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VwGH 10.03.2022, Ro 2022/16/0002

VwGH 10.03.2022, Ro 2022/16/0002

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
GebG 1957 §28 Abs3 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs2 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs4 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs5 idF 2010/I/054
VwRallg
RS 1
Eine abstrakte Definition der vom Begriff der "Vermittlung" umfassten Tätigkeiten ist weder im GebG noch im GSpG vorhanden. Die explizit angeführten Tätigkeiten der Annahme und Weiterleitung der Wett- bzw. Spieleinsätze oder der Gewinne sowie der Mitwirkung am Zustandekommen der jeweiligen Verträge sind rein demonstrativer Natur (arg.: "gilt jedenfalls" bzw. "gelten jedenfalls") und sehen daher keine abschließende Regelung der Vermittlungstätigkeit vor.
Normen
GebG 1957 §28 Abs3 idF 2005/I/105
GebG 1957 §28 Abs3 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs2 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs4 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs5 idF 2010/I/054
VwRallg
RS 2
Die Vermittlungstätigkeit entzieht sich einer gesetzlichen Definition, weil die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falles sehr variieren. Es ist jedoch selbstverständlich, dass der Begriff "vermitteln" bedeutet, zwei potentielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen (vgl. , mwN). Das Vermitteln von Wettkunden erfordert nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein Tätigwerden des Vermittlers zur Zuführung von Wettkunden an Buchmacher (bzw. Totalisateure), das typischerweise durch eine Provision für jede abgeschlossene Wette honoriert wird. Die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher (bzw. Totalisateure) ist daher eine der Tätigkeit der Buchmacher (bzw. Totalisateure) vorgeschaltete Tätigkeit (vgl. , mwN; vgl. ; , G 258/2016-13, G 317/2016-5). Vor dem Hintergrund der - den Gesetzesmaterialien (Initiativantrag 652/A 22. GP) zu entnehmenden - Entstehungsgeschichte der relevanten Bestimmungen des GebG und des GSpG ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Erfassung der "Vermittler" als Gebühren- bzw. Abgabenschuldner einen von diesem Begriffsverständnis abweichenden Personenkreis hätte erfassen wollen. Diese Sichtweise findet auch in den explizit angeführten, jedenfalls als Vermittlung geltenden Tätigkeiten Bestätigung, ist doch die Mitwirkung - jeglicher Art - am Zustandekommen des jeweiligen Vertrages - schon begrifflich - eine dem Vertragsabschluss vorgeschaltete Tätigkeit, ebenso wie die Annahme von Wett- bzw. Spieleinsätzen, deren - unmittelbare oder mittelbare - Weiterleitung an den Wettunternehmer automatische Folge der Annahme ist, steht dem Vermittler doch regelmäßig nur ein bestimmter Anteil daran zu (vgl. dazu erneut , wonach der Vermittler im Namen des Buchmachers - oder Totalisateurs - die Wetteinsätze einnimmt und einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder auszahlt).
Normen
ABÄG 2005
GebG 1957 §28 Abs3 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs2 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs4 idF 2010/I/054
GSpG 1989 §59 Abs5 idF 2010/I/054
VwRallg
RS 3
Die Tätigkeit von Personen, die nicht im Vorfeld des Vertragsabschlusses zwischen Wettunternehmern und Wettkunden befasst waren und auch nicht auf den Vertragsabschluss - etwa aus Eigeninteresse, aufgrund der ihnen im Fall des Vertragsabschlusses zustehenden Provision - hingewirkt haben, kann nicht mehr als "Vermittlung" im Sinne der Bestimmungen des GebG und des GSpG angesehen werden, mag auch die "Weiterleitung" der Wett- bzw. Spieleinsätze an den Wettunternehmer nach Vertragsabschluss - und Ermittlung des Wettergebnisses - vom reinen Gesetzeswortlaut erfasst sein. Eine gegenteilige Sichtweise hätte schließlich zur Folge, dass beispielsweise auch ein Kreditinstitut, bei dem der Wettunternehmer Geschäftskonten zwecks Abwicklung der Wetttätigkeit unterhält, als "Vermittler" anzusehen und damit Schuldner der Wettgebühr bzw. Glücksspielabgabe wäre. Dass ein derartiges Verständnis dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechen würde, kann im Hinblick auf die Materialien zum ABÄG, BGBl. I Nr. 105/2005 (Initiativantrag 652/A 22. GP), wonach die Dienstleistungen der Kreditinstitute keine Vermittlungstätigkeit darstellen sollen, ausgeschlossen werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S GmbH, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 4/Stiege VIII, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101536/2013, betreffend Wettgebühren, Glückspielabgabe und Säumniszuschlag, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß § 30 Abs. 2 VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

3 Dem im Revisionsschriftsatz gestellten Antrag der Revisionswerberin, ihrer ordentlichen Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hat das gemäß § 30 Abs. 2 VwGG dafür zuständige Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom nicht stattgegeben, weil dem Antrag „keinerlei Begründung“ zu entnehmen gewesen sei.

4 Mit Schriftsatz vom stellte die Revisionswerberin neuerlich einen Antrag, ihrer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5 Das Bundesfinanzgericht legte sodann, ohne über den neuerlichen Antrag der Revisionswerberin zu entscheiden, gemäß § 30a Abs. 6 VwGG die ordentliche Revision dem Verwaltungsgerichtshof vor.

6 Eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen, die für den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom  maßgebend waren, behauptet die Revisionswerberin nicht. Eine Änderung des genannten Beschlusses gemäß § 30 Abs. 3 VwGG beantragt die Revisionswerberin nicht.

7 Zu einer Abänderung des erwähnten Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes vom von Amts wegen (§ 30 Abs. 3 erster Fall VwGG) sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen nicht veranlasst, zumal - ohne wesentliche Änderung der für die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung maßgeblichen Voraussetzungen - das Verfahren nach § 30 Abs. 3 VwGG nicht dazu dient, dem Antragsteller eine „Nachbegründung“ seines Antrages zu erlauben. Vielmehr soll es einerseits eine Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auf Basis der diesem bereits vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und andererseits die Berücksichtigung von wesentlichen Änderungen, die auch die Stellung eines neuen Antrages rechtfertigen würden, ermöglichen (vgl. etwa , mwN).

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2022/16/0003 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der S GmbH in W, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101536/2013, betreffend Wettgebühren, Glücksspielabgabe und Säumniszuschlag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin die Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG und die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG, jeweils für Mai 2011, fest. Weiters setzte das Finanzamt mit Bescheid vom einen Säumniszuschlag (betreffend die festgesetzte Glücksspielabgabe) fest. Die Revisionswerberin habe für einen ausländischen Buchmacher (B s.a.) Inkassotätigkeiten bei österreichischen Wettvermittlern durchgeführt und sei aufgrund dieser Tätigkeit - infolge der Weiterleitung der Spieleinsätze und -gewinne über ein Treuhandkonto an die B s.a. - selbst als Vermittlerin gemäß § 28 Abs. 3 GebG bzw. § 59 Abs. 5 GSpG anzusehen. Als solche sei sie als Abgabenschuldnerin heranzuziehen, weil die Wettgebühr und die Glücksspielabgabe bisher weder selbst berechnet noch entrichtet worden seien.

2 Die dagegen erhobenen Berufungen (nunmehr Beschwerden), in denen sich die Revisionswerberin u.a. gegen die Annahme der Vermittlereigenschaft wendete, wurden vom Finanzamt - betreffend die Berufung gegen die Festsetzung des Säumniszuschlags nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und Einbringung eines Vorlageantrags - dem (damaligen) unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für die (ausländische) Buchmacherunternehmung B s.a. - auf Grundlage einer mit dieser abgeschlossenen Treuhandvereinbarung - das Inkasso von Geldbeträgen von Wettvermittlern übernommen. Die österreichischen Vermittler der B s.a. hätten in ihren Geschäftsräumlichkeiten den Abschluss u.a. von Sportwetten sowie von Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen ermöglicht. Aufgabe der Revisionswerberin sei gewesen, die von Wettkunden bei den österreichischen Vermittlern einbezahlten Wetteinsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne, der Vermittlerprovisionen und der Wettgebühren von den Vermittlern zu inkassieren und für die B s.a. treuhändig nach deren Vorgaben zu verwalten. Wann, von wem und in welcher Höhe zu inkassieren gewesen sei, sei der Revisionswerberin von der B s. a. mitgeteilt worden. Die Revisionswerberin habe für ihre Tätigkeit einen monatlichen Fixbetrag von der B s.a. erhalten.

5 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht zunächst mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - und mit näherer Begründung - aus, Wetten auf den Ausgang virtueller Hunde- oder Pferderennen seien als Glücksspiel anzusehen.

6 Zur Frage der Vermittlereigenschaft im Sinne des § 28 Abs. 3 GebG und des § 59 Abs. 5 GSpG führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe - infolge des früheren Namens - ein fachliches Vorwissen über Sportwetten und werde als Treuhänderin für eine Buchmacherunternehmung tätig. Ihre Tätigkeit als Treuhänderin bestehe darin, die von Wettkunden bei Vermittlern in Österreich einbezahlten Wetteinsätze zu inkassieren und für die Buchmacherunternehmung treuhändig nach deren Vorgaben zu verwalten. Wann, von wem und in welcher Höhe die Revisionswerberin Wetteinnahmen inkassieren solle, werde ihr von der Treugeberin mitgeteilt. Die Tätigkeit der Revisionswerberin gehe damit über die Funktion einer finanziellen Durchlaufstation bei Weitem hinaus. Die Revisionswerberin leite Wett- oder Spieleinsätze oder Spielgewinne weiter, womit ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der B s.a. auf der einen Seite und mit den für die B s.a. tätigen Vermittlern auf der anderen Seite durchaus als Mitwirkung am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes „Wette“ bzw. des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise bezeichnet werden könne. Damit sei die Revisionswerberin als Vermittlerin im Sinne der genannten Bestimmungen anzusehen.

7 Das Bundesfinanzgericht erklärte die Revision für zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorhanden sei, ob eine Vermittlung im Sinne des § 28 Abs. 3 GebG bzw. des § 59 Abs. 5 GSpG vorliege, wenn eine Unternehmung durch den Wettanbieter beauftragt worden sei, die von Wettkunden bei Vermittlern in Österreich einbezahlten Wetteinsätze von den Vermittlern zu inkassieren und treuhändig nach den Vorgaben des Wettanbieters (Buchmachers) zu verwalten.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, zu der das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung - mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision - erstattet hat.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Die Revision ist zulässig und begründet.

11 Die maßgebliche Bestimmung des Gebührengesetzes 1957 (GebG) in der im Revisionsfall anwendbaren Fassung der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008), BGBl. I Nr. 54/2010, lautete:

§ 28

[...]

(3) Zur Entrichtung der Gebühr bei Wetten im Sinne des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 sind die Personen, die gewerbsmäßig Wetten abschließen oder vermitteln, zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Gebühr ist von diesen Personen unmittelbar zu entrichten (§ 31 Abs. 3). Als Vermittlung im Sinne dieser Bestimmung gilt jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Wetteinsätzen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen der Wette auf andere Art und Weise.

[...].“

12 Die maßgebliche Bestimmung des Glücksspielgesetzes (GSpG) in der im Revisionsfall anwendbaren Fassung der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008), BGBl. I Nr. 54/2010, lautete:

Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld

§ 59

[...]

(2) Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6);

- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

[...]

(4) Es haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand

a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;

b) bei Ausspielungen mit Glücksspielautomaten derjenige, der die Aufstellung eines Glücksspielautomaten in seinem Verfügungsbereich erlaubt sowie andere am Glücksspielautomaten umsatz- oder erfolgsbeteiligte Unternehmer sowie ein etwaiger gesonderter Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (Abs. 5).

(5) Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.

[...].“

13 Die Verpflichtung des Vermittlers, die Gebühr bei Wetten und (damals) Glücksspielen unmittelbar zu entrichten, wurde in § 28 Abs. 3 GebG mit dem Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz - ABÄG, BGBl. I Nr. 105/2005, erstmalig eingeführt. Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. Begründung zum Initiativantrag 652/A 22. GP) war der Hintergrund dieser Änderung die damalige Rückläufigkeit der Wetteinsatzgebühren und Gewinnstgebühren für Sportwetten. Diese sei darauf zurückzuführen gewesen, dass einerseits immer mehr Kunden direkt zu „Off-Shore“-Anbietern ausgewichen seien und andererseits, dass heimische Unternehmen zunehmend Wetten nicht selbst angenommen, sondern gewerbsmäßig ins Ausland vermittelt hätten, wofür damals keine Gebührenpflicht bestanden habe. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, sollte u.a. der Gebührentatbestand „insoweit verbreitert [werden] als auch die Vermittlung von Wetteinsätzen ins In- und Ausland der Gebührenpflicht“ unterliegen sollte. Ausgeführt wurde weiters, dass „Bank- und Postdienstleistung durch Kreditinstitute bzw. durch Postdienstleister [...] für sich alleine noch keine Vermittlung im Sinne des Gebührengesetzes“ darstellen und daher auch keine Gebührenpflicht auslösen würde.

14 Im Zuge der Neuregelung der Glücksspielabgaben in den §§ 57 ff GSpG mit der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 59 GSpG der Vermittler als Abgabenschuldner (bzw. Gesamtschuldner) vorgesehen und - entsprechend der Regelung in § 28 Abs. 3 GebG - als Vermittlung jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise definiert.

15 Eine abstrakte Definition der vom - im vorliegenden Revisionsfall strittigen - Begriff der „Vermittlung“ umfassten Tätigkeiten ist weder im GebG noch im GSpG vorhanden. Die in den genannten Bestimmungen explizit angeführten Tätigkeiten der Annahme und Weiterleitung der Wett- bzw. Spieleinsätze oder der Gewinne sowie der Mitwirkung am Zustandekommen der jeweiligen Verträge sind rein demonstrativer Natur (arg.: „gilt jedenfalls“ bzw. „gelten jedenfalls“) und sehen daher keine abschließende Regelung der Vermittlungstätigkeit vor.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit dem Begriff der Vermittlung im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Wettunternehmen beschäftigt und diesbezüglich ausgesprochen, dass sich die Vermittlungstätigkeit einer gesetzlichen Definition entzieht, weil die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falles sehr variieren. Es ist jedoch selbstverständlich, dass der Begriff „vermitteln“ bedeutet, zwei potentielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen (vgl. , mwN; ebenso Blum in Bergmann/Pinetz, GebG2, § 28 Rz 18, wonach die Tätigkeit der „Vermittler“ darauf gerichtet sein müsse, an dem Abschluss einer Wette mitzuwirken).

17 Das Vermitteln von Wettkunden erfordert nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein Tätigwerden des Vermittlers zur Zuführung von Wettkunden an Buchmacher (bzw. Totalisateure), das typischerweise durch eine Provision für jede abgeschlossene Wette honoriert wird. Die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher (bzw. Totalisateure) ist daher eine der Tätigkeit der Buchmacher (bzw. Totalisateure) vorgeschaltete Tätigkeit (vgl. , mwN; vgl. ; , G 258/2016-13, G 317/2016-5).

18 Vor dem Hintergrund der - den angeführten Gesetzesmaterialien zu entnehmenden - Entstehungsgeschichte der revisionsgegenständlichen Bestimmungen des GebG und des GSpG ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Erfassung der „Vermittler“ als Gebühren- bzw. Abgabenschuldner einen von diesem Begriffsverständnis abweichenden Personenkreis hätte erfassen wollen. Diese Sichtweise findet auch in den explizit angeführten, jedenfalls als Vermittlung geltenden Tätigkeiten Bestätigung, ist doch die Mitwirkung - jeglicher Art - am Zustandekommen des jeweiligen Vertrages - schon begrifflich - eine dem Vertragsabschluss vorgeschaltete Tätigkeit, ebenso wie die Annahme von Wett- bzw. Spieleinsätzen, deren - unmittelbare oder mittelbare - Weiterleitung an den Wettunternehmer automatische Folge der Annahme ist, steht dem Vermittler doch regelmäßig nur ein bestimmter Anteil daran zu (vgl. dazu erneut , wonach der Vermittler im Namen des Buchmachers - oder Totalisateurs - die Wetteinsätze einnimmt und einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder auszahlt).

19 Die Tätigkeit von Personen, die nicht im Vorfeld des Vertragsabschlusses zwischen Wettunternehmern und Wettkunden befasst waren und auch nicht auf den Vertragsabschluss hingewirkt - etwa aus Eigeninteresse, aufgrund der ihnen im Fall des Vertragsabschlusses zustehenden Provision - haben, kann daher nicht mehr als „Vermittlung“ im Sinne der genannten Bestimmungen des GebG und des GSpG angesehen werden, mag auch die „Weiterleitung“ der Wett- bzw. Spieleinsätze an den Wettunternehmer nach Vertragsabschluss - und Ermittlung des Wettergebnisses - vom reinen Gesetzeswortlaut erfasst sein. Eine gegenteilige Sichtweise hätte schließlich zur Folge, dass beispielsweise auch ein Kreditinstitut, bei dem der Wettunternehmer Geschäftskonten zwecks Abwicklung der Wetttätigkeit unterhält, als „Vermittler“ anzusehen und damit Schuldner der Wettgebühr bzw. Glücksspielabgabe wäre. Dass ein derartiges Verständnis dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechen würde, kann im Hinblick auf die Materialien zum ABÄG, BGBl. I Nr. 105/2005 (Initiativantrag 652/A 22. GP), wonach die Dienstleistungen der Kreditinstitute keine Vermittlungstätigkeit darstellen sollen, ausgeschlossen werden.

20 Die Revisionswerberin ist nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes erst nach Abschluss der jeweiligen Verträge und auch nach allfälliger Auszahlung der Gewinne an die Wettkunden (durch die Wettvermittler), lediglich durch das (monatliche) Inkassieren der verbleibenden Beträge bei den für die B s.a. tätigen Wettvermittlern, tätig geworden. Nach dem Gesagten ist diese isolierte Tätigkeit - mangels Tätigwerden der Revisionswerberin im Vorfeld der jeweiligen Vertragsabschlüsse - allerdings keine „Vermittlung“ im Sinne der genannten Bestimmungen des GebG und des GSpG.

21 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

22 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §30 Abs2
VwGG §30 Abs3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022160002.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-46736

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