Aufhebung des Berichtigungsbescheides nach § 293b BAO, wenn nicht alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Wiebke Peperkorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/1/Top12, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid gem. § 293b des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am reichte der nunmehr verstorbene Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 ein. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2016. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden darin mit einem Betrag von EUR -1.803,21 ausgewiesen. Die Einkommensteuer wurde mit EUR -603,00 festgesetzt. Auf eine gesonderte Begründung wurde verwiesen.
In der gesonderten Bescheidbegründung vom wurde festgehalten, dass die Erledigung vom Begehren abweiche. Laut Erklärung 2016 seien Einkünfte in Höhe von EUR 16.507,13 beantragt worden. Der darin enthaltene Sanierungsgewinn sei in gleicher Höhe beziffert und die Ausgleichsquote mit 18,77% angegeben worden. Die Behörde führte im Folgenden aus, dass die steuerliche Begünstigung mangels Sanierungsabsicht jedoch nicht in Anspruch genommen werden könne.
Am erging der nunmehr angefochtene, berichtigende Einkommensteuerbescheid 2016. Dieser Einkommensteuerbescheid ist als "Berichtigung gem. § 293b zu Bescheid vom " bezeichnet und setzt die Einkommensteuer mit EUR 5.741,00 fest. Der Bescheid berichtigt den Einkommensteuerbescheid vom hinsichtlich eines Ausfertigungsfehlers betreffend die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die nunmehr mit EUR 16.507,13 ausgewiesen werden. Eine weitere Begründung enthält der Bescheid nicht.
Dieser Bescheid wurde mit Beschwerde vom angefochten. Ein begünstigter Sanierungsgewinn liege vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, woraufhin am der Vorlageantrag gestellt wurde.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig zwischen den Parteien ist die Frage, ob ein begünstigter Sanierungsgewinn vorliegt.
Im Jahr 2014 schloss der nunmehr verstorbene Bf. Vergleiche mit den drei Banken ***Bank 1***, ***Bank 2*** und ***Bank 3***.
Der abgeschlossene außergerichtliche Vergleich mit der ***Bank 2*** war im Jahr 2016 erfüllt, wodurch die verbleibende Verbindlichkeit von EUR 20.766,92 ausgebucht wurde. Steuerlich führte dies zu Einkünften in Höhe von EUR 16.507,13.
Der nunmehr verstorbene Bf. reichte am seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 ein. Darin berücksichtigte er Einkünfte in Höhe von EUR 16.507,13 als begünstigten Sanierungsgewinn.
Die Abgabenbehörde führte daraufhin Ermittlungen durch.
Mit Schreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung des nunmehr verstorbenen Bf., die ***WT 1***, aufgrund eines zuvor geführten Telefonats mit dem Finanzamt die oben angeführten, abgeschlossenen Vergleiche sowie eine Erläuterung zur Berechnung und Entstehung des Sanierungsgewinnes.
Die Abgabenbehörde teilte die Auffassung des nunmehr verstorbenen Bf. nicht und verneinte das Vorliegen eines begünstigten Sanierungsgewinnes. Diese Versagung wirkte sich aufgrund einer unrichtig vorgenommenen technischen Korrektur durch das Finanzamt nicht im Einkommensteuerbescheid 2016 aus. Erst mit dem Berichtigungsbescheid nach § 293b BAO vom zum Einkommensteuerbescheid 2016 erfolgte die Änderung der Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit die Änderung der festgesetzten Einkommensteuer.
Am **.9.2022 verstarb der Beschwerdeführer. Erben sind die Witwe ***Erbin A*** sowie sein Sohn ***Erbe B***.
2. Beweiswürdigung
Der Abschluss der Vergleiche mit den drei Banken ergibt sich aus den vorgelegten abgeschlossenen Vergleichen samt dem Schreiben vom der steuerlichen Vertretung an die belangte Behörde.
Dass die Erfüllung des außergerichtlichen Vergleiches mit der ***Bank 2*** im Jahr 2016 erfolgte, ergibt sich primär aus dem Schreiben der steuerlichen Vertretung des nunmehr verstorbenen Bf. und ist grundsätzlich unstrittig. Auch aus dem Schreiben (Mail) der Rechtsvertretung der ***Bank 2*** ergibt sich zumindest der Ratenplan, wonach ab August 2024 in 24 Raten EUR 200,- und somit insgesamt EUR 4.800,- geleistet werden sollten.
Die Höhe der Einkünfte von EUR 16.507,13 ist unstrittig. Strittig zwischen den Parteien ist vielmehr, ob dieser Sanierungsgewinn steuerlich begünstigt ist oder nicht.
Die Feststellung, wonach der Bf. am seine Einkommensteuererklärung einreichte, ergibt sich aus einer Abfrage im finanzbehördlichen Abgabeninformationssystems durch die Richterin.
Dass der nunmehr verstorbene Bf. in seiner Einkommensteuererklärung 2016 einen begünstigten Sanierungsgewinn in Höhe von EUR 16.507,13 berücksichtigte, ergibt sich schon aus dem Begehren des nunmehr Verstorbenen, wird aber auch in der Begründung vom zum Einkommensteuerbescheid vom dargelegt. Die Berücksichtigung in der Erklärung und die gegenteilige Auffassung der Abgabenbehörde ist Ursache der Beschwerde.
Dass die Abgabenbehörde Ermittlungen durchführte, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Einkommensteuerbescheid 2016 nicht bereits kurz nach dem Einlangen der Einkommensteuererklärung erlassen wurde, sondern erst knapp drei Monate später, und während dieses Zeitraumes das Schreiben der steuerlichen Vertretung vom bei der Abgabenbehörde einlangte. In diesem Schreiben beruft sich die steuerliche Vertretung auf ein Telefonat mit dem Finanzamt und erläutert - "wie telefonisch vereinbart" - die Berechnung und das Entstehen des Sanierungsgewinnes gem. § 36 EStG. Dass das Telefonat zur Überprüfung des erklärten begünstigten Sanierungsgewinnes stattgefunden hat, wurde von den Parteien grundsätzlich nicht bestritten (vgl. hierzu den Beschluss vom ).
In Beantwortung des Beschlusses vom legte die Abgabenbehörde aber Unterlagen zur Einkommensteuer 2014 vor, aus denen sich ergibt, dass bereits im Jahr 2014 die Berücksichtigung eines begünstigten Sanierungsgewinnes strittig war. Der Abschluss der drei Vergleiche mit den oben genannten Banken war der Abgabenbehörde somit bereits betreffend die Einkommensteuer 2014 bekannt. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass betreffend die Einkommensteuer 2016 Ermittlungen durch die Abgabenbehörde betreffend den erklärten begünstigten Sanierungsgewinn notwendig waren.
Der Umstand, dass die Abgabenbehörde die Meinung des nunmehr verstorbenen Bf., wonach ein begünstigter Sanierungsgewinn vorliege, schon im Einkommensteuerbescheid 2016 vom nicht teilte, ergibt sich aus der ergänzenden Begründung vom zum Einkommensteuerbescheid 2016, wonach die Erledigung vom Begehren des Bf. abweiche und die steuerliche Begünstigung eines Sanierungsgewinnes nicht in Anspruch genommen werden könne. Dass die Versagung sich allerdings nicht auswirkte, ergibt sich zunächst einerseits unmittelbar aus dem Einkommensteuerbescheid 2016 vom selbst, worin die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht mit EUR 16.507,13, sondern mit EUR -1.803,21 beziffert ist und andererseits aus dem angefochtenen Berichtigungsbescheid vom . Erst mit diesem wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf EUR 16.507,13 geändert, woraus sich eine Nachzahlung von EUR 6.344,- ergab. Dass die fehlende Auswirkung auf eine unrichtig vorgenommene technische Korrektur durch das Finanzamt zurückzuführen war, ergibt sich aus einem Ausdruck aus dem finanzbehördlichen Abgabeninformationssystem zum Einkommensteuerbescheid 2016 vom , in dem sowohl die erklärten als auch die durch das Finanzamt korrigierten Beträge ersichtlich sind. Diesen legte das Finanzamt dem Gericht im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung zum Beschluss vom am vor. Aus diesem Ausdruck ergibt sich, dass im Zuge der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2016 das Finanzamt erklärte Beträge (Sanierungsgewinn § 36 EStG KZ 386 und Ausgleichsquote KZ 496) löschte und in der KZ 330 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 16.507,13 auf EUR -1.803,21 korrigierte. Erst mit dem Berichtigungsbescheid nach §293b BAO wurde dieser Fehler korrigiert.
Die Feststellungen zum Tod des Bf. und zu seinen Erben ergeben sich aus dem Einantwortungsbeschluss vom des Bezirksgerichts ***Stadt 1***, den die Abgabenbehörde mit den beiden Schreiben der steuerlichen Vertretung vom und am dem Gericht übermittelte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
3.1.1. Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 293b BAO
Die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2016 vom erfolgte mit einer Berichtigung nach § 293b BAO.
Gem. § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
Die Bestimmung des § 293b BAO setzt zunächst die Rechtswidrigkeit des Inhaltes eines Bescheides voraus.
Im gegenständlichen Fall wurde im Einkommensteuerbescheid 2016 vom ein begünstigt besteuerter außergerichtlicher Sanierungsgewinn berücksichtigt, auch wenn aus der Begründung folgte, dass die steuerliche Begünstigung eines Sanierungsgewinnes nicht in Anspruch genommen werden kann.
Nach § 36 Abs. 1 EStG 1988 i.d.F. BGBl I 2021/227 hat die (begünstigte) Steuerfestsetzung in den Fällen des Abs. 2 nach Maßgabe des Abs. 3 zu erfolgen, wenn im Einkommen des Steuerpflichtigen aus einem Schulderlass resultierende Gewinne enthalten sind. Gem. § 36 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sind aus dem Schulderlass resultierende Gewinne unter anderem auch solche, die aus der Erfüllung einer einem Sanierungsplan gem. §§ 140 bis 156 IO vergleichbaren außergerichtlichen Sanierung entstanden sind. Diese gesetzliche Bestimmung ist allerdings erst ab der Veranlagung für das Jahr 2021 anzuwenden (vgl. hierzu § 124b Z 379 EStG 1988).
Die Fassung des § 36 EStG 1988 vor BGBl I 2021/227 sieht keine steuerliche Begünstigung für außergerichtliche Sanierungsgewinne vor.
Schon daraus ergibt sich die gegenständliche Unrichtigkeit. Die steuerliche Begünstigung eines außergerichtlichen Sanierungsgewinns ohne gesetzliche Grundlage führte zur Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides 2016 vom (auf die allfällige Verwaltungspraxis vor Einführung der geänderten Bestimmung des § 36 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 mit BGBl I 2021/227, die unter bestimmten Voraussetzungen die steuerliche Begünstigung außergerichtlicher Sanierungsgewinne bejahte und auf die sich der nunmehr verstorbene Bf. in seiner Beschwerde beruft, wird im Übrigen nicht weiter eingegangen, vgl. hierzu etwa ).
Die Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides aufgrund einer Unrichtigkeit in der Abgabenerklärung allein berechtigt die Abgabenbehörde jedoch noch nicht zu einer Berichtigung nach § 293b BAO. Für die Anwendbarkeit des § 293b BAO ist zudem erforderlich, dass die Unrichtigkeit "offensichtlich" war und aus einer Abgabenerklärung übernommen wurde.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Befugnis der Abgabenbehörde zur Berichtigung nach § 293b BAO entscheidend, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, dem eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. ).
Unrichtigkeiten, welche erst im Wege eines über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausgehenden Ermittlungsverfahrens erkennbar sind, sind hingegen einer Berichtigung gemäß § 293b BAO nicht zugänglich (vgl. ; , Ro 2014/15/0015).
Die Rechtsprechung des VwGH setzt für das Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit somit voraus, dass die Behörde den Fehler allein aufgrund der Erklärung und der Aktenlage ohne weiterem Ermittlungsverfahren hätte erkennen können. Der Abgabenbehörde war zwar in Hinblick auf die Einkommensteuer 2014 der Abschluss dreier Vergleiche grundsätzlich bekannt. Dies konnte betreffend die Einkommensteuer 2016 jedoch allenfalls (berechtigte) Zweifel an der Richtigkeit des Erklärten wecken und zur Notwendigkeit der Überprüfung führen. Die belangte Behörde benötigte jedoch zur Überprüfung des begünstigten Sanierungsgewinnes Unterlagen von der steuerlichen Vertretung. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schreiben der steuerlichen Vertretung vom (somit nach eingereichter Erklärung und vor Bescheiderlassung), wonach "wie telefonisch vereinbart" die Berechnung und das Entstehen des Sanierungsgewinnes erläutert und die Vergleiche übermittelt wurden.
Wird ein Vorhalteverfahren durchgeführt (das auch im Zuge eines Telefonats stattfinden kann), schließt dies jedoch die Anwendbarkeit des § 293b BAO aus.
Insofern stellte der VwGH in einem Erkenntnis folgendes fest:
"Geht man aber von der Durchführung eines Vorhaltsverfahrens aus, kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit bei der Veranlagung übersehen wurde. Der entsprechende Vorhalt zeigt unabhängig davon, ob ein ergänzendes Ermittlungsverfahren überhaupt erforderlich war, jedenfalls auf, dass im Rahmen der entsprechenden Veranlagung nicht eine Unrichtigkeit übersehen, sondern zumindest Zweifel an der Richtigkeit der erklärten Betriebsausgaben entstanden waren, in der Folge aber die - unrichtige - Beurteilung des Beschwerdeführers geteilt worden war. Von einer Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung kann in einem solchen Fall keine Rede sein" ().
Erst durch die telefonische Nachfrage bei der steuerlichen Vertretung und Übermittlung der notwendigen Unterlagen durch diesen war für die Abgabenbehörde ersichtlich, woraus sich konkret der für das Jahr 2016 erklärte Sanierungsgewinn dem Grunde und der Höhe nach ergab. Von einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Sinn der Rechtsprechung des VwGH konnte die Behörde daher nicht ausgehen.
Im Übrigen ist aber auch das weitere Kriterium des § 293b BAO, die Übernahme der offensichtlichen Unrichtigkeit aus Abgabenerklärungen nicht erfüllt:
Die Bestimmung des § 293b BAO soll eine Handhabe für Fälle bieten, in denen im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Parteien Unrichtigkeiten, selbst wenn diese offensichtlich sind, aus den Abgabenerklärungen (einschließlich Beilagen) in Bescheide übernommen werden ( mit Verweis auf den Bericht des Finanzausschusses zum Abgabenänderungsgesetz 1989, 1162 BlgNr 17. GP 15; Hervorhebung nicht im Original).
Der VwGH stellt in seiner Rechtsprechung für die Übernahme der Unrichtigkeit aus Abgabenerklärungen auf ein "Erkennen hätte müssen" durch die Abgabenbehörde ab (vgl. hierzu nochmals vgl. ). So stellen auch Ritz/Koran, BAO7 § 293b Rz 7, fest, dass eine Übernahme der (offensichtlichen) Unrichtigkeit dann vorliegt, wenn die Abgabenbehörde den widersprüchlichen, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmenden Sachverhalt dem Bescheid zugrunde legt, weil sie die Unrichtigkeit mangels entsprechender Prüfung nicht erkennt.
Im gegenständlichen Fall hat allerdings die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit sehr wohl erkannt. So stellte sie ausdrücklich in der Begründung zum Einkommensteuerbescheid fest, dass dem Begehren nicht Rechnung getragen werden konnte und die steuerliche Begünstigung eines Sanierungsgewinnes nicht in Anspruch genommen werden kann. Zahlenmäßig wirkte sich ihre Entscheidung jedoch nicht im Einkommensteuerbescheid aus, weshalb es einer Berichtigung bedurfte. Kausal für die fehlende zahlenmäßige Auswirkung war demnach jedoch nicht die grundsätzliche Unrichtigkeit in der Abgabenerklärung, sondern die fehlende bzw. unrichtige technische Korrektur durch die Abgabenbehörde (vgl. zur Kausalität des Inhalts der Abgabenerklärung für die Rechtswidrigkeit des Bescheides ; vgl. auch ferner Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar, Digital First 2.06 § 293b Rz 3). Den (offensichtlich unrichtigen) Inhalt einer Erklärung zu übernehmen, bedeutet daher, dass die Unrichtigkeit ohne weiteres Zutun und Erkennen der Behörde ihren Weg in den jeweiligen Bescheid finden muss.
Sobald die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit erkennt und versucht, die Unrichtigkeit zu korrigieren und dabei aus technischen Gründen (weil ihr selbst ein Eingabefehler unterläuft) scheitert, ist der Anwendungsbereich des § 293b BAO nicht mehr eröffnet, sondern wäre ein solcher Fehler im Wege einer Berichtigung nach § 293 BAO zu korrigieren.
Liegen die Gründe für eine Bescheidberichtigung nach § 293b BAO nicht vor, ist der den Sachbescheid ergänzende Berichtigungsbescheid ersatzlos zu beheben.
3.1.2. Zur Frage der Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung
Am stellte die steuerliche Vertretung des nunmehr verstorbenen Bf. den Vorlageantrag und weist darauf hin, die nähere Begründung kurzfristig nachzureichen. Weder in diesem Vorlageantrag noch zuvor in der Beschwerde vom wurde ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Erst in der nachgereichten Begründung vom zum Vorlageantrag weist die steuerliche Vertretung im Namen des nunmehr verstorbenen Bf. auf Folgendes hin: "Ich halte die bisherigen Anträge aufrecht, speziell jenen auf vollinhaltliche stattgebende Erledigung durch das BFG nach durchgeführter mündlicher Vorhandlung vor dem/der EinzelrichterIn (kein voller Senat)."
Gem. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde, im Vorlageantrag, in der Beitrittserklärung oder in dem Bescheid, der gem. § 253 BAO an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt (innerhalb eines Monat nach Bekanntgabe (§ 97 BAO) des späteren Bescheides) beantragt wird.
Anträge, die erst in einem Ergänzungsschreiben zur Beschwerde gestellt werden, sind nicht mehr rechtzeitig und zwar auch dann nicht, wenn die Ergänzung noch innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht worden wäre. (vgl. hierzu ; siehe auch etwa Gunacker-Slawitsch in Ehrke-Rabel/Gunacker-Slawitsch, Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen2 Rz 3.43 m.w.N. zur VwGH-Judikatur). Gleiches gilt für ergänzende Schriftsätze zum Vorlageantrag.
Ein rechtzeitiger Antrag auf mündliche Verhandlung liegt damit jedenfalls nicht vor und hatte daher keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung gründet sich auf die Bestimmung des § 293b BAO und auf die oben unter Punkt 3.1. zitierte ständige Rechtsprechung des VwGH zu dieser Bestimmung, von der das Gericht nicht abgewichen ist. Aus diesem Grund war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 36 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 36 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100469.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
PAAAF-46965