VwGH 21.11.2024, Ro 2023/15/0024
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der H GmbH in K, vertreten durch die MOORE Salzburg GmbH Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft in 5020 Salzburg, Innsbrucker Bundesstraße 126, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100144/2023, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für die Monate September bis Dezember 2007 sowie für das Jahr 2008, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (BFG) ist im fortgesetzten Verfahren nach dem hg. Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0093, ergangen. Zur Vorgeschichte wird daher auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das BFG gegenüber der revisionswerbenden Gesellschaft die Haftung für Kapitalertragsteuer für die Monate September bis Dezember 2007 sowie für das Jahr 2008 neu festgesetzt.
3 Die Revision ließ es zu, weil „die Rechtsfrage, welche verfahrensrechtlichen Auswirkungen eine Verletzung des Verbindungsgebotes gemäß § 299 Abs. 2 BAO (idF des AbgÄG 2003, BGBl. I Nr. 124/2003), durch die Abgabenbehörde hat, [...] - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantwortet“ wurde.
4 Die Revision der revisionswerbenden Gesellschaft enthält kein gesondertes Zulässigkeitsvorbringen und rügt in der Sache eine Verletzung des Verbindungsgebots gemäß § 299 Abs. 2 BAO, weshalb „die verspätet erlassenen Haftungsbescheide mangels zeitlich gemeinsamer Erlassung mit dem Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Abs 1 BAO rechtswidrig ergangen und daher ersatzlos aufzuheben“ seien.
5 Das Finanzamt hat in seiner Revisionsbeantwortung zum Auseinanderfallen von Aufhebungs- und Sachbescheid fallbezogen erklärt, dass „nach Aufhebung der Haftungsbescheide vom mit Bescheid vom rein aus verfahrensrechtlichen Gründen noch ein Ergänzungsersuchen an die Mitbeteiligte nötig [war], das am beantwortet wurde. Demnach war der entscheidungsrelevante Sachverhalt in der Sache KESt-Haftung - im Unterschied zur gefestigten Kenntnis des Finanzamtes über das Vorliegen wesentlicher formeller Mängel, die angesichts fehlender notwendiger Bescheidbestandteile sogar den Eindruck von ‚Nichtbescheiden‘ erwecken, weshalb eine diesbezügliche Aufhebung unter Umständen gar nicht erforderlich gewesen wäre - bei Erlassung des Aufhebungsbescheides vom noch nicht vollständig geklärt. Die Haftungsbescheide wurden sodann unverzüglich am ausgefertigt. Das Bundesfinanzgericht vertritt unter diesen Umständen völlig zu Recht, dass die Bestimmung des § 299 Abs. 2 BAO nicht so zu verstehen ist, dass ein nach einer ausschließlich wegen Formfehlern begründeten Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO auf Grund noch erforderlicher und rasch durchgeführter Ermittlungen im Sachbereich, von denen die Revisionswerberin auch Kenntnis haben musste, zweieinhalb Monate später erlassener ‚Ersatzbescheid‘ allein aus diesem Grund nicht (ersatzlos) aufzuheben ist.“
6 Mit dem Vorbringen der Revision wird deren Zulässigkeit nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Das BFG und die Revision übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0093, den Verfahrensgang im Rahmen der Aufhebung des ersten und mehrfach unbestimmten Haftungs- und Aufhebungsbescheids vom genau geschildert hat. Dabei hat er ausdrücklich festgehalten, dass am zunächst ein Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO erging und das Finanzamt sodann am neue Haftungsbescheide erließ (s hg. Erkenntnis Rz 5 und 7).
11 Die allfälligen Auswirkungen des Verbindungsgebots nach § 299 Abs. 2 BAO waren auch bereits Gegenstand der seinerzeitigen Amtsrevision. Diese hatte vorgebracht, dass mit der Aufhebung gemäß § 299 BAO nicht die (gar nicht ausreichend bestimmte) Sache des Haftungsverfahrens nach § 95 EStG 1988 abschließend entschieden worden sei, sondern - wie aus der Begründung des Aufhebungsbescheides hervorgehe - die Aufhebung aus rein formellen Gründen erfolgt sei. Es könne daher nicht von einer entschiedenen Sache ausgegangen werden. Da nicht in der Sache der Haftung für Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs. 1 EStG 1988) für einen bestimmen Schuldner und einen bestimmten Betrag abschließend entschieden worden sei, könne in der späteren Haftungsinanspruchnahme mit den Bescheiden vom nicht gegen den Grundsatz der bereits entschiedenen Sache verstoßen worden sein und stellten sich auch keine Fragen in Zusammenhang mit dem Verbindungsgebot nach § 299 Abs. 2 BAO.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Erwägungsgründen seines Erkenntnisses (aaO Rz 20 ff) sodann dazu Folgendes festgehalten:
„20 Wie die Amtsrevision zu Recht geltend macht, wurde mit dem Aufhebungsbescheid des Finanzamts vom , mit dem die angefochtenen ‚Haftungs- und Abgabenbescheid(e)‘ für die Jahre 2006 bis 2008 vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben wurden, - entgegen der Annahme des BFG - keine abschließende Entscheidung in der Sache getroffen.
21 Vielmehr erfolgte - wie aus der Begründung des Aufhebungsbescheids hervorgeht - lediglich eine Behebung des Bescheids aus Verfahrensgründen, weil die aufgehobenen ‚Haftungs- und Abgabenbescheide‘ - wie auch von der mitbeteiligten Partei im parallelen Berufungswege moniert - völlig unbestimmt gewesen seien. Den angefochtenen Bescheiden fehlten nämlich wesentliche Kriterien wie die Nennung der Empfänger der Kapitalerträge, der Zeitpunkt des Zuflusses der Beteiligungserträge, die Tatbestandsnennung nach § 201 Abs. 2 und 3 BAO und die Angabe der Haftungsnorm.
22 Eine Sperrwirkung für den Erlass späterer Haftungsvorschreibungen konnte diese Behebung daher nicht auslösen, weshalb sie - entgegen der Auffassung des BFG - auch der Geltendmachung der revisionsgegenständlichen Haftung nicht entgegen gehalten werden kann.“
13 Damit ist für den Revisionsfall und die hier gegenständliche Fallkonstellation aber bereits die gestellte Rechtsfrage nach einer allfälligen Sperrwirkung des § 299 Abs. 2 BAO beantwortet und bindet gemäß § 63 VwGG im Übrigen auch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. näher Sutter, in Holoubek/M Lang, Bindungswirkungen 317 ff, mwN).
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2023150024.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-46776