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VwGH 05.09.2024, Ro 2022/16/0006

VwGH 05.09.2024, Ro 2022/16/0006

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
GGG 1984 TP9 Anm12 lita
GGG 1984 TP9 litb
RS 1
Nach Anmerkung 12 lit. a zu TP 9 lit. b GGG sind Eintragungen von anderen als in TP 9 lit. b angeführten Rechten von der Eintragungsgebühr befreit. Diese Befreiungsbestimmung umfasst zum Beispiel Dienstbarkeiten, Ausgedinge, Bestandrechte, Wiederkaufs- und Vorkaufsrechte und alle Anmerkungen, mit Ausnahme der Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung.
Norm
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs1
RS 2
Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ist eine Agrargemeinschaft die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist, sowie allfälliger weiterer Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen. Ihr liegt historisch ein deutsch-rechtliches Nutzungsrecht zugrunde, das nicht einzelnen Personen, sondern bestimmten Höfen zugute kommen soll. Die Agrargemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der jeweilige Eigentümer eines Hofs zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung berechtigt wird und die Anteile am Gemeinschaftsgut mit dieser Stammsitzliegenschaft realrechtlich verbunden sind (vgl. etwa , mwN). Mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft ist folglich (nur) ein bestimmtes Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft verbunden, nicht aber das Eigentum an bestimmten ihrer Grundstücke (vgl. , mwN). Die Rechtsstellung als Mitglied einer Agrargemeinschaft verschafft dem Mitglied Nutzungsrechte, nicht aber bücherliche Rechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken (vgl. ).
Normen
ABGB §825
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs1
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3
RS 3
Eine Agrargemeinschaft ist kein Miteigentumsverhältnis im Sinn der §§ 825 ff ABGB, sondern eine Sachgemeinschaft bzw. eine realrechtlich zweckgebundene Gemeinschaft (vgl. RIS-Justiz RS0013176), der im Fall einer körperschaftlichen Organisation auch Rechtsfähigkeit zukommt. Eigentümer der Stammsitzliegenschaften sind demnach keine Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, sondern - kraft ihres Eigentums an der Stammsitzliegenschaft (vgl. etwa , mwN) - Inhaber der als Realrechte einzustufenden Anteilsrechte (vgl. etwa , mwN) an bestimmten agrargemeinschaftlichen Liegenschaften. Der Bestand von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten ist vom Grundbuchstand unabhängig (vgl. , mwN). Eine Änderung der Anteilsrechte, etwa aufgrund des Wegfalls von Stammsitzliegenschaften bei Absonderung der Anteilsrechte, führt daher nicht zur Änderung der Eigentumsverhältnisse am betreffenden agrargemeinschaftlichen Grundstück. Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundstücks ist und bleibt somit die Agrargemeinschaft selbst.
Normen
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs1
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3
GBG 1955 §20 litb
GGG 1984 TP9 Anm12 lita
GGG 1984 TP9 litb Z1
RS 4
Die Ersichtlichmachung der Änderung der Anteilsrechte stellt keine Eintragung (Einverleibung) zum Erwerb des Eigentums gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG dar. Vielmehr handelt es sich - nach § 49 Abs. 2 zweiter Satz K-FLG iVm § 20 lit. b GBG - lediglich um die Anmerkung von Rechtswirkungen, die bereits aufgrund der Bestimmungen des K-FLG ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. dazu etwa , mwN) und publizieren damit Tatsachen, aus denen sich Rechtsfolgen ergeben können, ohne aber für sich allein dingliche Rechte zu begründen (vgl. , mwN; siehe auch , mwN, wonach eine Ersichtlichmachung gemäß § 20 lit. b GBG nicht generell geeignet ist, tatsächlich bücherliche Rechte anderer Personen zu beeinträchtigen; vgl. auch , mwN).
Normen
GGG 1984 TP9
GGG 1984 TP9 litb Z1
RS 5
Gegenstand der Gebührenpflicht und damit auch allein maßgebend für die Beurteilung der Bemessungsgrundlage kann immer nur die Rechtsänderung sein, die durch die vorgenommene bücherliche Eintragung bewirkt wird (vgl. bereits das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 1805/60, VwSlg 2762 F/1962).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/16/0021 E RS 3
Normen
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs1
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3
GGG 1984 TP9 Anm12 lita
GGG 1984 TP9 litb Z1
RS 6
Da die Eintragung (Ersichtlichmachung) der Änderungen im Ausmaß der Anteilsrechte, die mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind, im Eigentumsblatt der betroffenen agrargemeinschaftlichen Grundstücke keine Eintragung (Einverleibung) zum Erwerb des Eigentums (hinsichtlich der betreffenden Grundstücke) im Sinne der TP 9 lit. b Z 1 GGG darstellt, unterliegt diese Eintragung - schon im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung der Anm. 12 lit. a zu TP 9 GGG - keiner Eintragungsgebühr.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt in 9020 Klagenfurt, Josef Wolfgang Dobernigstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , G314 2244725-1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Parteien: 1. Agrargemeinschaft N in S und 2. F G in S, beide vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1 A/VII), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer einer Liegenschaft, mit der Anteilsrechte (im näher bestimmten Ausmaß) an einem - im Eigentum der Erstmitbeteiligten, einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft stehenden - agrargemeinschaftlichen Grundstück (Gemeinschaftsbesitz) gemäß § 47 Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 (K-FLG), verbunden waren (Stammsitzliegenschaft).

2 Mit von der zuständigen Agrarbehörde gemäß § 49 Abs. 4 K-FLG nachträglich genehmigtem Kaufvertrag vom verkaufte der Zweitmitbeteiligte die mit seiner Stammsitzliegenschaft verbundenen Anteilsrechte an die Erstmitbeteiligte.

3 Mit Eingabe vom beantragten die Mitbeteiligten aufgrund des Kaufvertrags - unter Berufung auf die Gebührenbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 und 3 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG 1950) iVm § 13 Gerichtsgebührengesetz (GGG) - die Absonderung und Löschung der betreffenden Anteilsrechte im A2-Blatt der (ehemaligen) Stammsitzliegenschaft des Zweitmitbeteiligten und im B-Blatt des agrargemeinschaftlichen Grundstückes der Erstmitbeteiligten, sowie die entsprechende Änderung (Reduzierung) des Anteilsrechte-Nenners bei den übrigen Stammsitzliegenschaften (im A-Blatt der jeweiligen Stammsitzliegenschaft und im B-Blatt des agrargemeinschaftlichen Grundstückes). Dieser Antrag wurde mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes am bewilligt und die entsprechenden Eintragungen wurden vollzogen.

4 Nach einer Kosten- und Gebührenrevision schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes H den Mitbeteiligten mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom eine Eintragungsgebühr sowie die Einhebungsgebühr zur Zahlung vor. Dagegen erhoben die Mitbeteiligten Vorstellung.

5 Mit Bescheid vom verpflichtete die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde die Mitbeteiligten, die Pauschalgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG (in näher genannter Höhe) sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) von 8 € zu entrichten.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde der Mitbeteiligten teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass es die Mitbeteiligten hinsichtlich der Eingabengebühr gemäß TP 9 lit. a GGG iHv 42 €, der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 €, sowie des Mehrbetrages gemäß § 31 Abs. 1 GGG iHv 21 € für zahlungspflichtig erklärte. Es sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

7 Das Bundesverwaltungsgericht führte - nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und ausführlicher Darlegung der relevanten Rechtsgrundlagen - im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall sei die agrarbehördlich bewilligte Übertragung von Anteilsrechten der Stammsitzliegenschaft an die Erstmitbeteiligte aufgrund des Grundbuchsantrags der beiden Mitbeteiligten im Grundbuch ersichtlich gemacht worden. Trotz der Bezeichnung als „Einverleibung des Eigentumsrechts“ der Erstmitbeteiligten an diesen Anteilen im Eintragungsbeschluss des Bezirksgerichtes handle es sich nicht um eine Eintragung zum Erwerb des Eigentums iSd TP 9 lit. b Z 1 GGG, sondern - wie sich aus § 49 Abs. 2 K-FLG ergebe - um die Ersichtlichmachung der Übertragung der Anteilsrechte im Eigentumsblatt der Liegenschaft der Erstmitbeteiligten. Die Ersichtlichmachung der Übertragung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte stelle keine Eintragung zum Erwerb des Eigentums im Sinne der TP 9 lit. b Z 1 GGG dar.

8 Mangels einer Grundbuchseintragung zum Erwerb des Eigentums könne sich die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde insoweit nicht auf den formalen äußeren Tatbestand berufen. Weder im Grundbuchsgesuch noch in der letztlich im Grundbuch vollzogenen Eintragung werde auf den Erwerb von Eigentum Bezug genommen. Die antragsgemäß im Grundbuch vollzogene Eintragung führe zur Vergrößerung des mit den verbliebenen Stammsitzliegenschaften jeweils verbundenen Anteilsrechts, aber nicht dazu, dass die Erstmitbeteiligte Eigentum an Anteilsrechten an ihrer eigenen Liegenschaft erwerbe. Da auch kein anderer Tatbestand des TP 9 lit. b GGG erfüllt sei, sei die Vorschreibung der Eintragungsgebühr nicht rechtskonform gewesen.

9 Aufgrund der Eingabe um Eintragung in das Grundbuch seien allerdings die Eingabengebühr nach TP 9 lit. a GGG und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG - weil die Eingabengebühr nicht schon bei Überreichung der Eingabe oder durch Abbuchung und Einziehung entrichtet worden sei -, sowie der Mehrbetrag gemäß § 31 Abs. 1 GGG zu entrichten.

10 Flurbereinigungsverträge und -übereinkommen seien nicht von der Gerichtsgebührenbefreiung nach § 15 Abs. 3 AgrVG 1950 erfasst, wogegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Da die Mitbeteiligten einen verbücherungsfähigen Vertrag über das Anteilsrecht geschlossen hätten, sei die genannte Gebührenbefreiung unabhängig davon, ob dieser Vertrag zur Durchführung der Flurbereinigung oder der zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich gewesen sei, nicht anzuwenden.

11 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass zur Frage der Anwendbarkeit von TP 9 lit. b Z 1 GGG auf Grundbuchseintragungen im Zusammenhang mit der Übertragung von (vom Eigentum an der Stammsitzliegenschaft abgesonderten) Anteilsrechten an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die das Bundesverwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens vorgelegt hat. Die Mitbeteiligten erstatteten eine Revisionsbeantwortung in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu die Abweisung der Revision beantragten.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht begründet.

Sache des verwaltungsbehördlichen Vorschreibungsverfahrens waren eine Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG für die Eintragung eines Eigentumsrechtes sowie die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG.

Das Verwaltungsgericht ändert dies dahingehend ab, dass die Eingabengebühr nach TP 9 lit. a GGG, die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG und ein Mehrbetrag nach § 31 Abs. 1 GGG vorgeschrieben wurden.

Die Amtsrevision wendet sich ausschließlich gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes im Grunde der TP 9 lit. b Z 1 GGG.

Nach TP 9 lit. b Z 1 GGG unterliegen in Grundbuchssachen Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes der Gebührenpflicht.

Nach Anmerkung 12 lit. a zu TP 9 lit. b GGG sind Eintragungen von anderen als in TP 9 lit. b angeführten Rechten von der Eintragungsgebühr befreit.

Diese Befreiungsbestimmung umfasst zum Beispiel Dienstbarkeiten, Ausgedinge, Bestandrechte, Wiederkaufs- und Vorkaufsrechte und alle Anmerkungen, mit Ausnahme der Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung (Dokalik/Schuster, Gerichtsgebühren14, Anm. 24 zu TP 9).

15 Nach § 48 Abs. 1 Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 - K-FLG bildet die Gesamtheit sowohl der jeweiligen Eigentümer jener Liegenschaften, an deren Eigentum Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden sind (Stammsitzliegenschaften), als auch jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen, eine Agrargemeinschaft. Nach § 48 Abs. 2 leg. cit. sind körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaften rechtsfähig. Im vorliegenden Revisionsfall ist unbestritten, dass es sich bei der Erstmitbeteiligten um eine unter § 48 Abs. 2 leg. cit. fallende Agrargemeinschaft handelt.

16 Gemäß § 49 Abs. 1 K-FLG hat die Agrarbehörde festzustellen, welche Grundstücke agrargemeinschaftliche sind und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum daran mehreren gemeinschaftlich Nutzungsberechtigten als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht. Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind gemäß § 49 Abs. 2 leg. cit. auf Ersuchen der Agrarbehörde in den öffentlichen Büchern als solche zu bezeichnen. Im Eigentumsblatt solcher Grundstücke ist ersichtlich zu machen, welche Anteilsrechte an das Eigentum von Stammsitzliegenschaften gebunden sind, die Größe dieser Anteilsrechte und die Bezeichnung der Stammsitzliegenschaften, denen sie zustehen. Bezüglich der nicht an das Eigentum einer Liegenschaft gebundenen (walzenden) Anteilsrechte an körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaften ist nur ihre Zahl, nicht aber auch ersichtlich zu machen, welchen Personen die einzelnen walzenden Anteile zustehen. Die mit einer Stammsitzliegenschaft verbundenen Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft sind im Gutsbestandsblatt der Stammsitzliegenschaft ersichtlich zu machen.

17 Ein an das Eigentum einer Liegenschaft gebundenes Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken kann von der Stammsitzliegenschaft gemäß § 49 Abs. 3 K-FLG - bei Vorliegen näherer, in § 49 Abs. 4 iVm Abs. 5 leg. cit. geregelter Voraussetzungen - nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.

18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist eine Agrargemeinschaft die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist, sowie allfälliger weiterer Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen. Ihr liegt historisch ein deutsch-rechtliches Nutzungsrecht zugrunde, das nicht einzelnen Personen, sondern bestimmten Höfen zugute kommen soll. Die Agrargemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der jeweilige Eigentümer eines Hofs zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung berechtigt wird und die Anteile am Gemeinschaftsgut mit dieser Stammsitzliegenschaft realrechtlich verbunden sind (vgl. etwa , mwN).

19 Mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft ist folglich (nur) ein bestimmtes Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft verbunden, nicht aber das Eigentum an bestimmten ihrer Grundstücke (vgl. , mwN). Die Rechtsstellung als Mitglied einer Agrargemeinschaft verschafft dem Mitglied Nutzungsrechte, nicht aber bücherliche Rechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken (vgl. ).

20 Eine Agrargemeinschaft ist also kein Miteigentumsverhältnis im Sinn der §§ 825 ff ABGB, sondern eine Sachgemeinschaft bzw. eine realrechtlich zweckgebundene Gemeinschaft (vgl. RIS-Justiz RS0013176), der im Fall einer körperschaftlichen Organisation - wie im vorliegenden Revisionsfall - auch Rechtsfähigkeit zukommt.

21 Eigentümer der Stammsitzliegenschaften sind demnach keine Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, sondern - kraft ihres Eigentums an der Stammsitzliegenschaft (vgl. etwa , mwN) - Inhaber der als Realrechte einzustufenden Anteilsrechte (vgl. etwa , mwN) an bestimmten agrargemeinschaftlichen Liegenschaften. Der Bestand von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten ist vom Grundbuchstand unabhängig (vgl. , mwN). Eine Änderung der Anteilsrechte, etwa - wie im vorliegenden Revisionsfall - aufgrund des Wegfalls von Stammsitzliegenschaften bei Absonderung der Anteilsrechte, führt daher nicht zur Änderung der Eigentumsverhältnisse am betreffenden agrargemeinschaftlichen Grundstück. Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundstücks ist und bleibt somit - in die mitbeteiligten Parteien in der Revisionsbeantwortung zutreffend ausführen - die Agrargemeinschaft selbst.

22 Die Ersichtlichmachung der Änderung der Anteilsrechte stellt somit - entgegen der in der Amtsrevision vertretenen Rechtsansicht - keine Eintragung (Einverleibung) zum Erwerb des Eigentums gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG dar. Vielmehr handelt es sich - nach § 49 Abs. 2 zweiter Satz K-FLG iVm § 20 lit. b GBG - lediglich um die Anmerkung von Rechtswirkungen, die bereits aufgrund der Bestimmungen des K-FLG ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. dazu etwa , mwN) und publizieren damit Tatsachen, aus denen sich Rechtsfolgen ergeben können, ohne aber für sich allein dingliche Rechte zu begründen (vgl. , mwN; siehe auch , mwN, wonach eine Ersichtlichmachung gemäß § 20 lit. b GBG nicht generell geeignet ist, tatsächlich bücherliche Rechte anderer Personen zu beeinträchtigen; vgl. auch , mwN).

23 Nach dem klaren Wortlaut der TP 9 lit. b Z 1 GGG unterliegen Eintragungen in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums der Eintragungsgebühr. Gegenstand der Gebührenpflicht - und damit auch allein maßgebend für die Beurteilung der Bemessungsgrundlage - kann immer nur die Rechtsänderung sein, die durch die vorgenommene bücherliche Eintragung bewirkt wird (vgl. , mwN).

24 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes durch die Vorschreibungsbehörde zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl. etwa , mwN).

25 Da - wie bereits dargestellt - die Eintragung (Ersichtlichmachung) der Änderungen im Ausmaß der Anteilsrechte, die mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind, im Eigentumsblatt der betroffenen agrargemeinschaftlichen Grundstücke keine Eintragung (Einverleibung) zum Erwerb des Eigentums (hinsichtlich der betreffenden Grundstücke) im Sinne der TP 9 lit. b Z 1 GGG darstellt, unterliegt diese Eintragung - schon im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung der Anm. 12 lit. a zu TP 9 GGG - keiner Eintragungsgebühr.

26 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

27 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
ABGB §825
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs1
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3
GBG 1955 §20 litb
GGG 1984 TP9
GGG 1984 TP9 Anm12 lita
GGG 1984 TP9 litb
GGG 1984 TP9 litb Z1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022160006.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-46740