VwGH 20.03.2024, Ro 2022/15/0038
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die Begründung des Erkenntnisses eines VwG muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Gericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen es die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Mit der dazu erforderlichen zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung ist nicht etwa die Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens oder des Inhaltes von Aussagen, Urkunden oder gegebenenfalls Sachverständigengutachten gemeint, sondern die Anführung jenes Sachverhaltes, den das VwG als Ergebnis seiner Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt. Die zusammenhängende Darstellung des vom VwG festgestellten Sachverhaltes kann nicht durch den bloßen Hinweis auf "Aktenmaterial" oder auf den Verfahrensgang ersetzt werden (vgl. ; , Ro 2023/13/0008). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2021/15/0049 E RS 1 |
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RS 2 | Der VwGH kann die ihm gemäß § 41 VwGG obliegende Gesetzmäßigkeitsprüfung nur vornehmen, wenn die angefochtene Entscheidung die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der als verletzt geltend gemachten Rechte der Revisionswerber (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. einer Rechtswidrigkeit im Rahmen der Anfechtungserklärung (§ 28 Abs. 2 VwGG) auf der Grundlage der Begründung der Entscheidung auch ermöglicht. Lässt die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine solche Beurteilung gar nicht zu, dann führt ein solcher Begründungsmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig schon aus diesem Grund. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/15/0079 E RS 1 |
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RS 3 | Es ist belanglos ist, ob geldwerte Vorteile iSd § 15 EStG 1988 auch nahen Angehörigen des Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehenden Steuerpflichtigen gewährt werden, wenn der Grund der Zuwendung dieser Vorteile ausschließlich im bestehenden Dienstverhältnis des Steuerpflichtigen liegt (vgl. , mwN). Sie sind daher grundsätzlich auch bei diesen steuerlich zu erfassen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100293/2020, betreffend Haftungsbescheid für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag jeweils für 2015 bis 2017 (mitbeteiligte Partei: M GmbH in E, vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Gesellschaft ist - nach übereinstimmenden Angaben von Amtsrevision und Revisionsbeantwortung - eine Leasinggesellschaft, die innerhalb eines Konzerns mit einem Generalimporteur für Kraftfahrzeuge verbunden ist. Nach Durchführung einer Außenprüfung, die sich u.a. der Gewährung von steuerfreien Mitarbeiterrabatten iZm dem Leasen von Kraftfahrzeugen widmete, erließ das Finanzamt gegenüber der mitbeteiligten Gesellschaft Bescheide für die Kalenderjahre 2015 bis 2017 betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, das keine (gesonderten) Sachverhaltsfeststellungen enthält, wies das Bundesfinanzgericht (BFG) im Instanzenzug die dagegen von der Mitbeteiligten erhobene Beschwerde für 2015 ab, während es dieser hinsichtlich der Jahre 2016 und 2017 teilweise Folge gab und die bekämpften Steuerbescheide abänderte. Begründend führte es aus, den Mitarbeitenden würden „vom Arbeitgeber Mitarbeiterrabatte auf den Bezug von Kraftfahrzeugen“ eingeräumt, die fremde Endkunden nicht in dieser Höhe erhielten. Diese Rabatte würden nur Mitarbeitenden „im Konzern“ gewährt. Der Vorteil, der sich durch die günstigeren Konditionen gegenüber fremden Endkunden ergebe, sei daher durch das Dienstverhältnis veranlasst. Wenn Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen ihrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zuflössen, lägen steuerpflichtige Einnahmen gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 vor. Nach § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 seien geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) dabei mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen. Nach § 15 Abs. 2 Z 3 lit. a EStG 1988 gelte für Mitarbeiterrabatte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 Folgendes: Sei die Höhe des geldwerten Vorteils nicht im Verordnungsweg nach § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 festgelegt, sei für Mitarbeiterrabatte der geldwerte Vorteil abweichend von § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 von jenem um übliche Preisnachlässe verminderten Endpreis zu bemessen, zu dem der Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbiete. Seien die Abnehmer des Arbeitgebers keine Letztverbraucher (beispielsweise Großhandel), sei der um übliche Preisnachlässe verminderte übliche Endpreis des Abgabeortes anzusetzen.
3 „Soweit ersichtlich“ sei nur Mitarbeitenden ein Rabatt auf die Anschaffungskosten von 20 % im Zusammenhang mit dem Leasing von Kraftfahrzeugen gewährt worden; nach übereinstimmender Ansicht des Finanzamts und der mitbeteiligten Gesellschaft wurzle diese Begünstigung in den Dienstverhältnissen. Nach Ansicht des BFG liege „der intendierte und tatsächlich gewährte Vorteil in der Reduktion der AK als rechnerische Größe, der sich auf die Leasingrate auswirkt aber darüber hinaus nicht weiter fremdunüblich rabattiert wird“. Da über den Mitarbeiterrabatt nur die Anschaffungskosten reduziert worden seien, sei nicht - wie vom Finanzamt angenommen - auf den Unterschied der jeweiligen Leasingrate und einer im Schätzungsweg ermittelten „fremdüblichen“ Leasingrate abzustellen. Die niedrigeren Leasingraten seien lediglich eine zwingende Folge der Reduktion der Anschaffungskosten als rechnerische Größe, nicht aber die Ursache der Vorteilsgewährung selbst. Die Schwelle des § 3 Abs. 1 Z 21 lit. c EStG 1988 werde nicht überschritten. Der Vorteil ergebe sich „sohin aus der Differenz der rechnerischen Größen AK“.
4 Der Gesetzgeber habe in § 3 Abs. 1 Z 21 lit. b EStG 1988 normiert, dass die kostenlos oder verbilligt bezogenen Waren oder Dienstleistungen von den Mitarbeitenden weder verkauft noch zur Einkünfteerzielung verwendet und diesen nur in einer solchen Menge gewährt werden dürften, die einen Verkauf oder eine Einkünfteerzielung tatsächlich ausschlössen. Das Finanzamt habe dazu vorgebracht, dass die Laufzeit der Leasingverträge unter der Mindestnutzungsdauer eines Kraftfahrzeuges liege, die gemäß § 8 Abs. 6 EStG 1988 acht Jahre betrage, weshalb die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 21 lit. b EStG 1988 nicht erfüllt seien („Da die gewöhnliche Nutzungsdauer eines Kraftfahrzeuges auf jeden Fall mehr als 12, 24, 36 oder 48 Monate beträgt, wurde die verbilligt bezogene Ware nicht in einer solchen Menge gewährt, die einen Verkauf oder eine Einkünfteerzielung ausschließen“).
5 Diese Rechtsansicht teile das BFG nicht. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle mit § 3 Abs. 1 Z 21 lit. b EStG 1988 nur sichergestellt werden, dass die Befreiung auf die Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung der Mitarbeitenden beschränkt bleibe. Dass diese Voraussetzung nicht erfüllt worden sei, sei nicht aktenkundig. Die Mitarbeitenden hätten die Waren während des Leasings nur privat genützt. Die bloße Rückgabe des Fahrzeugs an den Arbeitgeber (als zivilrechtlichen Eigentümer) sei darunter nicht zu subsumieren, weil sie keinem Verkauf an einen Dritten gleichzuhalten sei; es werde nur ein Gegenstand an den Arbeitgeber zurückgegeben, der den Mitarbeitenden während der Nutzungsdauer zum Vorteil gereicht habe. Darüber hinaus sei die Nutzungs- bzw. die Leasingdauer nicht mit der Abgabe von haushaltsüblichen Mengen gleichzusetzen. Es sei geradezu typisch, dass Leasingverträge mit einer Laufzeit abgeschlossen würden, die unter der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer liege, was schon daran erkennbar sei, dass auch im vorliegenden Sachverhalt die Nutzungsdauer in der Regel zwischen 12 und 36 (vereinzelt auch 48) Monate betragen habe, was auch fremdüblich sei. Würde man der Rechtsansicht des Finanzamtes folgen, hätte dies zur Folge, dass das Leasing von Kfz durch Mitarbeitende generell nicht von § 3 Abs. 1 Z 21 lit. b EStG 1988 erfasst sei, weil - zumindest bei neueren Pkw - die längste Leasinglaufzeit sieben Jahre betrage (in der Regel freilich deutlich darunter). Es sei aber weder dem Wortlaut der Norm noch den Materialien zu entnehmen, dass „bei der Überlassung von Fahrzeugen durch Leasing“ die Steuerbefreiung nicht gewährt werden solle und zwar unabhängig davon, um welche Art von Leasing es sich handle. Tatsächlich solle die Steuerbefreiung nach dem Willen des Gesetzgebers betragsmäßig gerade nicht limitiert werden und sei es vielmehr die Intention des Gesetzgebers gewesen, großzügige Befreiungen zu gewähren.
6 Es sei auch nicht unüblich, wenn in einem Zeitraum von mehreren Jahren (selbst bei fallweisen zeitlichen Überschneidungen) mehr als ein Fahrzeug geleast werde, sofern die Fahrzeuge weder verkauft noch zur Einkünfteerzielung verwendet würden oder eine solche ermöglicht werde; die einzige gesetzliche Schranke betreffe die Zuordnung zur privaten Lebensführung. Rechtspolitisch könne man zwar kritisieren, dass manche Mitarbeitende „laufend über ihr Berufsleben“ vom Mitarbeiterrabatt profitierten. Das sei aber vom Gesetzgeber so gewollt und könne nicht durch Rechtsauslegung korrigiert werden. Überdies sei ein Verkauf oder ein Nutzen der Fahrzeuge zur Einkünfteerzielung im Revisionsfall vom Arbeitgeber ausdrücklich untersagt gewesen. Die Mitarbeitenden seien nicht berechtigt gewesen, das Leasingobjekt weiterzugeben oder für die Einkünfteerzielung zu verwenden. Das Verbot der gewerblichen Weitergabe an Dritte ohne Zustimmung des Arbeitgebers verhindere eine Einkünfteerzielung durch sie. Selbst die bloße unentgeltliche Überlassung des Fahrzeugs an einen Dritten sei nur vorübergehend gestattet gewesen. Eine Begrenzung der Begünstigung auf jeweils das erste innerhalb von fünf Jahren geleaste Fahrzeug - wie seitens des Finanzamt verlangt - lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen.
7 Sofern das Finanzamt aber darauf verweise, dass auch Angehörige als Mitantragstellende aufgetreten seien, wobei der wirtschaftliche Aufwand von diesen getragen worden sei, wurzle diese Begünstigung nicht im Dienstverhältnis. Soweit sich der Antrag auch auf solche Fahrzeuge beziehe, sei er abzuweisen.
8 Die Revision ließ das BFG zu, weil „eine Rechtsprechung zu Mitarbeiterrabatten fehlt“.
9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Amtsrevision des Finanzamts, die zur Zulässigkeit vorbringt, es fehle nicht nur - wie vom BFG ausgesprochen - im Allgemeinen eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der mit in Kraft getretenen Steuerbefreiung für Mitarbeiterrabatte gemäß § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988. Im Revisionsfall stelle sich vielmehr zunächst im Besonderen die Frage, ob beim Leasing eines Kraftfahrzeuges mit einem vom Arbeitgeber eingeräumten Mitarbeiterrabatt die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 in Bezug auf die Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (Bezug von Waren) oder in Bezug auf die Leasingrate (Bezug von Dienstleistungen) zu prüfen sei. Das BFG habe ab den geldwerten Vorteil aus dem Mitarbeiterrabatt in der Reduktion der Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges gesehen und die Steuerbefreiung darauf angewandt. Für das Jahr 2015 (also für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988) hingegen habe es das Vorliegen eines geldwerten Vorteils bei den Mitarbeitenden auch bestätigt, diesen Vorteil der Höhe nach allerdings nicht anhand der Reduktion der Anschaffungskosten, sondern anhand der reduzierten Leasingraten bemessen. Durch diese unterschiedliche Anknüpfung sei das angefochtene Erkenntnis bereits in sich widersprüchlich.
10 Nach § 3 Abs. 1 Z 21 lit. b EStG 1988 dürften die kostenlos oder verbilligt bezogenen Waren oder Dienstleistungen von den Mitarbeitenden weder verkauft noch zur Einkünfteerzielung verwendet und nur in einer solchen Menge gewährt werden, die einen Verkauf oder eine Einkünfteerzielung tatsächlich ausschlössen. Inwieweit bei einem mit Mitarbeiterrabatt verbilligten Leasing eines Kraftfahrzeuges dieser Ausschlussgrund zum Tragen komme, stelle ebenfalls eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
11 Nach § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 sei die Steuerbefreiung für Mitarbeiterrabatte ferner nur auf Waren oder Dienstleistungen anwendbar, die der Arbeitgeber oder ein mit dem Arbeitgeber verbundenes Konzernunternehmen im allgemeinen Geschäftsverkehr anbiete. Im Revisionsfall werde der Mitarbeiterrabatt zwar über den Arbeitgeber bzw. den Generalimporteur (Konzerngesellschaft) eingeräumt, allerdings werde die Ware über einen Vertragshändler bezogen, der nicht zum Konzern zähle. Da weder der Arbeitgeber noch ein mit dem Arbeitgeber verbundenes Konzernunternehmen die Kraftfahrzeuge im allgemeinen Geschäftsverkehr anbiete, sei die Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte gemäß § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 nach Ansicht des Finanzamtes im Revisionsfall gar nicht anwendbar, worin ebenfalls eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege.
12 Nach § 3 Abs. 1 Z 21 iVm § 15 Abs. 2 Z 3 lit. a EStG 1988 sei die Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte schließlich nicht anwendbar, wenn der geldwerte Vorteil mit Verordnung gemäß § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (Sachbezugswerte-VO) geregelt sei. Das BFG habe auf das revisionsgegenständliche verbilligte Leasingmodell die Steuerbefreiung für Mitarbeiterrabatte angewandt, obwohl nach Ansicht des Finanzamtes dieser Sachverhalt einer Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges zur Privatnutzung gleichzuhalten sei. Da die Bewertung dieses geldwerten Vorteiles in der Sachbezugswerte-VO geregelt sei, sei die Steuerbegünstigung für Mitarbeiterrabatte nicht anwendbar. Vielmehr hätte das BFG den geldwerten Vorteil demnach durch Ansatz eines Sachbezuges in der durch die Sachbezugswerte-VO geregelten Höhe erfassen müssen, worin ebenfalls eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Die Revision ist zulässig und begründet.
15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung des Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Gericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen es die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Mit der dazu erforderlichen zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung ist nicht etwa die Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens oder des Inhaltes von Aussagen, Urkunden, Schriftsätzen bzw. Stellungnahmen der Parteien oder gegebenenfalls Sachverständigengutachten gemeint, sondern die Anführung jenes Sachverhaltes, den das Verwaltungsgericht als Ergebnis seiner Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt. Die zusammenhängende Darstellung des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhaltes kann nicht durch den bloßen Hinweis auf „Aktenmaterial“ oder auf den Verfahrensgang ersetzt werden (vgl. etwa ; , Ro 2023/13/0008, sowie grundlegend bereits ).
16 Der Verwaltungsgerichtshof kann die ihm gemäß § 41 VwGG obliegende Gesetzmäßigkeitsprüfung nur vornehmen, wenn diese Entscheidung die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der als verletzt geltend gemachten Rechte der revisionswerbenden Partei (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. einer Rechtswidrigkeit im Rahmen der Anfechtungserklärung (§ 28 Abs. 2 VwGG) auf der Grundlage der Begründung der Entscheidung auch ermöglicht. Lässt die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine solche Beurteilung gar nicht zu, dann führt ein solcher Begründungsmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig schon aus diesem Grund ().
17 Dies liegt im Revisionsfall vor. Für den Verwaltungsgerichtshof ist aufgrund der Ausführungen des BFG im Erwägungsteil nicht erkennbar, welchen gesamthaften Sachverhalt das BFG seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat.
18 Das angefochtene Erkenntnis enthält - entgegen den zitierten Vorgaben der ständigen Rechtsprechung - weder (gesonderte) Sachverhaltsfeststellungen noch eine diesbezügliche Beweiswürdigung, sondern beschränkt sich darauf im Kapitel „Verfahrensgang“ diverse Schriftstücke der Parteien (Bericht der Außenprüfung; Rechtsmittel der mitbeteiligten Partei) wörtlich wiederzugeben. Auch in den rechtlichen Ausführungen des Erwägungsteils sind nur vereinzelte dislozierte Sachverhaltsfeststellungen enthalten.
19 Die Amtsrevision und die Revisionsbeantwortung gehen in ihren Ausführungen - angesichts fehlender Sachverhaltsfeststellungen des BFG - offensichtlich auch von unterschiedlichen Sachverhalten aus.
20 So nimmt das Finanzamt in der Amtsrevision zunächst eine ersatzweise „Sachverhaltsfeststellung“ vor und führt dazu aus:
„Den Arbeitnehmern wurde von der mitbeteiligten Partei als Arbeitgeberin die Möglichkeit eingeräumt, Kraftfahrzeuge (Neuwagen) unter Inanspruchnahme von Mitarbeiterrabatten vergünstigt zu beziehen. Die Kraftfahrzeuge wurden sodann von den Arbeitnehmern über die konzerninterne Leasinggesellschaft (= mitbeteiligte Partei) unter Berücksichtigung der eingeräumten außerordentlichen Mitarbeiterrabatte geleast. [...]
Der Arbeitnehmer bestellt das Fahrzeug nach seinen Vorstellungen bei einem Vertragshändler, der bereits die von der Arbeitgeberin eingeräumten Mitarbeiterrabatte (fremdüblicher Rabatt von 8 % vom Listenpreis sowie zusätzlicher Mitarbeiterrabatt von 20 % vom Listenpreis abzüglich dem fremdüblichen Rabatt; ergibt insgesamt also einen Rabatt von 26,4 % vom Listenpreis) berücksichtigt. Der Leasingvertrag (Restwertleasing oder Nutzenleasing) wird zwischen dem Arbeitnehmer und der Leasinggesellschaft (= mitbeteiligte Partei) abgeschlossen, die Leasingdauer dieser Verträge mit den Mitarbeitern beträgt in der Regel zwischen 12 oder 24 Monate, vereinzelt bis zu 48 Monate. Der Abschluss des Kaufvertrages über das Fahrzeug erfolgt zwischen dem Händler und der Leasinggesellschaft. Nach Ende der vereinbarten Leasingdauer hatten die Mitarbeiter die Möglichkeit, das Fahrzeug zum üblichen Restwert gemäß Eurotax-Liste zu erwerben.“
21 Unter den Revisionsgründen führt das Finanzamt in der Amtsrevision dann weiter aus:
„Nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes sind die den Arbeitnehmern von der Arbeitgeberin aufgrund der Leasingverträge (Restwertleasing, Nutzenleasing) überlassenen Kraftfahrzeuge wirtschaftlich weiterhin der Arbeitgeberin zuzurechnen [...]. Ein Bezug einer Ware durch den Arbeitnehmer ist daher jedenfalls auszuschließen. Dem Arbeitnehmer als Leasingnehmer wird eine Nutzungsmöglichkeit des Kraftfahrzeuges gegen Leasingentgelt eingeräumt. [...]
Da es sich im revisionsgegenständlichen Sachverhalt um eine Nutzungsüberlassung von Kraftfahrzeugen gegen Leasingentgelt handelt, fließt der geldwerte Vorteil aus dem Mitarbeiterrabatt auch erst mit der Bezahlung der Leasingraten zu. In diesem Sinne ist für die Beurteilung des geldwerten Vorteiles im Sinne des § 15 Abs. 2 Z 3 lit. a EStG 1988 und in weiterer Folge der Steuerbefreiung für Mitarbeiterrabatte gemäß § 3 Abs. l Z 21 EStG 1988 auf den Unterschied zwischen der Leasingrate, die sich aufgrund der um die außerordentlichen Rabatte verminderten Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges und jener die unter Berücksichtigung derselben Konditionen (Restwert, Depotzahlung, Zinsen, Gebühren, etc.) aber ohne Einräumung des außerordentlichen Rabattes ergibt, abzustellen.
Ein von der Arbeitgeberin durchgeführter Vergleich der Arbeitnehmerleasingraten mit den Leasingraten von Endkunden hat ergeben, dass aufgrund der Berücksichtigung des Mitarbeiterrabattes bei den Kraftfahrzeuganschaffungskosten und sonst gleichen Bedingungen die Leasingrate des Mitarbeiters beispielsweise € 109,00 monatlich beträgt, wobei die Leasingraten des Endkunden bei € 341,00 monatlich liegt (Listenpreis € 41.451,40 Laufzeit 24 Monate).“
22 Demgegenüber hält die Revisionsbeantwortung zum Sachverhalt „richtigstellend“ fest, dass es sich beim vorliegenden Sachverhalt nicht um ein verbilligtes Leasing, sondern um den verbilligten Bezug eines Kraftfahrzeuges und somit einer Ware handelt. Die Fahrzeuge seien keine „arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuge“, da sie wirtschaftlich betrachtet in das Eigentum der Mitarbeitenden übergingen. „Ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Leasingobjekts und während der Leasinglaufzeit übernimmt der Leasingnehmer (hier: Dienstnehmer), obwohl er nur Nutzungsberechtigter ist, zu einem großen Teil Risiken bzw. Verpflichtungen, die üblicherweise einem Eigentümer zukommen. Hierunter fallen neben dem Investitionsrisiko auch die Sach- und Preisgefahr.“ Im revisionsgegenständlichen Sachverhalt spreche „das wirtschaftliche Gesamtbild der Verhältnisse während der Leasingdauer für ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum in dem Sinne, dass die Dienstgeberin ... als Leasinggeberin die zivilrechtliche Eigentümerin der Kraftfahrzeuge bleibt, die Dienstnehmer jedoch aufgrund des Übergangs von maßgeblichen positiven und negativen Befugnissen und Inhalten des Eigentumsrechts (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Herrschaft über das Fahrzeug, Ausschluss Dritter sowie des Leasinggebers von Einwirkung auf die Sache) als wirtschaftliche Eigentümer der Kraftfahrzeuge anzusehen sind.“
23 Mangels jedweder Sachverhaltsfeststellung des BFG zu den konkreten Leasingvereinbarungen ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilbar, ob sich das gegenständliche Leasingmodell als Ratenkauf oder bloße Nutzungsüberlassung darstellt (vgl. dazu etwa , mwN).
24 Darüber hinaus fehlen im angefochtenen Erkenntnis auch jedwede Feststellungen zu den Vertragsbeziehungen zwischen der mitbeteiligten Leasinggesellschaft, dem Generalimporteur sowie den Händlern einerseits und den Mitarbeitenden andererseits im Zusammenhang mit dem Mitarbeiter-Leasing. Offen ist dabei insbesondere auch geblieben, welches Rechtsgeschäft der Mitarbeitenden das BFG seiner Beurteilung zu Grunde gelegt hat.
25 Zu Recht erinnert die Amtsrevision schließlich daran, dass es nach der Rechtsprechung belanglos ist, ob geldwerte Vorteile iSd § 15 EStG 1988 auch nahen Angehörigen des Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehenden Steuerpflichtigen gewährt werden, wenn der Grund der Zuwendung dieser Vorteile ausschließlich im bestehenden Dienstverhältnis des Steuerpflichtigen liegt (vgl. , mwN). Sie sind daher grundsätzlich auch bei diesen steuerlich zu erfassen.
26 Das angefochtene Erkenntnis war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022150038.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-46729