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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2025, RV/7100447/2022

Bestandvertragsgebühr: Befristungsabschlag und Option nach § 6 Abs. 2 UStG - Bedingungen iSd § 26 GebG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Gebühren Mietvertrag Nr. ***123***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abgeändert und die Gebühr mit € 2.040,15 analog zur Beschwerdevorentscheidung festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin (Bf) schloss am als Vermieterin einen Mietvertrag über eine Wohnung (Geschäftsraummiete) mit der ***X*** als Mieterin ab.

In diesem Vertrag wurde unter Pt. II. vereinbart, dass das Mietverhältnis den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes 1981 unterliegt.

Es wurde ein monatlicher Hauptmietzins in Höhe von € 1.626,48 netto und Nebenkosten (Betriebskostenakonto € 264,31; Liftkostenakonto € 27,11; Heizkostenakonto € 97,00; Vorsteuerakonto € 77,68, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer) vereinbart.

Unter Punkt IV. wurde Folgendes festgehalten:

"1. Das Mietverhältnis beginnt am und endet am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Dem Mieter steht das Recht zu, das Mietverhältnis erstmals nach Ablauf des 1. Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsletzten zu kündigen. Unberührt davon finden die Kündigungsbeschränkungen nach § 30 MRG in der jeweils gültigen Fassung und die Auflösungstatbestände gemäß § 1118 ABGB Anwendung.

Der Mieter verzichtet befristet auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes. Das Mietverhältnis kann vom Mieter trotz der vorgenannten Befristung erstmals mit Wirkung zum unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist und in der Folge jeweils mit Wirkung zum 30. 6. bzw. 31.12.eines jeden Jahres unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden.

2. Die Verpflichtung zur Zahlung der anteiligen Betriebs-, Aufzugs-, Heiz- und sonstiger Nebenkosten zuzüglich der gesetzlichen USt beginnt am .

Die Verpflichtung zur Gesamtmietzinszahlung beginnt am

Punkt VI. des Mietvertrages lautet wie folgt:

"Der monatliche Mietzins setzt sich zusammen aus:

1. dem für den Mietgegenstand zu entrichtenden angemessenen Hauptmietzins gemäß §16 Abs. 1 MRG 1981 in der jeweils gültigen Fassung von monatlich € 2.168,64 abzüglich
Befristungsabschlag von 25% nach S 16 Abs. 7 MRG idF. WRN 2000 iHv € 542,16, somit in Summe € 1.626,48 (in Worten: Euro eintausendsechshundertsechsundzwanzig und 48/100)

Der Befristungsabschlag entfällt für den Fall, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht. […]

2. Der Mieter erklärt, im Mietgegenstand derzeit solche Umsätze zu erzielen, die ihn nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Der Vermieter ist daher nicht berechtigt Umsatzsteuer zu verrechnen und einen Vorsteuerabzug geltend zu machen (§ 6 Abs 2 UStG 1994). […]

3. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter allfällige in seiner Sphäre liegende Änderungen die Auswirkungen auf die Verrechnung der Umsatzsteuer haben, wie insbesondere die Änderung der im Bestandobjekt ausgeübten Tätigkeit der Art als der Mieter zum Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG berechtigt ist bzw. den Mietgegenstand nahezu ausschließlich zur Ausführung von steuerpflichtigen, nicht steuerbaren oder echt steuerbefreiten Umsätzen verwendet, aber auch in Folge wieder das Abgehen hiervon, unverzüglich anzuzeigen. Für nicht erfolgte / verspätete Meldungen haftet der Mieter.

Ist der Vermieter berechtigt die Option zur Regelbesteuerung auszuüben bzw. aus welchem Grund immer, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wird er das Mietentgelt beziehungsweise dessen Bestandteile soweit gesetzlich zulässig mit Umsatzsteuer verrechnen. […]

Unter Punkt X. wurde wie folgt vereinbart:

"Dem Mieter ist bekannt, dass der Mietgegenstand als Wohnung gewidmet ist. […]

Der Mieter nutzt den Mietgegenstand nur für eigene Geschäftszwecke, nämlich zum Betrieb einer Praxisgemeinschaft für Psychotherapie und Physiotherapie, Coaching. […]"

2. Für den bezeichneten Mietvertrag wurde mit Bescheid vom die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 2.234,13, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 223.412,70, festgesetzt.

Der Berechnung waren der Bescheidbegründung zufolge die Bruttoentgelte laut Vertrag zugrunde gelegt worden. In der Zeit vom - wurde das verminderte Entgelt angesetzt.

3. In der Beschwerde vom wurde die Unrichtigkeit der im Bescheid angeführten Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr geltend gemacht.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides treffe zwar grundsätzlich zu, dennoch gelange der Bescheid im Ergebnis zu einer Bemessungsgrundlage, welche sich rechnerisch aufgrund einer zehnjährigen Vertragsdauer ermittle. Tatsächlich betrage der Zeitraum, zu welchem der Vertrag für beide Vertragsteile unkündbar sei jedoch bis , das seien drei Jahre. Für den daran anschließenden Zeitraum seien weitere drei Jahr zu berücksichtigen (wegen unbestimmter Dauer) - insgesamt sohin sechs Jahre.

Die Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr sei daher wie folgt zu berechnen:

BMG: € 466,10 * 6,5 + € 2.092,58 * (29,5 + 36) = € 140.093,64; Gebühr = € 1.400,94

4. Der Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben und der Gebührenberechnung eine sechsjährige Vertragsdauer zu Grunde gelegt (3+3).

"Gemäß Pkt VI. Absatz 1 des Mietvertrages setzt sich der monatliche Mietzins aus dem Haupt-mietzins, dem verhältnismäßigen Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben, den auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil für besondere Aufwendungen gern. § 24 MRG sowie der Umsatzsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe zusammen.

Der Hauptmietzins beträgt mtl. € 2.168,64 abzgl eines Befristungsabschlages von 25 % nach § 16 Abs 7 MRG. Dieser Abschlag entfällt für den Fall, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht. Da nach den Bestimmungen des § 26 GebG bedingte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind, ist die Gebühr gern. § 33 TP 5 GebG von einem Mietzins in Höhe von € 2.168,64 festzusetzen.

Unter Pkt VI. Absatz 4.2. wird angeführt, dass der Mieter im Mietgegenstand derzeit solche Umsätze erzielt, die ihn nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen und der Vermieter daher nicht berechtigt ist, Umsatzsteuer zu verrechnen und einen Vorsteuerabzug geltend zu machen. Im Absatz 4.3. wird vereinbart, dass der Mieter sich verpflichtet, dem Vermieter allfällige in seiner Sphäre liegende Änderungen, die Auswirkungen auf die Verrechnung der Umsatzsteuer haben - wie insbesondere die Änderung der im Bestandobjekt ausgeübten Tätigkeit der Art als der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist bzw den Mietgegenstand nahezu ausschließlich zur Ausführung von steuerpflichtigen, nicht steuerbaren oder echt steuerbefreiten Umsätzen verwendet, anzuzeigen. Weiters wird festgehalten, dass - wenn der Vermieter berechtigt ist, die Option zur Regelbesteuerung auszuüben, bzw. aus welchem Grund immer, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen - er das Mietentgelt bzw dessen Bestandteile soweit gesetzlich zulässig mit Umsatzsteuer verrechnen wird. Die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer ist somit aufschiebend bedingt vereinbart worden. Daher vermag der Umstand, dass zum derzeitigen Zeitpunkt keine Umsatzsteuer verrechnet wird, an der entstandenen Gebührenschuld nichts zu ändern."

5. Im Vorlageantrag vom wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt und wie folgt vorgebracht:

1.) Befristungsabschlag: Gemäß Punkt VI.1. des Mietvertrags entfällt der Befristungsabschlag für den Fall, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht. Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich dabei um eine Bedingung, die gemäß § 20 GebG als unbedingte, sofort fällige Leistung zu behandeln ist. Der Übergang in ein unbefristetes Mietverhältnis kann gemäß Mietvertrag jedoch nicht ohne das Zutun beider Vertragsparteien eintreten. Es handelt sicher daher weder um eine Potestativbedingung (also eine Bedingung, die vom Willen [nur] einer Person abhängig ist) noch um eine Zufallsbedingung, die zivilrechtlich wirksam vereinbart wurde. Insofern handelt es sich bei dem Befristungsabschlag auch nicht um eine bedingte Leistung iSd § 26 GebG (Vgl. Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz (Hrsg.) GebG2, § 26 Rz 16f)

2.) Umsatzsteuer (bzw. vertragliche "Vorsichtsklausel") Punkt VI.3. des Mietvertrags sieht für den Fall, dass der Mieter den Mietgegenstand auf eine Weise nützt, die dem Vermieter die Option zur Regelbesteuerung gemäß § 6 Abs 2 UStG ermöglicht, eine Erhöhung des Hauptmietzinses - soweit gesetzlich zulässig - um die Umsatzsteuer vor ("Vorsichtsklausel"). Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde aufgrund dieser Klausel eine Erhöhung des monatlichen Mietentgelts für Zwecke der Gebührenbemessung um 20 % vorgenommen. Begründet wurde dies (wie bereits oben ausgeführt) damit, dass es sich dabei um eine aufschiebend bedingte Vereinbarung handeln würde. Sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise erscheint dies jedoch unschlüssig und nicht nachvollziehbar, weil es bei Eintreten dieses Falls zwar zu einer Erhöhung des Hauptmietzinses kommen würde, gleichzeitig jedoch ein steuerfreier Umsatz gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG vorläge, sodass das Entgelt letztlich unverändert bleibt (vereinbarter Verwendungszweck ist "Geschäftszwecke" vgl. auch Punkt X, letzter Absatz, des Mietvertrages). Diese branchenübliche Vorsichtsklausel dient ausschließlich der Absicherung des Vermieters gegen etwaige Nutzungsänderungen durch den Mieter und hat jedenfalls keinerlei Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage der Mietvertragsgebühr, zumal es sich eben auch hier nicht um eine aufschiebende Bedingung handelt.

3.) Auch ein Konnex zwischen dem Befristungsabschlag und der Vorsichtsklausel ist nicht gegeben. Der Befristungsabschlag kommt immer zur Anwendung, solange das Mietverhältnis nicht in ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer übergeht. Der Befristungsabschlag ist aber gänzlich unabhängig davon, ob die Miete mit oder ohne Umsatzsteuer verrechnet wird.

4.) Allgemein zu Bedingungen (gemäß § 26 GebG): Abweichend von den Bestimmungen des BewG sieht § 26 GebG vor, dass bei der Bewertung gebührenpflichtiger Gegenstände bedingte Leistungen und Lasten als unbedingt zu behandeln sind. Im Unterschied zum BewG ist das GebG somit in Hinblick auf die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände als sog. "bedingungsfeindlich" zu charakterisieren, zumal auch (aufschiebend) bedingte Leistungen und Lasten unabhängig des Umstandes bei der gebührenrechtlichen Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind, ob die Bedingung eintritt oder nicht (vgl. GebR 2019, Rz 577). Von § 26 GebG erfasst sind sowohl aufschiebende Bedingungen (Suspensivbedingungen) als auch auflösende Bedingungen (Resolutivbedingungen). Dadurch sind einerseits aufschiebend bedingte Leistungen und Lasten - unabhängig von einem künftigen Bedingungseintritt - bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits hat im Fall von auflösenden bedingten Leistungen und Lasten der spätere Eintritt der Bedingung keine Auswirkungen mehr auf die bereits entstandene Gebührenschuld (keine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage). Diese Regelungen sind aus dem Blickwinkel der Einmalbemessung der Gebühr auch verständlich, weil es ja grundsätzlich keine Änderungen einer berechneten Gebühr gibt. Als Beispiele werden hierfür in der Literatur angeführt (vgl, Bergmann/Wurm in Berg- mann/Pinetz (Hrsg.) GebG2, § 26 Rz 14);

Beispiel 1: Ist die Erhöhung eines Entgelts für die Überlassung eines Bündels an Rechten durch einen Fußballverein davon abhängig, dass der Verein in eine höhere Liga aufsteigt, so liegt eine nach § 26 unbeachtliche Bedingung vor. Die Gebühr wird von der Höhe der bedingten Leistung bemessen.

Beispiel 2: Der Pachtzins für den Salzburgring beträgt EUR 1 im Jahr, sofern auf ihm ein Weitmeisterschaftslauf abgehalten wird, findet nach Parteienvereinbarung eine Anhebung auf EUR 20000 statt. Zur Errechnung der Bemessungsgrundlage für die Gebühr nach § 33 TP 5 sind unabhängig vom Bedingungseintritt die EUR 20.000 als Jahresmietzins heranzuziehen.

Allen diesen Beispielen ist als entscheidender Faktor gemein, dass sich durch die gesetzte Bedingung die gebührenrechtliche Bemessungsgrundlage auch tatsächlich erhöht. Genau das ist im konkreten Sachverhalt aber gerade nicht gegeben. Eine andere Auslegung des § 26 GebG kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden und würde in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise zu einer Besteuerung einer überhöhten Bemessungsgrundlage führen, die aufgrund des gegebenen Sachverhalts und der vor liegenden Mietvertragsurkunde überhaupt/gar nicht und niemals eintreten kann. Anzumerken ist hier noch, dass das Gebührengesetz von seiner Historie har als "Papiersteuer" bzw. "Urkundensteuer" konzipiert war und ist. Fiktive Bemessungsgrundlagen, die sich aus einer Urkunde nicht ergeben, weil sie nach der Vertrags- bzw. Gesetzeslage nicht an den Mieter verrechnet werden können, können vom Gesetzeszweck daher auch zu keiner Gebühr führen."

6. Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Rechtslage und Erwägungen:

1. Gem. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 (Bestandsverträge) beträgt die Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im Allgemeinen 1 v.H.

Gem. Abs. 3 leg. cit. sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.

Nach dem Wortlaut des Vertrages sind die Vertragsparteien für einen Zeitraum von drei Jahren an das Vertragsverhältnis gebunden bzw. kann die Mieterin erstmals mit Wirkung zum , somit drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses, dieses aufkündigen. Im Weiteren besteht für die Mieterin die Möglichkeit zur Kündigung jeweils zum 30.6. bzw. 31.12. unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Der gegenständliche Mietvertrag war somit so zu beurteilen, als wäre er zunächst auf die bestimmte Dauer von drei Jahren abgeschlossen und verlängerte sich danach auf unbestimmte Zeit (Themel in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band 1 (2025) § 33 TP 5 GebG Rz 148).

Daraus resultiert im Beschwerdefall, dass die Rechtsgeschäftsgebühr vom Sechsfachen bzw. zweimal Dreifachen des Jahreswertes der wiederkehrenden Leistung, somit des Mietentgelts, zu bemessen war. Darüber besteht zwischen der Bf und der Abgabenbehörde Einigkeit.

2. Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des BewG 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind (…).

Für Zwecke des § 26 unbeachtlich ist, ob der Eintritt der (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung (das ungewisse Ereignis) vom Willen einer Partei (Potestativbedingung) oder vom Zufall (Zufallsbedingung) oder sowohl vom Parteiwillen als auch vom Zufall (gemischte Bedingung) abhängt. Voraussetzung für die (sofortige) Berücksichtigung von bedingten Leistungen und Lasten nach § 26 ist jedoch, dass die bedingte Leistung (bzw Last) zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist. (Bergmann/Wurm in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG2, § 26, Tz 16f mwN). Das Gebührenrecht unterscheidet nicht zwischen den einzelnen möglichen Arten von Bedingungen (vgl. ; 867/61; , 37/67, jeweils zu § 33 TP 5 GebG ergangen).

Unter Punkt VI. des Mietvertrages ist nach Darstellung des monatlichen Mietzinses - unter Berücksichtigung der Beträge des Befristungsabschlages - festgehalten, dass der Befristungsabschlag für den Fall entfalle, dass das Mietverhältnis in ein solches mit unbestimmter Dauer übergeht.

Ausführungen bzw. eine konkrete Vertragsbestimmung darüber, welche Umstände den Übergang vom vorliegenden befristeten in ein unbefristetes Mietverhältnis bewirken sollen, beispielsweise die Einräumung einer Optionsmöglichkeit der Mieterin, sind dem Mietvertrag nicht zu entnehmen.

Die Abgabenbehörde erblickte in der Darstellung des monatlichen Mietzinses des Mietvertrages eine unbeachtliche Bedingung iSd § 26 GebG 1957, weshalb im bekämpften Bescheid für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr der monatliche Mietzins ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages herangezogen wurde.

Die Bf stellt das Vorliegen einer Bedingung iSd § 26 GebG 1957 hingegen im Wesentlichen mit dem Argument in Abrede, der Übergang in ein unbefristetes Mietverhältnis sei im gegenständlichen Fall nur durch Willensübereinkunft beider Vertragsparteien zu erreichen. Somit liege weder eine Potestativbedingung, die vom Willen einer Vertragspartei abhänge, noch eine Zufallsbedingung vor.

Eine Bedingung iSd § 897 ABGB ist ein zukünftiges ungewisses Ereignis, von dessen Eintritt der Erklärende oder die Vertragsparteien Rechtsfolgen abhängig machen. Das ungewisse, zukünftige Ereignis im Beschwerdefall ist die Umwandlung des befristeten Mietverhältnisses in ein unbefristetes. Die daran zu knüpfende Rechtsfolge ist der Wegfall des Befristungsabschlages iSd § 16 Abs. 7 MRG.

Gemäß dieser Bestimmung vermindert sich der nach § 16 Abs. 1 bis 6 MRG höchstzulässige Hauptmietzins im Fall eines befristeten Hauptmietvertrages (§ 29 Abs. 1 Z. 3 MRG) um 25 vH. Wird der befristete Hauptmietvertrag in einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit umgewandelt, so gilt die Verminderung des nach Abs. 1 bis 6 höchstzulässigen Hauptmietzinses ab dem Zeitpunkt der Umwandlung nicht mehr, sofern sie im Hauptmietvertrag ziffernmäßig durch Gegenüberstellung des für ein unbefristetes Mietverhältnis zulässigen und des tatsächlich vereinbarten Hauptmietzinses schriftlich ausgewiesen wurde.

Ein Wegfall des Befristungsabschlages im Fall der Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis erfolgt somit nicht in jedem Fall ex lege, sondern setzt nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraus, dass im Mietvertrag eine ziffernmäßige Gegenüberstellung der Mietzinse - mit und ohne Berücksichtigung des Befristungsabschlages - erfolgte. Eine solche ziffernmäßige Gegenüberstellung enthält der beschwerdegegenständliche Mietvertrag unter Punkt VI.1., womit vertraglich vereinbart wurde, dass für den Fall, dass das befristete in ein unbefristetes Mietverhältnis übergeht, der Befristungsabschlag wegfallen soll.

Eine Bedingung gem. § 26 GebG liegt somit, schon nach dem, für die Gebührenpflicht gem. § 17 Abs. 1 GebG maßgeblichen, Vertragsinhalt vor.

Ob die Vertragsparteien selbst in dieser Vertragsklausel eine Bedingung iSd § 26 GebG 1957 erblickten oder nicht, ist für die Beurteilung unerheblich.

Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Bestandsvertragsgebühr war sohin vom vereinbarten Hauptmietzins iHv € 2.168,64 auszugehen.

3. Umsatzsteuer

Unter Punkt VI.4. des Mietvertrages ist die Umsatzsteuer als Bestandteil des zu entrichtenden Mietzinses geregelt.

Die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten ist gem. § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Es handelt sich um eine unechte Befreiung. Die Vermieterin hätte durch § 6 Abs. 2 UStG 1994 die Möglichkeit, zur Steuerpflicht der Vermietungsumsätze zu optieren. Die Ausübung dieser Option ist ausdrücklich nur dann möglich, wenn der Leistungsempfänger der Vermietungsumsätze seinerseits nahezu ausschließlich Umsätze erzielt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Die Mieterin erzielt derzeit Umsätze, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Daher besteht auch für die Vermieterin keine Möglichkeit der Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994. Im Mietvertrag wurde vorgesehen, dass für den Fall, dass die Mieterin den Mietgegenstand in einer für den Vorsteuerabzug berechtigenden Weise nutzen sollte und die Vermieterin die Möglichkeit habe zur Regelbesteuerung gem. § 6 Abs. 2 UStG zu optieren, das Mietentgelt mit Umsatzsteuer verrechnet werde.

Diese bedingte Leistung iSd § 26 GebG 1957 wurde von der Abgabenbehörde bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr als unbedingte behandelt und für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Als Begründung wird § 17 Abs. 1 GebG 1957 ins Treffen geführt, wonach für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich ist.

Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsansicht der belangten Behörde.

Die Bestandsvertragsgebühr ist nach dem Wert des Bestandsvertrages zu bemessen, der sich aus der Bestandsdauer und dem Bestandszins ergibt. Der Begriff "nach dem Wert" umfasst nach ständiger Rechtsprechung den Preis, den der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauch zu erbringen hat (Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG2, § 33 TP 5, Rz 129).

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs 1 GebG ist die Umsatzsteuer im Sinne des UStG bei der Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Bestandnehmer beurkundet ist (vgl Fellner, aaO, Rz 107 zu § 33 TP 5 GebG unter Hinweis auf ; , und ).

Wird im Bestandvertrag die Möglichkeit eingeräumt, nach Vertragsabschluss die Miete umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, so ist die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer aufschiebend bedingt. Gemäß § 26 GebG sind aber bedingte Leistungen als unbedingt zu behandeln, woraus sich ergibt, dass in diesem Fall die Bewertung so zu erfolgen hat, als ob die Mieterin zur Zahlung des Mietentgeltes inklusive Umsatzsteuer unbedingt verhalten worden wäre (vgl. ).

Derzeit besteht für die Bf als Vermieterin keine Möglichkeit der Option nach § 6 Abs. 2 UStG, da die Mieterin ausschließlich oder beinahe ausschließlich Umsätze tätigt, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (Betrieb einer Praxisgemeinschaft für Psychotherapie und Physiotherapie, Coaching). Sollte die in Punkt VI.4.3. genannte Bedingung eintreten (Änderung der im Bestandobjekt ausgeübten Tätigkeit der Art, als der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist), wird die Vermieterin das Mietentgelt mit Umsatzsteuer verrechnen.

Der Argumentation der Bf im Vorlageantrag, es handle sich um eine steuerfreie Geschäftsraummiete, kann nicht gefolgt werden, da bereits im Vertrag ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass USt verrechnet wird, wenn dies gesetzlich möglich ist. Das Eintreten der Bedingung ist auch nicht rechtlich unmöglich, wie der Vertreter der Bf. im Vorlageantrag vermeint.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, der angefochtene Bescheid war im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern, die Bemessungsgrundlage und die Höhe der in der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzten Gebühr bleiben unverändert.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage war im Beschwerdefall nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100447.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAF-46976