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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2025, RV/2101271/2018

Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft im Vollanwendungsbereich des MRG stellen Einkünfte iSd § 28 EStG 1988 dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG, Volksgartenstraße 1, 8020 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) reichte die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 am beim Finanzamt ein. Der Einkommensteuerbescheid erging antragsgemäß am . Nach mehrmaliger Fristverlängerung brachte die Bf. am eine Beschwerde ein. Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mit Bericht vom zur Entscheidung vor. Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. ein Mängelbehebungsauftrag erteilt. Weiters wurde um Mitteilung ersucht, ob im Lichte der Judikatur des Bundesfinanzgerichtes und des Verfassungsgerichts-hofes betreffend die Jahre 2015 und 2017 bis 2019 am Beschwerdebegehren vollumfänglich festgehalten werde. Dieser Aufforderung kam die Bf. nach und hielt fest, dass am Beschwerdevorbringen vollumfänglich festgehalten werde. Der vorliegende Bescheid werde in seinem gesamten Umfang bekämpft. Insbesondere werde im vorliegen Fall der Gleichheitssatz in Art 7 B-VG und Art 2 des Staatsgrundgesetz 1867, in diesen als Staatsbürgerrecht verankert, in mehrfacher Weise verletzt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. bezog im Beschwerdejahr Einkünfte aus der Vermietung von drei Liegenschaften, wobei zwei der Liegenschaften (***1*** und ***2***) in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) fallen. In der elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 55.873,18 Euro erklärt. Der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Einkommensteuerbescheid wurde erklärungsgemäß veranlagt. In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte die Bf. vor:

[...]

Mit Schriftsatz vom , beim Bundesfinanzgericht eingelangt am , ergänzte die Bf. ihre Beschwerde und teilte mit, dass nachfolgende Änderungen begehrt werden:

[...]

Die von der Bf. erstatteten Vorbringen und Anträge waren bereits Gegenstand mehrerer Verfahren beim Bundesfinanzgericht. Sämtliche Beschwerden wurden vom Bundesfinanz-gericht als unbegründet abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes eingebrachten Beschwerden abgelehnt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet auf die Eingaben der Bf., den vorliegenden Akt sowie die Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in den elektronischen Veranlagungsakt. Dass die Liegenschaften ***1*** und ***2*** in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen, hat die Bf. in nachvollziehbarer Weise in ihren Ausführungen dargestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde betreffend das Jahr 2015 als unbegründet abgewiesen (). Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom zu Zahl E 3273/2023 abgelehnt. Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde betreffend die Jahre 2017 und 2018 als unbegründet abgewiesen (). Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom zu Zahl E 2997/2020 abgelehnt. Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde betreffend das Jahr 2019 als unbegründet abgewiesen (). Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom zu Zahl E 3533/2023 abgelehnt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtliche Grundlagen
§ 2 EStG 1988 in der Fassung BGBl I Nr 163/2015 lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a.
(2a) […]
(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:
1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 21),
2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22),
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25)
5. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 27),
6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28),
7. sonstige Einkünfte im Sinne des § 29.
(4) […]"

§ 28 EStG 1988 in der Fassung BGBl I Nr 118/2015 lautet auszugsweise wie folgt:
(1) Folgende Einkünfte sind, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 5 gehören, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:
1. Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen.
(…)
(2) Aufwendungen für
- nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten
- Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit
zusammenhängende Aufwendungen sowie
- außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind,
sind über Antrag gleichmäßig auf fünfzehn Jahre zu verteilen.

Bei Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, gilt hinsichtlich der Instandsetzungsaufwendungen folgendes:
- Instandsetzungsaufwendungen, die unter Verwendung von entsprechend gewidmeten
steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln getätigt werden, scheiden insoweit aus der
Ermittlung der Einkünfte aus.
- Soweit Instandsetzungsaufwendungen nicht durch steuerfreie Subventionen gedeckt sind, sind sie gleichmäßig auf fünfzehn Jahre verteilt abzusetzen.

Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. (…)

(3) Folgende Aufwendungen, soweit sie Herstellungsaufwand darstellen, sind über Antrag gleichmäßig auf fünfzehn Jahre verteilt abzusetzen:
1. Aufwendungen im Sinne der §§ 3 bis 5 des Mietrechtsgesetzes in Gebäuden, die den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes über die Verwendung der Hauptmietzinse unterliegen.

§ 8 EStG 1988
(1) Von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Gebäude beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 2,5%. Davon abweichend beträgt bei für Wohnzwecke überlassenen Gebäuden die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer bis zu 1,5%. (…)

(4) Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung sind zulässig.

Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind sämtliche Einkünfte eines Steuerpflichtigen zusammenzurechnen. Erst dann ist der progressive Steuersatz auf das Einkommen anzuwenden. Diese gesetzliche Vorschrift trägt gerade durch die Zusammenrechnung zur verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlung bei, macht es doch für die Steuerlast keinen Unterschied, ob das Einkommen durch ein großes, oder mehrere kleinere Mietobjekte erzielt wird.

Nach Ansicht der Bf. seien Einkünfte aus Liegenschaften, die im Vollanwendungsbereich des MRG stehen, nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG 1988 anzusehen. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung liegen gem. § 28 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dann vor, wenn unbewegliches Vermögen vermietet wird. Der Hinweis im Gesetzestext auf "Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke" bezieht sich rein sprachlich ausdrücklich auf "Rechte" wie zB das Baurecht und nicht auf Grundstücke (vgl. Jakom/Ehgartner, EStG, 2024, § 28 Rz 74). Die Tatsache, dass Grundstücke im Vollanwendungsbereich des MRG stehen, schließt nicht aus, dass aus diesen Grundstücken erzielte Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG 1988 darstellen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen bei Vermietungstätigkeiten nur vor, wenn die Vermietung nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung des eigenen Vermögens verbunden ist (; ). Die im Beschwerdefall vorliegende Vermietung von drei Mietobjekten übersteigt in Art und Umfang nicht jenes Maß, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. Es liegen somit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG 1988 vor.

Die Bf. beantragte, dass die Mietzinsreserve gem. Mietrechtsgesetz als Sondervermögen der Mieter (Rückstellungsverpflichtung gem. MRG der letzten 10 Jahre) steuerbegünstigt rückgestellt werde. Da die vorliegenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als außerbetriebliche Einkünfte durch Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln sind, scheidet die Bildung von Rückstellungen aus. Rückstellungen sind Bilanzpositionen, die eine Bilanz voraussetzen und können im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsart aus Vermietung und Verpachtung nicht gebildet werden.

Der Antrag auf eine steuerbegünstigte Rückstellungsbildung einer nach MRG zu bildenden Mietzinsreserve steht nicht im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

Weiters wurde durch die Bf. ein Betrag von 54.000 Euro als Sonder-AFA für nicht lukrierbare Gewinne begehrt. Nach Ansicht der Bf. sei es durch die Einschränkungen des MRG, insbesondere durch die Mietzinsbeschränkungen und die überzogenen Instandhaltungsaufträge zu Gunsten der Mieter im Vollanwendungsbereich des MRG, zu einer eingeschränkten Nutzbarkeit der Liegenschaften und damit zu einer Wertminderung der Mietobjekte gekommen.

Hinsichtlich dieser begehrten Abschreibung ist auszuführen, dass eine Absetzung für eine außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung iSd § 8 Abs. 4 EStG 1988 dann vorliegt, wenn durch außergewöhnliche Umstände die wirtschaftliche Nutzbarkeit eines Wirtschaftsgutes vermindert wurde. Bei Gebäuden ist eine Sonderabschreibung nach § 8 Abs. 4 EStG 1988 iRd Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dann gerechtfertigt, wenn ein Gebäude "sei es technisch, sei es wirtschaftlich unbenützbar" geworden ist, zB durch technische Abbruchreife (Baufälligkeit) oder wirtschaftliche Abbruchreife zB wirtschaftliche Unvertretbarkeit der Sanierung aufgrund hoher Kosten (; ). Die Umstände der Abschreibung für außergewöhnliche Abnutzung sind vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (). Im gegenständlichen Fall wurden durch die Bf. keine Umstände nachgewiesen, die eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abschreibung iSd § 8 Abs. 4 EStG 1988 rechtfertigen würden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Beschwerdefall das Einkommen der Bf. entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ermittelt wurde. Dem objektiven Nettoprinzip folgend, wurden von den tatsächlich erzielten Einnahmen die angefallenen Werbungskosten abgezogen, sodass nur der Teil, welcher der Bf. tatsächlich zur Verfügung steht, der Besteuerung unterzogen wurde. Dadurch wurde auch den Einschränkungen des MRG in einnahmen- und ausgabenseitiger Hinsicht Rechnung getragen.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Bf. können durch das Bundesfinanzgericht nicht geteilt werden. Durch die gesetzeskonforme Besteuerung wurde die Bf. nicht in verfassungsrechtlich bzw. europarechtlich gewährleisteten Grundrechten verletzt. Diesbezüglich wird auf die oa. Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes betreffend das Vorjahr und die Folgejahre und die zu diesen Beschwerdesachen ergangenen Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im gegenständlichen Verfahren zu klärenden Rechtsfragen waren anhand des Gesetzestextes und der im Erkenntnis zitierten Judikatur des VwGH, von welcher nicht abgewichen wurde, zu lösen. Es liegt im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAF-46993