VwGH 18.11.2019, Fr 2019/16/0006
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | BAO §271 VwGG §38 |
RS 1 | § 271 BAO regelt die Aussetzung der Entscheidung im Abgabenverfahren. Durch die Erlassung der Aussetzung erlischt nicht nur die Entscheidungspflicht über die Beschwerde, sondern auch das Recht, über sie zu entscheiden (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zu BAO6 unter Rz. 22 wiedergegebene Rechtsprechung). |
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RS 2 | Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Wirksamkeit eines (der schriftlichen Ausfertigung vorbehaltenen) Erkenntnisses, wenn dieses einer Verfahrenspartei eines Mehrparteienverfahrens zugestellt worden ist (, und , Fr 2015/03/0007; zur wirksamen Erlassung von Bescheiden in Mehrparteienverfahren vgl. zur TLAO, sowie , und , Ra 2017/02/0060). Gleiches gilt für die Wirksamkeit eines Aussetzungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts. |
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RS 3 | Ausgehend von der Zustellung des Aussetzungsbeschlusses nach § 271 BAO am an das Finanzamt erlangte dieser Beschluss bereits an diesem Tage Wirksamkeit, womit die Frist zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde unterbrochen (und nicht bloß gehemmt) wurde. An der Unterbrechungswirkung des Aussetzungsbeschlusses vom änderte der Antrag auf Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 271 Abs. 3 BAO nichts, sodass ein Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zulässigerweise erst wieder nach Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Aussetzung aufgrund des Antrages im Sinn des § 271 Abs. 3 BAO ihre Wirksamkeit verloren hat, gestellt werden kann (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, Anm. 3 zu § 271 BAO mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über den Fristsetzungsantrag des T U in B, vertreten durch Dr. Robert Gamsjäger, Rechtsanwalt in 4822 Bad Goisern, Bundesstraße 75, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesfinanzgericht i.A. Familienbeihilfe, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Gegen den Familienbeihilfe versagenden Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom hatte der Antragsteller Bescheidbeschwerde erhoben, die dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt wurde. 2 Nach Einräumung von Gehör zur beabsichtigten Aussetzung des Verfahrens gemäß § 271 BAO mittels Erledigung vom sprach das Bundesfinanzgericht mit seinem Beschluss vom aus, dass die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/16/0040 anhängigen Verfahrens ausgesetzt werde. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig sei.
Dieser Beschluss wurde noch am selben Tag dem Finanzamt elektronisch zugestellt (siehe § 24 Abs. 5 BFGG idF vor BGBl. I 2018/104) und am 14. d.M. dem Antragsteller postalisch zugestellt.
3 Mit dem am im Wege der Telekopie und postalisch eingebrachten Fristsetzungsantrag machte der Antragsteller geltend, die sechsmonatige Entscheidungsfrist über seine Beschwerde sei am verstrichen. Er begehrte, dem Verwaltungsgericht eine angemessene Frist für die Entscheidung in dieser Sache zu setzen. Der postalisch eingebrachte Fristsetzungsantrag langte am beim Gericht ein. 4 Im Rahmen des vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Verbesserungsverfahrens brachte der Antragsteller in seiner Eingabe vom ergänzend vor, die Voraussetzung gemäß § 38 Abs. 1 VwGG zur Stellung eines Fristsetzungsantrages sei am erfüllt gewesen. Erst nach Ablauf dieser Entscheidungsfrist habe das Gericht mit Beschluss vom selben Tag eine Aussetzung des Verfahrens veranlasst. Die Zeit seit der erfolgten Aussetzung stelle keine Zeit nach § 38 Abs. 2 Z 1 VwGG dar, die den Fristenlauf für die Stellung eines Fristsetzungsantrages hemmen würde. Die am um 00.00 Uhr erfüllte Voraussetzung gemäß § 38 Abs. 1 VwGG werde durch einen danach erfolgten zugestellten Aussetzungsbeschluss nicht unwirksam, der Aussetzungsbeschluss wirke auch nicht zurück auf den Zeitraum der abgelaufenen Entscheidungspflicht, also auf den Zeitraum vor dem . Am habe der Rechtsvertreter des Antragstellers den gegenständlichen Fristantrag per Fax eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt sei der Aussetzungsbeschluss noch nicht an den Antragsteller zugestellt gewesen, weshalb er davon habe ausgehen müssen, dass das Beschwerdeverfahren laufe.
Den Aussetzungsbeschluss habe der Antragsteller mit einem Fortsetzungsantrag gemäß § 271 Abs. 3 BAO vom erwidert.
5 Hiezu räumte der Verwaltungsgerichtshof wiederum dem Bundesfinanzgericht Gehör ein.
6 § 271 BAO regelt die Aussetzung der Entscheidung im Abgabenverfahren. Durch die Erlassung der Aussetzung erlischt nicht nur die Entscheidungspflicht über die Beschwerde, sondern auch das Recht, über sie zu entscheiden (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zu BAO6 unter Rz. 22 wiedergegebene Rechtsprechung). 7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Wirksamkeit eines (der schriftlichen Ausfertigung vorbehaltenen) Erkenntnisses, wenn dieses einer Verfahrenspartei eines Mehrparteienverfahrens zugestellt worden ist (, und , Fr 2015/03/0007; zur wirksamen Erlassung von Bescheiden in Mehrparteienverfahren vgl. zur TLAO, sowie , und , Ra 2017/02/0060).
8 Gleiches gilt für die Wirksamkeit eines Aussetzungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts.
9 Ausgehend von der Zustellung des Aussetzungsbeschlusses nach § 271 BAO am an das Finanzamt erlangte dieser Beschluss bereits an diesem Tage Wirksamkeit, womit die Frist zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde unterbrochen (und nicht bloß gehemmt) wurde.
10 An der Unterbrechungswirkung des Aussetzungsbeschlusses vom änderte der Antrag auf Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 271 Abs. 3 BAO nichts, sodass ein Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zulässigerweise erst wieder nach Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Aussetzung aufgrund des Antrages im Sinn des § 271 Abs. 3 BAO ihre Wirksamkeit verloren hat, gestellt werden kann (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, Anm. 3 zu § 271 BAO mwN). 11 Der gegenständliche Fristsetzungsantrag erweist sich somit als unzulässig, weshalb er gemäß § 38 Abs. 4 iVm § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:FR2019160006.F00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-47014