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VwGH 17.12.2024, Ro 2024/16/0007

VwGH 17.12.2024, Ro 2024/16/0007

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Waldviertel in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7102773/2023, betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (mitbeteiligte Partei: F H in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Formular Beih 100, datiert mit , stellte der Mitbeteiligte einen mit „Verlängerung“ begründeten und den Zeitraum März 2023 bis September 2023 erfassenden Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine im gemeinsamen Haushalt lebende, im März 1999 geborene Enkeltochter (E) unter Beilage zweier E betreffende Aufenthaltsbestätigungen eines Landesklinikums.

2 Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diesen Antrag ab. Unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse wie zum Beispiel Krankheit oder ein Auslandsstudium verlängerten die vorgesehene Studienzeit. Eine Verlängerung der Familienbeihilfe um ein Semester sei nur möglich, wenn während eines Semesters die Studienbehinderung drei Monate lang ununterbrochen angedauert habe. Dies treffe nicht zu.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte unter Beilage diverser ärztlicher Atteste, Befunde udgl. Beschwerde und brachte vor, bei der an einer österreichischen Universität studierenden E sei bereits im Sommer 2022 eine Krankheit ausgebrochen, die eine länger als drei Monate dauernde durchgehende Studienbehinderung verursacht habe.

4 Das Finanzamt gab dieser Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis auf die nachgewiesene Studienbehinderung teilweise statt und gewährte die Familienbeihilfe für März 2023. Laut vorgelegten Unterlagen habe die Studienbehinderung der E mehr als drei Monate betragen, weshalb ein Verlängerungssemester gewährt werden könne. Da die E im März 2023 das 24. Lebensjahr vollendet habe, bestehe aber ab April 2023 wegen Überschreitung der Altersgrenze kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

5 Der Mitbeteiligte begehrte in der Folge die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, E sei während der gesamten COVID-19 Pandemie in Berufsausbildung gestanden. Gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG stehe für E die Familienbeihilfe für ein weiteres Studienjahr zu.

6 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und behob den Bescheid vom „soweit er noch infolge der Beschwerdevorentscheidung vom dem Rechtsbestand angehört“ ersatzlos. Unter einem sprach es aus, dass gegen seine Entscheidung eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

7 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts sei E im März 1999 geboren und habe seit dem Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien betrieben. Die vorgesehene Studiendauer für dieses Studium betrage sechs Semester. Das Bachelorstudium sei nicht in Studienabschnitte untergliedert. E sei im Wintersemester 2022/2023 zumindest drei Monate krankheitsbedingt an einem erfolgreichen Studium gehindert gewesen. Im Sommersemester 2022 sei E erfolgreich zu mehreren Prüfungen angetreten. Nicht festgestellt werden könne, dass im Sommersemester 2022 eine krankheitsbedingte Studienbehinderung vorgelegen sei.

8 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, § 2 Abs. 9 FLAG sehe in Zusammenhang mit der COVID-19-Krise eine Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auch über die Altersgrenze (24. Lebensjahr) hinaus um ein Semester (bei Studienabschnittsgliederung) oder ein Ausbildungsjahr (bei fehlender Studienabschnittsgliederung) vor, wenn ein Studium vor Erreichen der Altersgrenze begonnen worden sei. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines „COVID-19-Semesters“ oder eines „COVID-19-Jahres“ bei einem laufenden Studium seien im Revisionsfall erfüllt.

9 Die Wortfolge „um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr“ in § 2 Abs. 9 lit. b FLAG sei in Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 lit. b Satz 3 FLAG („die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten“) zu lesen.

10 § 2 Abs. 1 lit. b Satz 3 FLAG stelle auf die Gliederung eines Studiums nach Studienabschnitten und nicht auf die Gliederung eines Studiums nach Semestern ab. Bei in Studienabschnitten gegliederten Studien komme es auf das Semester je Studienabschnitt an, bei nicht nach Studienjahren gegliederten Ausbildungen auf das Ausbildungsjahr. Da in Studienabschnitte gegliederte Studien in der Regel zwei Studienabschnitte umfassten, betrage in beiden Fällen die Höchstüberschreitung ein Jahr.

11 Das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien sei nach dem Studienplan nicht in Studienabschnitte gegliedert. Für das gegenständliche Bachelorstudium komme daher kein „COVID-19-Semester“, sondern ein „COVID-19-Ausbildungsjahr“ zum Tragen. Dafür sprächen auch die Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs. 9 FLAG, wonach sich der Familienbeihilfeanspruch „im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr“ verlängere. Im Revisionsfall habe sich der Familienbeihilfeanspruch gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG daher um ein weiteres Ausbildungsjahr (Studienjahr) verlängert, also um das Wintersemester 2022/2023 und um das Sommersemester 2023. Der Anspruch ende somit mit Ende des Sommersemesters 2023.

12 Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, ob bei einem nicht in Studienabschnitte eingeteilten Studium wie einem Bachelor-, Master- und Doktoratsstudium nach dem UG 2002, die vorgesehene Ausbildungszeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr (Studienjahr) überschritten werden dürfe, nicht ersichtlich sei. Gleiches gelte für die Frage, ob sich bei einem nicht in Studienabschnitte eingeteilten Studium gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG der Anspruch auf Familienbeihilfe um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr (Studienjahr) verlängere.

13 Dagegen richtet sich das Finanzamt mit der gegenständlichen Revision, das sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision dem Ausspruch des Bundesfinanzgerichts anschließt.

14 Das Bundesfinanzgericht legte dem Verwaltungsgerichtshof - nach Durchführung des Verfahrens gemäß § 30a VwGG - die Revision samt den Verwaltungsakten vor. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision ist zulässig und sie ist auch begründet.

17 § 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) BGBl. Nr. 376/1967 in der Fassung des BGBl. I Nr. 220/2021 lautet auszugsweise:

§ 2.(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

[...]

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

[...]

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

[...]“

18 § 2 Abs. 9 FLAG wurde mit dem 6. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 28/2020, eingefügt. Dem diesbezüglichen parlamentarischen Initiativantrag (vgl. 489/A XXVII. GP, 4 f) ist dazu folgende Begründung zu entnehmen:

„Zu Z 1 und 2 (§§ 2 Abs. 9, 6 Abs. 7 und 55 Abs. 44 FLAG 1967):

Für Volljährige wird die Familienbeihilfe grundsätzlich nur dann gewährt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (z.B. ein Studium betreiben). Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Auf Grund der COVID-19-Krise wird die Absolvierung einer Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) im Regelfall beeinträchtigt und daher die Fortsetzung bzw. der Abschluss verzögert.

Innerhalb der derzeit im FLAG 1967 vorgesehenen Altersgrenzen kann eine Unterbrechung der Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) insofern saniert werden, als die Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verlängert werden kann. Die derzeitige COVID-19-Krise ist als derartiges Ereignis anzusehen und zwar unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung. Diese Verlängerung wird unmittelbar in Bezug auf jene Studienphase wirksam, in der die Beeinträchtigung durch die COVID-19-Krise erfolgt.

Um die angesprochenen Nachteile für die in Rede stehende Personengruppe zu kompensieren, deren Gesamtstudiendauer, die für die Gewährung der Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise zur Verfügung steht, über die Vollendung des 24. der 25. Lebensjahres hinausgeht, soll die Zeitdauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltenden Altersgrenzen hinaus verlängert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass auch - zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird - für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt werden kann, in denen der Studienbetrieb beeinträchtigt war. Dies soll durch eine Verlängerung des Anspruches auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr erfolgen.“

19 Gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG verlängert sich die Anspruchsdauer nach § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) genannte Einrichtung besuchen, über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach § 2 Abs. 1 FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise. Mit dieser Bestimmung sollen nach den oben wiedergegebenen Erwägungen zum Initiativantrag des 6. COVID-19-Gesetzes, BGBl. I Nr. 28/2020 (489/A 27. GP, 4 f) die Nachteile für die genannte Personengruppe kompensiert werden, deren Gesamtstudiendauer infolge der COVID-19-Krise über die Vollendung der Altersgrenze hinausgeht. Hierbei hat der Gesetzgeber die Verlängerung ausdrücklich „unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise“ verankert.

20 Wie sich aus den Ausführungen im parlamentarischen Initiativantrag (vgl. 489/A 27. GP, 4 f) ergibt, wurde § 2 Abs. 9 lit. b FLAG als spezielle Sonderbestimmung zu der in § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. allgemein vorgesehenen Verlängerung des Anspruchs auf Familienbeihilfe bei Vorliegen einer Studienbehinderung im Hinblick auf die COVID-19-Krise konzipiert.

21 Sinn und Zweck der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG geregelten Verlängerungstatbestände ist die Erhaltung des Anspruchs auf Familienbeihilfe in Zeiten, in denen die vorgesehene Studienzeit (zuzüglich allfälliger Toleranzsemester) aufgrund einer Studienbehinderung nicht eingehalten werden kann (vgl. , mwN). Dasselbe muss für den in § 2 Abs. 9 lit. b FLAG gesondert geregelten Verlängerungstatbestand mit der Maßgabe gelten, dass diese Bestimmung die Dauer der Verlängerung ausdrücklich, nämlich „um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr“ festlegt.

22 Nach § 2 Abs. 9 lit. b FLAG verlängert sich „die Anspruchsdauer“ nach § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit., für die nach § 2 Abs. 1 FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr. Das Gesetz stellt - bereits nach seinem Wortlaut - auf die nach § 2 Abs. 1 lit. b und lit. d bis j FLAG gewährte (gesamte) Anspruchsdauer und nicht auf die - in dieser Bestimmung nicht genannten - Studienabschnitte ab.

23 Es verlängert sich der gesamte nach § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. gebührende Anspruch, der gegebenenfalls die dort vorgesehenen Verlängerungszeiten bereits enthält, um „ein weiteres Semester“ oder ein „weiteres Ausbildungsjahr“. Das Abstellen auf ein „weiteres“ im Wortlaut der Norm impliziert bereits sprachlich, dass das betreffende Studium in „Semester“ oder in „Ausbildungsjahre“ untergliedert sein muss.

24 Dies steht im Einklang mit den Erwägungen zum Initiativantrag des 6. COVID-19-Gesetzes, BGBl. I Nr. 28/2020 (489/A 27. GP, 4 f), die ausdrücklich davon sprechen, dass die Verlängerung zur „Gesamtstudiendauer“ bzw. „zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird“ vorgesehen ist. Sohin verlängert sich gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG bei Studien, die in Semester gegliedert sind, die Anspruchsdauer (lediglich) um ein Semester.

25 Im Revisionsfall betrieb E ein Bachelorstudium gemäß § 51 Abs. 2 Z 4 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002). Das Studienjahr besteht nach § 52 Abs. 1 UG 2002 aus dem Wintersemester und dem Sommersemester. Eine Einteilung der Studienzeit in „Ausbildungsjahre“ sieht das UG 2002 nicht vor.

26 Dass im Rahmen des § 2 Abs. 9 lit. b FLAG ein „Studienjahr“ nicht mit einem „Ausbildungsjahr“ gleichgesetzt werden kann, ergibt sich schon dadurch, dass auch die Diplomstudien (§ 51 Abs. 2 Z 3 UG 2002) in Studienjahre gegliedert sind und diesfalls auch bei Diplomstudien eine Verlängerung um ein Ausbildungsjahr zu erfolgen hätte.

27 Diese Auslegung des § 2 Abs. 9 lit. b FLAG findet in der bestehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Stützung. So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Ro 2023/16/0020, im welchen er gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entschieden hat, der dortigen Mitbeteiligten im Hinblick auf das von deren Tochter betriebene Bachelorstudium nach Maßgabe der dargestellten Überlegungen gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG eine Verlängerung der Familienbeihilfe um (nur) ein Semester zugebilligt.

28 Das angefochtene Erkenntnis war nach dem Gesagten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2024160007.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-46794