachtzeit gewährleistet werden, was es erforderlich mache, am Standort des Betriebes wohnen zu können.

2 Mit Eingabe vom erstattete der Revisionswerber eine (nachträgliche) Bauanzeige betreffend den Ausbau des Dachgeschoßes. Das Vorhaben hat nach dem Einreichplan die Schaffung einer Wohnung im Dachgeschoß eines Betriebsgebäudes auf einer näher genannten Liegenschaft zum Gegenstand. Das Baugrundstück ist als Betriebsbaugebiet gewidmet.

3 Mit Eingabe vom ersuchte der Revisionswerber gemäß § 53 Abs. 1 Z 5 Oö. Bautechnikgesetz 2013 um Bauerleichterung, weil die Belichtungsfläche für den Bereich der Küche nicht ausreichend sei.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N vom wurde die Ausführung des geplanten Bauvorhabens gemäß § 25a Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. Bauordnung 1994 untersagt.

5 Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde N vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.

6 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ausschließlich die erforderlichen Betriebswohnungen widmungskonform seien und die (ausnahmsweise) Zulässigkeit von Wohnung im Betriebsbaugebiet voraussetze, dass sie einem Betrieb zugeordnet seien und ohne diese Wohnungen eine ordnungsgemäße Führung des Betriebes unmöglich oder unzumutbar erschwert werde. Es sei eine strenge Prüfung vorzunehmen. Unter Zugrundelegung eines Regelbetriebes seien beim Unternehmen des Revisionswerbers keine Umstände dargelegt worden, die eine Betriebswohnung rechtfertigen könnten. Auf Störfälle oder außergewöhnliche Ereignisse sei nicht abzustellen.

7 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht).

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.

9 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Kriterien für die Zulässigkeit einer Betriebswohnung einer strengen Prüfung zu unterziehen seien. Legistisches Motiv des § 22 Abs. 6 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG) sei die Vermeidung von Beschränkungen für die Entfaltung von Betrieben, für welche die Widmung Betriebsbaugebiet vorgesehen sei. Auf Störfälle oder außergewöhnliche Ereignisse sei nicht abzustellen. Die vom Revisionswerber thematisierten Klebeprozesse würden schon in Bezug auf ihre zeitliche Dimension keine Anwesenheit rund um die Uhr im betrieblichen Regelfall erfordern, weshalb keine unzumutbare Erschwerung der Betriebsführung im Falle der Nichtwohnungnahme hervorgekommen sei. Schon aufgrund faktischer Zwänge sei es nicht möglich, ein Einpersonenunternehmen rund um die Uhr zu führen. Auch habe der Revisionswerber nicht darlegen können, dass er 24 Stunden (rund um die Uhr) im Betrieb anwesend sein müsse. Somit hätten auch die speziellen Aspekte des konkreten Betriebes verbunden mit der Einmannstellung sowie Kunden aus anderen Erdteilen nicht aufgezeigt, dass das Führen des Betriebes ohne Betriebswohnung unmöglich oder unzumutbar erschwert wäre.

10 Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe ausgeführt, dass in Zeiten, in denen keine betriebliche Tätigkeit erfolge, auch kein Aufenthalt am Betriebsstandort notwendig sei. Es sei möglich, die gewerberechtlich zulässige Betriebszeit (von 6 bis 22 Uhr) einzuhalten. Dem vom Revisionswerber vorgelegten kunststofftechnischen Gutachten sei zwar entnehmbar, dass eine Weiterbearbeitung zwischen 6 bis 8 Stunden nach Auftragung des Klebers stattfinde. Damit sei es aber möglich, etwa um 22 Uhr zu kleben und etwa ab 6 Uhr nachzubearbeiten. Dem Privatgutachten ließen sich keine Aussagen zur Nachtarbeit bzw. deren Vermeidung entnehmen (wurde näher ausgeführt). Selbst bei Annahme einer zulässigen Betriebszeit von 24 Stunden pro Tag würde sich im gegenständlichen Fall nichts an der raumordnungsrechtlichen Beurteilung der Zulässigkeit einer Betriebswohnung ändern.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

12 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zuerkennung von Schriftsatzaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Revision ist in Anbetracht der Frage, welche Kriterien für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Betriebswohnung im Sinne des § 22 Abs. 6 ROG heranzuziehen sind, zulässig.

14 In der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Revisionswerber aus gewerberechtlicher Sicht berechtigt sei, seine Werkstätte rund um die Uhr zu betreiben (wurde näher ausgeführt). Der Revisionswerber halte den Regelbetrieb - mit unregelmäßigen Ruhepausen, den betrieblichen Erfordernissen entsprechend - auch rund um die Uhr aufrecht, womit die Erforderlichkeit einer Betriebswohnung evident sei. Für die Erforderlichkeit einer Betriebswohnung nach dem ROG seien auch wirtschaftliche Umstände zu berücksichtigen.

15 Eine derart strenge Prüfung, wie sie vom Verwaltungsgericht vorgenommen worden sei, werde dem Gesetz nicht gerecht. Es bestünde ja theoretisch immer die Möglichkeit, den dauernden Aufenthalt von Mitarbeitern in einem Betrieb zu ermöglichen, etwa im Rahmen eines Dreischichtbetriebes. Es müsse daher individuell konkret geprüft werden, ob für den Betrieb eine Betriebswohnung erforderlich sei oder der Betrieb durch das Fehlen einer Wohnmöglichkeit unzumutbar erschwert werde.

16 Es gehöre zum Regelbetrieb des Unternehmens des Revisionswerbers, praktisch rund um die Uhr am Betriebsstandort erreichbar zu sein und sich mit den entsprechenden Unterlagen und Materialien mit den in allen Zeitzonen dieser Welt lebenden Kunden zu besprechen. Es sei unzumutbar, sich im Falle eines Anrufes in der Nacht vom Wohnort zum Betriebsstandort begeben zu müssen. Das Verwaltungsgericht könne auch nicht als gegeben annehmen, dass der Revisionswerber eine Wohnmöglichkeit in unmittelbarer Nähe des Betriebes habe, zumal nicht einmal geprüft worden sei, ob er in seinem Elternhaus wohnen dürfe.

17 Ferner sei eine Betriebswohnung aus Gründen der weitestgehenden Ausschöpfung der Zeitressourcen erforderlich, insbesondere für die praktisch täglich vorzunehmenden Klebevorgänge auch zur Nachtzeit. Der Revisionswerber arbeite alleine und habe dennoch möglichst kurze Fertigstellungszeiten einzuhalten. Es gehe daher nicht um das Sparen von Wohnkosten, sondern darum, den Betrieb wirtschaftlich führen zu können. Der Revisionswerber wolle nur selbst, allenfalls auch noch mit einer Familie, am Betriebsstandort wohnen.

18 Des Weiteren würden Feststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen vermengt (wurde näher ausgeführt). Ferner seien keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob die Betriebswohnung für das wirtschaftliche Führen des Betriebes erforderlich sei. Die Feststellungen seien lediglich auf Grund der Ausführungen des gewerbetechnischen Sachverständigen getroffen worden, der sich nicht mit dem konkreten Betrieb und dessen Erfordernissen auseinandergesetzt und keine Angaben dazu gemacht habe, ob der Revisionswerber wirtschaftlich und betriebstechnisch begründet Mitarbeiter einsetzen könnte. Dies sei nicht der Fall, weil er qualifizierte Mitarbeiter brauchte, die nicht finanzierbar wären.

19 Der gewerbetechnische Sachverständige habe selbst zugestanden, keine Angaben zur Wirtschaftlichkeit des Betriebes des Revisionswerbers machen zu können. Warum daher diesbezüglich mangels gegenteiliger Beweisergebnisse nicht der Argumentation des Revisionswerbers gefolgt worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Die Übergehung der Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens führe dazu, dass keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung erfolgt sei.

20 Das angefochtene Erkenntnis gehe auch nicht auf die den sonstigen Beweisergebnissen widersprechenden Ausführungen ein. Mit dem Ansuchen um Ausweitung der Betriebszeiten für die Werkstätte von 0 bis 24 Uhr und dem darauf befindlichen Aktenvermerk, wonach es im Ermittlungsverfahren vorgelegen und im Sinne des Bescheides vom zur Kenntnis genommen worden sei, habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt. Demnach habe für den Werkstättenbetrieb zur Erbringung der in diesem Ansuchen genannten Arbeitsvorgänge von 22 bis 6 Uhr keine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht bestanden. Die Annahme, der Revisionswerber dürfe die Tätigkeiten von 22 bis 6 Uhr nicht ausüben, sei nicht nachvollziehbar.

21 Aus dem kunststofftechnischen Gutachten ergebe sich, dass der Revisionswerber das Werkstück zwingend ca. 8 Stunden, nachdem er eine Verklebung durchgeführt habe, nachbearbeiten müsse. Der gewerbetechnische Sachverständige habe sich nicht damit auseinandergesetzt, wie der Revisionswerber dies an einem Tag mit 24 Stunden bewältigen könne. Es seien pro Tag im Durchschnitt fünf Verklebungen möglich. Ohne Betriebswohnung müsse der Revisionswerber bei Einhaltung üblicher Ruhezeiten mehrfach am Tag zwischen Wohn- und Arbeitsort pendeln, und zwar auch nachts. Es sei evident, dass diese Art der Betriebsführung unzumutbar sei. Darauf sei der gewerbetechnische Sachverständige nicht eingegangen. Er habe sich auch nicht damit beschäftigt, ob ein Arbeitnehmer alleine beschäftigt werden dürfe (wurde näher ausgeführt).

22 Unterlassen worden sei auch eine Beweisaufnahme dazu, ob der Revisionswerber schon seit 2002 am Betriebsstandort wohne. Dies sei relevant, da es bescheinige, dass der Betrieb nur mit einer Betriebswohnung geführt werden könne. Auch auf den Antrag auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens sei nicht eingegangen worden. Daraus hätte sich ergeben, dass die Beschäftigung von Mitarbeitern wirtschaftlich nicht zielführend sei. Die Aufrechterhaltung des Betriebes sei dem Revisionswerber aber nur dann zumutbar bzw. nicht unzumutbar erschwert, wenn er seine Zeitressourcen durch ständige Präsenz vor Ort, auch zum Wohnen, optimieren könne.

23 § 22 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015, lautet auszugsweise:

"§ 22

Widmungen im Bauland

...

(6) Als Betriebsbaugebiete sind solche Flächen vorzusehen, die dazu bestimmt sind,

1.

Betriebe aufzunehmen, ...,

2.

Lagerplätze aufzunehmen, ..., sowie

3.

Büro- und Verwaltungsgebäude aufzunehmen, die solchen Betrieben oder Lagerplätzen zugeordnet sind; Büro- und Verwaltungsgebäude, die nicht solchen Betrieben oder Lagerplätzen zugeordnet sind, dürfen errichtet werden, wenn diese in der Widmung ausdrücklich für zulässig erklärt werden.

Sofern nicht ausdrücklich in der Widmung ausgeschlossen, dürfen in Betriebsbaugebieten auch die erforderlichen Betriebswohnungen errichtet werden. Andere Bauwerke und Anlagen dürfen nicht errichtet werden.

...."

24 Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 6 ROG dürfen im Betriebsbaugebiet die "erforderlichen" Betriebswohnungen errichtet werden. Die Gesetzesmaterialien zum Kriterium der Erforderlichkeit (BlgLT 659/2005, 26. GP) lauten wie folgt:

"... Mit der durchgehenden Verwendung des Terminus ‚erforderlich' im Zusammenhang mit Betriebswohnungen soll zum Ausdruck gebracht werden, dass diese in Betriebsbaugebieten und Industriegebieten nur insoweit errichtet werden dürfen, als ohne sie eine ordnungsgemäße Führung des zugehörigen Betriebs unmöglich oder unzumutbar erschwert wäre. So darf der Betriebsinhaber im Betriebsbaugebiet oder Industriegebiet etwa nicht nach eigenem Belieben Wohnungen für alle seine Bediensteten errichten, sondern nur für den Aufenthalt jener Personen vorsorgen, deren räumliche Nähe zum Betrieb auf Grund betrieblicher Erfordernisse unumgänglich scheint. Für Verwaltungsgebäude reicht dagegen nunmehr einheitlich die (bloße) Zuordnung zu einem bestehenden Betrieb."

25 Wie sich aus § 22 Abs. 6 ROG ergibt, ist eine Wohnung im Betriebsbaugebiet (zum Unterschied etwa zum Wohngebiet) nur ausnahmsweise zulässig. Ausnahmebestimmungen sind grundsätzlich restriktiv zu interpretieren (, mwN).

26 In diesem Sinne sprechen auch die zitierten Gesetzesmaterialien von der Unmöglichkeit oder zumindest unzumutbaren Erschwernis einer ordnungsgemäßen Betriebsführung. Die räumliche Nähe der in der Wohnung aufhältigen Personen muss aufgrund betrieblicher Erfordernisse unumgänglich sein.

27 Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf raumordnungsrechtliche Bestimmungen ausgeführt, dass an den Begriff der "Erforderlichkeit" ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. , und ). Bloße "Zweckmäßigkeit" genügt nicht (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren ausgesprochen, dass bei der Beurteilung raumordnungsrechtlicher Erforderlichkeit nicht ein subjektiver, sondern ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. wiederum ; ; ferner ).

28 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht also davon ausgegangen, dass an die Erforderlichkeit einer Betriebswohnung im Sinne des § 22 Abs. 6 ROG ein strenger Maßstab anzulegen ist. Zwar mag die Betriebswohnung aus den vom Revisionswerber vorgebrachten Gründen zweckmäßig sein; die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass im konkreten Fall keine Erforderlichkeit einer Betriebswohnung gegeben ist, kann jedoch nicht als rechtswidrig erkannt werden:

29 Insbesondere hat der gewerbetechnische Sachverständige dargelegt, dass eine Anwesenheit am Betriebsstandort außerhalb der Produktions- und Arbeitsprozesse, welche in der Werkstätte und im Bürobereich erfolgten, nicht notwendig sei. Dem ist der Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

30 Die vom Revisionswerber thematisierte Rufbereitschaft ist für sich nicht geeignet, die Erforderlichkeit einer Wohnsitznahme am Betriebsstandort zu begründen. Dasselbe gilt für die vom Revisionswerber vorgebrachten unregelmäßigen Arbeitszeiten. Der Revisionswerber hat nicht dargelegt, dass es die "betrieblichen" Erfordernisse "unumgänglich" machten, dass er am Betriebsstandort auch wohnt. Die Erforderlichkeit einer Betriebswohnung kann sich nämlich insbesondere nicht schon allein daraus ergeben, dass Fahrten zwischen dem Betriebsstandort und einem woanders gelegenen Wohnsitz vermieden werden sollen, wobei die Lage eines solchen Wohnsitzes zu den oben angesprochenen, nicht maßgeblichen subjektiven Umständen zählt.

31 Auch aus dem Umstand, dass Klebestellen spätestens acht Stunden nach der Verklebung nachbearbeitet werden müssten, ergibt sich nicht, dass sich der Revisionswerber dauerhaft am Betriebsstandort aufhalten muss. Wie das Verwaltungsgericht - in der Revision unbestritten - ausgeführt hat, kann dem vom Revisionswerber vorgelegten klebetechnischen Gutachten insofern nichts Gegenteiliges entnommen werden, treffe es doch keine Aussagen zur erforderlichen Anwesenheit insbesondere in den Trocknungszeiten des Klebers.

32 Soweit der Revisionswerber schließlich diverse Verfahrensfehler behauptet, zeigt er deren Relevanz nicht auf:

33 Das Unternehmen wird unbestritten in der Form eines Ein-Mann-Betriebes geführt. Ein Unternehmen mit einer anderen Mitarbeiterzahl ist nicht Gegenstand des Verfahrens, sodass es nicht darauf ankommt, ob der Revisionswerber aus betriebswirtschaftlichen (oder auch anderen) Gründen nicht in der Lage ist, Mitarbeiter einzustellen. Aufgrund der Irrelevanz subjektiver Umstände war vom Verwaltungsgericht auch nicht zu erörtern, ob der Revisionswerber an seinem vorherigen Wohnsitz weiterhin wohnen kann. Der Umstand, dass der Revisionswerber faktisch bereits längere Zeit am Betriebsstandort wohnt, besagt in keiner Weise, ob dies auch erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 6 ROG ist. Schließlich hat sich das Verwaltungsgericht auch auf eine allfällige zeitlich unbeschränkte Betriebsgenehmigung bezogen, sodass deren genauer zeitlicher Umfang dahingestellt bleiben kann.

34 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

35 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
ROG OÖ 1994 §22;
VwRallg;
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der
wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung
Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050220.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-47196