VwGH 26.11.2024, Ro 2023/15/0011
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Der VwGH stützt auch für Zeiträume nach der durch BGBl. I Nr. 134/2003, mit Wirksamkeit ab vorgenommenen Einführung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 und nach der Ergänzung dieser Regelung durch BGBl. I Nr. 27/2004 (Erweiterung des § 3a Abs. 1a um einen weiteren - letzten - Satz und des § 12 Abs. 3 UStG 1994 um eine Z 4, Inkrafttreten gemäß § 28 Abs. 24 Z 2 UStG 1994 mit Ablauf des April 2004), den (anteiligen) Vorsteuerausschluss für ein Gebäude, bei welchem räumliche Bereiche überwiegend oder gänzlich für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzt werden, vorrangig auf die spezielle Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 (vgl. , , 2009/15/0222, und , 2009/15/0217, ebenso zuletzt ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/15/0099 E RS 4 |
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RS 2 | Ein Unternehmer, der ein gemischt genutztes Investitionsgut dem Unternehmen zuordnet, kann grundsätzlich die beim Erwerb dieses Gegenstands geschuldete Vorsteuer vollständig und sofort abziehen, hat allerdings in der Folge die Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die private Verwendung des Unternehmensgegenstands (vgl. , Rn 23). Diese Verpflichtung zur nachfolgenden Besteuerung der privaten Verwendung im Ausmaß der auf die laufende private Verwendung entfallenden Kosten ("Eigenverbrauchbesteuerung") ergibt sich aus der - mit BGBl I Nr. 134/2003 in Umsetzung von Art. 26 Abs. 1 lit. a MwStSystRl 2006/112/EG geregelten - Bestimmung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 iVm § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994. Für Grundstücke will der mit BGBl I Nr. 27/2004 eingeführte letzte Satz des § 3a Abs. 1a UStG 1994 die Besteuerung des laufenden "Eigenverbrauchs" (im Ausmaß der auf die private Verwendung entfallenden Kosten) unterbinden und stattdessen durch die ebenfalls mit BGBl I Nr. 27/2004 eingeführte Z 4 des § 12 Abs. 3 UStG 1994 den Vorsteuerabzug, soweit er anteilig mit der privaten Verwendung iSd § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 in Zusammenhang steht, ausschließen. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2023/15/0012
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision von M und K H in K, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100591/2019, betreffend Umsatzsteuer 2016, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Bei der revisionswerbenden Partei (Miteigentumsgemeinschaft) wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Im Anschluss an die Prüfung erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2016, in dem es den Zeitraum für die Vorsteuerberichtigung, die aufgrund einer im Jahr 2016 getätigten umsatzsteuerbefreiten (§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994) Veräußerung der Vermietungsliegenschaft vorzunehmen war, - abweichend von der Umsatzsteuererklärung 2016, der ein Zeitraum von neun Kalenderjahren zugrunde gelegt worden ist - mit 19 Kalenderjahren annahm.
2 Eine gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 gerichtete Beschwerde, in der begehrt wurde, der Vorsteuerberichtigung aus dem umsatzsteuerbefreiten Verkauf des Vermietungsobjektes einen Berichtigungszeitraum von neun Kalenderjahren zugrunde zu legen, wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin die revisionswerbende Partei die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragte.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der Beschwerde keine Folge. Es stellte fest, die revisionswerbende Partei habe mit Kaufvertrag vom ein Vermietungsobjekt (Ferienhaus samt Tiefgaragenabstellplatz) erworben. Die Liegenschaft sei am in Nutzung genommen worden, wobei die Nutzung im Jahr 2007 in einer Vermietung vom 15. bis zum bestanden habe. Die restliche Zeit sei die Liegenschaft nicht genutzt worden.
4 In der Umsatzsteuererklärung 2007 sei von der revisionswerbenden Partei die gesamte im Kaufvertrag ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht worden. Das Finanzamt habe die Umsatzsteuerveranlagung 2007 mit Bescheid vom erklärungsgemäß durchgeführt und die gesamte Vorsteuer zahllastmindernd berücksichtigt.
5 Nach Ansicht des BFG sei von Beginn an - neben der unternehmerischen Nutzung - auch eine private Nutzung des Vermietungsobjektes Ferienhaus von der revisionswerbenden Partei beabsichtigt gewesen. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass gerade von Ausländern in Urlaubsregionen erworbene Ferienhäuser auch für eigene Urlaubszwecke verwendet würden. Tatsächlich habe es ab dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2014 eine Privatnutzung der Liegenschaft von jährlich jeweils ca. zwei Wochen gegeben. Im Jahr 2016 sei die Liegenschaft dann von der revisionswerbenden Partei unecht steuerbefreit veräußert worden. In der Umsatzsteuererklärung 2016 sei eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von einem Zehntel der anlässlich des Liegenschaftserwerbs geltend gemachten Vorsteuer erfolgt.
6 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das BFG aus, die gegenständliche Liegenschaft sei von der revisionswerbenden Partei im Jahr 2007 und damit vor dem angeschafft und als „Anlagevermögen“ ihres Unternehmens (Vermietung) genutzt worden. Daraus ergebe sich in Anwendung des § 28 Abs. 38 Z 2 UStG 1994, dass auf den vorliegenden Sachverhalt § 12 Abs. 10 dritter und vierter Untersatz und Abs. 10a UStG 1994 idF vor dem 1. StabG 2012 anwendbar seien.
7 Die im Jahr 2016 erfolgte steuerfreie Veräußerung der Liegenschaft stelle einen Umstand dar, der gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 zu einer Vorsteuerberichtigung führe.
8 Strittig sei, ob für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft der 19jährige Berichtigungszeitraum des § 12 Abs. 10a UStG 1994 oder der 9jährige Berichtigungszeitraum des § 12 Abs. 10 UStG 1994, jeweils idF vor dem 1. StabG 2012, zur Anwendung gelange.
9 § 12 Abs. 10 UStG 1994 idF vor dem 1. StabG 2012 sei die allgemeine Bestimmung für Vorsteuerberichtigungen im Zusammenhang mit Grundstücken. § 12 Abs. 10a sei die lex specialis, die bei Grundstücken anwendbar sei, „bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte.“
10 Im gegenständlichen Fall sei die Liegenschaft im Anschaffungsjahr ausschließlich unternehmerisch genutzt worden, weshalb der revisionswerbenden Partei für dieses Jahr der Vorsteuerabzug zur Gänze zugestanden sei. In den Folgejahren (ab 2008) sei die zu 100% geltend gemachte Vorsteuer jedes Jahr auf Grundlage der tatsächlich erfolgten Privatnutzung anteilig berichtigt worden.
11 Durch die Bestimmung des § 12 Abs. 10a UStG 1994 werde eine Verlängerung des Berichtigungszeitraumes für teilweise privat genutzte Liegenschaften, die zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet seien und dadurch auch für die privat genutzten Gebäudeteile zum Vorsteuerabzug berechtigten, von neun auf 19 Kalenderjahre bewirkt.
12 Für das BFG stehe fest, dass die in den Jahren 2008 bis 2014 vorgenommene private Nutzung der Liegenschaft im Ausmaß von jährlich ca. zwei Wochen von Beginn an beabsichtigt gewesen sei. Die Liegenschaft habe somit nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken gedient.
13 Im Anschaffungsjahr habe auch für den zeitlich privat genutzten Teil des Gebäudes Vorsteuer in Anspruch genommen werden können. Im Jahr 2007 sei der revisionswerbenden Partei also der gesamte Vorsteuerabzug zugestanden. Damit seien beide Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 10a UStG 1994 erfüllt, weshalb ein Berichtigungszeitraum von 19 Jahren anzuwenden sei.
14 Eine Revision erklärte das BFG für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit bzw. Auslegung des § 12 Abs. 10a UStG 1994 im Zusammenhang mit einer zeitlich gemischt genutzten Liegenschaft vorliege.
15 In der gegen dieses Erkenntnis gerichteten ordentlichen Revision erachtet sich die revisionswerbende Partei u.a. in dem Recht verletzt, dass der Berechnung einer Vorsteuerberichtigung ein Zeitraum von neun Jahren zugrunde gelegt wird.
16 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, auf welche die revisionswerbende Partei repliziert hat.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
18 Mit BGBl I Nr. 27/2004 wurden § 3a Abs. 1a UStG 1994 um den Satz „Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes“ und § 12 Abs. 3 um die Z 4 ergänzt. In § 12 UStG 1994 wurde zudem der Absatz 10a eingeführt, der wie folgt lautete:
„Abweichend von § 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz tritt bei Grundstücken, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienen und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, ein Zeitraum von neunzehn Kalenderjahren und ein Berichtigungsbetrag von einem Zwanzigstel der Vorsteuern.“
19 Im Ausschussbericht zum Bundesgesetz, BGBl I Nr. 27/2004, mit dem die §§ 3a und 12 UStG 1994 geändert wurden, wird zu diesen Änderungen ausgeführt (AB 436 BlgNR 22. GP 1 f):
„Nach der bis in Österreich geltenden Rechtslage war die Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für private Zwecke (Wohnung) bzw. für sonstige nichtunternehmerische Zwecke (z.B. hoheitliche Nutzung eines gemischt genutzten Amtsgebäudes) zwingend ‚unecht‘ von der Umsatzsteuer befreit. Daraus ergab sich, dass der Unternehmer für den privat genutzten Gebäudeteil keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte.
Nach dem , ‚Seeling‘, stellt die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten (nichtunternehmerischen) Bedarf des Unternehmers einen steuerpflichtigen Eigenverbrauch dar (die für die Vermietung geltende Steuerbefreiung kann hier nicht zur Anwendung kommen), mit der Konsequenz, dass der Unternehmer für den privat genutzten Gebäudeteil von vornherein zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
[...]
Im Hinblick auf das Urteil des EuGH C-269/00 [Seeling], wonach die Privatnutzung eines gemischt genutzten zur Gänze dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes steuerpflichtig ist und der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Gebäude zur Gänze abzugsfähig ist, wäre die in der EG-Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, den Beobachtungszeitraum auf 20 Jahre auszudehnen, Gebrauch zu machen. [...]
Die Regelung soll nur bei gemischtgenutzten Grundstücken, die zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet sind und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, gelten, da nur diese Unternehmer von der Rechtslage auf Grund des genannten Urteils profitieren können.“
20 Mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 (1. StabG 2012), BGBl I Nr. 22/2012 wurde § 12 Abs. 10a UStG 1994 wieder aufgehoben, jedoch in § 28 Abs. 38 Z 2 2. Satz UStG 1994 angeordnet:
„§ 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz und § 12 Abs. 10a, jeweils in der Fassung vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, sind auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen weiterhin anzuwenden, die Grundstücke (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) betreffen, die der Unternehmer vor dem erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen (wobei § 12 Abs. 12 zu beachten ist) verwendet oder nutzt, oder wenn bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke der Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüberlassung) vor dem erfolgt.“
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch für Zeiträume nach der durch BGBl. I Nr. 134/2003 vorgenommenen Erweiterung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 um den letzten Satz und des § 12 Abs. 3 UStG 1994 um die Z 4 (Inkrafttreten gemäß § 28 Abs. 24 Z 2 UStG 1994 mit Ablauf des April 2004), den (anteiligen) Vorsteuerausschluss für ein Gebäude, bei welchem räumliche Bereiche überwiegend oder gänzlich für private Wohnzwecke des Unternehmers genutzt werden, vorrangig auf die spezielle Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gestützt (vgl. zuletzt das - Zeiträume nach dem betreffende - Erkenntnis des , mwN; vgl. im Übrigen auch Rz 2001 der UStR 2000).
22 Im gegenständlichen Fall steht fest, dass weder das Ferienhaus (Vermietungsobjekt) als solches noch ein Raum dieses Gebäudes überwiegend für private Wohnzwecke der Unternehmer genutzt worden ist. Der Vorsteuerausschlusstatbestand des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ist also nicht erfüllt worden.
23 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2022/15/0099, Rn 23, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH ausgeführt hat, kann ein Unternehmer, der ein gemischt genutztes Investitionsgut dem Unternehmen zuordnet, grundsätzlich die beim Erwerb dieses Gegenstands geschuldete Vorsteuer vollständig und sofort abziehen, hat allerdings in der Folge die Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die private Verwendung des Unternehmensgegenstands. Diese Verpflichtung zur nachfolgenden Besteuerung der privaten Verwendung im Ausmaß der auf die laufende private Verwendung entfallenden Kosten („Eigenverbrauchbesteuerung“) ergibt sich aus der - mit BGBl I Nr. 134/2003 in Umsetzung von Art. 26 Abs. 1 lit. a MwStSystRl 2006/112/EG geregelten - Bestimmung des § 3a Abs. 1a UStG 1994 iVm § 4 Abs. 8 lit. b UStG 1994.
24 Für Grundstücke will der mit BGBl I Nr. 27/2004 eingeführte letzte Satz des § 3a Abs. 1a UStG 1994 die Besteuerung des laufenden „Eigenverbrauchs“ (im Ausmaß der auf die private Verwendung entfallenden Kosten) unterbinden und stattdessen durch die ebenfalls mit BGBl I Nr. 27/2004 eingeführte Z 4 des § 12 Abs. 3 UStG 1994 den Vorsteuerabzug, soweit er anteilig mit der privaten Verwendung iSd § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 in Zusammenhang steht, ausschließen.
25 Das BFG hat festgestellt, dass die revisionswerbende Partei die Liegenschaft im Jahr 2007 als Vermietungsobjekt erworben und bereits im Jahr 2007 für Zwecke der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung verwendet hat, auch wenn keine durchgehende Vermietung erreicht wurde, sondern auch Leerstandszeiten hingenommen werden mussten. Die Liegenschaft wurde im Jahr 2007 nicht von der revisionswerbenden Partei privat verwendet, es wäre also nach der Grundregel des § 3a Abs. 1a UStG 1994 (Art. 26 Abs. 1 lit. a MwStSystRL) keine „Eigenverbrauchsbesteuerung“ in Betracht gekommen. Aus der auf die private Verwendung iSd § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 abstellenden Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 war daher für das Jahr 2007 kein (anteiliger) Vorsteuerausschluss ableitbar.
26 Das BFG ist im angefochtenen Erkenntnis zu der Beurteilung gelangt, dass im Jahr 2007 der Vorsteuerabzug für die in Rede stehende Liegenschaft uneingeschränkt und zur Gänze zu gewähren war. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als nicht rechtswidrig, wobei dahingestellt bleiben kann, ob für das Jahr 2007 die Regelung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 idF BGBl I Nr. 27/2004 mit dem Unionsrecht vereinbar sein konnte (siehe dazu etwa Achatz, RFG 2006/5, 52, Punkt B).
27 Im angefochtenen Erkenntnis hat das BFG auch die Feststellung getroffen, dass in den Jahren ab 2008 (bis 2014) jährlich eine Privatnutzung iSd § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 im Ausmaß von ca. zwei Wochen pro Jahr stattgefunden hat. Dieser Feststellung wird in der Revision nicht entgegengetreten, die private Nutzung ist unstrittig. Unstrittig ist auch, dass im Jahr 2016 eine nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 unecht steuerbefreite Veräußerung des Grundstücks erfolgte.
28 Die Regelung des § 12 Abs. 10a UStG 1994 stellt auf Grundstücke ab, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienten (gemischt genutzte Grundstücke) und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte (vgl. auch AB 436 BlgNR 22. GP 2). Das gegenständliche Vermietungsobjekt (Ferienhaus) wurde im Jahr 2007 zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet und berechtigte zur Gänze zum Vorsteuerabzug; neben der unternehmerischen Nutzung wurde es - den unbestrittenen Feststellungen des BFG zufolge - in den Jahren ab 2008 (bis 2014) jährlich im Ausmaß von ca. zwei Wochen auch nichtunternehmerisch genutzt. Damit sind alle Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 10a UStG 1994 erfüllt.
29 § 12 Abs. 10a UStG 1994 und § 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz UStG 1994, jeweils idF vor dem 1. StabG 2012, sind gemäß § 28 Abs. 38 Z 2 2. Satz UStG 1994 auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen weiterhin anzuwenden, die - wie dies gegenständlich der Fall ist - Grundstücke betreffen, die der Unternehmer vor dem erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, oder wenn bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke der Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüberlassung) vor dem erfolgt.
30 Der nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 unecht steuerbefreite Verkauf des Ferienhauses im Jahr 2016 löste gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 eine Vorsteuerberichtigung aus, welcher gemäß § 12 Abs. 10a UStG 1994 ein Berichtigungszeitraum von 19 Kalenderjahren zugrunde zu legen ist. Daraus ergibt sich, dass die durch die unecht steuerbefreite Veräußerung bewirkte Vorsteuerberichtigung nicht unter Zugrundelegung von - wie dies in der Umsatzsteuererklärung 2016 vorgenommen wurde - einem Zehntel, sondern unter Zugrundelegung von elf Zwanzigsteln zu errechnen ist.
31 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
32 Von der von der revisionswerbenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
33 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Schlagworte | Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2023150011.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-46770