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VwGH 09.12.2024, Ro 2024/16/0008

VwGH 09.12.2024, Ro 2024/16/0008

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
EURallg
TabStG 1995 §3 Abs3 Z1
TabStG 1995 §3 Abs6
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1 lita
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1 litb
62019CJ0674 Skonis ir kvapas VORAB
62022CJ0336 f6 Cigarettenfabrik VORAB
RS 1
Die Frage, ob Wasserpfeifentabak sich "ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet" hat der EuGH bejaht (vgl. , "Skonis ir kvapas" UAB, Rn. 38). Der EuGH betont dabei, dass die Erhitzung und die Verbrennung aller Stoffe, aus denen Wasserpfeifentabak wie der im dortigen Ausgangsverfahren in Rede stehende besteht, Rauch zum Einatmen erzeugt (Rn. 34). In Zusammenhang mit zu erhitzenden Tabaksträngen, die dazu bestimmt sind, in ein batteriebetriebenes Heizgerät eingeführt zu werden, hat der EuGH ausgesprochen, dass bei der Erhitzung des im dortigen Ausgangsverfahren in Rede stehenden "erhitzten" Tabaks durch elektrische Energie ein Aerosol entsteht, das vom Konsumenten inhaliert wird, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Tabak im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/64/EU zum Rauchen geeignet ist oder sich im Sinn ihres Art. 5 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie ohne weitere industrielle Bearbeitung, das heißt ohne Umwandlung von Rohstoffen in materielle Güter anhand eines standardisierten Verfahrens, zum Rauchen eignet (vgl. , f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG, Rn. 33). Diesen Ausführungen des EuGH ist zu entnehmen, dass es für die Eigenschaft einer Ware "sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen" zu eignen im Sinn des § 3 Abs. 6 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG gerade nicht darauf ankommt, dass diese Ware "selbst angezündet und verbrannt wird".
Normen
EURallg
TabStG 1995 §3 Abs3 Z1
TabStG 1995 §3 Abs6
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1 lita
RS 2
Ob die Hitze, die zur Herstellung des Aerosols erforderlich ist, durch elektrische Energie oder durch thermische Energie aus der Verbrennung von Kohle gewonnen wird, spielt für die Anwendung des § 3 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 TabStG keine Rolle, weil dieser - wie auch Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64/EU - in diesem Zusammenhang nur auf die Eignung zum Rauchen, nicht aber auf die Art der Gewinnung der dafür erforderlichen Energie abstellt.
Normen
EURallg
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
62019CJ0674 Skonis ir kvapas VORAB
RS 3
Der EuGH weist im Urteil, C-674/19, "Skonis ir kvapas" UAB, darauf hin, dass alle Stoffe, aus denen der (dortige) Wasserpfeifentabak besteht, als Bestandteile eines einzigen Erzeugnisses "erhitzt und geraucht" werden und ein solches Erzeugnis für die Zwecke der Richtlinie 2011/64/EU als Ganzes als Rauchtabak anzusehen ist und als solcher der Verbrauchsteuer auf Tabak unterliegt (Rn. 45).
Normen
EURallg
TabStG 1995 §3 Abs2
TabStG 1995 §3 Abs3
TabStG 1995 §3 Abs6
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1
62004CJ0495 A. C. Smits-Koolhoven VORAB
RS 4
Dass Waren zur Gänze aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, steht der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 6 TabStG nicht entgegen, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 leg. cit. erfüllt sind (vgl. ; vgl. auch Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64/EU; vgl. auch , A. C. Smits-Koolhoven, zu tabakfreien Kräuterzigaretten).
Normen
EURallg
TabStG 1995 §3 Abs3
TabStG 1995 §3 Abs6
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1
62019CJ0674 Skonis ir kvapas VORAB
RS 5
Dem TabStG wohnt die aus der Richtlinie 2011/64/EU übernommene Zielsetzung inne. Demnach sind, um zum einen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und neutrale Wettbewerbsbedingungen im Tabaksektor und zum anderen ein hohes Schutzniveau der Gesundheit des Menschen zu gewährleisten, alle Tabakerzeugnisse, die sich zum Rauchen eignen, Zigaretten und Rauchtabak gleichzustellen. Solche Erzeugnisse stehen nämlich im Wettbewerb mit Zigaretten und Rauchtabak und sollten von der Politik zum Schutz der Gesundheit im Bereich der Bekämpfung des Tabakkonsums erfasst werden (vgl. , "Skonis ir kvapas" UAB, Rn. 32).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Mag. M. Mayr, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des S R, BA, in W, vertreten durch Mag. Kamen Sirakov, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 22/6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7200007/2023, betreffend Tabaksteuer und Nebenansprüche sowie Aussetzung der Einhebung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit insgesamt sechs an den Revisionswerber gerichteten Bescheiden von August und September 2022 setzte das Zollamt Österreich für dessen Bezug näher bezeichneter Waren aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken unter Verweis auf das Tabaksteuergesetz 1995 (TabStG) die Tabaksteuer sowie gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO Säumniszuschläge fest. Begründend wurde jeweils im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen von Prüfungen sei festgestellt worden, dass seitens der Firma T, deren Inhaber der Revisionswerber sei, Wasserpfeifentabak, welcher keinen Tabak enthalte (tabakfreie Rauchwaren) bezogen worden sei, der dem TabStG unterliege. Der Revisionswerber sei seinen Verpflichtungen zur Abgabe einer Steueranmeldung und Selbstberechnung nicht nachgekommen, weshalb die Abgabenfestsetzung vorzunehmen sei. Als Kleinverkaufspreis sei dabei der von befugten Tabakwarenhändlern an Verbraucher verrechnete Preis angenommen worden.

2 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide jeweils Beschwerde. Diese wurden vom Zollamt jeweils mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.

3 Desgleichen wies das Zollamt die vom Revisionswerber im Zuge der genannten Beschwerden gestellten Anträge auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit der Begründung ab, die Beschwerden seien wenig erfolgversprechend. Auch die gegen die Abweisung dieser Anträge eingebrachten Beschwerden wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidungen ab.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das nach Einbringung von Vorlageanträgen gegen alle zwölf genannten Beschwerdevorentscheidungen durch den Revisionswerber zuständig gewordene Bundesfinanzgericht sämtliche Beschwerden - mit Spruchpunkt A. hinsichtlich der Tabaksteuer und Säumniszuschläge, mit Spruchpunkt B. hinsichtlich der Abweisung der Anträge auf Aussetzung der Einhebung - ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gegen Spruchpunkt A., nicht aber gegen Spruchpunkt B. seines Erkenntnisses zulässig sei.

5 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts habe der Revisionswerber als Inhaber der Firma T e.U. von der deutschen K GmbH mit drei näher bezeichneten Rechnungen das Produkt „CO“ und vom polnischen Unternehmen K Spzoo mit drei angeführten Rechnungen das Produkt „S“ in jeweils näher genannter Menge bezogen.

6 Die Produkte „CO“ und „S“ seien tabak- und nikotinfrei und könnten sowohl in einer herkömmlichen als auch in einer elektronischen Wasserpfeife (E-Shisha) anstelle von Wasserpfeifentabak zum Einsatz kommen. Die Produkte bestünden aus dem Trägermaterial Zellstoff anstelle von zerkleinertem Tabak.

7 Der Kleinverkaufspreis, der von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe der Produkte „CO“ oder „S“ erzielbar wäre, betrage 19,90 €.

8 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, dass die gegenständlichen Produkte herkömmlichem Wasserpfeifentabak insoweit glichen, als der zerkleinerte Rohtabak durch Zellulose ersetzt worden sei. Sie könnten wie handelsüblicher Wasserpfeifentabak in Wasserpfeifen „geraucht“ werden. Die bei der Verbrennung der Kohle freigesetzte thermische Energie und die Rauchgase würden beim „Rauchen“ der Wasserpfeife durch den in den Pfeifenkopf eingelegten Tabak gesogen. Hierdurch werde der in der Wasserpfeife verwendete Tabak hinreichend hohen Temperaturen ausgesetzt, um eine thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen des Tabaks (und auch eine Freisetzung der beigefügten Tabakzusatzstoffe) herbeizuführen. Der so von einer Wasserpfeife erzeugte Tabakrauch werde durch Einziehen in den Mundraum genossen.

9 Die gegenständlichen Produkte erfüllten die Voraussetzung des § 3 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 6 TabStG und würden daher als Rauchtabak gelten, da sich diese Erzeugnisse, die zur Gänze aus anderen Stoffen als Tabak bestünden, ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eigneten.

10 Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 7 TabStG seien zwar dahingehend erfüllt, dass sich der Wasserpfeifenersatztabak nicht unmittelbar zum Rauchen eigne und durch Erhitzen konsumiert und hierbei ein inhalierbarer Dampf freigesetzt werde, doch sei diese Bestimmung subsidiär zu „Rauchtabak“ im Sinn des § 3 Abs. 3 TabStG. Der in § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG enthaltene Begriff “zum Rauchen eignet“ gehe auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64/EU zurück und sei weiter gefasst als der Begriff “nicht unmittelbar zum Rauchen geeignet“ in § 3 Abs. 7 TabStG, der nicht zwischen unmittelbar und mittelbar zum Rauchen geeignet unterscheide.

11 Dass beim Einsatz elektrischer Shishas die Produkte nur verdampften und der Nutzer deshalb ausschließlich Dampf einatme, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Dies ändere nämlich nichts daran, dass der Konsument die Produkte wie Wasserpfeifentabak rauchen könne, sie sich also im Sinn des § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG zum Rauchen eigneten.

12 Die Tabakwaren seien aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen worden, weshalb die Tabaksteuer gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 TabStG für den Revisionswerber entstanden sei.

13 Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolge in Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände. Unter dem Begriff Zweckmäßigkeit sei u.a. das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu verstehen. Billigkeitsgründe habe der Revisionswerber nicht geltend gemacht.

14 Zur Beschwerde gegen die Abweisung der Anträge auf Aussetzung der Einhebung führte das Bundesfinanzgericht aus, es seien die Aussetzungsanträge im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen die Geltendmachung der Tabaksteuer gestellt worden. Diese Bescheidbeschwerden seien mit Beschwerdevorentscheidungen erledigt worden.

15 Die vom Revisionswerber angestrebte Aussetzung hätte, da gemäß § 212a Abs. 5 BAO gleichzeitig mit dem Ergehen der Beschwerdevorentscheidungen der Ablauf der jeweiligen Aussetzung zu verfügen gewesen wäre, dem Revisionswerber daher keine andere Rechtsposition verliehen. Die Rechtsposition des Revisionswerbers hänge somit nicht davon ab, ob die beantragten Aussetzungen verfügt worden seien oder nicht. Daraus folge, dass ab Ergehen der Beschwerdevorentscheidungen die Bewilligung der Aussetzung auf Grund eines bereits vorliegenden Antrages nicht mehr in Betracht komme.

16 Die Revision gegen Spruchpunkt A. sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob sich der Wasserpfeifenersatztabak „zum Rauchen eignet“. Hinsichtlich des Spruchpunktes B. sei eine Revision nicht zulässig, weil die „Zulässigkeit der Aussetzung der Einhebung hinreichend höchstgerichtlich geklärt“ sei.

17 Dagegen richtet sich der Revisionswerber mit der vorliegenden Revision.

18 Das Bundesfinanzgericht legte die gegenständliche Revision - nach Durchführung des in § 30a VwGG vorgesehenen Verfahrens - samt den Verfahrensakten und der von der belangten Behörde erstatteten Revisionsbeantwortung - diese beantragte die aufwandersatzpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision - dem Verwaltungsgerichtshof vor.

19 Der Revisionswerber bringt zur Zulässig der Revision ergänzend vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob sich eine „tabak- und nikotinfreie stark nasse Paste“ zum Rauchen eigne. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass sich nicht alle Erzeugnisse „zum Rauchen eignen“, nämlich, dass es auch solche gebe, welche eben nicht selbst angezündet und verbrannt würden (Abbrand), sondern nur durch Erhitzung und Inhalation des Dampfes konsumiert würden. Würde Erhitzen und der Konsum des Dampfes identisch mit dem Rauchen sein, verbliebe den Bestimmungen des § 3 Abs. 7 und Abs. 8 TabStG kein eigenständiger Anwendungsbereich.

20 Zur Begründung der Zulässigkeit des nach der Anfechtungserklärung der gegenständlichen Revision ebenfalls bekämpften Spruchpunktes B. des angefochtenen Erkenntnisses enthält die Revision kein Vorbringen.

21 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

22 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

23 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

24 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. , mwN).

25 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. , mwN).

26 Schon aus diesem Grund werden in der Revision, soweit sie sich gegen Spruchpunkt B. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, mangels Vorbringens zu ihrer Zulässigkeit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

27 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, auch dann nicht vor, wenn es zwar keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt, die Rechtslage aber durch ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) gelöst ist (vgl. etwa , mwN).

28 Im Urteil vom , C-674/19, „Skonis ir kvapas“ UAB hat sich der EuGH mit der Steuerpflicht eines Wasserpfeifentabaks, der aus mehreren Stoffen, nämlich Tabak (24%), Zuckersirup (47%), Glycerin (27%), Aromastoffen (2%) sowie Kaliumsorbat (weniger als 1 Gramm pro Kilogramm) bestand, befasst.

29 Die zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Frage, ob Wasserpfeifentabak sich „ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet“ hat der EuGH in Rn. 38 dieses Urteils C-674/19 bereits beantwortet und diese bejaht. In Rn. 34 betont der EuGH dabei, dass die Erhitzung und die Verbrennung aller Stoffe, aus denen Wasserpfeifentabak wie der im dortigen Ausgangsverfahren in Rede stehende besteht, Rauch zum Einatmen erzeugt.

30 In seinem jüngst ergangenen Urteil vom , C-336/22, f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG, hat der EuGH in Zusammenhang mit zu erhitzenden Tabaksträngen, die dazu bestimmt sind, in ein batteriebetriebenes Heizgerät eingeführt zu werden, seine Rechtsprechung zur Auslegung der Wendung „ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet“ weiter präzisiert.

31 Der EuGH hat in Rn. 33 des Urteils C-336/22, unter Hinweis auf seine bestehende Rechtsprechung ausgesprochen, dass bei der Erhitzung des im dortigen Ausgangsverfahren in Rede stehenden „erhitzten“ Tabaks durch elektrische Energie ein Aerosol entsteht, das vom Konsumenten inhaliert wird, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Tabak im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/64/EU zum Rauchen geeignet ist oder sich im Sinn ihres Art. 5 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie ohne weitere industrielle Bearbeitung, das heißt ohne Umwandlung von Rohstoffen in materielle Güter anhand eines standardisierten Verfahrens, zum Rauchen eignet.

32 Den genannten Ausführungen des EuGH ist zu entnehmen, dass es entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers für die Eigenschaft einer Ware „sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen“ zu eignen im Sinn des § 3 Abs. 6 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG gerade nicht darauf ankommt, dass diese Ware „selbst angezündet und verbrannt wird“. Dass bei der bestimmungsgemäßen Nutzung des revisionsgegenständlichen Produkts ein Aerosol entsteht, das vom Konsumenten inhaliert wird, bestreitet der Revisionswerber nicht.

33 Ob die Hitze, die zur Herstellung des Aerosols erforderlich ist, durch elektrische Energie oder durch thermische Energie aus der Verbrennung von Kohle gewonnen wird, spielt für die Anwendung des § 3 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 TabStG keine Rolle, weil dieser - wie auch Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64/EU - in diesem Zusammenhang nur auf die Eignung zum Rauchen, nicht aber auf die Art der Gewinnung der dafür erforderlichen Energie abstellt.

34 Lediglich in den Revisionsgründen wird vorgebracht, das Bundesfinanzgericht habe keine Feststellungen getroffen und auch keine rechtlichen Erwägungen in Bezug auf die (in den Produkten vorhandene) Zellulose angestellt. Anders als Tabak sei Zellulose gerade nicht der eigentliche Aroma- und Wirkungsträger. Der Revisionswerber unterlässt es dabei jedoch aufzuzeigen, warum dies für die vom Bundesfinanzgericht zu treffende Entscheidung relevant gewesen wäre, zumal der EuGH in der Rn. 45 seines zitierten Urteils, C-674/19, „Skonis ir kvapas“ UAB, darauf hinweist, dass alle Stoffe, aus denen der (dortige) Wasserpfeifentabak besteht, als Bestandteile eines einzigen Erzeugnisses „erhitzt und geraucht“ werden und ein solches Erzeugnis für die Zwecke der Richtlinie 2011/64/EU als Ganzes als Rauchtabak anzusehen ist und als solcher der Verbrauchsteuer auf Tabak unterliegt.

35 Dass die gegenständlichen Waren nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zur Gänze aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, steht der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 6 TabStG nicht entgegen, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 leg. cit. erfüllt sind (vgl. ; vgl. auch Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64/EU; vgl. auch , A. C. Smits-Koolhoven, zu tabakfreien Kräuterzigaretten). Dass die revisionsgegenständlichen Erzeugnisse ausschließlich medizinischen Zwecken dienten, was die Steuerbarkeit nach § 3 Abs. 6 TabStG ausschlösse, behauptet der Revisionswerber nicht.

36 Dieses Ergebnis spiegelt auch die dem TabStG innewohnende - der Richtlinie 2011/64/EU übernommene - Zielsetzung wider. Demnach sind, um zum einen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und neutrale Wettbewerbsbedingungen im Tabaksektor und zum anderen ein hohes Schutzniveau der Gesundheit des Menschen zu gewährleisten, alle Tabakerzeugnisse, die sich zum Rauchen eignen, Zigaretten und Rauchtabak gleichzustellen. Solche Erzeugnisse stehen nämlich im Wettbewerb mit Zigaretten und Rauchtabak und sollten von der Politik zum Schutz der Gesundheit im Bereich der Bekämpfung des Tabakkonsums erfasst werden (vgl. erneut , „Skonis ir kvapas“ UAB, Rn. 32).

37 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

38 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG abgesehen werden.

39 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
EURallg
TabStG 1995 §3 Abs2
TabStG 1995 §3 Abs3
TabStG 1995 §3 Abs3 Z1
TabStG 1995 §3 Abs6
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art2 Abs2
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1 lita
32011L0064 Tabakwaren-VerbrauchsteuernRL Art5 Abs1 litb
62004CJ0495 A. C. Smits-Koolhoven VORAB
62019CJ0674 Skonis ir kvapas VORAB
62022CJ0336 f6 Cigarettenfabrik VORAB
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2024160008.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-46795