VwGH 04.02.2019, Ra 2018/04/0179
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Genehmigung nach § 17 UVG-G2000 - Auch bei Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entwickelten Grundsätze für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht nur zu prüfen, ob die Notwendigkeit einstweiliger Maßnahmen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht wird, sondern auch, ob die beantragten Maßnahmen in dem Sinn dringlich sind, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkung entfalten müssen. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, nicht aber, dass einem Rechtsbehelf automatisch (unabhängig von sonstigen Gegebenheiten) aufschiebende Wirkung zukommt oder dass ihm jedenfalls - ohne Durchführung der in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Abwägung - aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wäre (vgl. , mwN). |
Normen | UVPG 2000 §19 Abs1 Z7; UVPG 2000 §19 Abs10; UVPG 2000 §19 Abs4; VwGG §30 Abs2; |
RS 2 | Nichtstattgebung - Genehmigung nach dem UVP-G 2000 - Unter den für die antragstellenden Parteien im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG "unverhältnismäßigen Nachteil" ist im Fall der antragstellenden Bürgerinitiative bzw. der gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 anerkannten Umweltorganisation ein Eingriff in die von den in § 19 Abs. 4 bzw. Abs. 10 UVP-G 2000 genannten Umweltschutzvorschriften geschützten Interessen zu verstehen (vgl. ; ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/03/0066 B RS 2
(hier: ohne antragstellende Bürgerinitiative) |
Normen | |
RS 1 | Ist eine Partei durch Vorlage eines Privatgutachtens dem gerichtlich bestellten Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten und liegen demzufolge einander in ihren Schlussfolgerungen widersprechende Gutachten vor, so kann das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf eines der beiden Gutachten stützen. Es hat in diesem Fall im Rahmen seiner Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen es einem der beiden - formal gleichwertigen - Beweismitteln den höheren Beweiswert zubilligt als dem anderen (vgl. , mit Verweis auf ). Allenfalls ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den in der Sache gerichtlich bestellten Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen auseinander zu setzen und gegebenenfalls darzulegen, warum die Annahme des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht zutreffen (vgl. ; , Ra 2017/11/0227; , Ra 2018/03/0130, jeweils mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/04/0189 E RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Im Fall des Vorliegens mehrerer Gutachten, die voneinander abweichende Schlussfolgerungen enthalten, ist das Verwaltungsgericht gehalten, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten unter Prüfung der Schlüssigkeit beweiswürdigend auseinanderzusetzen (vgl. , Rn. 26, mwN). |
Norm | AVG §45 Abs2 |
RS 3 | Der bloße Hinweis auf die mangelnde Schlüssigkeit der Argumentation der Projektgegner zum Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes erfüllt nicht das Erfordernis einer nachvollziehbaren Würdigung der Beweismittel (vgl. , Rn. 38). |
Normen | 32009L0147 Vogelschutz-RL Art4 32009L0147 Vogelschutz-RL Art4 Abs4 |
RS 4 | Die in einem Genehmigungsverfahren zuständige Verwaltungsbehörde (bzw. das Verwaltungsgericht) hat gemäß Art. 4 Vogelschutz-RL die Pflicht, bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte zu ermitteln, ob ein von einem Vorhaben betroffenes Gebiet, das nicht als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen ist, die Merkmale eines (sogenannten) faktischen Vogelschutzgebietes aufweist, und gegebenenfalls auch ohne formelle Ausweisung eines besonderen Schutzgebietes die auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen abzielenden Regelungen des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL anzuwenden (, u.a., Rn. 578, 579, mwN). Die Verwaltungsbehörde (bzw. das Verwaltungsgericht) hat jedoch weder das Recht, noch die Pflicht ein solches besonderes Schutzgebiet bei Annahme der Voraussetzungen auszuweisen. |
Norm | UVPG 2000 §6 Abs1 Z3 |
RS 5 | Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich entnehmen, dass in einem Verfahren nach dem UVP-G 2000 (ua.) die voraussichtlich beeinträchtigte Umwelt durch eine Erhebung und Darstellung der derzeitigen Umweltsituation jeweils im Untersuchungsraum geordnet nach Schutzgütern darzustellen ist (siehe , Rn. 37, mwN). Es ist somit - als Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen eines Vorhabens - der Ist-Zustand darzustellen. Aus dem UVP-G 2000 bzw. der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich keine konkreten Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der in räumlicher Hinsicht durchzuführenden Erhebungen - etwa dahingehend, dass eine Darstellung des Ist-Zustandes bzw. eine dafür erstellte Kartierung eine vollständige Erhebung in allen betroffenen Teilgebieten voraussetzt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/04/0021 E RS 41 (hier nur die ersten beiden Sätze) |
Norm | UVPG 2000 §6 Abs1 Z3 |
RS 6 | Sofern dies erforderlich ist, ist es zulässig, die Angaben in der UVE während des UVP-Verfahrens zu ergänzen (vgl. , u.a., Rn. 388, mwN). |
Norm | UVPG 2000 §6 Abs1 Z3 |
RS 7 | Die in der UVE enthaltenen Daten, allenfalls ergänzt durch erforderliche zusätzliche Erhebungen während des UVP-Verfahrens, sind grundsätzlich dann ausreichend, wenn eine Beurteilung des Projekts auf seine Umweltverträglichkeit möglich ist (vgl. , Rn. 389). |
Normen | UVPG 2000 §17 Abs2 Z2 litb VwGG §42 Abs2 Z1 VwRallg |
RS 8 | Vorliegend handelt es sich um die inhaltliche Gestaltung eines entscheidungswesentlichen Teils eines Bewilligungsbescheides, wobei in einem abgesonderten behördlichen Verfahren ohne erkennbare Mitwirkung von Verfahrensparteien artenschutzrechtliche Maßnahmen konkretisiert und letztlich verbindlich vorgeschrieben werden sollen. Solche maßgeblichen Festlegungen eines Konsenses haben aber nicht in einem nur zwischen dem Konsenswerber und der Behörde zu führenden, dem UVP-Verfahren nachgelagerten Verfahren, sondern im UVP-Verfahren selbst durch Aufnahme konkreter, artenschutzrechtlich erforderlicher, zusätzlicher Maßnahmen nach ausreichender Erhebung des Ist-Zustandes im Bewilligungsbescheid zu erfolgen; nur so steht den anderen Verfahrensparteien auch die Möglichkeit zur Mitsprache und allenfalls zur Erhebung von Rechtsmitteln einerseits sowie zur Überprüfung der Einhaltung des Konsenses andererseits offen (vgl. bis 0036, Rn. 171 - Rn 173, mwN, betreffend eine Auflage, vor Beginn von Bauarbeiten für ein Speicherkraftwerk der UVP-Behörde für den Verlust von Feuchtlebensräumen ein inhaltlich näher definiertes Maßnahmenkonzept für Ersatzmaßnahmen zwecks behördlicher Freigabe des Konzepts vorzulegen). Mit der Auflage zur Vornahme ergänzender Untersuchungen und Vorlage eines Berichts darüber an die Behörde wird dieser Teil des Ermittlungsverfahrens, dessen positives Ergebnis erst Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung selbst ist, unzulässiger Weise in ein gesondertes Verfahren verlagert. |
Normen | EURallg NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3 31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3 |
RS 9 | § 10 Abs 3 NÖ NatSchG 2000 beruht auf Art 6 Abs 3 der FFH-RL, weshalb diese Bestimmung im Sinn des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf seine unionsrechtliche Grundlage auszulegen ist (vgl zur richtlinienkonformen bzw unionsrechtskonformen Auslegung etwa ; ; ; ua). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/03/0058 E VwSlg 19248 A/2015 RS 28 |
Normen | EURallg NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3 31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3 62002CJ0127 Waddenvereniging and Vogelsbeschermingvereniging VORAB |
RS 10 | Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bringt bereits der Wortlaut des Art 6 Abs 3 der FFH-RL zum Ausdruck, dass eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne oder Projekte für ein besonderes Schutzgebiet deren Genehmigung vorauszugehen hat, und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen oder Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen sind. Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten (EuGH (Große Kammer) vom , C-127/02, Landelijke Vereniging tot Behoud van de Waddenzee und Nederlandse Vereniging tot Bescherming van Vogels gg Staatssecretaris van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij, Rz 53 f; vgl idZ (VwSlg 16.618 A/2005)). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/03/0016 B RS 12 |
Normen | EURallg NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3 31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3 62009CJ0404 Kommission / Spanien |
RS 11 | Der EuGH hat eine Prüfung als nicht den Vorgaben des Art 6 Abs 3 der FFH-RL angemessen qualifiziert, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der kumulativen Auswirkungen von Plänen oder Projekten auszuräumen (, Kommission gg Spanien, Rz 100 ff; vgl idZ ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/03/0016 B RS 14 |
Normen | AVG §52 NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3 |
RS 12 | Bei der Untersuchung kumulativer Auswirkungen im Rahmen der nach § 10 Abs. 3 NÖ NSchG durchzuführenden Naturverträglichkeitsprüfung ist die Entstehung von Kumulationseffekten des gegenständlichen Projekts stets im Zusammenwirken mit der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden anderen Pläne oder Projekte zu erforschen (vgl. zu alldem , 0036, Rn. 25 und 29, unter Bezugnahme auf näher dargelegte Rechtsprechung des EuGH). Wesentlich ist dabei letztlich das Gutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der P Umweltorganisation, vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilferstraße 124/15, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W102 2146440-1/123E, betreffend Genehmigung nach § 17 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH, vertreten durch Onz, Onz, Kraemer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, 2. Güterwegegemeinschaft U; vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Niederösterreichische Landesregierung) erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Die revisionswerbende Partei wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 unter anderem im Bundesland Niederösterreich anerkannt.
2 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Genehmigungsbescheid der belangten Behörde über die von den mitbeteiligten Parteien beantragte Genehmigung der Errichtung und des Betriebs eines näher bezeichneten Windparks mit letztlich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingeschränkt um die Windkraftanlagen 1 - 3 zehn Windkraftanlagen mit der Maßgabe der Abänderung bestimmter Auflagen sowie der Erteilung weiterer Auflagen und wies unter anderem die von der revisionswerbenden Partei gegen den Genehmigungsbescheid erhobene Beschwerde ab. Im Übrigen sprach es aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, verbunden mit dem Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4 Begründend brachte die revisionswerbende Partei zu diesem Antrag vor, dass keine zwingenden öffentlichen Interessen erkennbar seien, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall entgegenstünden. Vielmehr sei mit der Ausübung der eingeräumten Berechtigung durch die mitbeteiligten Parteien für die Öffentlichkeit ein unverhältnismäßiger Nachteil iSd § 30 Abs. 2 VwGG verbunden. So erfordere das sich aus Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) und Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2010/75/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (IE-RL) ergebende Recht der "betroffenen Öffentlichkeit" auf Überprüfung der Entscheidung durch ein Gericht die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in jenen Verfahren, in denen sie beizuziehen sei. Dabei sei Art. 9 Abs. 4 der Aarhus-Konvention (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten), wonach ein angemessener und effektiver Rechtsschutz sicherzustellen sei, zu beachten. Effektiv könne der Rechtschutz jedoch nur dann sein, wenn durch ihn gewährleistet sei, dass keine irreversiblen Eingriffe in Naturschutzgüter erfolgen. Die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde im konkreten Fall gerade diesem Rechtschutzinteresse zuwider laufen.
Wie in der Revision vorgebracht, hätten Vögel, die unter Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG des Rates (Vogelschutzrichtlinie) fallen und hochgradig durch Windkraftanlagen gefährdet werden, ihr Brutgebiet im Projektgebiet. Ebenso sei belegt, dass hochgradig kollisionsgefährdete, unter Anhang IV der FFH-Richtlinie fallende Fledermausarten durch das konkrete Projekt gefährdet seien. Ein Bau von Windkraftanlagen greife in die durch die Vogelschutzrichtlinie und die in der FFH-Richtlinie geschützten Güter ein. Angesichts der in der Revision auf Grund des Baus aufgezeigten erheblichen und irreversiblen Eingriffe in Naturschutzgüter sei dem Antrag auf aufschiebende Wirkung stattzugeben.
5 Nach § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Revision eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Soweit die revisionswerbende Partei ihren Aufschiebungsantrag unter Hinweis auf Art. 11 Abs. 1 UVP-RL, Art. 25 Abs. 1 IE-RL sowie Art. 9 Abs. 4 der Aarhus-Konvention mit dem daraus sich ergebenden Gebot des effektiven Rechtsschutzes begründet, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom , AW 2010/06/0001, zu dem mit Art. 11 UVP-RL gleichlautenden Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG, mit der die Aarhus-Konvention umgesetzt wurde, dargelegt, dass Art. 9 Abs. 4 erster Satz der Aarhus-Konvention nicht dahin gedeutet werden kann, dass im Anwendungsbereich der Konvention der vom Verwaltungsgerichtshof gewährte Rechtsschutz nur dann angemessen und effektiv ist, wenn einer Beschwerde jedenfalls aufschiebende Wirkung zuerkennt werde. Wenn die innerstaatliche Regelung betreffend die Gewährung einer aufschiebenden Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auf das Nichtvorliegen zwingender öffentlicher Interessen, die der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, bzw. auf die Vornahme einer Interessenabwägung zwischen den infrage kommenden öffentlichen Interessen und der auf Seiten der Beschwerdeführer und Mitbeteiligter gegebenen Interessenlage abstellt, steht dies mit Art. 9 Abs. 4 Aarhus-Konvention nicht im Widerspruch (vgl. ).
7 Auch bei Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entwickelten Grundsätze für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht nur zu prüfen, ob die Notwendigkeit einstweiliger Maßnahmen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht wird, sondern auch, ob die beantragten Maßnahmen in dem Sinn dringlich sind, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkung entfalten müssen. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, nicht aber, dass einem Rechtsbehelf automatisch (unabhängig von sonstigen Gegebenheiten) aufschiebende Wirkung zukommt oder dass ihm jedenfalls - ohne Durchführung der in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Abwägung - aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wäre (vgl. , mwN).
8 Auch wenn man mit der revisionswerbenden Partei davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses kein zwingendes öffentliches Interesse, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen (vgl. etwa , u.a. unter Hinweis auf den gegenläufigen Standpunkt, wie ihn die antragstellenden Parteien einnehmen). Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den "Annahmen des Verwaltungsgerichts" sind hierbei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa , , , und ).
10 Diesfalls ist auf Basis der dargestellten Rechtslage in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. etwa ; , Ra 2015/03/0058, mwN insbesondere auf VwGH (verstärkter Senat) , 2680/80, VwSlg. 10.381/A). Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng (vgl. etwa ; , Ra 2016/08/0031; , Ra 2014/04/0035). Unter den für die antragstellenden Parteien im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG "unverhältnismäßigen Nachteil" ist im Fall der gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 anerkannten Umweltorganisation ein Eingriff in die von den in § 19 Abs. 4 bzw. Abs. 10 UVP-G 2000 genannten Umweltschutzvorschriften geschützten Interessen zu verstehen (vgl. ; , Ra 2015/03/0058).
11 Die revisionswerbende Partei stützt das Bestehen eines unverhältnismäßigen Nachteils im Falle der Verwirklichung des genehmigten Projekts pauschal auf die Gefährdung von unter Anhang I der Vogelschutzrichtlinie fallende Vögel, die ihr Brutgebiet im Projektgebiet hätten, bzw. auf die Gefährdung von hochgradig kollisionsgefährdete unter Anhang IV der FFH-Richtlinie fallende Fledermausarten, ohne auf die dem entgegenstehenden Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen, näher einzugehen. Ausgehend von den von vornherein nicht bedenklich erscheinenden Feststellungen des BVwG, wonach zusammengefasst im Hinblick auf die Vorschreibung weiterer Auflagen durch das Vorhaben insgesamt keine erheblichen Auswirkungen auf die Vogelwelt, insbesondere nicht auf die Wiesenweihe und den Sakerfalken, sowie auf Fledermäuse zu erwarten seien, hat die revisionswerbende Partei nicht konkret aufgezeigt, dass - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - den geschützten Gütern für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof aus der Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohten, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG überstiegen. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die im angefochtenen Erkenntnis im Bereich Naturschutz/Ornithologie zusätzlich vorgeschriebenen Auflagen. Demnach muss vor dem Beginn von Rodungsarbeiten bzw. der Errichtung der Windkraftanlagen zu geeigneten Zeitpunkten untersucht werden, ob sich auf den Rodungsflächen oder im Nahbereich von Kranstellflächen Fledermausquartiere befinden bzw. befinden können und darüber der Behörde ein Bericht vorgelegt werden. Erforderlichenfalls sind der Behörde in diesem Bericht Maßnahmen vorzuschlagen, durch die eine Beschädigung oder Vernichtung nachgewiesener Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen oder eine Störung im Nahbereich solcher Quartiere vermieden werden können. Rodungs- und Baumaßnahmen dürfen erst gesetzt werden, wenn die Behörde den Maßnahmen zugestimmt hat. Im Rahmen von Rodungen soll durch die begleitende ökologische Bauaufsicht sichergestellt werden, dass es zu keiner Tötung von Individuen kommt.
12 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher schon deshalb nichtstattzugeben, weil die revisionswerbende Partei den ihr entstehenden unverhältnismäßigen Nachteil nicht ausreichend konkretisiert dargelegt hat.
13 Angesichts dessen erübrigt sich die Beurteilung, ob dem Aufschiebungsantrag zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/04/0111
Ra 2019/04/0112
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revisionen 1. der P Umweltorganisation in K, vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/15, (protokolliert zu Ra 2018/04/0179), 2. des Dr. G A, (protokolliert zu Ra 2019/04/0111), und 3. der U A, (protokolliert zu Ra 2019/04/0112), beide in W, beide vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W102 2146440-1/123E, betreffend Genehmigungsverfahren gemäß § 17 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH in W, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, 2. Güterwegegemeinschaft U in U),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird auf Grund der Revision der erstrevisionswerbenden Partei (zur Zl. Ra 2018/04/0179) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der erstrevisionswerbenden Partei (zur Zl. Ra 2018/04/0179) Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Revision des Zweitrevisionswerbers (zur Zl. Ra 2019/04/0111) und der Drittrevisionswerberin (zur Zl. Ra 2019/04/0112) wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Das Land Niederösterreich hat dem Zweitrevisionswerber (zur Zl. Ra 2019/04/0111) und der Drittrevisionswerberin (zur Zl. Ra 2019/04/0112) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Ausgangsverfahren
1 Die erstrevisionswerbende Partei ist eine gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation. Der Zweitrevisionswerber und die Drittrevisionswerberin sind Nachbarn iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000.
2 Die erstmitbeteiligte Partei beantragte mit Eingabe vom gemäß § 5 UVP-G 2000 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines näher bezeichneten Windparks mit dreizehn Windkraftanlagen. Diesem Antrag trat die zweitmitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom betreffend den Vorhabensbestandteil der Ertüchtigung einer näher bezeichneten Bringungsanlage bei.
3 Mit Bescheid vom erteilte die Niederösterreichische Landesregierung (belangte Behörde) den mitbeteiligten Parteien für dieses Vorhaben (insbesondere) gemäß § 17 UVP-G 2000 unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen die beantragte Genehmigung. Gegen diesen Bescheid erhoben unter anderem die revisionswerbenden Parteien Beschwerde.
4 Im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) schränkte die erstmitbeteiligte Partei mit Schreiben vom den Genehmigungsantrag um die Windkraftanlagen WKA 1 - 3 ein.
Angefochtenes Erkenntnis
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bewilligte das Verwaltungsgericht mit Spruchteil A) den Genehmigungsantrag im Umfang des um die WKA 1 - 3 eingeschränkten, aus insgesamt 10 verbleibenden Windkraftanlagen mit einer Gesamtnennleistung von 32 MW bestehenden Vorhabens entsprechend den näher genannten Projektunterlagen unter Änderung näher genannter Auflagen im Bereich Lärmschutz und Vorschreibung zusätzlicher, näher beschriebener Auflagen im Bereich Naturschutz und Ornithologie.
6 Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden ab und sprach mit Spruchteil B) aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
7 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, durch die Einschränkung des Genehmigungsantrags gemäß § 13 Abs. 8 AVG werde die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt. Da der Windpark nunmehr über eine Kapazität von 32 MW verfüge und damit nach wie vor über dem UVP-Schwellenwert der Z 6 lit. a des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 liege, ändere sich die Zuständigkeit der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes nicht. Aus der Einschränkung resultierten keine zusätzlichen oder neuen Gefährdungen. Die Prozesserklärung der Projektwerberin sei unbedingt. Die Einschränkung sei weder „vorläufig“ noch ein „aliud“.
8 Das aus insgesamt 10 Windkraftanlagen (WKA) bestehende Vorhaben befinde sich zur Gänze auf niederösterreichischem Landesgebiet in einer für Windkraftanlagen vorgesehenen Zone nach dem gemäß § 20 NÖ Raumordnungsgesetz erlassenen sektoralen Raumordnungsprogramm über die Windkraftnutzung in Niederösterreich.
Relevante Auswirkungen auf windkraftsensible Vogelarten könnten ausgeschlossen werden. Nach derzeitigem Wissensstand sei auszuschließen, dass sich durch die Errichtung des Windparks E das Mortalitätsrisiko der Wiesenweihe im Wiener Becken insgesamt bzw. des Brutbestandes im Europaschutzgebiet S in signifikanter Weise erhöhen würde. Ebenso könne eine Beeinträchtigung des Brutbestandes im Europaschutzgebiet St ausgeschlossen werden. Nur die WKA 13 liege innerhalb einer Ausschlusszone der Windkraft-Zonierung von BirdLife Österreich. Jedoch sei auch bei dieser Anlage das Überschreiten der Zonengrenze um 12 m oder 1,6% der Pufferbreite fachlich unerheblich.
Ein gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko erhöhtes Kollisionsrisiko des Sakerfalken durch den Windpark E könne mit für die Beurteilung ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision im Windpark E sei bezogen auf den Kaiseradler sehr gering. Für 20 Betriebsjahre eines 10 WKA umfassenden Windparks resultierten 0,035 kollidierte Kaiseradler, wenn man sämtliche in Österreich zeitweilig anwesende Kaiseradler berücksichtigte. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Brutbestandes des Mäusebussards im Europaschutzgebiet „F E - L“ durch den geplanten Windpark, insbesondere durch die WKA 11 bis 13 sei auszuschließen. Allerdings sei beim Mäusebussard von einer sehr hohen Gewissheit auszugehen, dass alljährlich (im Durchschnitt) eine bestimmte Anzahl von Individuen (konkret 6 Mäusebussarde bei nunmehr 10 WKA pro Jahr) durch Kollisionen verunglücken würde.
Konkret sei die Naturverträglichkeitsprüfung nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000) im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Dabei sei für das eingeschränkte Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung des Natura 2000-Gebietes auszuschließen, wodurch den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie und § 10 Abs. 3 und 4 NÖ NSchG 2000 entsprochen worden sei. Insgesamt bestünden keine relevanten Kumulationen zwischen den Vorhaben Windpark E und weiteren Plänen und Projekten.
Die Auflagen im bekämpften Bescheid seien grundsätzlich hinreichend bestimmt. Lediglich im Bereich Lärmtechnik seien die Auflagen 5 (Punkt I.4.8.5) und 6 (Punkt I.4.8.6) wegen der Änderung der Gesamtzahl der WKA von 13 auf 10 abzuändern gewesen. Ebenso reiche im Bereich Naturschutz/Ornithologie die im bekämpften Bescheid vorgeschlagene Abschaltregelung nicht aus, um die Bestimmungen des Art. 12 der FFH-RL im Hinblick auf die Fledermäuse einzuhalten, weshalb weitere Auflagen vorzuschreiben seien.
Entgegen der behaupteten Rechtswidrigkeit der 50. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms „ÖROP“ in der Gemeinde E sei diese Verordnung rechtsgültig zustande gekommen. Im Übrigen könnten konkret nur anerkannte Umweltorganisationen den Einwand der Rechtswidrigkeit dieser Verordnung geltend machen. Nachbarn hingegen komme kein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung des Flächenwidmungsplanes zu.
Überdies entsprächen die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen Anlagen auf Basis der Sachverständigengutachten entgegen dem Beschwerdevorbringen den technischen Standards und seien negative Auswirkungen auf die maßgebenden Schutzinteressen nicht zu erwarten, wenn projektgemäß vorgegangen werde und die angeführten Auflagen eingehalten würden. Das nunmehr eingeschränkte Vorhaben sei als umweltverträglich zu qualifizieren. Es seien auch keine erheblich beeinträchtigenden Auswirkungen durch das Vorhaben in Verbindung mit den vorgeschriebenen Auflagen auf das Orts- und Landschaftsbild zu erwarten. Im Bereich Lärmschutz und Infraschall ergebe sich keine Änderung der bisher positiven Beurteilung des behördlichen Verfahrens. Aus umwelthygienischer Sicht seien keine Auflagen abzuändern oder zusätzlich vorzuschreiben. Das Vorhaben bewirke insgesamt keine Gefahr für Leib und Leben und keine unzumutbare Belastung durch Lärm und Infraschall.
Im naturschutzfachlichen Bereich seien die ursprünglich vorhandenen Mängel in der Erfassung der Vogelfauna hinsichtlich des Standard-Untersuchungsprogramms zur Gänze und jene in der Erfassung der Fledermausfauna teilweise behoben worden. Die vorhandenen Daten ermöglichten nun eine Beurteilung des Vorhabens. Durch den Wegfall der WKA 1 bis 3 resultiere ein positives naturschutzfachliches Gutachten. In Bezug auf die unzureichende Abschaltregelung im bekämpften Bescheid seien im Hinblick auf die Fledermäuse weitere Auflagen vorgeschrieben worden. Insgesamt seien keine erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Vogelwelt, insbesondere auf die Wiesenweihe und den Sakerfalken, sowie auf Fledermäuse zu erwarten.
Gegen das Tötungsverbot werde nur dann verstoßen, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sich das Risiko der Tötung einzelner Exemplare durch das Vorhaben deutlich und signifikant erhöhe. Im letzten Bericht gemäß Art. 12 der Vogelschutzrichtlinie werde der österreichische Brutbestand des Mäusebussards mit 12.000 bis 19.000 Brutpaaren und der Bestandstrend als stabil angegeben. Die geringe Anzahl an Mäusebussarden als Kollisionsopfer durch das Vorhaben pro Jahr falle insgesamt nicht unter den Tatbestand des absichtlichen Tötens im Sinne der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-RL. Im Sinne der Definition der „Absichtlichkeit“ der Europäischen Kommission im Leitfaden zur Interpretation des Art. 12 FFH-RL sei daher nicht von einem „absichtlichen Töten“ auszugehen.
Zum von den Beschwerdeführern bestrittenen öffentlichen Interesse am gegenständlichen eingeschränkten Projekt hielt das Verwaltungsgericht fest, dass vorliegend der Bedarf an Windkraftanlagen keine Genehmigungsvoraussetzung sei. Da mit dem Vorhaben keine schwerwiegenden Umweltbelastungen zu erwarten seien, gelange § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 nicht zur Anwendung. Es sei daher auch nicht zu prüfen gewesen, inwieweit die im von der NÖ Landesregierung beschlossenen „Energiefahrplan 2030“ angestrebten Ziele tatsächlich schon erreicht seien. Das Vorhaben leiste auch nach der Einschränkung des Genehmigungsantrages einen Beitrag zur Zielerreichung. Die Genehmigungskriterien in § 11 Abs. 1 Z 2 NÖ ElWG 2005 orientierten sich an den vergleichbaren Bestimmungen der GewO 1994. Fragen der Wirtschaftlichkeit oder der Energieeffizienz seien nicht Bestandteil der Zumutbarkeitsprüfung. Überdies hätten die Beschwerdeführer die Behauptungen der Unwirtschaftlichkeit, der fehlenden Energieeffizienz und Standorttauglichkeit nicht näher begründet und gingen diese fehl.
9 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht mit dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
10 Gegen dieses Erkenntnis erhoben der Zweitrevisionswerber und die Drittrevisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 4297/2018-21, ablehnte und die Beschwerde - über nachträglichen Antrag der beiden Revisionswerber - mit Beschluss vom , E 4297/2018-24, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
11 In der Folge erhoben der Zweitrevisionswerber und die Drittrevisionswerberin wie bereits zuvor die erstrevisionswerbende Partei die jeweils vorliegenden außerordentlichen Revisionen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Durchführung des Vorverfahrens betreffend der Revision der erstrevisionswerbenden Partei, in dem die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei jeweils eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Aufwandersatz erstatteten - erwogen:
Revision der erstrevisionswerbenden Partei - Ra 2018/04/0179
12 Vorweg ist festzuhalten, dass Verweise der erstrevisionswerbenden Partei in ihren Revisionsausführungen auf weiterführende Stellungnahmen, Expertisen und Darlegungen in Beilagen weder die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeit der Revision iSd § 28 Abs. 3 VwGG noch die erforderliche Dartuung der Revisionsgründe im Revisionsschriftsatz iSd § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG zu ersetzen vermögen (vgl. etwa , Rn. 20, mwN).
Zulässigkeit
13 Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei ist in Bezug auf die geltend gemachte unzureichende Erhebung der Raumnutzung der Fledermäuse im Vorhabensgebiet durch das Verwaltungsgericht als Grundlage für die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des Art. 12 FFH-RL und somit für eine Projektbewilligung zulässig; sie ist auch berechtigt.
Rechtslage
14 Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom , S. 7, (im Folgenden: FFH-RL) lauten auszugsweise:
„Artikel 2
(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.
(2) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.
(3) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen tragen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.
[...]
Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten
[...]
Artikel 6
(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, daß die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.
Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.
[...]
Artenschutz
Artikel 12
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:
a) alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;
b) jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;
c) jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;
d) jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.
(2) Für diese Arten verbieten die Mitgliedstaaten Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren; vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen.
(3) Die Verbote nach Absatz 1 Buchstaben a) und b) sowie nach Absatz 2 gelten für alle Lebensstadien der Tiere im Sinne dieses Artikels.
(4) Die Mitgliedstaaten führen ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten ein. Anhand der gesammelten Informationen leiten die Mitgliedstaaten diejenigen weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um sicherzustellen, daß der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten haben.
[...]“
15 Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. L 20 vom , S. 7, (im Folgenden: Vogelschutz-RL) lauten auszugsweise:
„Artikel 1
(1) Diese Richtlinie betrifft die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten.
(2) Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume.
Artikel 2
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird.
[...]
Artikel 4
(1) Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.
In diesem Zusammenhang sind zu berücksichtigen:
a) vom Aussterben bedrohte Arten;
b) gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten;
c) Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten;
d) andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.
Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.
Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.
[...]
(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle sachdienlichen Informationen, so dass diese geeignete Initiativen im Hinblick auf die erforderliche Koordinierung ergreifen kann, damit die in Absatz 1 und die in Absatz 2 genannten Gebiete ein zusammenhängendes Netz darstellen, das den Erfordernissen des Schutzes der Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, Rechnung trägt.
(4) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.
Artikel 5
Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot
a) des absichtlichen Tötens oder Fangens, ungeachtet der angewandten Methode;
b) der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern;
c) des Sammelns der Eier in der Natur und des Besitzes dieser Eier, auch in leerem Zustand;
d) ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt;
e) des Haltens von Vögeln der Arten, die nicht bejagt oder gefangen werden dürfen.
[...]
Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:
a) - im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,
- im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,
- zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen,Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,
- zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;
b) zu Forschungs- und Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur Wiederansiedlung und zur Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen;
c) um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.
[...]“
16 § 12 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2016, sowie § 17 UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017, lauten auszugsweise:
„Umweltverträglichkeitsgutachten
§ 12. (1) Für Vorhaben der Spalte 1 des Anhanges 1 hat die Behörde Sachverständige der betroffenen Fachgebiete mit der Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens zu beauftragen. Im Umweltverträglichkeitsgutachten sind auch abweichende Auffassungen von mitwirkenden Sachverständigen festzuhalten.
(2) Die vom Projektwerber/der Projektwerberin im Rahmen der Umweltverträglichkeitserklärung oder im Verfahren vorgelegten oder sonstige der Behörde zum selben Vorhaben oder zum Standort vorliegende Gutachten und Unterlagen sind bei der Erstellung des Umweltverträglichkeitsgutachtens mit zu berücksichtigen.
(3) Das Umweltverträglichkeitsgutachten hat
1. die zur Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens vorgelegte Umweltverträglichkeitserklärung und andere relevante vom Projektwerber/von der Projektwerberin vorgelegte Unterlagen gemäß § 1 nach dem Stand der Technik und dem Stand der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften in einer umfassenden und zusammenfassenden Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Genehmigungskriterien des § 17 aus fachlicher Sicht zu bewerten und allenfalls zu ergänzen,
2. sich mit den gemäß § 5 Abs. 3 und 4, § 9 Abs. 5 und § 10 vorgelegten Stellungnahmen fachlich auseinander zu setzen, wobei gleichgerichtete oder zum gleichen Themenbereich eingelangte Stellungnahmen zusammen behandelt werden können,
3. Vorschläge für Maßnahmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 auch unter Berücksichtigung des Arbeitnehmer/innen/schutzes zu machen,
4. Darlegungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 und 4 zu enthalten und
5. fachliche Aussagen zu den zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die Entwicklung des Raumes unter Berücksichtigung öffentlicher Konzepte und Pläne und im Hinblick auf eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen zu enthalten.
(4) Weiters sind Vorschläge zur Beweissicherung, zur begleitenden und zur nachsorgenden Kontrolle nach Stilllegung zu machen.
(5) Das Umweltverträglichkeitsgutachten hat eine allgemein verständliche Zusammenfassung zu enthalten.
(6) Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde und den Sachverständigen alle für die Erstellung der Gutachten erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
[...]
Entscheidung
§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. [...]
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
[...]
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
[...]“
17 § 9 NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000), LGBl. 5500-11, in der Fassung LGBl. Nr. 111/2015, sowie die §§ 10 und 18 NÖ NSchG 2000, LGBl. 5500-11, lauten auszugsweise:
„§ 9
Europaschutzgebiet
(1) Die folgenden Bestimmungen (§§ 9 und 10) dienen dem Aufbau und dem Schutz des europäischen ökologischen Netzes ‚Natura 2000‘, insbesondere dem Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete. Die getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Pflanzen- und Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.
(2) Im Sinne der §§ 9 und 10 bedeuten:
1. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie: Richtlinie 92/43/ EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl.Nr. L 206 vom , S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 97/62/EG des Rates vom (ABl.Nr. L 305 S. 42) geändert worden ist.
2. Vogelschutz-Richtlinie: Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl.Nr. L 20 vom , S. 7.
3. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung: die in die Liste nach Artikel 4 Abs. 2 Satz 3 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie eingetragenen Gebiete.
4. Europäische Vogelschutzgebiete: Gebiete zur Erhaltung wildlebender Vogelarten im Sinne des Artikel 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutz-Richtlinie.
5. Prioritäre natürliche Lebensraumtypen: vom Verschwinden bedrohte Lebensraumtypen, für deren Erhaltung der Gemeinschaft besondere Verantwortung zukommt und die in Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind.
6. Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums: die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten auswirken können.
7. Prioritäre Arten: wildlebende Tiere und Pflanzen für deren Erhaltung der Gemeinschaft besondere Verantwortung zukommt und die in Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind.
8. Erhaltungszustand einer Art: die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten auswirken können.
9. Erhaltungsziele: Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufgeführten natürlichen Lebensräume und der in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tier- und Pflanzenarten, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorkommen sowie der in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten und der in Artikel 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet vorkommen.
(3) Gebiete gemäß Abs. 1 sind durch Verordnung der Landesregierung zu besonderen Schutzgebieten mit der Bezeichnung ‚Europaschutzgebiete‘ zu erklären. Zu Europaschutzgebieten können insbesondere auch bereits bestehende Natur- und Landschaftsschutzgebiete erklärt werden.
(4) Die Verordnung nach Abs. 3 hat die flächenmäßige Begrenzung des Schutzgebietes, den jeweiligen Schutzgegenstand, insbesondere prioritäre natürliche Lebensraumtypen und prioritäre Arten, die Erhaltungsziele sowie erforderlichenfalls zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes notwendige Gebote und Verbote festzulegen. Zu verbieten sind insbesondere Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzgebietes oder seiner Bestandteile führen können. Weitergehende Schutzvorschriften nach diesem Gesetz bleiben unberührt.
(5) Für die Europaschutzgebiete sind die nötigen Pflege-, Entwicklungs- und Erhaltungsmaßnahmen hoheitlicher oder vertraglicher Art zu treffen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der Vogelarten des Anhanges I der Vogelschutzrichtlinie, die in diesen Gebieten vorkommen, entsprechen (Managementplan). Diese Maßnahmen sind soweit sie Auswirkungen auf die Raumordnung haben dem Raumordnungsbeirat vorzulegen. Ausgenommen sind Förderungen von Maßnahmen zur Verwaltung von Europaschutzgebieten.
(6) Die Landesregierung hat den Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen zu überwachen und zu dokumentieren. Die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten sind hiebei besonders zu berücksichtigen.
§ 10
Verträglichkeitsprüfung
(1) Projekte,
- die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und
- die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten,
bedürfen einer Bewilligung der Behörde.
(2) Die Behörde hat auf Antrag eines Projektwerbers oder der NÖ Umweltanwaltschaft mit Bescheid festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen.
(3) Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens hat die Behörde eine Prüfung des Projektes auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen (Naturverträglichkeitsprüfung).
(4) Hat die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Naturverträglichkeitsprüfung festgestellt, dass das Gebiet als solches nicht erheblich beeinträchtigt wird, ist die Bewilligung zu erteilen.
[...]
§ 18
Artenschutz
(1) Die Vorschriften zum Artenschutz dienen dem Schutz und der Pflege der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt. Der Artenschutz umfasst
1. den Schutz der Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensgemeinschaften vor Beeinträchtigungen durch den Menschen, insbesondere durch den menschlichen Zugriff,
2. den Schutz, die Pflege, die Entwicklung und die Wiederherstellung der Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten sowie die Gewährleistung ihrer sonstigen Lebensbedingungen und
3. die Ansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wildlebender Arten in geeigneten Biotopen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes.
(2) Wildwachsende Pflanzen oder freilebende Tiere, die nicht Wild im Sinne des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500, sind, deren Bestandsschutz oder Bestandspflege
1. wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes,
2. aus wissenschaftlichen oder landeskundlichen Gründen,
3. wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt oder
4. zur Erhaltung von Vielfalt oder Eigenart von Natur und Landschaft
erforderlich ist, sind durch Verordnung der Landesregierung gänzlich oder, wenn es für die Erhaltung der Art ausreicht, teil- oder zeitweise unter Schutz zu stellen. In der Verordnung können die Tier- und Pflanzenarten, deren Vorkommen im Landesgebiet vom Aussterben bedroht ist, bestimmt werden.
(3) Durch Verordnung können nichtheimische Arten besonders geschützten heimischen Arten gleichgestellt werden, wenn deren Bestandsschutz erforderlich ist, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes Ursachen ihres bestandsgefährdenden Rückgangs zu beschränken oder auszuschließen, und die
1. in einem anderen Bundesland oder in ihrem Herkunftsland einen besonderen Schutz genießen,
2. in internationalen Übereinkommen, denen Österreich beigetreten ist, mit einer entsprechenden Kennzeichnung aufgeführt sind oder
3. nach gesicherten Erkenntnissen vom Aussterben bedroht sind, ohne in ihrem Herkunftsland geschützt zu sein.
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(4) Es ist für die nach den Abs. 2 und 3 besonders geschützten Arten verboten:
[...]
2. Tiere zu verfolgen, absichtlich zu beunruhigen, zu fangen, zu halten, zu verletzen oder zu töten, im lebenden oder toten Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten;
[...]
(7) Das Entfernen, Beschädigen oder Zerstören der Brutstätten oder Nester besonders geschützter Tiere ist, wenn sie keine Jungtiere enthalten und sich in Baulichkeiten befinden, von Oktober bis Ende Februar gestattet, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.“
Begründungsmängel
18 Die erstrevisionswerbende Partei moniert, sie habe sowohl im verwaltungsbehördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mehrfach umfangreiche naturschutzfachliche Stellungnahmen von Sachverständigen vorgelegt. Diese Stellungnahmen hätten sich mit den Gutachten der von der belangten Behörde und dem Verwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene auseinandergesetzt, deren Mangelhaftigkeit und Unvollständigkeit aufgezeigt und diese widerlegt. Nach ständiger Rechtsprechung habe ein Privatgutachten ein Amtsgutachten nicht zu widerlegen, sondern seien diese als Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu behandeln. Bei einander widersprechenden Gutachten habe das Verwaltungsgericht darzulegen, weshalb es dem einen Beweismittel einen höheren Beweiswert zubillige als dem anderen. Solche Überlegungen seien dem angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht zu entnehmen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht dem „Amtsgutachten“ einen höheren Beweiswert beimesse. Hätte sich das Verwaltungsgericht mit den von der erstrevisionswerbenden Partei vorgelegten Privatgutachten und deren Stellungnahmen inhaltlich auseinandergesetzt, wäre es zu dem Ergebnis gelangt, dass mit erheblichen negativen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt und die Schutzgüter von gemeinschaftlichem Interesse zu rechnen sei und daher das Vorhaben nicht zu bewilligen sei.
19 Mit diesem Vorbringen richtet sich die erstrevisionswerbende Partei gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa , Rn. 24, und , Ra 2020/04/0099, Rn. 15, beide mwN).
21 Ist eine Partei durch Vorlage eines Privatgutachtens dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und liegen demzufolge einander in ihren Schlussfolgerungen widersprechende Gutachten vor, kann das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf eines der beiden Gutachten stützen. Es hat in diesem Fall im Rahmen der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen es einem der beiden - formal gleichwertigen - Beweismitteln den höheren Beweiswert zubilligt als dem anderen (vgl. zuletzt , Rn. 36, mwN). Im Fall des Vorliegens mehrerer Gutachten, die voneinander abweichende Schlussfolgerungen enthalten, ist das Verwaltungsgericht somit gehalten, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten unter Prüfung der Schlüssigkeit beweiswürdigend auseinanderzusetzen (vgl. , Rn. 26, mwN). Allenfalls ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den in der Sache gerichtlich bestellten Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen auseinander zu setzen und gegebenenfalls darzulegen, warum die Annahmen des Privatgutachtens seiner Ansicht nach nicht zutreffen (vgl. wiederum , Rn. 36, mwN).
22 Das Verwaltungsgericht stützte seine Feststellung zu Naturschutz und Ornithologie (S 13 - 15 des angefochtenen Erkenntnisses) erkennbar auf das Gutachten des im Beschwerdeverfahren vom Verwaltungsgericht beigezogenen naturschutzfachlichen nichtamtlichen Sachverständigen. Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht dazu lediglich aus, „anhand der konkreten Beispiele Sakerfalke und Wiesenweihe waren ... die Aussagen des bestellten Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung und in den fachlichen Stellungnahmen trotz der besonders kontroversiellen Sichtweisen z.B. von Mag. N der Beschwerdeführerseite schlüssig und nachvollziehbar. Die Beschwerdeführer konnten ... nicht schlüssig argumentieren, warum gerade das konkrete Projektgebiet ein für die Erhaltung der Wiesenweihe und des Sakerfalken zahlen- und flächenmäßig geeignetstes Gebiet sein soll.“
23 Mit dieser Begründung im angefochtenen Erkenntnis wird das Verwaltungsgericht den dargelegten Grundsätzen einer nachvollziehbaren beweiswürdigenden Beurteilung einander widersprechender Gutachten bereits deshalb nicht gerecht, weil es sich im Rahmen der Beweiswürdigung in keiner Weise mit den von der erstrevisionswerbenden Partei insbesondere im Beschwerdeverfahren vorgelegten naturschutzfachlichen Stellungnahmen der von ihr beigezogenen Privatsachverständigen inhaltlich auseinandergesetzt und keinen konkreten Bezug zu den Argumenten der vorgelegten naturschutzfachlichen Stellungnahmen hergestellt hat. Der bloße Hinweis auf die mangelnde Schlüssigkeit der Argumentation der Beschwerdeführer zum Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes erfüllt nicht das Erfordernis einer nachvollziehbaren Würdigung der Beweismittel (vgl. , Rn. 38). Selbst die Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit dem Gutachten des im Beschwerdeverfahren beigezogenen naturschutzfachlichen Sachverständigen zur Kumulationsprüfung beschränkt sich auf die Wiedergabe von aus Sicht des Verwaltungsgerichts wesentlicher Argumente des Sachverständigen, ohne jedoch auf dem entgegen stehende Argumente der von den Beschwerdeführern vorgelegten naturschutzfachlichen Stellungnahmen einzugehen.
24 Das Verwaltungsgericht belastete aus diesem Grund das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
25 Im Übrigen kommt dem Einwand der Mangelhaftigkeit des im verwaltungsbehördlichen Verfahren erstatteten naturschutzfachlichen Gutachtens bereits deshalb keine Bedeutung zu, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf die gutachterlichen Ausführungen des von ihm im Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen stützte.
26 Mit den Ausführungen zur Mangelhaftigkeit von dessen Gutachten richtet sich die erstrevisionswerbende Partei letztlich ebenfalls gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein näheres Eingehen erübrigt sich jedoch im Hinblick auf den oben dargelegten, sich aus der fehlenden inhaltlichen Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit den naturschutzfachlichen Stellungnahmen der Privatsachverständigen (unter anderem zu den darin monierten unzureichenden Erhebungen) ergebenden Begründungsmangel.
Naturschutz - Gebietsschutz
27 Die erstrevisionswerbende Partei bringt diesbezüglich zusammengefasst vor, auch das um die WKA 1 bis 3 eingeschränkte Vorhabensgebiet gehöre zu einem der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete Österreichs für den Schutz des Sakerfalken und der Wiesenweihe, zwei in Anhang I der Vogelschutz-RL angeführte Arten. Es hätte daher ein Vogelschutzgebiet iSd Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL ausgewiesen werden müssen, das unter anderem das gesamte Vorhabensgebiet umfasse. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht dem naturschutzfachlichen Sachverständigen die Arbeitshypothese vorgegeben, dass beide Vogelarten Schutzgegenstand (lediglich) des Europaschutzgebietes St seien. Der Sachverständige habe diese Arbeitshypothese seinem Gutachten zugrunde gelegt, obwohl dies keine fachlich begründete Gebietsabgrenzung darstelle. Das konkrete Vorhaben bewirke daher sowohl im Hinblick auf den Sakerfalken, als auch auf die Wiesenweihe eine gemäß Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL unzulässige Beeinträchtigung eines faktischen Vogelschutzgebietes.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zuletzt in seinem Erkenntnis zu Ro 2019/04/0021, u.a., vom , Rn. 575 - 581, mit der Berücksichtigung bzw. dem Schutz (sogenannter) faktischer Vogelschutzgebiete befasst. Demnach trifft die in einem Genehmigungsverfahren zuständige Verwaltungsbehörde (bzw. das Verwaltungsgericht) gemäß Art. 4 Vogelschutz-RL die Pflicht, bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte zu ermitteln, ob ein von einem Vorhaben betroffenes Gebiet, das nicht als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen ist, die Merkmale eines (sogenannten) faktischen Vogelschutzgebietes aufweist, und gegebenenfalls auch ohne formelle Ausweisung eines besonderen Schutzgebietes die auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen abzielenden Regelungen des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL anzuwenden (, u.a., Rn. 578, 579, mwN). Die Verwaltungsbehörde (bzw. das Verwaltungsgericht) hat jedoch entgegen der in der Revision dargelegten Rechtsansicht der erstrevisionswerbenden Partei weder das Recht noch die Pflicht ein solches besonderes Schutzgebiet bei Annahme der Voraussetzungen auszuweisen.
29 Zu den Grundsätzen für das Vorliegen eines (sogenannten) faktischen Vogelschutzgebietes führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Ro 2019/04/0021, u.a., wie folgt aus:
„575 Nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, diejenigen Gebiete zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die für die Erhaltung der in Anhang I genannten Arten zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten sind. Dies entspricht der verstärkten Schutzregelung, die Art. 4 Vogelschutz-RL insbesondere für die in Anhang I aufgezählten (besonders geschützten) Arten vorsieht. Die in Art. 2 Vogelschutz-RL genannten wirtschaftlichen Erfordernisse dürfen bei der Auswahl und Abgrenzung eines Schutzgebietes nicht berücksichtigt werden. Die Ausweisung hat bestimmten, in der Richtlinie festgelegten ornithologischen Kriterien zu folgen (vgl. zu allem etwa , Kommission/Niederlande, Rn. 55 ff, mwN). Die Ausweisung eines besonderen Schutzgebietes kann nicht das Ergebnis einer isolierten Prüfung des ornithologischen Wertes jeder einzelnen in Rede stehenden Fläche sein, sondern muss unter Berücksichtigung der natürlichen Grenzen des betroffenen Ökosystems erfolgen; die ornithologischen Kriterien, auf denen die Ausweisung ausschließlich zu beruhen hat, müssen wissenschaftlich begründet sein (vgl. , Kommission/Bulgarien, Rn. 30).
576 Der den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der Gebiete zustehende Ermessensspielraum bezieht sich nicht darauf, diejenigen Gebiete zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die nach ornithologischen Kriterien am geeignetsten sind, sondern nur auf die Anwendung dieser Kriterien für die Bestimmung der geeignetsten Gebiete (siehe , Kommission/Österreich, Rn. 33, mwN; weiters , C-97/17, Kommission/Bulgarien, Rn. 65).
577 Weiters hat der EuGH die ornithologische Studie ‚Inventory of Important Bird Areas - IBA‘ (dort konkret das IBA 89) als wissenschaftliches Beweismittel für die Frage anerkannt, ob ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL (zur Ausweisung der geeignetsten Gebiete als Schutzgebiete) nachgekommen ist. Das genannte Verzeichnis ist zwar rechtlich nicht verbindlich, kann aber auf Grund des anerkannten wissenschaftlichen Wertes als Bezugsgrundlage verwendet werden (vgl. zu allem EuGH C-3/96, Rn. 68 ff). Für die Ermittlung der Lage der geschützten Arten sind die aktuellsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten heranzuziehen (so der EuGH im Zusammenhang mit dem Verzeichnis IBA 2000 im Urteil vom , C-334/04, Kommission/Griechenland, Rn. 25 ff). Auch das IBA 2000 stellt eine Bezugsgröße dar, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob der Mitgliedstaat zahlen- und flächenmäßig genügend Gebiete als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat (EuGH C-334/04, Rn. 28; weiters , Kommission/Irland, Rn. 54 ff). Der EuGH hat diesbezüglich auf die von BirdLife International verwendeten Kriterien als objektiv nachprüfbare ornithologische Kriterien Bezug genommen (vgl. , Kommission/Bulgarien, Rn. 78; weiters C-418/04, Rn. 56).
...
580 Im Zusammenhang mit der Qualifikation eines Gebietes als ‚faktisches‘ Vogelschutzgebiet bzw. mit den Anforderungen an die Begründung der Annahme einer solchen Gebietsqualität hat der Verwaltungsgerichtshof
‚Feststellungen betreffend das Vorkommen natürlicher Lebensraumtypen im Sinne des Anhanges I der [Vogelschutz-RL], der einheimischen Arten des Anhanges II der Richtlinie, des Repräsentativitätsgrades des in dem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtyps, der vom natürlichen Lebensraumtyp eingenommenen Fläche sowie seines Erhaltungsgrades, der Größe und Dichte der Populationen der betreffenden Art in diesem Gebiet, ihres Isolierungsgrades, des Erhaltungsgrades ihrer Habitate und schließlich des relativen Wertes der Gebiete‘
als erforderlich erachtet (, Pkt. 15.4.2., unter Verweis auf VwGH 99/10/0159; vgl. weiters ).“
30 Überdies verwies der Verwaltungsgerichtshof (Rn. 581) auf im Erkenntnis VwGH 2001/10/0156 näher zitierte und auszugsweise wiedergegebene Rechtsprechung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 4 Vogelschutz-RL.
31 Ob das Verwaltungsgericht nach diesen Grundsätzen zu Recht annahm, das vom Vorhaben betroffene Gebiet weise nicht die Merkmale eines (sogenannten) faktischen Vogelschutzgebietes auf, kann nicht beurteilt werden, weil die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zu den für das Vorliegen eines (sogenannten) faktischen Vogelschutzgebietes wesentlichen Feststellungen - wie oben aufgezeigt - unter einem wesentlichen Begründungsmangel leidet.
Naturschutz - Verbot der absichtlichen Tötung
32 Die erstrevisionswerbende Partei wirft dem Verwaltungsgericht überdies eine Missachtung des Verbots der absichtlichen Tötung gemäß Art. 5 Vogelschutz-RL vor, in dem es grundsätzlich die Tötung von Vögeln durch Windkraftanlagen in Kauf nehme und die „populationsgefährdend hohe, vorhersehbare quantifizierbare Tötung von Mäusebussarden“ durch das konkrete Vorhaben insbesondere in Bezug auf die WKA 11 - 13 als „nicht absichtliche weil projektimmanente Tötung“ sehe. Dies betreffe „in besonderem Maße auch den Vogelzug“. Der Bau und der Betrieb von Windparks gehöre nicht zu den in Art. 9 Vogelschutz-RL erschöpfend aufgeführten Ausnahmen vom eng auszulegenden Tötungsverbot.
33 In dem bereits erwähnten Erkenntnis Ro 2019/04/0021, u.a., hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch mit dem Verbot der absichtlichen Tötung nach Art. 12 Abs. 1 FFH-RL bzw. Art. 5 Vogelschutz-RL und insbesondere mit der Beachtlichkeit des in diesem Zusammenhang vom deutschen Bundesverwaltungsgericht entwickelten Kriteriums der signifikanten Erhöhung des Risikos der Tötung eingehend auseinander gesetzt (Rn. 499 - 505).
34 Auf Grund des wesentlichen Begründungsmangels der Beweiswürdigung unter anderem in Bezug auf die Feststellungen über die Auswirkungen des gegenständlichen Windparkprojekts auf das Tötungsrisiko bestimmter Vogelarten und Fledermäusen ist auch eine Beurteilung des von der erstrevisionswerbenden Partei eingewendeten Verstoßes gegen das Verbot der absichtlichen Tötung nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze nicht möglich.
Naturschutz - Auflagen
Auflage 1 im Bereich Naturschutz/Ornithologie
35 Hinsichtlich im Rodungsgebiet selbst vom naturschutzfachlichen Sachverständigen als wahrscheinlich erachteter Fledermauspopulationen richtet sich die erstrevisionswerbende Partei gegen die vom Verwaltungsgericht im Bereich Naturschutz/Ornithologie zusätzlich erlassene Auflage 1. Die erstrevisionswerbende Partei moniert in diesem Zusammenhang die fehlende Vollständigkeit der Daten der Umweltverträglichkeitserklärung zu dortigen Fledermausbeständen. Erst durch eine Begehung durch den im Beschwerdeverfahren beigezogenen naturschutzfachlichen Sachverständigen sei hervorgekommen, dass in den Rodungsgebieten Fledermausquartiere wahrscheinlich seien, ohne dass jedoch darüber Klarheit geschaffen worden sei. Die Erhebungen seien insofern unzureichend. Die Beschädigung oder Zerstörung solcher Quartiere in alten Baumbeständen sei unwiederbringlich.
36 Die vom Verwaltungsgericht im Bereich Naturschutz/Ornithologie bezüglich der Rodungsarbeiten zusätzlich vorgeschriebene Auflage lautet:
„1. Rechtzeitig vor dem Beginn von Rodungsarbeiten bzw. der Errichtung der WKA muss zu geeigneten Zeitpunkten untersucht werden, ob sich auf den Rodungsflächen oder im Nahbereich von Kranstellflächen Fledermausquartiere befinden bzw. befinden können. Der Behörde ist darüber ein Bericht vorzulegen. Erforderlichenfalls sind der Behörde in diesem Bericht auch Maßnahmen vorzuschlagen, durch die eine Beschädigung oder Vernichtung nachgewiesener Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen oder eine Störung im Nahbereich solcher Quartiere vermieden werden können. Solche Maßnahmen können zum Beispiel die Anpassung von Bauzeitpunkten umfassen, aber auch CEF-Maßnahmen, um die Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu gewährleisten. Im Rahmen von Rodungen wird durch die begleitende ökologische Bauaufsicht sichergestellt, dass es nicht zur Tötung von Individuen kommt. Rodungs- oder Baumaßnahmen dürfen erst gesetzt werden, wenn die Behörde den Maßnahmen zugestimmt hat. Die Einhaltung der Maßnahmen ist durch die ökologische Bauaufsicht zu kontrollieren und zu dokumentieren.“
37 Das Verwaltungsgericht führte auf Basis des naturschutzfachlichen Sachverständigen aus, dass „die ursprünglich vorhandenen Mängel in der Erfassung der Vogelfauna hinsichtlich des Standard-Untersuchungsprogramms ganz ..., jene in der Erfassung der Fledermausfauna teilweise“ behoben worden seien und „die vorhandenen Daten ... nun eine Beurteilung des Vorhabens“ ermöglichen würden. Die im bekämpften Bescheid vorgeschlagene Abschaltregelung reiche alleine nicht aus, um die Bestimmungen des Art. 12 FFH-RL im Hinblick auf die Fledermäuse einzuhalten. Zu diesem Zweck seien „im Fachbereich Naturschutz weitere Auflagen“ vorzuschreiben gewesen. Das Vorhaben lasse „insgesamt keine erheblichen Auswirkungen auf die Vogelwelt ... sowie auf die Fledermäuse mehr erwarten“. Die ergänzend erlassene Auflage 1. im Bereich Naturschutz/Ornithologie bezüglich der Rodungsarbeiten begründete das Verwaltungsgericht nicht näher.
38 Die Auflage 1 sieht vor dem Beginn der Rodungsarbeiten bzw. der Errichtung der WKA Erhebungen zum Bestand von Fledermausquartieren auf den Rodungsflächen oder im Nahbereich von Kranstellflächen und die Vorlage eines Berichtes darüber einschließlich allenfalls erforderlicher Schutzmaßnahmen für nachgewiesene Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen, die vor Beginn der Rodungs- und Baumaßnahmen der Zustimmung der Behörde bedürfen, vor.
39 Bei dieser Auflage handelt es sich somit nicht um die Vorschreibung einer konkreten Maßnahme, sondern um den Auftrag ergänzender Erhebungen des Ist-Zustandes der Rodungsflächen sowie des Nahbereichs der Kranstellflächen in Bezug auf Fledermausquartiere und erforderlichenfalls zur Vorlage von entsprechend der Erhebungsergebnisse noch festzulegenden Maßnahmen zwecks Verhinderung der Vernichtung bzw. Störung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten.
40 Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 UVP-G 2000 zählen zu den Angaben, die eine von einem Projektwerber vorzulegende UVE zu enthalten hat, eine Beschreibung der voraussichtlich vom Vorhaben erheblich beeinträchtigten Umwelt, wozu - neben anderen Schutzgütern - auch die biologische Vielfalt einschließlich der Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume gehören. In einem Verfahren nach dem UVP-G 2000 ist die voraussichtlich beeinträchtigte Umwelt durch eine Erhebung und Darstellung der derzeitigen Umweltsituation jeweils im Untersuchungsraum geordnet nach Schutzgütern, also der Ist-Zustand - als Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen eines Vorhabens - darzustellen (vgl. wiederum , u.a., Rn. 386, mwN). Sofern dies erforderlich ist, ist es zulässig, die Angaben in der UVE während des UVP-Verfahrens zu ergänzen (vgl. wiederum VwGH Ro 2019/04/0021, u.a., Rn. 388, mwN). Die in der UVE enthaltenen Daten, allenfalls ergänzt durch erforderliche zusätzliche Erhebungen während des UVP-Verfahrens, sind grundsätzlich dann ausreichend, wenn eine Beurteilung des Projekts auf seine Umweltverträglichkeit möglich ist (vgl. wiederum VwGH Ro 2019/04/0021, Rn. 389).
41 Vorliegend hat der naturschutzfachliche Sachverständige in seinem Gutachten Teil 2 vom betreffend die Rodungsflächen ausgeführt, in der UVE sowie vom Sachverständigen im verwaltungsbehördlichen Verfahren sei nur ein Bruchteil der Rodungsflächen berücksichtigt worden und eigene Erhebungen hätten ergäben, dass für einen Teil der Rodungsfläche nicht ausgeschlossen werden könne, dass darauf Quartierbäume von Fledermäusen stünden und die Eignung für Quartiere in diesen Bereichen nicht wesentlich geringer scheine als in den Bereichen des Untersuchungsgebiets mit den höchsten festgestellten Fledermausaktivitäten. Daher seien entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um eine Vernichtung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten somit relevante Störungen im Zuge von Rodungsarbeiten oder während der Errichtung der WKA zu vermeiden. Ohne den tatsächlichen Ist-Zustand in den Rodungsgebieten und im Nahbereich von Kranstellflächen zu erheben, schlug der naturschutzfachliche Sachverständige die vom Verwaltungsgericht ergänzend vorgeschriebene Auflage 1 vor. Auf dieser Grundlage erachtete der Sachverständige die nur teilweise behobenen Mängel in der Erfassung der Fledermausfauna als für die Beurteilung des Vorhabens ausreichend.
42 Nach dem Wortlaut der Auflage 1 hängt von den Ergebnissen der noch vor Beginn der Rodungsarbeiten bzw. der Errichtung der WKA vorzunehmenden Untersuchungen letztlich die Notwendigkeit ab, seitens der erstmitbeteiligten Partei im Bericht über die Untersuchungsergebnisse „Maßnahmen vorzuschlagen, durch die eine Beschädigung oder Vernichtung nachgewiesener Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen oder eine Störung im Nahbereich solcher Quartiere vermieden werden können“.
43 Im Zusammenhalt mit dem naturschutzfachlichen Gutachten ergibt sich daraus, dass die der Genehmigung zugrunde liegenden Erhebungen nicht ausreichen, um die Voraussetzungen für die Verhinderung einer projektbedingten absichtlichen Tötung oder absichtlichen Störung von Fledermausquartieren iSd Art. 12 Abs. 1 lit. a und b FFH-RL iVm § 18 Abs. 4 Z 2 NÖ NSchG 2000 abschließend zu beurteilen.
44 Erst nach ergänzender Erhebung des Ist-Zustandes von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen in den Rodungsgebieten und dem Nahbereich der Kranstellflächen ergibt sich die allfällige Notwendigkeit weiterer noch von der erstmitbeteiligten Partei festzulegender und von der Behörde zu bewilligender Maßnahmen zwecks Vermeidung deren Vernichtung oder Störung. Indem nach dem Wortlaut der Auflage der Behörde der Bericht über die ergänzend vorzunehmenden Untersuchungen vorzulegen ist und die Behörde den ihr darin allenfalls vorzuschlagenden Maßnahmen zuzustimmen hat, hat die Behörde den Bericht samt darin enthaltene Maßnahmen in irgendeiner Form zu prüfen, zu beurteilen und zu bewilligen und gleichzeitig die erstmitbeteiligte Partei zur Umsetzung allfällig erforderlicher Maßnahmen zu verpflichten. Dies beinhaltet die Möglichkeit einer für die Genehmigungsfähigkeit des gesamten Projektes relevanten Verpflichtung der erstmitbeteiligten Partei zur Durchführung von Maßnahmen, die letztlich den Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen in den Rodungsgebieten und dem Nahbereich der Kranstellflächen verhindern soll. Wie das Verfahren, das zur Zustimmung der Behörde zu allenfalls erforderlichen Maßnahmen nach verpflichtender Vorlage eines Berichts über die ergänzend vorzunehmenden Erhebungen und zur Verbindlichkeit dieser Maßnahmen gegenüber den mitbeteiligten Parteien führen soll, konkret ausgestaltet wird, bleibt offen. Dabei handelt es sich um die inhaltliche Gestaltung eines entscheidungswesentlichen Teils eines Bewilligungsbescheides, wobei in einem abgesonderten behördlichen Verfahren ohne erkennbare Mitwirkung von Verfahrensparteien artenschutzrechtliche Maßnahmen konkretisiert und letztlich verbindlich vorgeschrieben werden sollen.
45 Solche maßgeblichen Festlegungen eines Konsenses haben aber nicht in einem nur zwischen dem Konsenswerber und der Behörde zu führenden, dem UVP-Verfahren nachgelagerten Verfahren, sondern im UVP-Verfahren selbst durch Aufnahme konkreter, artenschutzrechtlich erforderlicher, zusätzlicher Maßnahmen nach ausreichender Erhebung des Ist-Zustandes im Bewilligungsbescheid zu erfolgen; nur so steht den anderen Verfahrensparteien auch die Möglichkeit zur Mitsprache und allenfalls zur Erhebung von Rechtsmitteln einerseits sowie zur Überprüfung der Einhaltung des Konsenses andererseits offen (vgl. bis 0036, Rn. 171 - Rn 173, mwN, betreffend eine Auflage, vor Beginn von Bauarbeiten für ein Speicherkraftwerk der UVP-Behörde für den Verlust von Feuchtlebensräumen ein inhaltlich näher definiertes Maßnahmenkonzept für Ersatzmaßnahmen zwecks behördlicher Freigabe des Konzepts vorzulegen).
46 Mit der Auflage zur Vornahme ergänzender Untersuchungen und Vorlage eines Berichts darüber an die Behörde wird dieser Teil des Ermittlungsverfahrens, dessen positives Ergebnis erst Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung selbst ist, unzulässiger Weise in ein gesondertes Verfahren verlagert.
47 Die unzureichenden Erhebungen des Ist-Zustandes zu Fledermausquartieren in den Rodungsgebieten und im Nahbereich der Kranstellflächen und daraus folgend die in der ergänzend erteilten Auflage 1 des Bereichs Naturschutz/Ornithologie gewählte, oben dargestellte Vorgangsweise führt daher zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit dieser Auflage.
Auflage 2 im Bereich Naturschutz/Ornithologie
48 Überdies wendet die erstrevisionswerbende Partei im Bereich Naturschutz/Ornithologie zusammengefasst ein, die Abschaltregelung werde erst nachträglich festgelegt und sei nicht bereits verbindlicher Genehmigungsbestandteil. Die tatsächlichen Auswirkungen des Projekts seien nicht erhoben und weder vom Sachverständigen noch vom Verwaltungsgericht verbindliche Festlegungen getroffen worden. Ob und in welchem Umfang es zu Tötungen oder erheblichen Störungen geschützter Arten durch die Errichtung und den Betrieb des Windparks kommen könne, sei vor dessen Genehmigung zu ermitteln. Schließlich sei „die spätere Einhaltung der aus Sicht von KFFÖ erforderlichen Abschaltzeiten undenkbar“, weil die von der erstmitbeteiligten Partei unterbreiteten Vorschläge „faktisch nicht zur Abschaltung führen“ würden, und weder die Reproduktionszeit noch die Hauptaktivitätszeit der Fledermäuse berücksichtigt worden seien.
49 Dieses Vorbringen richtet sich gegen die vom Verwaltungsgericht im Bereich Naturschutz/Ornithologie zusätzlich vorgeschriebene Auflage 2. Darin wird zu den näher dargelegten Abschaltregelungen wie folgt ausgeführt:
„Wenn anhand von Daten aus dem laufenden Gondelmonitoring in den Windparks O und P oder einem eigenen Gondelmonitoring im Windpark E nachgewiesen werden kann, dass eine für die Projektwerberin günstigere Abschaltregelung eine ausreichende Kollisionsvermeidung gewährleistet, kann die Auflage durch die Behörde adaptiert werden.“
bzw. zur WKA 10:
„Wenn anhand von Daten aus einem eigenen Gondelmonitoring im Windpark E nachgewiesen werden kann, das die WKA umfassen muss, oder aus vergleichbaren Erhebungen vor Errichtung des Windparks nachgewiesen werden kann, dass eine für die Projektwerberin günstigere Abschaltregelung eine ausreichende Kollisionsvermeidung gewährleistet, kann die Auflage durch die Behörde adaptiert werden.“
50 Dem liegt das naturschutzfachliche Gutachten Teil 2 vom (Seite 45) zugrunde, wonach der Sachverständige B in Bezug auf das Kollisionsrisiko von Fledermäusen für den Zeitraum April bis August mangels ausreichender Daten empfahl, „vorläufig die von der KFFÖ geforderte Abschaltregelung ... als Auflage vorzuschreiben, bis durch geeignete Daten nachgewiesen“ worden sei, „dass mit einer wirtschaftlich günstigeren Regelung eine ausreichende Kollisionsvermeidung erreicht werden“ könne. Demnach entspreche die vom Verwaltungsgericht mit Auflage 2 vorgeschriebene Abschaltregelung mangels ausreichender Datenerhebungen den Vorgaben der Koordinierungsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich (KFFÖ). Gleichzeitig stellte der Sachverständige für die Zukunft die Möglichkeit der nicht näher konkretisierten Änderung der Abschaltregelung zu Gunsten der Projektwerber bei Vorliegen hinreichend geeigneter Daten aus dem Gondelmonitoring als Nachweis für eine ausreichende Kollisionsvermeidung in Aussicht.
51 Die vom Verwaltungsgericht entsprechend der - auf Grund der Einschränkung des Projekts um die WKA 1 - 3 erforderlichen - Adaptierung vom übernommenen oben wiedergegebenen Teile der Auflage 2 konkretisieren weder die als Nachweis der Gewährleistung einer ausreichenden Kollisionsvermeidung für günstigere Abschaltregelungen erforderlichen Daten, noch die sich aus solchen Daten allenfalls ergebenden Änderungen der (vorläufig) vorgeschriebenen Abschaltregelungen. Diese Auflagenteile sind insofern weder hinreichend bestimmt iSd § 59 Abs. 1 AVG noch aus sich selbst heraus vollziehbar (vgl. zu den Grundsätzen der Bestimmtheit von Auflagen etwa , Rn. 13, bzw. , Rn. 118, 119, jeweils mwN).
Naturschutz - Sonstiges
52 Die erstrevisionswerbende Partei moniert im Übrigen zusammengefasst, das Verwaltungsgericht habe die kumulative Wirkung des gegenständlichen Projekts mit den anderen bestehenden, genehmigten oder errichteten Windkraftanlagen im Aktionsradius der Schutzgüter sowie mit sonstigen Projekten, die Flächen verbrauchen und Habitat zerstörend bzw. zerschneidend wirken, missachtet und somit Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL verletzt.
53 § 10 Abs. 3 NÖ NSchG beruht auf Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, weshalb diese Bestimmung im Sinne des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf seine unionsrechtliche Grundlage auszulegen ist (vgl. ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Art. 6 Abs. 3 FFH-RL bringt bereits der Wortlaut dieser Bestimmung zum Ausdruck, dass eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne und Projekte für ein besonderes Schutzgebiet deren Genehmigung vorauszugehen hat, und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen und Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen sind. Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen und Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten. Sie entspricht nicht den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der kumulativen Auswirkungen von Plänen oder Projekten auszuräumen. Bei der Untersuchung kumulativer Auswirkungen im Rahmen der nach § 10 Abs. 3 NÖ NSchG durchzuführenden Naturverträglichkeitsprüfung ist die Entstehung von Kumulationseffekten des gegenständlichen Projekts stets im Zusammenwirken mit der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden anderen Pläne oder Projekte zu erforschen (vgl. zu alldem , 0036, Rn. 25 und 29, unter Bezugnahme auf näher dargelegte Rechtsprechung des EuGH).
54 Wesentlich ist dabei letztlich das Gutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen. Sofern die erstrevisionswerbende Partei dem naturschutzfachlichen Gutachten des vom Verwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen mit naturschutzfachlichen Stellungnahmen von Privatsachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt, bedarf es letztlich auch diesbezüglich einer inhaltlichen Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit den gegenläufigen Argumenten im Rahmen der Beweiswürdigung.
55 Dies gilt auch für das Vorbringen der erstrevisionswerbenden Partei in Bezug auf in Deutschland von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) definierte Mindestabstände von Windkraftanlagen zu „bedeutsamen Vogellebensräumen“ bzw. „Brutplätzen und ausgewiesenen Natura 2000-Vogelschutzgebieten mit windkraftsensiblen Vogelarten als Schutzgüter“, die einer Genehmigung des vorliegenden Vorhabens entgegenstünden. Dabei handelt es sich um keine - weder nach Unionsrecht, noch nach nationalem Recht - verbindlich einzuhaltende Rechtsnormen sondern um Abstandsempfehlungen. Inwieweit diesen vorliegend für die Genehmigung des Vorhabens Bedeutung zukommt, ist letztlich eine vom naturschutzfachlichen Sachverständigen zu klärende Tatfrage.
Ergebnis
56 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
57 Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG unterbleiben.
58 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Revision des Zweitrevisionswerbers und der Drittrevisionswerberin - Ra 2019/04/0111, 0112
59 Im Hinblick auf die auf Grund der Revision der erstrevisionswerbenden Partei erfolgte Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses war die Revision der revisionswerbenden Nachbarn infolge der dadurch bewirkten Klagslosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss einzustellen (vgl. etwa , Rn. 4, mwN).
60 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 55 und 47 Abs. 2 Z 1 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten und deshalb nach § 47 Abs. 1 VwGG nicht gesondert zuzusprechen ist (vgl. zuletzt etwa , Rn. 16).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | UVPG 2000 §19 Abs1 Z7; UVPG 2000 §19 Abs10; UVPG 2000 §19 Abs4; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040179.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-47184