VwGH 21.11.2018, Ra 2017/17/0042
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Bei der Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmung handelt es sich um eine Rechtsfrage, die nicht dem Parteiengehör unterliegt (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/02/0093). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2011/17/0131 E RS 2 |
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RS 2 | Schon nach der Rechtsprechung zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat - unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG 2014) gezogenen Grenzen - einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen. Es kann auch im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG 2014), für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten (vgl , mwN). Dass das Verwaltungsgericht seinem Erkenntnis ein anderes Tatsachensubstrat als das bereits von der belangten Behörde herangezogene zugrunde gelegt hat, ist nicht ersichtlich. Eine Bestrafung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG (Veranstalten von verbotenen Glücksspielen) durch das Verwaltungsgericht anstelle des von der Behörde herangezogenen vierten Tatbildes dieser Bestimmung führt somit nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/17/0214 B RS 3
(hier Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG
(Veranstalten von verbotenen Glücksspielen) durch das
Verwaltungsgericht anstelle des von der Behörde herangezogenen
dritten Tatbildes dieser Bestimmung) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision des P S in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-411194/10/Wg, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg. Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes vor (vgl. insbes. , 0049). Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.
5 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. , Dickinger und Ömer, Rn. 83 f, vom , C-390/12, Pfleger, Rn. 47 ff, vom , C-464/15, Admiral Casinos & Entertainment AG, Rn. 31, 35 ff, , Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff sowie vom Gmalieva s.r.o. u.a, C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Erkenntnissen vom und vom durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen.
6 Zum Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art. 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E 3282/2016, zu verweisen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK verneint. Soweit Art. 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , C-685/15, Online Games Handels GmbH ua, stehen darüber hinaus die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie , 0049, Rn. 24 ff).
7 Auch das Zulässigkeitsvorbringen der Revision, das Landesverwaltungsgericht sei insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, als es einen Austausch der als erwiesen angenommenen Tat vorgenommen habe, wenn es im Verhalten des Revisionswerbers einen Verstoß (auch) gegen § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG (Veranstalten von verbotenen Glücksspielen) erkannt und den Spruch des Straferkenntnisses entsprechend abgeändert habe, geht insofern ins Leere, als eine Präzisierung bzw. Richtigstellung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung dann zulässig ist, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt. Bei der Angabe der angewandten Gesetzesbestimmung handelt es sich mithin lediglich um eine Rechtsfrage, die nicht dem Parteiengehör unterliegt (, mwN).
8 Schon nach der Rechtsprechung zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat - unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs. 6 VStG, vgl. nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen - einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen. Es kann auch im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art. 130 Abs. 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten (vgl. nochmals , mwN). Dass das Verwaltungsgericht seinem Erkenntnis einen anderen Lebenssachverhalt als den von der belangten Behörde herangezogenen zugrunde gelegt hat, ist nicht ersichtlich.
9 Eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG (Veranstalten von verbotenen Glücksspielen) durch das Verwaltungsgericht anstelle des von der Behörde herangezogenen dritten Tatbildes dieser Bestimmung führt somit nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.
10 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 und 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §37; AVG §45 Abs3; B-VG Art130 Abs4; GSpG 1989 §52 Abs1 Z1; VStG §44a Z3; VStG §51 Abs6; VwGVG 2014 §42; VwGVG 2014 §50; |
Schlagworte | Parteiengehör Rechtliche Beurteilung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170042.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-47132