VwGH 18.10.2018, Ra 2018/02/0292
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | KFG 1967 §103 Abs2; KFG 1967 §134 Abs1; |
RS 1 | Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 ist erfüllt, wenn eine Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers nicht richtig und vollständig erfolgt ist (vgl. E , 2000/02/0194). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/02/0081 E RS 5 |
Normen | KFG 1967 §103 Abs2; VwRallg; |
RS 2 | Bei einer Lenkeranfrage nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 steht im Vordergrund, dass unter anderem nach derjenigen Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Wie dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen ist, sind daher bei einer Lenkeranfrage jedenfalls ein bestimmter Zeitpunkt sowie ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug anzugeben. Es muss eine unmissverständliche Deutlichkeit des Verlangens nach Auskunft iSd § 103 Abs. 2 KFG 1967 gegeben sein (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/02/0084 E RS 1 |
Normen | KFG 1967 §103 Abs2; VwRallg; |
RS 3 | Auf Grund des klaren Wortlautes des § 103 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 ist eine alternative Anfrage (ohne entsprechende klarstellende Hinweise etwa iSd E ), wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder (zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort) abgestellt hat, unzulässig (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision des G in L, vertreten durch GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-602244/13/Py/Mu, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schreiben vom forderte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den Revisionswerber als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeugs auf, binnen zwei Wochen mitzuteilen, wer dieses Fahrzeug am um 15.30 Uhr an einem näher bestimmten Tatort in N. "gelenkt/verwendet bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt" habe, oder die Person zu benennen, welche diese Auskunft erteilen könne. Die Bezirkshauptmannschaft legte dem Lenker des Kraftfahrzeugs eine Überschreitung der am Tatort kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit zur Last.
2 Der Revisionswerber gab daraufhin bekannt, I. könne Auskunft darüber erteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug gelenkt habe. Nach Aufforderung durch die Bezirkshauptmannschaft Freistadt teilte dieser jedoch mit, nicht zu wissen, wer das Fahrzeug gelenkt habe. In einer in einem Parallelverfahren von der Landespolizeidirektion Oberösterreich (belangte Behörde) durchgeführten Einvernahme brachte dieser zudem vor, er sei seit dem Jahr 2015 beim Revisionswerber als Lagerarbeiter beschäftigt und von diesem auch bei anderen Behörden fälschlicherweise als Auskunftsperson im Zuge von Lenkererhebungen genannt worden.
3 In der Folge delegierte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29a VStG aus verfahrensökonomischen Gründen zuständigkeitshalber an die belangte Behörde (Wohnsitzbehörde des Revisionswerbers).
4 Mit Straferkenntnis vom legte die belangte Behörde dem Revisionswerber zur Last, er habe es als Zulassungsbesitzer des genannten Kraftfahrzeugs unterlassen, der "Landespolizeidirektion Oberösterreich" (richtig: der Bezirkshauptmannschaft Freistadt) auf ihr schriftliches Verlangen vom innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine richtige Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am um 15.30 Uhr an dem näher bestimmten Ort in N. gelenkt habe. Die vom Revisionswerber bekannt gegebene Person habe die geforderte Auskunft nicht erteilt. Er habe dadurch § 103 Abs. 2 KFG verletzt, weshalb die belangte Behörde über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) zu verhängte.
5 Dem mit dagegen erhobener Beschwerde angerufenen Verwaltungsgericht legte der Revisionswerber mit Schreiben vom ein "informelles Antwortformular zur Bekanntgabe des/r Fahrzeuglenkers/in" vor, welches der Aktenlage nach einer an den Revisionswerber gerichteten Anonymverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt beigelegt wurde. Dazu führte er aus, er habe bereits im Oktober 2016 wegen desselben Sachverhalts ein "identes Auskunftsersuchen" erhalten. Da ein solches nicht zwei Mal gestellt werden dürfe, sei das gegenständliche Straferkenntnis verfehlt.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts stehe "im Widerspruch" zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 103 Abs. 2 KFG. Dem Antwortformular der Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei die Behörde, das dem Kennzeichnen nach bestimmte Kraftfahrzeug, der Tatzeitpunkt, der Zulassungsbesitzer und das konkrete Verlangen nach Auskunft ("BITTE NUR BEI NICHTEINZAHLUNG AUSFÜLLEN! Als
Zulassungsbesitzer/in ... gebe ich bekannt, dass folgende Person
das Fahrzeug gelenkt bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat") zu entnehmen. Damit liege unzweifelhaft eine rechtswirksame Lenkeranfrage vor. Dass das Formular mit "Informelles Antwortformular zur Bekanntgabe des/r Fahrzeuglenkers/in" tituliert werde, ändere nichts an der Rechtswirksamkeit. Für den Revisionswerber habe daher für die Lenkeranfrage vom keine Auskunftspflicht bestanden.
11 Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG ist erfüllt, wenn eine Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers nicht richtig und vollständig erfolgt ist (vgl. , mwN). Bei einer Lenkeranfrage nach § 103 Abs. 2 KFG steht im Vordergrund, dass unter anderem nach derjenigen Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Wie dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen ist, sind daher bei einer Lenkeranfrage jedenfalls ein bestimmter Zeitpunkt sowie ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug anzugeben. Es muss eine unmissverständliche Deutlichkeit des Verlangens nach Auskunft iSd § 103 Abs. 2 KFG gegeben sein (vgl. , mwN).
12 Entgegen den Zulässigkeitsausführungen erfüllt das "Informelle Antwortformular" die unmissverständliche Deutlichkeit des Verlangens nach Auskunft schon aus folgendem Grund nicht: Auf Grund des klaren Wortlautes des § 103 Abs. 2 erster Satz KFG ist eine alternative Anfrage (ohne entsprechende klarstellende Hinweise etwa im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , 2000/03/0235), wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder (zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort) abgestellt hat, unzulässig (). In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | KFG 1967 §103 Abs2; KFG 1967 §134 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020292.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-47157