VwGH 07.09.2023, Ro 2023/09/0004
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Bei der Bemessung des regelmäßigen Entgelts einer unselbständig erwerbstätigen Person gemäß § 32 Abs. 3 EpidemieG 1950 kommt das sogenannte "Ausfallsprinzip" zum Ausdruck, wonach der Arbeitnehmer während dieser Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden soll, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht, und soll er daher weder einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden noch auch einen wirtschaftlichen Vorteil erringen (vgl. ; ; ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2021/09/0235 B RS 5 |
Normen | BArbUG 1972 §21 EFZG §3 Abs3 EpidemieG 1950 §32 Abs3 idF 2022/I/089 TSG 1909 §52b Abs3 idF 1974/141 VwGG §42 Abs1 VwRallg |
RS 2 | Der durch die Verweisung auf das regelmäßige Entgelt iSd. § 3 Abs. 3 EFZG bestimmte Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 3 erster bis dritter Satz EpidemieG 1950 umfasst die dem Arbeitgeber gesetzlich auferlegten Dienstgeberbeiträge nicht; (nur) in dem so bestimmten Umfang geht aber der Vergütungsanspruch auf den Arbeitgeber nach § 32 Abs. 3 dritter Satz EpidemieG 1950 über (). Darüber hinaus enthält der - im Übrigen § 52b Abs. 3 der Tierseuchengesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 141, nachgebildete - § 32 Abs. 3 letzter Satz EpidemieG 1950 bezüglich des für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteiles in der gesetzlichen Sozialversicherung und des Zuschlages gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, eine weitere Rückersatzverpflichtung des Bundes für diese beiden Dienstgeberleistungen (zusätzlich zu jener nach § 32 Abs. 3 dritter Satz EpidemieG 1950). |
Normen | |
RS 3 | Der - in der Bundesverfassung nicht näher umschriebene - Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG) ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH zur Auslegung von Kompetenztatbeständen (VfSlg. 14.266/1995) in der Bedeutung zu verstehen, die ihm im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens - d.h. am (VfSlg. 3670/1960) - nach dem damaligen Stand und der Systematik der Rechtsordnung zugekommen ist. Das bedeutet nicht, dass sich der Inhalt dieses Kompetenztatbestandes in der Gesamtheit der am Tag seines Wirksamwerdens geltenden Gesetze erschöpft; vielmehr sind auch Neuregelungen zulässig, doch müssen sie "nach ihrem Inhalt dem betreffenden Rechtsgebiet, wie es durch die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel bestehende gesetzliche Regelung bestimmt ist, systematisch angehören" (VfSlg. 7074/1973; VfSlg. 11.864/1988, 14.187/1995). Der Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" umfasste bereits in seiner Stammfassung 1925 die Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Unfallversicherung und auch Arbeitslosenversicherung, weil es diese Zweige der Sozialversicherung bereits zu diesem Zeitpunkt gab. Auch die Arbeitslosenversicherung zählt daher zum "Sozialversicherungswesen" iSd. B-VG, mag sie auch nicht unter den Begriff der - einfachgesetzlichen - "Allgemeinen Sozialversicherung" gemäß § 2 Abs. 1 ASVG fallen, die die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung umfasst. Aus der Auslegung des Begriffes "Allgemeine Sozialversicherung" in dieser Bestimmung oder aus dem darauf aufbauenden § 51 ASVG ist daher für die Bedeutung der Wortfolge "gesetzliche Sozialversicherung" iSd. § 32 EpidemieG 1950 nichts zu gewinnen. |
Normen | AlVG 1977 idF 2015/I/144 AlVG 1977 §1 Abs6 idF 2015/I/144 AMPFG 1994 AMPFG 1994 §1 Abs3 AMPFG 1994 §2 Abs3 AMPFG 1994 §5 Abs1 idF 2018/I/100 AMPFG 1994 §5 Abs4 idF 2018/I/100 AMPFG 1994 §5 idF 2018/I/100 ASVG §11 Abs3 litd EpidemieG 1950 §32 Abs3 idF 2022/I/089 TSG 1909 §52b idF 1974/141 VwGG §42 Abs1 VwRallg |
RS 4 | Der Gesetzgeber hat für den Zeitraum der Absonderung nach dem EpidemieG 1950 das Weiterbestehen der Pflichtversicherung durch Verweis auf § 11 Abs. 3 lit. d ASVG auch für das AlVG 1977 angeordnet (§ 1 Abs. 6 AlVG 1977). Die Pflichtversicherung nach dem AlVG 1977 tritt unabhängig vom Willen der beteiligten Personen aufgrund der Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes ein; das Versicherungsverhältnis ist gesetzlich geregelt und die Beitragszahlung basiert auf einer gesetzlichen Verpflichtung, die sowohl den Versicherten als auch den Dienstgeber trifft: Die von der mitbeteiligten Partei geleisteten Dienstgeberbeiträge nach dem AlVG 1977 basieren auf § 2 Abs. 3 AMPFG 1994. Die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin ihres abgesonderten Dienstnehmers hat diese Beitragsleistungen während der Dauer der Absonderung daher auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erbracht, die nicht vertraglich abdingbar ist, sondern Folge der gesetzlichen Anordnung des Fortbestehens der Pflichtversicherung ist (vgl. Materialien zu § 52b des TSG 1909 idF. BGBl. Nr. 141/1974, RV 977 BlgNR 13. GP 13 f: "Für die Zeit der Erwerbsbehinderung sind Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und bei Bauarbeitern die Bauarbeiterurlaubskasse vom Arbeitgeber zu entrichten. Diese sollen gleichfalls vom Arbeitgeber ersetzt werden."). Die Beiträge nach dem AlVG 1977 werden gemäß § 5 AMPFG 1994 vom zuständigen Sozialversicherungsträger eingehoben und hernach an eine vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft bestimmte Stelle abgeführt (§ 5 Abs. 1 und 4 AMPFG 1994). Der Wortlaut des § 32 Abs. 3 EpidemieG 1950 enthält keine Einschränkung dahingehend, dass etwa nur an die Versicherungsträger geleistete Beiträge ersatzfähig wären. Er begrenzt den Anspruch lediglich insoweit, als es sich um einen geleisteten Dienstgeberanteil in eine "gesetzliche Sozialversicherung" handeln muss (; , Ra 2022/03/0055). Die aufgrund der Pflichtversicherung des Dienstnehmers nach dem AlVG 1977 geleisteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind daher unter den Begriff "Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung" gemäß § 32 Abs. 3 vierter Satz EpidemieG 1950 zu subsumieren. Die für die Zeit der Absonderung des Dienstnehmers gemäß § 1 Abs. 3 AMPFG 1994 geleisteten Arbeitslosenversicherungsbeiträge werden zu Recht als ersatzfähig gewertet. |
Normen | |
RS 5 | Verfahren betreffend Vergütungen gemäß § 32 EpidemieG 1950 sind keine Abgabenverfahren im Sinne des VwGG, weil es um die Zuerkennung einer Vergütung und nicht um die Vorschreibung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe geht; eine Vertretungsbefugnis eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers in solchen Verfahren ergibt sich auch nicht aus § 2 WTBG 2017. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Hermagor gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , KLVwG-1583/2/2022, betreffend Vergütungsanspruch nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: A GmbH in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionsbeantwortung der Zinell & Madritsch Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Bezirkshauptmannschaft Hermagor, die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Amtsrevisionswerberin, hat mit Bescheid vom der mitbeteiligten Partei aufgrund deren Antrags auf Vergütung für den durch die Behinderung des Erwerbs ihres Dienstnehmers MFL wegen dessen nach § 7 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) verfügter behördlicher Absonderung entstandener Vermögensnachteile einen näher aufgeschlüsselten Betrag nach § 32 Abs. 3 EpiG zugesprochen und ein Mehrbegehren abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge und erkannte ihr den begehrten Vergütungsbetrag in voller Höhe zu. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für zulässig erklärt.
3 Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, dass der Mitarbeiter der mitbeteiligten Partei mit Bescheid der nunmehr revisionswerbenden Partei aufgrund der Infektion mit SARS-CoV-2 abgesondert worden sei.
4 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, der Arbeitnehmer sei im Absonderungszeitraum bei der mitbeteiligten Partei beschäftigt gewesen und sei ihm das gebührende Entgelt ausbezahlt worden. Die Arbeitslosenversicherung sei ein Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung; Wortlaut und Systematik von § 32 Abs. 3 EpiG sprächen dafür, die Arbeitslosenversicherung als miteinbezogen anzusehen, zumal von „gesetzlicher Sozialversicherung“ und nicht von „allgemeiner Sozialversicherung“ gesprochen werde. Auch die Materialien würden nicht zwischen Dienstgeberbeiträgen nach dem ASVG und jenem nach dem AlVG differenzieren. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag sei bereits damals zu gleichen Teilen vom Dienstgeber und Versicherten zu tragen gewesen. Aus diesem Grund sei der Vergütungsbetrag um den Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu erhöhen.
5 Die Revision sei zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erstattung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages fehle.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der Bezirkshauptmannschaft Hermagor.
7 Die mitbeteiligte Partei, vertreten durch eine Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgmbH, die sich auf eine Vollmacht gemäß § 77 Abs. 11 WTBG beruft, erstattete eine Revisionsbeantwortung und begehrte die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob der Dienstgeberbeitrag nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) als Dienstgeberanteil in eine gesetzliche Sozialversicherung im Sinne des § 32 Abs. 3 EpiG anzusehen sei.
9 Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
10 § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 89/2022, lautet (auszugsweise):
„Vergütung für den Verdienstentgang.
§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit
1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder
[...]
und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.
[...]
(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.
(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.“
11 § 32 geht im Wesentlichen auf die Novelle BGBl. Nr. 702/1974, zurück, die - so die Materialien (RV 1205 BlgNR 13. GP 3) - § 52b TierseuchenG als Vorbild hatte:
„Das geltende Recht sieht eine Vergütung für den Verdienstentgang nur für ‚mittellose Personen, insbesondere Kleingewerbetreibende, Kleingrundbesitzer, Kleinhändler sowie Personen, die vom Tag- oder Wochenlohn leben, und ausnahmslos jene, die einer Einkommensteuer nicht unterliegen,‘ vor. Für diese Einschränkung besteht heute keine sachliche Rechtfertigung mehr.
Im Interesse des Gleichheitsgebotes soll durch die Neufassung des § 32 eine Entschädigung für a 11 e natürlichen und juristischen Personen sowie für die Personengesellschaften des Handelsrechtes vorgesehen werden, die durch eine Erwerbsbehinderung infolge der im Gesetz aufgezählten behördlichen Maßnahmen einen Verdienstentgang erlitten haben. Während nach den derzeitigen Bestimmungen ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges nur für Absonderungsmaßnahmen auf Grund der §§ 7 und 17 des Epidemiegesetzes oder wegen einer Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen nach § 20 sowie wegen der Räumung von Wohnungen zulässig ist, soll nunmehr auch bei Untersagung der Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 und Verhängung von Verkehrsbeschränkungen für die Bewohner bestimmter Ortschaften ein Anspruch auf Vergütung begründet werden, wenn und soweit dadurch ein Verdienstentgang entstanden ist.
Nach den geltenden Bestimmungen bemißt sich die Entschädigung höchstens mit dem Betrag des Krankengeldes, das der betroffenen Person auf Grund ihres Einkommens gebühren würde. Diese Bestimmung hat in der Praxis zu einer Reihe von Beschwerden geführt und bringt Nachteile und Härten für die betroffenen Personen mit sich. Es wird daher eine Regelung vorgeschlagen, die den zeitgemäßen Bestimmungen des § 52 b des Tierseuchengesetzes in der Fassung der Tierseuchengesetznovelle 1974 entspricht.“
12 Die Materialien zu § 52b des TierseuchenG, BGBl. Nr. 141/1974 (RV 977 BlgNR 13. GP 13 f) lauten:
„Das geltende Recht sieht eine Entschädigung für Erwerbsbehinderung infolge Verhängung einer Sperre wegen Maul- und Klauenseuche nur für unselbständig Erwerbstätige vor. Es besteht keine sachliche Rechtfertigung dafür, diese Entschädigungsregelung nur auf Unselbständige einzuschränken. Im Interesse des Gleichheitsgebots soll durch die Neufassung des § 52b eine Entschädigung für alle natürlichen und juristischen Personen sowie für Personengesellschaften des Handelsrechtes vorgesehen werden, die durch eine Erwerbsbehinderung infolge der im Gesetz aufgezählten Sperrmaßnahmen einen Verdienstentgang erlitten. Dies bedeutet insbesondere, daß auch Landwirte und andere selbständig Erwerbstätige, soweit ihnen durch die Sperrmaßnahmen und die damit verbundene Erwerbsbehinderung ein Verdienstentgang erwächst, einen Anspruch auf Vergütung dieses Verdienstentganges erhalten.
Es konnte allerdings nicht für alle Unternehmen, die in irgendeiner Weise von den Auswirkungen der Maul- und Klauenseuche betroffen worden sind, eine Entschädigung vorgesehen werden. Die Erfassung dieser Betriebe erscheint im Rahmen einer Regelung im Tierseuchengesetz kaum durchführbar. Es wird daher bei lang anhaltenden oder großräumigen Seuchenzügen jeweils außerhalb des Anwendungsbereiches des Tierseuchengesetzes zu prüfen sein, ob und in welcher Weise jenen Unternehmen, die keine Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz erhalten können, durch andere Maßnahmen, z.B. Erleichterungen bei Steuerzahlungen, Förderungsmaßnahmen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, geholfen werden kann, die im Zusammenhang mit der Maul- und Klauenseuche erlittenen geschäftlichen Einbußen zu überwinden.
Nach den geltenden Bestimmungen bemißt sich die Entschädigung für unselbständig Erwerbstätige nach dem kollektivvertraglichen Grundlohn. Diese Bestimmung hat in der Praxis zu Schwierigkeiten geführt. Abgesehen davon, daß es auch Dienstnehmerkategorien gibt, für die kein Kollektivvertrag besteht, entspricht der kollektivvertragliche Grundlohn schon seit Jahren nicht mehr dem tatsächlich geleisteten Lohn. Im vorliegenden Entwurf wird daher eine Regelung vorgeschlagen, bei der ebenso wie bei Selbständigen auch bei unselbständig Erwerbstätigen der tatsächliche Einkommensverlust ersetzt werden soll. Die Entschädigung soll daher nach den gleichen Grundsätzen bemessen werden, wie dies im Entwurf des Bundesgesetzes über die Entgeltfortzahlung im Erkrankungsfall vorgesehen sind. Damit die betroffenen Arbeitnehmer möglichst rasch in den Genuß der gebührenden Entschädigung gelangen, sieht der Entwurf vor, daß die Arbeitgeber die Entschädigung vorschußweise auszuzahlen haben, wofür der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Bund auf den Arbeitgeber übergeht. Für die Zeit der Erwerbsbehinderung sind Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und bei Bauarbeitern die Bauarbeiterurlaubskasse vom Arbeitgeber zu entrichten. Diese sollen gleichfalls vom Arbeitgeber ersetzt werden.
Die Entschädigung für selbständig Erwerbstätige soll dem Grundsatz entsprechend, daß der tatsächliche Einkommensverlust ersetzt werden soll, auf das vergleichbare fortgeschriebene wirtschaftliche Einkommen bezogen werden. Das der Einkommensteuer unterliegende Einkommen vermindert sich nämlich durch die Inanspruchnahme der verschiedenen steuerrechtlichen Bestimmungen (vorzeitige Abschreibung, Investitionsrücklage, Rücklage für den nicht entnommenen Gewinn, Investitionsfreibetrag, Sonderausgaben), sodaß es als Bemessungsgrundlage der Entschädigung problematisch ist.
Die Abs. 5 und 6 entsprechen inhaltlich dem geltenden Recht.“
13 Die §§ 2, 10, 11 und 51 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 30/2017, BGBl. I Nr. 100/2018 und BGBl. I Nr. 93/2022, lauten auszugsweise wie folgt:
„Umfang der Allgemeinen Sozialversicherung
§ 2. (1) Die Allgemeine Sozialversicherung umfaßt die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Pensionsversicherung mit Ausnahme der im Abs. 2 bezeichneten Sonderversicherungen. Die Pensionsversicherung gliedert sich in folgende Zweige: Pensionsversicherung der Arbeiter, Pensionsversicherung der Angestellten, knappschaftliche Pensionsversicherung.
Beginn der Pflichtversicherung
§ 10. (1) Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer, der Personen hinsichtlich einer geringfügigen Beschäftigung nach § 5 Abs. 2, der in § 4 Abs. 4 bezeichneten Personen, ferner der gemäß § 4 Abs. 1 Z 9, 10 und 13 Pflichtversicherten, der gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen, der in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis stehenden Personen, der Personen, denen eine Leistung der beruflichen Ausbildung gewährt wird, sowie der Heimarbeiter und der diesen gleichgestellten Personen beginnt unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Für das Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, ohne daß dem Ausgeschiedenen ein Ruhegenuß und seinen Hinterbliebenen ein Versorgungsgenuß aus dem Dienstverhältnis zusteht, gilt hinsichtlich des Beginnes der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz die Bestimmung des § 11 Abs. 5 entsprechend.
Ende der Pflichtversicherung
§ 11. (1) Die Pflichtversicherung der im § 10 Abs. 1 bezeichneten Personen erlischt, soweit in den Abs. 2 bis 6 nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ende des Beschäftigungs-, Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Fällt jedoch der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Entgeltanspruches.
[...]
(3) Die Pflichtversicherung besteht, wenn das Beschäftigungsverhältnis nicht früher beendet wird, weiter
a) [...]
[...]
d) für die Zeit einer Arbeitsunterbrechung auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 7, 11, 17, 20, 22 oder 24 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186, und für die Dauer der Verhängung einer Sperre wegen Maul- und Klauenseuche nach dem Tierseuchengesetz, RGBl. Nr. 177/1909;
[...]
Allgemeine Beiträge für Vollversicherte
§ 51. (1) Für vollversicherte Dienstnehmer (Lehrlinge) sowie für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3, 8 und 10 und Abs. 4 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen ist, sofern im folgenden nicht anderes bestimmt wird, als allgemeiner Beitrag zu leisten:
1. in der Krankenversicherung
[...]
2. in der Unfallversicherung
[...]
3. in der Pensionsversicherung
[...]“
14 Das Arbeitslosenversicherungsgesetz, AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 144/2015, lautet auszugsweise wie folgt:
„Umfang der Versicherung
§ 1. (1) Für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) sind
[...]
(6) Für Beginn und Ende der Arbeitslosenversicherungspflicht gelten die §§ 10 und 11 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.“
15 § 2 Abs. 1 sowie § 5 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG), BGBl. Nr. 315/1994 idF BGBl. I Nr. 100/2018, lautet auszugsweise wie folgt:
„Arbeitslosenversicherungsbeitrag
§ 2. (1) Zur Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes wird ein Arbeitslosenversicherungsbeitrag von allen Personen, die der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) oder der Arbeitslosenversicherung gemäß § 3 AlVG unterliegen, und den Dienstgebern pflichtversicherter Personen eingehoben. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag beträgt für Lehrlinge 2,4 vH und für die übrigen Versicherten 6 vH der Beitragsgrundlage. Die Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte entspricht der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, geltenden allgemeinen Beitragsgrundlage bis zur Höhe der gemäß § 45 ASVG festgelegten Höchstbeitragsgrundlage. Beitragsgrundlage für gemäß § 3 Abs. 1 AlVG versicherte Personen ist nach Wahl der versicherten Person ein Viertel, die Hälfte oder drei Viertel der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 48 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978. Liegt für gemäß § 3 Abs. 8 AlVG versicherte Personen kein Entgelt im Sinne des § 49 ASVG vor, so ist der dreifache Betrag des jeweils gemäß § 44 Abs. 6 lit. c ASVG geltenden Betrages als täglicher Arbeitsverdienst anzunehmen.
Durchführung der Einhebung
§ 5. (1) Die Beiträge gemäß § 2 sind durch die zuständigen Sozialversicherungsträger einzuheben, soweit es sich um Beiträge pflichtversicherter Personen handelt, gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung. Für die Beiträge pflichtversicherter Personen und gemäß § 3 Abs. 8 AlVG versicherter Personen gelten die vom jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger anzuwendenden krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung der Pflichtbeiträge mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Beiträge zur Krankenversicherung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung treten, soweit sich aus bundesgesetzlichen Vorschriften nicht Abweichendes ergibt.
[...]
(4) Die Sozialversicherungsträger haben die Beiträge an die vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bestimmte Stelle abzuführen. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren bei Verrechnung, Abfuhr und Aufrechnung der Beiträge werden durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz getroffen.“
16 § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, BGBl. Nr. 399/1974, lautet:
„Höhe des fortzuzahlenden Entgelts
§ 3. (1) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf wegen einer Arbeitsverhinderung für die Anspruchsdauer gemäß § 2 nicht gemindert werden.
(2) In allen anderen Fällen bemißt sich der Anspruch gemäß § 2 nach dem regelmäßigen Entgelt.
(3) Als regelmäßiges Entgelt im Sinne des Abs. 2 gilt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre.
(4) Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten bemißt sich das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten.
(5) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Entgelt nach diesem Gesetz anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Ermittlung der Höhe des Entgelts kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 3 und 4 geregelt werden.“
17 Die Amtsrevision nimmt unter Verweis auf einen Erlass des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom den Standpunkt ein, dass die Wortfolge „Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung“ lediglich die Beiträge zur allgemeinen Sozialversicherung im Sinne des § 2 ASVG, mithin Beiträge zur Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung, erfasse, nicht jedoch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
18 In diesem Erlass des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ausgeführt, dass nach § 32 EpiG auch der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 Bauarbeiterurlaubsgesetz 1972 vom Bund zu ersetzen sei; unter den vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteil seien lediglich die in § 51 ASVG genannten Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung zu verstehen.
19 Zunächst ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Qualifizierung des Ersatzanspruches nach dem EpiG in Erinnerung zu rufen:
20 Dem Revisionsfall liegt die Vergütung eines Arbeitnehmers der mitbeteiligten Partei im Sinne des § 32 Abs. 3 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG zugrunde, der seinen Ursprung in einer Verfügung nach § 7 leg. cit. gegenüber diesem Arbeitnehmer hat. Nach § 32 Abs. 3 zweiter Satz EpiG hat der Arbeitgeber kraft Gesetzes die Schuld des Bundes in Form des Vergütungsbetrages der Person gegenüber, die den Verdienstentgang erlitten hat, zu erfüllen; mit dem Zeitpunkt der Auszahlung des gebührenden Vergütungsbetrages an den Arbeitnehmer geht dessen Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund auf den Arbeitgeber über. Gegenstand der Bemessung des genannten Vergütungsanspruches ist gemäß § 32 Abs. 3 erster Satz EpiG das regelmäßige Entgelt im Sinne des EFZG (vgl. grundlegend , VwSlg. 11388 A).
21 Darin kommt das sogenannte „Ausfallsprinzip“ zum Ausdruck, wonach der Arbeitnehmer während dieser Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden soll, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht, und er daher weder einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden noch auch einen wirtschaftlichen Vorteil erringen soll (vgl. , mwN).
22 Der durch die Verweisung auf das regelmäßige Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 3 EFZG bestimmte Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 3 erster bis dritter Satz EpiG umfasst daher die dem Arbeitgeber gesetzlich auferlegten Dienstgeberbeiträge nicht; (nur) in dem so bestimmten Umfang geht aber der Vergütungsanspruch auf den Arbeitgeber nach § 32 Abs. 3 dritter Satz EpiG über (vgl. erneut , VwSlg. 11388 A).
23 Darüber hinaus enthält der - im Übrigen § 52b Abs. 3 der Tierseuchengesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 141, nachgebildete - § 32 Abs. 3 letzter Satz EpiG bezüglich des für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteiles in der gesetzlichen Sozialversicherung und des Zuschlages gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, eine weitere Rückersatzverpflichtung des Bundes für diese beiden Dienstgeberleistungen (zusätzlich zu jener nach § 32 Abs. 3 dritter Satz EpiG).
24 Zu klären ist daher im Revisionsfall, in welchem Umfang der Gesetzgeber des EpiG eine solche Rückersatzpflicht normieren wollte und ob unter „Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung“ auch der vom Dienstgeber zu zahlende Beitrag in der Arbeitslosenversicherung zählt.
25 Der - in der Bundesverfassung nicht näher umschriebene - Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG) ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Auslegung von Kompetenztatbeständen (z.B. VfSlg. 14.266/1995 mwN) in der Bedeutung zu verstehen, die ihm im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens - d.h. am (vgl. VfSlg. 3670/1960) - nach dem damaligen Stand und der Systematik der Rechtsordnung zugekommen ist. Das bedeutet nicht, dass sich der Inhalt dieses Kompetenztatbestandes in der Gesamtheit der am Tag seines Wirksamwerdens geltenden Gesetze erschöpft; vielmehr sind auch Neuregelungen zulässig, doch müssen sie „nach ihrem Inhalt dem betreffenden Rechtsgebiet, wie es durch die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel bestehende gesetzliche Regelung bestimmt ist, systematisch angehören“ (VfSlg. 7074/1973 mwN; vgl. z.B. auch VfSlg. 11.864/1988, 14.187/1995).
26 Der Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ umfasste bereits in seiner Stammfassung 1925 die Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Unfallversicherung und auch Arbeitslosenversicherung, weil es diese Zweige der Sozialversicherung bereits zu diesem Zeitpunkt gab (vgl. näher Pfeil in Kneihs/Lienbacher (Hg.), Rill-Schäffer-Kommentar B-VG, Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG Rn. 11).
27 Auch die Arbeitslosenversicherung zählt daher zum „Sozialversicherungswesen“ im Sinne des B-VG, mag sie auch nicht unter den Begriff der - einfachgesetzlichen - „Allgemeinen Sozialversicherung“ gemäß § 2 Abs. 1 ASVG fallen, die die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung umfasst. Aus der Auslegung des Begriffes „Allgemeine Sozialversicherung“ in dieser Bestimmung oder aus dem darauf aufbauenden § 51 ASVG ist daher für die Bedeutung der Wortfolge „gesetzliche Sozialversicherung“ im Sinne des § 32 EpiG nichts zu gewinnen.
28 Der Gesetzgeber hat für den Zeitraum der Absonderung nach dem EpiG das Weiterbestehen der Pflichtversicherung durch Verweis auf § 11 Abs. 3 lit. d ASVG auch für das AlVG angeordnet (§ 1 Abs. 6 AlVG).
29 Die Pflichtversicherung nach dem AlVG tritt unabhängig vom Willen der beteiligten Personen aufgrund der Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes ein; das Versicherungsverhältnis ist gesetzlich geregelt und die Beitragszahlung basiert auf einer gesetzlichen Verpflichtung, die sowohl den Versicherten als auch den Dienstgeber trifft: Die von der mitbeteiligten Partei geleisteten Dienstgeberbeiträge nach dem AlVG basieren auf § 2 Abs. 3 AMPFG. Die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin ihres abgesonderten Dienstnehmers hat diese Beitragsleistungen während der Dauer der Absonderung daher auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erbracht, die nicht vertraglich abdingbar ist, sondern Folge der gesetzlichen Anordnung des Fortbestehens der Pflichtversicherung ist (vgl. dazu die Materialien zu § 52b des TierseuchenG, BGBl. Nr. 141/1974 (RV 977 BlgNR 13. GP 13 f: „Für die Zeit der Erwerbsbehinderung sind Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und bei Bauarbeitern die Bauarbeiterurlaubskasse vom Arbeitgeber zu entrichten. Diese sollen gleichfalls vom Arbeitgeber ersetzt werden.“).
30 Die Beiträge nach dem AlVG werden gemäß § 5 AMPFG vom zuständigen Sozialversicherungsträger eingehoben und hernach an eine vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft bestimmte Stelle abgeführt (§ 5 Abs. 1 und 4 AMPFG).
31 Wie der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus bereits erkannt hat, enthält der Wortlaut des § 32 Abs. 3 EpiG nicht einmal eine Einschränkung dahingehend, dass etwa nur an die Versicherungsträger geleistete Beiträge ersatzfähig wären. Er begrenzt den Anspruch lediglich insoweit, als es sich um einen geleisteten Dienstgeberanteil in eine „gesetzliche Sozialversicherung“ handeln muss (vgl. ; , Ra 2022/03/0055).
32 All diese Argumente sprechen dafür, die von der mitbeteiligten Partei aufgrund der Pflichtversicherung ihres Dienstnehmers nach dem AlVG geleisteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung unter den Begriff „Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung“ gemäß § 32 Abs. 3 vierter Satz EpiG zu subsumieren.
33 Aus diesem Grund hat das Verwaltungsgericht die von der mitbeteiligten Partei für die Zeit der Absonderung ihres Dienstnehmers gemäß § 1 Abs. 3 AMPFG geleisteten Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu Recht als ersatzfähig gewertet.
34 Die Revision erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
35 Die von der Zinell & Madritsch Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH eingebrachte Revisionsbeantwortung war zurückzuweisen:
36 Gemäß § 23 Abs. 1 VwGG können die Parteien, soweit das VwGG nicht anderes bestimmt, ihre Rechtssache vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst führen oder sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. In Abgaben- und Abgabenstrafsachen können sie sich auch durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen.
37 § 2 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 (WTBG 2017), BGBl. I Nr. 137/2017 idF BGBl. I Nr. 67/2020, lautet wie folgt:
„Berechtigungsumfang - Steuerberater
§ 2. (1) Den zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:
1. die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechts und der Rechnungslegung,
2. die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung sowie die kalkulatorische Buchhaltung (Kalkulation),
3. die Beratung auf dem Gebiet des Bilanzwesens und der Abschluss unternehmerischer Bücher,
4. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfeangelegenheiten vor den Finanzbehörden, dem Amt für Betrugsbekämpfung, den übrigen Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgerichten sowie bei allen Amtshandlungen, die von Organen des Amtes für Betrugsbekämpfung im Rahmen der ihnen übertragenen finanzpolizeilichen Aufgaben und Befugnisse (§ 3 Z 2 lit. e des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung) gesetzt werden, davon ausgenommen Maßnahmen im Dienste der Strafrechtspflege gemäß § 6 des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 113/2015, sowie die Vertretung in Angelegenheiten des COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes (CFPG), BGBl. I Nr. 44/2020,
5. die Durchführung von Prüfungsaufgaben, die nicht die Erteilung eines förmlichen Bestätigungsvermerkes, das sind Prüfungsaufgaben ohne Zusicherungsleistung eines unabhängigen Prüfers, erfordern, und eine diesbezügliche schriftliche Berichterstattung und
6. die Erstattung von Sachverständigengutachten auf den Gebieten des Buchführungs- und Bilanzwesens, des Abgabenrechts und auf jenen Gebieten, zu deren fachmännischer Beurteilung Kenntnisse des Rechnungswesens oder der Betriebswirtschaftslehre erforderlich sind.
(2) Die zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:
1. sämtliche Beratungsleistungen im Zusammenhang ihres Berechtigungsumfanges gemäß Abs. 1,
2. sämtliche Beratungsleistungen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem betrieblichen Rechnungswesen und die Beratung betreffend Einrichtung und Organisation des internen Kontrollsystems,
3. die Beratung und Vertretung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten,
4. die Sanierungsberatung, insbesondere die Erstellung von Sanierungsgutachten, Organisation von Sanierungsplänen, Begutachtung von Sanierungsplänen und die begleitende Kontrolle bei der Durchführung von Sanierungsplänen,
5. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten,
6. die Vertretung in Angelegenheiten der Kammerumlagen gegenüber den gesetzlichen Interessenvertretungen,
7. die Übernahme von Treuhandaufgaben und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden,
8. die Beratung in arbeitstechnischen Fragen,
9. die Beratung und Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren sowie in Angelegenheiten der Z 3 vor dem Verwaltungsgerichtshof, wobei sie in diesem Verfahren Schriftsätze gemäß § 24 Abs. 2 und Anträge gemäß § 30 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/1985, auch mit ihrer Unterschrift versehen dürfen,
10. die Tätigkeit als Mediator, wenn sie in die Liste der Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG), BGBl. I Nr. 29/2003, eingetragen sind.
(3) Die zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhängen, auszuüben:
1. die Beratung in Rechtsangelegenheiten sowie die Errichtung einfacher und standardisierter, formularmäßig gestalteter Verträge betreffend Arbeitsverhältnisse jeglicher Art,
2. die Beratung und Vertretung in allen Verwaltungsverfahren, in Verwaltungsstrafverfahren jedoch nur wegen Verletzung arbeits- und sozialrechtlicher Verpflichtungen, bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten sowie Gerichten in Angelegenheiten des § 11 des Firmenbuchgesetzes, BGBl. Nr. 10/1991, beschränkt auf die Anmeldungen, die die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift sowie die Adresse der Internetseite betreffen, sowie bezüglich der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und der Abgabe von Drittschuldnererklärungen für Auftraggeber, und
3. die Beratung und Vertretung in Angelegenheiten des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer einschließlich der Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers auf der Basis der Angaben ihrer Mandanten und der Feststellung und Überprüfung des wirtschaftlichen Eigentümers im Auftrag ihrer Mandanten.“
38 Verfahren betreffend Vergütungen gemäß § 32 EpiG sind keine Abgabenverfahren im Sinne des VwGG, weil es um die Zuerkennung einer Vergütung und nicht um die Vorschreibung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe geht; eine Vertretungsbefugnis eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers in solchen Verfahren ergibt sich auch nicht aus § 2 WTBG. Aus diesem Grund erweist sich die Revisionsbeantwortung, die im Übrigen auch keine juristischen Ausführungen enthält, als unzulässig, weshalb bereits aus diesem Grund kein Aufwandersatz gebührt.
Wien, am
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Normen | AlVG 1977 idF 2015/I/144 AlVG 1977 §1 Abs6 idF 2015/I/144 AMPFG 1994 AMPFG 1994 §1 Abs3 AMPFG 1994 §2 Abs3 AMPFG 1994 §5 Abs1 idF 2018/I/100 AMPFG 1994 §5 Abs4 idF 2018/I/100 AMPFG 1994 §5 idF 2018/I/100 ASVG §11 Abs3 litd ASVG §2 Abs1 ASVG §51 BArbUG 1972 §21 B-VG Art10 Abs1 Z11 EFZG §3 Abs3 EpidemieG 1950 idF 2022/I/089 EpidemieG 1950 §32 Abs3 idF 2022/I/089 EpidemieG 1950 §32 idF 2022/I/089 TSG 1909 §52b Abs3 idF 1974/141 TSG 1909 §52b idF 1974/141 VwGG §23 Abs1 VwGG §42 Abs1 VwRallg WTBG 2017 §2 idF 2020/I/067 |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2023090004.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-46751