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VwGH 15.01.2021, Fr 2020/22/0014

VwGH 15.01.2021, Fr 2020/22/0014

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
VwGG §24
VwGG §38
VwGG §38 Abs1
RS 1
Das Institut des Fristsetzungsantrages wurde mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (BGBl. I Nr. 33/2013) mit eingeführt und ersetzt die Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG in der bis zum geltenden Fassung (s. auch die Erläuterungen RV 2009 BlgNR, 24. GP, S. 11). Schon der Wortlaut des § 38 Abs. 1 VwGG ("gestellt") legt nahe, dass es darauf ankommt, dass der Antrag der zuständigen Einbringungsstelle tatsächlich zugekommen ist. In den Materialien (vgl. wiederum RV 2009 BlgNR, 24. GP, S. 11) findet sich kein gegenteiliger Hinweis. Das Ziel eines Fristsetzungsantrages ist es, ein Verwaltungsgericht, das seine Entscheidung nicht innerhalb der für die Entscheidung vorgesehenen Frist getroffen hat, zur Entscheidungsfällung zu veranlassen. Dieser Zweck ist schon dann erreicht, wenn das Verwaltungsgericht noch vor Einlangen des Fristsetzungsantrages (mag dieser Antrag auch schon früher einem Zustelldienst übergeben worden sein) entschieden hat. Die Durchführung eines weiteren Verfahrens, um den derart schon erreichten Zweck weiterhin zu verfolgen, geht sohin von vornherein ins Leere.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Fr 2014/20/0022 B VwSlg 18921 A/2014 RS 2 (hier ohne die ersten drei Sätze)
Norm
VwGG §38 Abs1
RS 2
Ein Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG ist dann unzulässig, wenn das VwG seine Entscheidung bis zum Einlangen des Fristsetzungsantrags bei ihm bereits erlassen hat (vgl. ).
Normen
VwGG §26 Abs1 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs4
RS 3
Bezüglich der Erlassung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Zustellung einer Entscheidung ihre mündliche Verkündung gleichzuhalten. Mit der mündlichen Verkündung wird die Entscheidung unabhängig von der in § 29 Abs 4 VwGVG 2014 geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung rechtlich existent (insofern einschlägig etwa B vom , 2009/05/0139). Dies korrespondiert der Regelung des § 26 Abs 1 Z 1 VwGG, wonach die sechswöchige Revisionsfrist in den Fällen des Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung beginnt, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Fr 2015/03/0007 B VwSlg 19216 A/2015 RS 2 (hier ohne den letzten Satz)
Normen
B-VG Art130 Abs1 Z3
VwGG §38 Abs1
VwGVG 2014 §29 Abs1
RS 4
Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung wird bereits im Wege ihrer Verkündung erlassen, daher ist mit dieser Form der Erlassung der Entscheidung auch die behördliche Entscheidungspflicht erfüllt (vgl. ; ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Fristsetzungssache des E M, gegen das Verwaltungsgericht Wien in einer Angelegenheit betreffend Aufenthaltstitel, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Der Antragsteller brachte am einen Fristsetzungsantrag hinsichtlich seines „Antrags auf Urteilsausfertigung [...] vom “ beim Verwaltungsgericht Wien ein. Er führte dazu aus, das Verwaltungsgericht habe das Erkenntnis in der Verhandlung am  mündlich verkündet. Er (der Antragsteller) habe am darauffolgenden Tag die schriftliche Ausfertigung beantragt. Das Verwaltungsgericht habe bislang keine Ausfertigung übermittelt und auch keine sonstigen Schritte gesetzt.

1.2. Das Verwaltungsgericht legte den Fristsetzungsantrag dem Verwaltungsgerichtshof mit Bericht vom vor. Es teilte mit, dass die schriftliche Ausfertigung am erfolgt sei. Zudem legte es die ausgefertigte Entscheidung vor und gab bekannt, dass die Zustellung an den Antragsteller am erfolgt sei.

2. Der Fristsetzungsantrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

3.1. Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

3.2. Das Ziel eines Fristsetzungsantrags ist es, ein Verwaltungsgericht, das seine Entscheidung nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist getroffen hat, zur Entscheidungsfällung zu veranlassen. Dieser Zweck ist schon dann erreicht, wenn das Verwaltungsgericht noch vor Einlangen des Fristsetzungsantrags entschieden hat. Die Durchführung eines weiteren Verfahrens betreffend den Fristsetzungsantrag, um den derart schon erreichten Zweck weiterhin zu verfolgen, geht dann ins Leere (vgl. ; , Fr 2014/20/0028).

In diesem Sinn ist ein Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG dann unzulässig, wenn das Verwaltungsgericht seine Entscheidung bis zum Einlangen des Fristsetzungsantrags bei ihm bereits erlassen hat (vgl. ).

3.3. Bezüglich der Erlassung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Zustellung der Entscheidung die mündliche Verkündung gleichzuhalten (vgl. neuerlich VwGH Fr 2015/03/0007). Mit der mündlichen Verkündung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts - unabhängig von der in § 29 Abs. 4 VwGVG geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung - rechtlich existent und kann auch bekämpft werden. Da vor diesem Hintergrund eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung bereits im Wege ihrer Verkündung erlassen wird, ist mit dieser Form der Erlassung der Entscheidung auch die behördliche Entscheidungspflicht erfüllt (vgl. ; abermals Fr 2015/03/0007).

4.1. Fallbezogen hat das Verwaltungsgericht die Entscheidung, auf deren Erlassung der vorliegende Fristsetzungsantrag gerichtet war, bereits im Wege der unstrittigen mündlichen Verkündung in der Verhandlung am rechtswirksam erlassen. Das Verwaltungsgericht hat schon auf diese Weise - unabhängig von der erforderlichen schriftlichen Ausfertigung und Zustellung - der Entscheidungspflicht Genüge getan. Folglich wurde der Fristsetzungsantrag vom zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem das Verwaltungsgericht mit der Entscheidung nicht säumig war, selbst wenn die schriftliche Ausfertigung damals noch nicht erfolgt war.

4.2. Der Fristsetzungsantrag erweist sich daher als nicht zulässig. Er war gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 4 erster Satz VwGG mit Beschluss zurückzuweisen, weil seiner Behandlung der Mangel der Berechtigung zu seiner Erhebung entgegenstand (vgl. abermals VwGH Fr 2014/20/0028).

5. Ein Abspruch über ein Kostenbegehren hatte - mangels eines diesbezüglichen Antrags - zu entfallen (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
B-VG Art130 Abs1 Z3
VwGG §24
VwGG §26 Abs1 Z1
VwGG §38
VwGG §38 Abs1
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwGVG 2014 §29 Abs4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:FR2020220014.F00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-47018