VwGH 06.11.2019, Ra 2017/05/0006
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | BauO NÖ 2014 §14 BauO NÖ 2014 §35 Abs2 BauRallg |
RS 1 | Die Vermutung der Konsensmäßigkeit kommt nur hinsichtlich jenes Bestandes in Betracht, in Bezug auf den die in der hg. Judikatur dafür aufgestellten Voraussetzungen - so auch hinsichtlich des Zeitpunktes seiner Erbauung - erfüllt sind. Ob später vorgenommene Zubauten zu einem konsentierten Bestand ihrerseits über einen Konsens verfügen, ist daher gesondert zu prüfen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des R P in K, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger, Mag. Jürgen Brandstätter und Mag. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Andreas-Hofer-Straße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-530/001-2016, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde K; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde K. vom , mit welchem ihm ein baupolizeilicher Auftrag zum Abbruch näher bezeichneter Gebäudeteile eines Nebengebäudes auf einer Liegenschaft der KG D. erteilt worden war, dahingehend abgeändert, dass die Gebäudeteile 3, 4 und 5 sowie das Obergeschoß des Gebäudeteiles 6 abzubrechen und die Gebäudeteile 1 und 2 auf maximal zwei Geschoße rückzubauen seien. Weiters wurde die Frist für die Durchführung des Abbruches neu festgesetzt und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 In der Begründung ging das Verwaltungsgericht im Wesentlichen davon aus, dass für die vom Bauauftrag erfassten Gebäudeteile des in Rede stehenden Nebengebäudes keine Baubewilligung vorliege. Diese seien nach und nach erst ab dem Jahr 1982 errichtet worden, weshalb der seit ihrer Errichtung vergangene Zeitraum im Lichte der hg. Judikatur für die Vermutung eines Konsenses zu kurz sei. Zudem komme die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit einem Bauzustand, der auch nach der zur Zeit seiner Herstellung geltenden Bauordnung gesetzwidrig gewesen sei, nicht zustatten. Diesfalls müsse daher die Partei, die den Konsens behaupte, den Nachweis erbringen, dass dieser tatsächlich erteilt worden sei; dieser Nachweis sei vom Revisionswerber aber angesichts der Grünlandwidmung der betreffenden Grundstücke nicht erbracht worden.
6 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt der Revisionswerber aus, das Verwaltungsgericht habe zwar festgestellt, dass die vom Bauauftrag erfassten Gebäudeteile auf Grund der Lichtbilder und der Feststellungen des Amtssachverständigen erst nach und nach ab 1982 errichtet worden seien, es habe aber nicht dargelegt, wie es zu diesen Ergebnissen komme und auf welche Lichtbilder Bezug genommen werde, und es habe sich mit den Ausführungen des Amtssachverständigen nicht kritisch auseinander gesetzt. Weiters habe sich das Verwaltungsgericht weder mit der Aussage des Zeugen K., aus welcher sich eine Haltung von vier Großtieren und Futtervorräten ableiten lasse, auseinander gesetzt noch mit dem vom Revisionswerber dazu erstatteten Vorbringen, wonach die Unterbringung der Tiere nicht möglich gewesen wäre, wenn das Nebengebäude ausschließlich aus den Teilbereichen 1 und 2 bestanden hätte. Bei genauerer Erörterung dieser Frage hätte der Revisionswerber, der selbst nicht Landwirt sei, nachweisen können, dass sämtliche seiner Vorgänger als Liegenschaftseigentümer bzw. -benützer als Landwirte tätig gewesen seien. Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, ein Gebäude wäre an dieser Stelle niemals bewilligt worden, sei damit nicht in Einklang zu bringen.
7 Zudem bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, in welchem Umfang ein Konsens bei einem Gebäude zu vermuten sei. Dem Revisionswerber sei der Beweis dafür gelungen, dass für das gegenständliche Nebengebäude ein vermuteter Konsens bestehe. Die Beweislast dafür, dass sich dieser vermutete Konsens nur auf Teile des Gebäudes beziehe, wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen sei, liege nach Ansicht des Revisionswerbers bei der Behörde.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 8 Mit seinem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung zur Begründungspflicht, zur Beweiswürdigung und zur amtswegigen Ermittlungspflicht macht der Revisionswerber Verfahrensmängel geltend. Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. zum Ganzen etwa , und bis 0081, jeweils mwN). 9 In Bezug auf die gerügte unterlassene kritische Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Sachverständigen, denen die Revision im Übrigen nicht entgegentritt, genügt die vorliegende Revision schon nicht den dargestellten Anforderungen an die gebotene Relevanzdarstellung. Weiters trifft der Vorwurf betreffend die nicht nähere Bezeichnung der Lichtbilder nicht zu, zumal sich der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses klar entnehmen lässt, dass sich das Verwaltungsgericht auf die im Akt erliegenden Lichtbilder von 1981 bis 2008 bezogen hat, aus denen - wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat - erkennbar sei, dass seit 1981 bis 2003 eine sichtbare und nachvollziehbare Erweiterung des gegenständlichen Nebengebäudes erfolgt sei. Dass die Annahme des Verwaltungsgerichtes, ein Gebäude wäre an dieser Stelle niemals bewilligt worden, nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen sei, dass die Vorgänger des Revisionswerbers als Landwirte tätig gewesen seien, trifft vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgericht festgestellten Erbauungszeitpunktes ab 1982 ebenfalls nicht zu, zumal der Revisionswerber, der die Liegenschaft 1976 erworben hat und seinen eigenen Angaben zufolge selbst nicht Landwirt ist, eine nach Beendigung der Tätigkeit des Herrn K. im Jahr 1980 erfolgte Nutzung der Liegenschaft durch einen Landwirt nicht behauptet. Soweit der Revisionswerber vorbringt, die Haltung von vier Großtieren wäre allein in den Teilbereichen 1 und 2 nicht möglich gewesen, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht auch von einem Konsens des Gebäudeteiles 6 - abgesehen von dessen Obergeschoß - und damit von der Existenz dieses Gebäudeteiles zum Zeitpunkt der Haltung der betreffenden Tiere ausgegangen ist, sodass mit diesem Vorbringen die Relevanz der unterlassenen Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen K.
- der im Übrigen angegeben hat, sich nicht erinnern zu können, wo er seine Tiere damals untergebracht hatte - nicht dargelegt wird. 10 Darüber hinaus ergibt sich aus der bereits ergangenen und in der angefochtenen Entscheidung zitierten hg. Judikatur, dass die Vermutung der Konsensmäßigkeit nur hinsichtlich jenes Bestandes in Betracht kommt, in Bezug auf den die in der hg. Judikatur dafür aufgestellten Voraussetzungen - so auch hinsichtlich des Zeitpunktes seiner Erbauung - erfüllt sind. Ob später vorgenommene Zubauten zu einem konsentierten Bestand ihrerseits über einen Konsens verfügen, ist daher gesondert zu prüfen. Im Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht somit im Lichte der hg. Judikatur zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsvermutung eines Konsenses für die Gebäudeteile 1 und 2 sowie den Gebäudeteil 6 (ohne Obergeschoß) nicht automatisch auch für die übrigen, erst Jahre später errichteten Gebäudeteile gilt.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
11 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauO NÖ 2014 §14 BauO NÖ 2014 §35 Abs2 BauRallg |
Schlagworte | Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017050006.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-47064