Aufhebung und Zurückverweisung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***MV***, als Masseverwalter im Konkursverfahren der ***D*** GmbH (vormals: ***Z*** GmbH, wiederum davor: ***E*** GmbH), diese als Rechtsnachfolgerin der ***B*** GmbH & Co KG, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Umsatzsteuer 2012 beschlossen:
I. Gemäß § 278 Abs. 1 BAO werden der angefochtene Bescheid sowie die in weiterer Folge erlassene Beschwerdevorentscheidung aufgehoben und die Sache zur Erledigung an das Finanzamt zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang
Die sich seit August 2022 im Konkurs befindliche ***D*** GmbH (FN ***123***; ursprünglicher Firmenname: ***E*** GmbH; letztere Firmenbezeichnung wird im Folgenden verwendet) war alleinige Komplementärin folgender im April 2009 errichteter Kommanditgesellschaften:
• ***A*** GmbH & Co KG (in der Folge "***A*** KG)
• ***B*** GmbH & Co KG (FN ***123***; in der Folge "***B*** KG"; hier verfahrensgegenständlich)
• ***C*** GmbH & Co KG (in der Folge "***C*** KG")
Die genannten Gesellschaften wurden allesamt für die Abwicklung des rund 85 Wohneinheiten, ein Geschäftslokal und mehrere Tiefgaragenplätze umfassenden Bauträgerprojektes "**XY***" errichtet.
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH (FN ***123***) als vorletzte Gesellschafterin aus der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***E*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, sind die ***A*** KG, die ***B*** KG und die ***C*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***E*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013, das zugrundeliegende Firmenbuchgesuch datiert mit tt.mm.2013.
Im Laufe des Jahres 2016 fand bei der ***E*** GmbH eine Außenprüfung betreffend ua Umsatzsteuer 2009 bis 2014 statt. Gegenstand dieser Außenprüfung waren überdies die umsatzsteuerlichen Belange der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG, deren Gesamtrechtsnachfolgerin die ***E*** GmbH ist.
Die vom Finanzamt zur ***A*** KG, zur ***B*** KG und zur ***C*** KG getroffenen Prüfungsfeststellungen sind zum einen in gesonderten Prüfungsberichten je KG (lautend auf "***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***A*** KG" datiert mit , "***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG" datiert mit und "***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG" datiert mit ) und zum anderen wortlautgleich in einem auf die ***E*** GmbH selbst lautenden Prüfungsbericht vom , der darüber hinaus noch weitere zur ***E*** GmbH selbst getroffene Prüfungsfeststellungen umfasst, enthalten.
Die die ***B*** KG betreffenden Prüfungsfeststellungen lauten wie folgt (siehe Außenprüfungsbericht "***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG" vom , Tz 2 bis 5):
"Tz 2 Verkauf von Wohnungen
Am wurde die AR 01/2012 an die ***G*** GmbH gestellt. Laut dieser Ausgangsrechnung wurden die Wohnungen Top 31, 35 und 48 inklusive zwei KFZ-Plätzen um € 397.000,- netto, 20% USt verkauft. In den Verkaufslisten für dieses Gebäude war ein Wert von € 582.647,50 netto anstatt von € 387.000,- It. der Ausgangsrechnung 01/2012 für diese Wohnungen angegeben. Aufgrund der vorliegenden Informationen geht die Behörde davon aus, dass diese Immobilien mit zu niedrigen Preisen an die ***G*** GmbH verkauft wurde.
Diese Umsatzdifferenz von € 195.647,50 wird im Jahre 2012 zum Ansatz gebracht.
Auf die Beilage zum Bericht ***E*** GmbH, StNr. ***123*** (Tz. 5.) wird hingewiesen.
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2012 | |
Umsatz lt. Vlg. | 397.000,00 |
Differenz | 195.647,50 |
Umsatz lt. BP | 592.647,50 |
davon mit 20% zu verusten [sic!] | 592.647,50 |
(…)
Tz 3 Steuerfreie Umsätze
Der Vergleich zwischen den steuerfreien Umsätzen, die auf dem Konto 4040 gebucht waren, und den erklärten bzw. veranlagten steuerfreien Umsätzen führte zu Abweichungen, die wie folgt berichtigt werden:
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2012 | |
steuerfreie Umsätze lt. Kto. 4040 | 398.334,00 |
Steuerfreie Umsätze lt. Vlg. | 239.000,48 |
Differenz | 159.333,52 |
(…)
Tz 4 Vorsteuerkürzung
Anhand der in der Buchhaltung zum Ansatz gebrachten Umsätze wird das Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen ermittelt und gem. § 12 UStG 1994 auf die beantragten Vorsteuern umgelegt.
Auf die Beilage zum Bericht ***E*** GmbH, StNr. ***123*** (Tz. 4. und 5.) wird hingewiesen.
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2012 | ||
Steuerpfl. Umsätze lt. Buchhaltung | 10.432.550,12 | 86,40% |
Steuerfreie Umsätze lt. Buchhaltung | 1.641.581,00 | 13,60% |
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86,4% VSt lt. BP | -459.274,06 |
91,95% VSt lt. Vlg. | -488.766,04 |
Differenz Vorsteuer | 29.501,98 |
(…)
Tz 5 Verfahrensrechtliche Stellungnahme
Bei dieser Personengesellschaft erfolgte eine Vermögensübernahme gem. § 142 UGB durch die ***E*** GmbH (StNr. ***123***). Die Vermögensübernahme wurde im Dezember 2013 im Firmenbuch angemerkt, wodurch gem. § 142 UGB die Personengesellschaft vollbeendet ist. Gem. § 19 (2) BAO gehen bei Vollbeendigung von Personengesellschaften die Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter über. Für die Umsatzsteuer kommt es zu einer Gesamtrechtsnachfolge der ***E*** GmbH."
Im Anschluss an die Außenprüfung erließ das Finanzamt am den hier angefochtenen, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012. Darin sind sämtliche Positionen (mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages) mit € 0,00 ausgewiesen.
Am selben Tag erließ das Finanzamt auch einen an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***A*** KG gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012 und überdies einen an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012. Auch in diesen Bescheiden sind sämtliche Positionen - mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages - mit € 0,00 ausgewiesen.
Darüber hinaus erließ das Finanzamt am einen an die ***E*** GmbH gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012, in welchen neben dem umsatzsteuerlichen Ergebnis 2012 der ***E*** GmbH selbst die umsatzsteuerlichen Ergebnisse 2012 der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG einflossen.
Mit Schreiben vom wurde ua gegen den an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012 vom Beschwerde erhoben mit dem Hinweis, dass eine Begründung nachgereicht werde.
In Reaktion auf einen seitens des Finanzamtes erteilten Mängelbehebungsauftrag vom ließ die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG durch ihren steuerlichen Vertreter dem Finanzamt ein mit datiertes, als "Mängelbehebung" bezeichnetes Schreiben zukommen. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass es sich beim angefochtenen Bescheid mangels richtiger Adressierung um einen absolut nichtigen Verwaltungsakt ("Nicht-Bescheid") handle. Zudem wurde zu den Prüfungsfeststellungen wie folgt Stellung bezogen:
Ad Wohnungsverkauf:
Hier fehle es bereits am nötigen Sachverhalt. Der Hinweis auf irgendwelche, nicht näher konkretisierte "Informationen" sei völlig unzureichend. Es sei nicht (nicht einmal ansatzweise) zu erkennen, aus welchen sachlichen Gründen das Finanzamt von einem um mehr als 25% höheren Wert der Immobilie ausgehe. Die Betriebsprüfung habe jedwede eigenständige Wertermittlung unterlassen. Der auf die Wohnungen Top 31, 35 und 48 samt zweier Kfz-Abstellplätze entfallende Kaufpreis von € 397.000,00 zzgl USt sei angemessen und als solcher der Besteuerung zugrunde zu legen.
Ad Steuerfreie Umsätze:
Den diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes könne nicht gefolgt werden. Unter anderem sei aus diesem Grund, zeitgleich mit der eingereichten Beschwerde, Akteneinsicht beantragt worden, die jedoch bis heute nicht gewährt worden sei. Eine Begründung werde daher nach erfolgter Akteneinsicht erfolgen.
Ad Vorsteuerkürzung:
Die Vorsteuerkürzung in Höhe von € 29.501,98 werde der Höhe nach bestritten. Diese betrage nach aktualisierter Berechnung eine zusätzliche Vorsteuer in Höhe von € 4.748,87.
In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt wie folgt aus:
Ad "Nicht-Bescheid":
§ 142 Abs. 1 UGB normiere, dass dann, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibe, die Gesellschaft ohne Liquidation erlösche. Das Gesellschaftsvermögen gehe im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über. Diese Bestimmung setze voraus, dass nur noch ein Gesellschafter verbleibe. Der Rechtsgrund sei irrelevant. Das Firmenbuch dokumentiere die Löschung der ***A*** KG (sic!) mit Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die ***E*** GmbH (Eintragung vom tt.mm.2013). Die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers seien im Weg der Gesamtrechtsnachfolge iSd § 19 BAO auf die ***E*** GmbH übergegangen. Dies gelte insbesondere für Abgabenschulden, Haftungsschulden, verfahrensrechtliche Rechtspositionen und Fristen. Erledigungen seien damit an den Gesamtrechtsnachfolger zu richten, was gegenständlich mit "***E*** GmbH als RNF (Rechtsnachfolger) der ***A*** GmbH & Co KG, zH steuerliche Vertretung" (sic!) erfolgt sei. Die Ausführungen im Mängelbehebungsschreiben vom zum Vorliegen von Nicht-Bescheiden seien daher nicht stichhaltig.
Ad Beschwerdebegründung:
Die Ausführungen im Mängelbehebungsschreiben vom beschränkten sich auf unbegründete bzw. nicht belegte Behauptungen zu den Prüfungsfeststellungen. Die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 sei mit dem Betrag von € 0,00 festgesetzt worden. Es sei somit keine doppelte Zurechnung von steuerfreien/steuerpflichtigen Umsätzen erfolgt.
In den Ausführungen ad "Nicht-Bescheid" wurde vom Finanzamt lediglich auf die (firmenbücherliche) Historie betreffend ***A*** KG Bezug genommen.
Mit Schreiben vom wurde innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.
Daraufhin legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom heißt es lediglich:
"Sachverhalt: Siehe Prüfungsbericht.
Beweismittel: Siehe Prüfungsbericht.
Stellungnahme: Um Abweisung sämtlicher Anträge wird ersucht."
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung 5010 zugewiesen.
Am fand vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer ua folgende Frage an den Finanzamtsvertreter gerichtet wurde:
"Im Anschluss an die Außenprüfung erließ das Finanzamt am die hier angefochtenen, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***A*** GmbH & Co KG, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** GmbH & Co KG und an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** GmbH & Co KG gerichteten Umsatzsteuerbescheide 2012. Darin sind sämtliche Positionen - mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages - mit 0,00 Euro ausgewiesen. Darüber hinaus erließ das Finanzamt am einen an die ***E*** GmbH gerichteten Umsatzsteuerbescheid 2012, in welchen zum einen das die ***E*** GmbH selbst betreffende umsatzsteuerliche Ergebnis 2012 Eingang fand und zum anderen die umsatzsteuerlichen Ergebnisse 2012 der ***A*** GmbH & Co KG, der ***B*** GmbH & Co KG und der ***C*** GmbH & Co KG eingeflossen sind. Weshalb wurde diese - für das Bundesfinanzgericht in zahlenmäßiger Hinsicht anhand der aktenkundigen Unterlagen zum Teil nicht nachvollziehbare - Vermengung der umsatzsteuerlichen Ergebnisse in einem einzigen Bescheid vorgenommen?"
Der Finanzamtsvertreter beantwortete diese Frage wie folgt:
"Wie aus dem BP-Bericht der ***E*** GmbH ersichtlich, wurde davon ausgegangen, dass es aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom tt.mm.2012 zu einer Anwachsung gekommen ist. Dabei handelt es sich offenbar um ein Missverständnis. Die Anwachsung hat tatsächlich im Jahr 2013 stattgefunden und wurde ja auch erst Ende 2013 im Firmenbuch eingetragen."
2. Sachverhalt
Die sich seit August 2022 im Konkurs befindliche ***D*** GmbH (FN ***123***; ursprünglicher Firmenname: ***E*** GmbH), die mit Gesellschaftsvertrag vom tt.mm.2009 errichtet wurde, war alleinige Komplementärin folgender mit Gesellschaftsverträgen jeweils vom tt.mm.2009 errichteter Kommanditgesellschaften:
***A*** KG
***B*** KG (FN ***123***; hier verfahrensgegenständlich)
***C*** KG
Die genannten Gesellschaften wurden allesamt für die Abwicklung des rund 85 Wohneinheiten, ein Geschäftslokal und mehrere Tiefgaragenplätze umfassenden Bauträgerprojektes "**XY***" errichtet.
Zu diesem Zweck erwarben die ***A*** KG, die ***B*** KG und die ***C*** KG mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft EZ ***1234***.
Die einzelnen Wohn- und Geschäftseinheiten der in der Folge auf der genannten Liegenschaft neu errichteten Anlage wurden von der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG im Zeitraum 2010 bis 2012 an Unternehmer und private Endverbraucher verkauft.
Mit der Errichtung der Anlage wurde die ***E*** GmbH beauftragt. Im Jahr 2012 erfolgte die diesbezügliche Abrechnung durch die ***E*** GmbH mit der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG.
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH (FN ***123***) als vorletzte Gesellschafterin aus der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***E*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, sind die ***A*** KG, die ***B*** KG und die ***C*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***E*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013, das zugrundeliegende Firmenbuchgesuch datiert mit tt.mm.2013.
Das umsatzsteuerliche Ergebnis 2012 der ***B*** KG wurde in den am erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012 der ***E*** GmbH miteinbezogen.
Sämtliche Positionen (mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages) des infolge der Außenprüfung ergangenen, hier verfahrensgegenständlichen und an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Bescheides weisen € 0,00 aus.
3. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zur Errichtung der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG sowie zum Kreis ihrer Gesellschafter stützen sich ebenso auf Abfragen des Firmenbuches wie die Feststellung zur Errichtung der ***E*** GmbH.
Die Feststellungen hinsichtlich der Tätigkeit der Gesellschaften sind unstrittig und ergeben sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen.
Die Feststellungen betreffend die bescheidmäßige Verarbeitung des umsatzsteuerlichen Ergebnisses 2012 der ***B*** KG beruhen einerseits auf dem Umsatzsteuerbescheid 2012 der ***E*** GmbH und andererseits auf dem hier streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid 2012 der ***B*** KG.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung und Zurückverweisung)
Gemäß § 142 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über.
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH als vorletzte Gesellschafterin aus der ***B*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***E*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, ist die ***B*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***E*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013.
Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.
Gesamtrechtsnachfolge liegt insbesondere bei einer Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB vor (vgl. etwa ).
Der Gesamtrechtsnachfolger tritt sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich voll an die Stelle des Rechtsvorgängers (vgl. etwa ).
Daher sind sämtliche Bescheide, die Besteuerungszeiträume vor der Vermögensübernahme und liquidationslosen Vollbeendigung der Personengesellschaft (§ 142 UGB) betreffen, aber erst danach ergehen, an den letzten verbliebenen Gesellschafter als Rechtsnachfolger der vollbeendeten Personengesellschaft zu richten.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht (nur) für in einem Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO ergehende Bescheide. Im Fall der Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) haben Feststellungsbescheide kraft der ausdrücklichen und speziellen gesetzlichen Anordnung des § 191 Abs. 2 BAO nicht an den Gesamtrechtsnachfolger (§ 19 Abs. 1 BAO), sondern an die Personen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, zu ergehen (jüngst etwa , unter Hinweis auf Vorjudikatur).
Es kann dem Finanzamt daher nicht entgegengetreten werden, wenn es den hier angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2012 vom an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG richtete (der Bescheidadressat wurde im angefochtenen Bescheid mit "***xxx***" abgekürzt; in Zusammenschau mit dem Außenprüfungsbericht vom , auf den in der Begründung des Bescheides verwiesen wird, ergibt sich zweifelsfrei, dass damit die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gemeint ist) .
Der diesbezügliche Beschwerdeeinwand geht somit ins Leere.
Die Vorgehensweise des Finanzamtes erweist sich jedoch insofern als rechtswidrig, als es das umsatzsteuerliche Ergebnis 2012 der ***B*** KG nicht im hier angefochtenen, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Bescheid, in welchem sämtliche Positionen (mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages) mit € 0,00 ausgewiesen sind, erfasste, sondern in den am an die ***E*** GmbH erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2012, in welchen es neben dem umsatzsteuerlichen Ergebnis 2012 der ***E*** GmbH selbst auch die umsatzsteuerlichen Ergebnisse 2012 der ***A*** KG und der ***C*** KG miteinbezog, einfließen ließ.
Das Finanzamt hat damit das umsatzsteuerliche Ergebnis 2012 der ***E*** GmbH mit den umsatzsteuerlichen Ergebnissen 2012 der ***A*** KG, der ***B*** KG und der ***C*** KG, die im Jahr 2012 als eigenständige, voneinander unabhängige Rechtsträger (Umsatzsteuersubjekte) tätig waren (der Anwachsungsvorgang gemäß § 142 UGB fand erst im Jahr 2013 statt; siehe oben), in rechtlich unzulässiger und für das Bundesfinanzgericht in zahlenmäßiger Hinsicht nicht nachvollziehbarer Weise in dem am an die ***E*** GmbH erlassenen - hier nicht verfahrensgegenständlichen - Umsatzsteuerbescheid 2012 vermengt.
Diese unzulässige Vermengung setzt sich auf Ebene der getroffenen Prüfungsfeststellungen fort. So wurde seitens des Finanzamtes unter Tz 4 des Außenprüfungsberichtes hinsichtlich der ***B*** KG eine Aufteilung in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge des Jahres 2012 nach dem Umsatzschlüssel (dh nach dem Verhältnis der unecht befreiten, zum Vorsteuerausschluss führenden Umsätze zu den übrigen, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen) vorgenommen. Das Finanzamt tat dies nicht nur auf Basis der Umsätze der ***B*** KG, sondern bezog auch die Umsätze der ***A*** KG und der ***C*** KG in die Ermittlung des Umsatzschlüssels mit ein.
Rechtlich richtig wäre es gewesen, das auf die ***B*** KG entfallende umsatzsteuerliche Ergebnis 2012 im hier angefochtenen, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Bescheid, in welchem sämtliche Positionen (mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages) mit € 0,00 ausgewiesen sind, zu erfassen.
In der irrigen Annahme, dass die ***B*** KG im Jahr 2012 anwachsungsbedingt (§ 142 UGB) nicht mehr als eigenständiges Umsatzsteuersubjekt existiert habe, hat es das Finanzamt unterlassen, die von der ***B*** KG im Jahr 2012 getätigten Umsätze und bezogenen Leistungen in zahlenmäßiger Hinsicht gesondert zu ermitteln und im hier angefochtenen, an die ***E*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***B*** KG gerichteten Bescheid, in welchem sämtliche Positionen (mit Ausnahme des Vorsoll-Betrages) mit € 0,00 ausgewiesen sind, zu erfassen.
Dies läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass im nunmehrigen Verfahrensstadium erstmals die (nur) die ***B*** KG betreffenden umsatzsteuerlich relevanten Bemessungsgrundlagen (Ausgangsumsätze, bezogene Leistungen etc) gesondert zu ermitteln und zu erfassen sind.
Das Finanzamt hat demnach im Sinne des § 278 Abs. 1 BAO Ermittlungen unterlassen, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können.
Nach der zitierten Bestimmung kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Im vorliegenden Fall wurden vom Finanzamt nicht bloß punktuelle bzw. lückenschließende Ermittlungen unterlassen, geht es doch nunmehr darum, jede einzelne bescheidmäßig auszuweisende Bemessungsgrundlagen-Position (steuerbare Umsätze, steuerfreie Umsätze, steuerpflichtige Umsätze, Vorsteuern etc) erstmals gesondert zu ermitteln und zu erfassen.
Es ist nicht zu erkennen, dass die Vornahme der gegenständlichen Ermittlungshandlungen durch das Bundesfinanzgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Das Bundesfinanzgericht geht vielmehr davon aus, dass die notwendigen Ermittlungen von der Abgabenbehörde rascher und kostensparender angestellt werden können. Dies insbesondere auch aus folgendem Grund: Wie bereits oben dargelegt wurde, wurden die umsatzsteuerlichen Ergebnisse mehrerer eigenständiger Rechtsträger (***E*** GmbH, ***A*** KG, ***B*** KG und ***C*** KG) seitens des Finanzamtes in dem am an die ***E*** GmbH erlassenen - hier nicht verfahrensgegenständlichen - Umsatzsteuerbescheid 2012 in für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbarer Weise vermengt. Das Finanzamt sollte daher in der Lage sein, sich wesentlich rascher einen Überblick über die auf die einzelnen Rechtsträger entfallenden umsatzsteuerlich relevanten Zahlen zu verschaffen als das Bundesfinanzgericht, das im hier gegenständlichen Beschwerdefall nur über die ***B*** KG abzusprechen hat.
Es ist nicht im Sinn des Gesetzes, wenn das Bundesfinanzgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Institution ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 278 Tz 5; siehe auch ). Durch die Unterlassung der gesonderten Ermittlung und Erfassung der umsatzsteuerlich relevanten Bemessungsgrundlagen der ***B*** KG durch das Finanzamt käme es jedoch zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Bundesfinanzgericht und wäre das Bundesfinanzgericht jene Institution, die erstmals alle Aspekte des entscheidungswesentlichen Sachverhalts ermitteln und einer Beurteilung unterziehen würde, anstatt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrzunehmen.
Das Bundesfinanzgericht sieht sich vor diesem Hintergrund dazu veranlasst, den angefochtenen Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung und neuerlichen Entscheidung an das Finanzamt zurückzuverweisen.
Abschließend ist zu Tz 2 des die ***B*** KG betreffenden Außenprüfungsberichtes vom ("Verkauf von Wohnungen"; siehe oben unter Punkt 1. "Verfahrensgang") Folgendes zu bemerken: Das Finanzamt hielt fest, dass der Verkauf der Wohnungen Top 31, 35 und 48 samt zwei Kfz-Parkplätzen an die ***G*** GmbH zu einem zu niedrigen Preis erfolgt sei, und zog als Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage nicht den tatsächlich vereinbarten Kaufpreis, sondern einen in den "Verkaufslisten" genannten, um € 195.647,50 höheren Kaufpreis heran. Abgesehen davon, dass der Außenprüfungsbericht nachvollziehbare Ausführungen zur Wertermittlung vermissen lässt, ist eine rechtliche Grundlage für eine solche Erhöhung der Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage nicht ersichtlich. Die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl I 112/2012, geschaffene Regelung des § 4 Abs. 9 UStG 1994, die ua für Leistungsbeziehungen zwischen gesellschaftlich verflochtenen Unternehmen unter den dort näher geregelten Voraussetzungen den Ansatz des "Normalwertes" als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage vorsieht, ist gemäß § 28 Abs. 39 UStG 1994 erstmals auf nach dem ausgeführte Umsätze anzuwenden. Darüber hinaus war die Lieferung von Grundstücken bis zum von der Anwendung der Normalwertregelung explizit ausgeschlossen (erst mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl I 118/2015, wurde die Normalwertregelung auch auf diese Umsätze ausgedehnt; dazu etwa Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 4 Rz 421). Die Normalwertregelung ist daher für den vorliegenden Fall, der das Jahr 2012 betrifft, schon aus den genannten Gründen nicht maßgeblich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung sind demnach nicht erfüllt.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2101000.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
RAAAF-46960