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VwGH 06.09.2023, Ro 2022/15/0036

VwGH 06.09.2023, Ro 2022/15/0036

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
RS 1
§ 12a NoVAG 1991 nennt die Person des Vergütungsberechtigten nicht explizit. Diese kann jedoch aus den Tatbeständen, die in den drei Teilstrichen des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 festgelegt sind, erschlossen werden. Eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe an mehrere Personen für denselben Fahrzeugexport ist ausgeschlossen.
Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
RS 2
Jeder der drei Tatbestände des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 verlangt, dass das Fahrzeug "ins Ausland verbracht oder geliefert" wird. Für Fahrzeuge, die im Inland kraftfahrrechtlich zugelassen waren, ist eine solche Lieferung oder Verbringung ins Ausland nur gegeben, wenn der dauernde Standort des Fahrzeugs im Inland aufgegeben wird; die bloß vorübergehende Verwendung im Ausland reicht nicht aus.
Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
RS 3
Für die Abgrenzung der Tatbestände des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 ist es von Bedeutung, wem die Lieferung oder Verbringung, die zur Verlegung des dauernden Standortes des Fahrzeugs ins Ausland führt, zuzurechnen ist (dem Zulassungsbesitzer oder dem befugten Fahrzeughändler oder dem gewerblichen Vermieter).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Freistadt Rohrbach Urfahr in 4150 Rohrbach, Linzerstraße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100310/2021, betreffend Normverbrauchsabgabe September 2019 (mitbeteiligte Partei: E V in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte war nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) Zulassungsbesitzer eines bei einer österreichischen Leasinggesellschaft geleasten, in Österreich zum Verkehr zugelassenen PKW. Er fuhr mit diesem PKW nach Berlin und hatte dort am einen Verkehrsunfall, bei welchem am Fahrzeug ein Totalschaden entstand. Der Leasingvertrag wurde beendet; am  meldete er das Fahrzeug vom Verkehr ab.

2 Mit Kaufvertrag vom wurde das Fahrzeug von der Leasinggesellschaft als Fahrzeugeigentümerin an einen österreichischen Fahrzeughändler verkauft. Der österreichische Fahrzeughändler verkaufte den PKW nach Polen, ließ ihn am in der Genehmigungsdatenbank sperren und beantragte die Vergütung der Normverbrauchsabgabe nach § 12a NoVAG, die ihm auch gewährt wurde.

3 Am beantragte auch der Mitbeteiligte die Vergütung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 12a NoVAG für dasselbe Fahrzeug.

4 Das Finanzamt wies den Antrag des Mitbeteiligten auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe mit Bescheid vom ab und führte zur Begründung aus, bei Lieferung bzw. Verbringen eines gewerblich vermieteten Fahrzeugs stehe die Vergütung der Normverbrauchsabgabe auch für den Fall, dass der Leasingnehmer der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges sei, nur dem Vermieter (Leasinggeber) zu.

5 Einer gegen den Abweisungsbescheid gerichteten Beschwerde gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin der Mitbeteiligte die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragte.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für zulässig erklärt wurde, gab das BFG der Beschwerde statt und setzte den Vergütungsbetrag mit 1.980 € fest.

7 Es begründete seine Entscheidung damit, dass § 12a NoVAG auf den Zulassungsbesitzer - und nicht auf den allenfalls abweichenden zivilrechtlichen Besitzer oder Eigentümer - abstelle. Im Revisionsfall liege eine „Verbringung“ vor, weil das Fahrzeug unstrittig nach Deutschland gebracht worden sei, ohne dass sich die Eigentumsverhältnisse geändert hätten. Auch das zur Erlangung der Vergütung erforderliche Tatbestandsmerkmal, wonach das Fahrzeug im Inland abgemeldet werden müsse, liege vor.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision des Finanzamts, das zur Zulässigkeit der Revision u.a. vorträgt, es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob § 12a Abs. 1 dritter Teilstrich NoVAG als lex specialis Vorrang gegenüber § 12a Abs. 1 erster Teilstrich NoVAG zukomme. § 12a Abs. 1 dritter Teilstrich NoVAG stelle die speziellere Norm für Sachverhalte betreffend gewerblich vermietete Kraftfahrzeuge dar. Abgesehen davon habe das BFG die aktenwidrige Annahme getroffen, der Mitbeteiligte habe über das Fahrzeug verfügen können. Aufgrund dieser aktenwidrigen Annahme habe das BFG ein „Verbringen“ des Fahrzeugs nach Deutschland und die Anwendbarkeit des § 12a Abs. 1 erster Teilstrich NoVAG angenommen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 § 12a NoVAG in der für den Streitfall geltenden Fassung lautet auszugsweise:

„§ 12a. (1) Wird ein Fahrzeug

- durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,

dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.“

11 § 12a NoVAG nennt die Person des Vergütungsberechtigten nicht explizit. Diese kann jedoch aus den Tatbeständen, die in den drei Teilstrichen des § 12a Abs. 1 NoVAG festgelegt sind, erschlossen werden. Eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe an mehrere Personen für denselben Fahrzeugexport ist ausgeschlossen (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2, § 12a Rz 22).

12 Jeder der drei Tatbestände des § 12a Abs. 1 NoVAG verlangt, dass das Fahrzeug „ins Ausland verbracht oder geliefert“ wird. Für Fahrzeuge, die im Inland kraftfahrrechtlich zugelassen waren, ist eine solche Lieferung oder Verbringung ins Ausland nur gegeben, wenn der dauernde Standort des Fahrzeugs im Inland aufgegeben wird (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2, § 12a Rz 18); die bloß vorübergehende Verwendung im Ausland reicht nicht aus.

13 Für die Abgrenzung der Tatbestände des § 12a Abs. 1 NoVAG ist es von Bedeutung, wem die Lieferung oder Verbringung, die zur Verlegung des dauernden Standortes des Fahrzeugs ins Ausland führt, zuzurechnen ist (dem Zulassungsbesitzer oder dem befugten Fahrzeughändler oder dem gewerblichen Vermieter).

14 Der Mitbeteiligte ist nach den Feststellungen des BFG mit einem geleasten Fahrzeug nach Berlin gefahren und hat dort einen Unfall erlitten. Der Unfall hat zu einem Totalschaden am Fahrzeug geführt, der vom Leasinggeber und der Versicherungsgesellschaft des Mitbeteiligten abgewickelt worden ist, nachdem der Mitbeteiligte von seinem Recht, das Fahrzeug zu erwerben oder einen Drittkäufer namhaft zu machen, nicht Gebrauch gemacht hat. Den Sachverhaltsfeststellungen des BFG ist nicht zu entnehmen, dass der Mitbeteiligte den dauernden Standort des Fahrzeugs ins Ausland verlegt hätte.

15 Im gegenständlichen Fall ist es der durch den Fahrzeughändler vorgenommene Verkauf des Fahrzeuges nach Polen, der - auf der Grundlage des vom BFG festgestellten Sachverhalts - zur Verlegung des dauernden Standortes des Fahrzeuges ins Ausland geführt hat. In Zusammenhang mit diesem Verkauf ist es am auch zur Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank gekommen. Der Verkauf wurde aber nicht vom Mitbeteiligten (als ehemaligem Leasingnehmer des Fahrzeugs) getätigt.

16 In Bezug auf den Mitbeteiligten wurde sohin kein Vergütungstatbestand des § 12a Abs. 1 NoVAG - insbesondere auch nicht jener des ersten Teilstrichs - erfüllt.

17 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022150036.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-46728