Suchen Hilfe
VwGH 19.12.2024, Ro 2022/15/0018

VwGH 19.12.2024, Ro 2022/15/0018

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
EURallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art7
12010P/TXT Grundrechte Charta Art8
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs1
62017CJ0136 CNIL VORAB
RS 1
Zweck der Bestimmungen des Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist es, einen erhöhten Schutz gegen eine solche Datenverarbeitung zu gewährleisten, die aufgrund der besonderen Sensibilität dieser Daten einen besonders schweren Eingriff in die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten darstellen kann (vgl. die Ausführungen des EuGH zum Schutzzweck im Urteil vom , C-136/17, GC u.a., Rn. 44).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/04/0010 E RS 13
Normen
EURallg
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 lite
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs1
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
62017CJ0136 CNIL VORAB
RS 2
Kern des - Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO nachgebildeten - Rechtsmäßigkeitstatbestandes des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO ist, dass die Verarbeitung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich sein muss. Während demnach für die Verarbeitung personenbezogener Daten allgemein schon ein öffentliches Interesse nötig ist (Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO), bedarf es für die Verarbeitung sensibler Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO - dessen Wortlaut zufolge - eines solchen erheblichen Interesses. Das heißt es bedarf einer spezifischen Abwägung und einer besonderen Legitimation für die Verwendung solcher Daten (vgl. , GC u.a. [Auslistung sensibler Daten], Rn. 61).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/04/0010 E RS 14
Normen
EURallg
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 lite
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
RS 3
Die Anforderungen an die Rechtsgrundlagen in Art. 9 DSGVO sind nicht näher determiniert. Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO bezieht sich ebenso wie Art. 6 Abs. 1 lit. e leg. cit. als Rechtfertigungsgrund auf das Erfordernis der Verarbeitung aus Gründen eines - in Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 2 lit. g erheblichen - öffentlichen Interesses. In Hinblick auf die strukturellen Gemeinsamkeiten dieser beiden Rechtfertigungstatbestände und des jeweiligen Verweises auf das Unionsrecht oder das Recht eines Mitgliedstaats sowie mangels einer gegenteiligen Anordnung ist auch zur Rechtfertigung der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO davon auszugehen, dass - ebenso wie beim Rechtfertigungsgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. e - die ausreichend klare Festlegung der mit der Verarbeitung zu erfüllenden Aufgabe - die im Zusammenhang dieser Daten eine besondere Qualität aufzuweisen hat (arg.: "erhebliches öffentliches Interesse") - geboten aber eben auch hinreichend ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/04/0010 E RS 15 (hier ohne den ersten Satz)
Normen
EStG 1988 §2 Abs2
EURallg
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
RS 4
Die Erhebung von Steuern und Abgaben stellt ein erhebliches öffentliches Interesse dar. Dies gilt auch für die Ermittlung der korrekten Steuerbemessungsgrundlagen, die essentiell für die Festsetzung von Steuern und Abgaben und damit für eine gleichmäßige Besteuerung sind.
Normen
EStG 1988 §18 Abs8
EURallg
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 lite
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
RS 5
Das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben ist für die Zuordnung der als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Zuwendungen zu einem bestimmten Steuerpflichtigen erforderlich und der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge ist für die Ermittlung der Sonderausgaben, um welche die Summe der Einkünfte allenfalls zu reduzieren ist, unerlässlich. Der Bestimmung des § 18 Abs. 8 EStG 1988 wohnt der im öffentlichen Interesse liegende Zweck inne, dem Finanzamt die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe zu ermöglichen, die u.a. darin besteht, in einem Massenverfahren Manipulationsmöglichkeiten zu verhindern und so die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Dass mit dieser Bestimmung zudem eine Verwaltungsvereinfachung bewirkt wird, ändert daran nichts.
Normen
EURallg
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litc
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 lite
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
RS 6
Eine Datenverarbeitung kann sich auch dann als erforderlich erweisen, wenn damit die im öffentlichen Interesse stehenden Aufgaben des Verantwortlichen effizient(er) erfüllt werden können (vgl. dazu z.B. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des C W in D, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1100264/2019, betreffend Einkommensteuer 2018 (Arbeitnehmerveranlagung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 eine an einen gemeinnützigen Verein geleistete Geldspende als Sonderausgabe geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Spende bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2018 nicht.

2 In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 erhobenen Beschwerde, die sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung der Geldspende als Sonderausgabe richtete, räumte der Revisionswerber ein, dass er dem Zuwendungsempfänger die in § 18 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 genannten Daten nicht vollständig bekannt gegeben habe und keine Datenübermittlung gemäß § 18 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 erfolgt sei. Trotzdem sei die Geldspende als Sonderausgabe zu berücksichtigen, weil § 18 Abs. 8 EStG 1988 aufgrund des Vorranges der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht anwendbar und zudem verfassungswidrig sei.

3 § 18 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 schreibe als Voraussetzung für die Berücksichtigung von Zuwendungen die Bekanntgabe personenbezogener Daten (Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum) des Steuerpflichtigen gegenüber dem Empfänger der Zuwendung vor, und der Zuwendungsempfänger sei gemäß § 18 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 verpflichtet, diese Daten sowie den Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Steuerpflichtigen an das Finanzamt zu übermitteln. Den Materialien zu § 18 Abs. 8 EStG 1988 sei zu entnehmen, dass durch eine automatische Berücksichtigung von Zuwendungen das Finanzamt und der Steuerpflichtige entlastet werden sollten. Zu bedenken sei aber, dass durch die Bekanntgabe personenbezogener Daten und insbesondere die verpflichtende Übermittlung dieser Daten durch die Zuwendungsempfänger eine weitreichende Verarbeitung personenbezogener Daten stattfinde, die durch den genannten Zweck jedenfalls nicht gerechtfertigt sei.

4 Der bedenkliche Aspekt der in § 18 Abs. 8 EStG 1988 vorgesehenen Datenübermittlung sei weniger die Bekanntgabe von Name und Geburtsdatum gegenüber dem Zuwendungsempfänger, sondern die nachfolgende Zusammenführung dieser Daten bei der Abgabenbehörde. Die Übermittlung führe im Ergebnis dazu, dass - sozusagen „auf Vorrat“ - eine vollständige Erfassung und Verarbeitung aller in Österreich steuerlich geltend gemachten freigebigen Zuwendungen erfolge. So erhalte die Abgabenbehörde eine detaillierte Übersicht, welche Zuwendungsempfänger jeweils Zuwendungen in welcher Höhe erhielten. In Bezug auf einzelne Steuerpflichtige lasse sich außerdem genau nachvollziehen, welche Zuwendungsempfänger unterstützt würden. Je nach Tätigkeitsbereich des Zuwendungsempfängers ließen sich aus solchen Daten in vielen Fällen auch Informationen über politische Meinungen oder weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen des Steuerpflichtigen ableiten. Insofern handle es sich bei den gegenständlichen personenbezogenen Daten um Daten besonderer Kategorien iSd Art. 9 DSGVO.

5 Die Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorien sei nur bei Vorliegen der in Art. 9 Abs. 2 DSGVO normierten Voraussetzungen erlaubt. Als Rechtsgrundlagen kämen gegenständlich eine ausdrückliche Einwilligung iSd Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO oder eine gesetzliche Grundlage iSd Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO in Betracht.

6 Eine ausdrückliche Einwilligung sei nicht eingeholt worden und eine konkludente Einwilligung wäre in Bezug auf Daten besonderer Kategorien nicht ausreichend. Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO setze wiederum das Vorliegen eines erheblichen öffentlichen Interesses voraus. Ein solches liege im Revisionsfall nicht vor, weil § 18 Abs. 8 EStG 1988 - ausweislich der Erläuterungen in der Regierungsvorlage (684 BlgNR 25. GP) - vor allem auf eine Verwaltungsvereinfachung iS einer Entlastung von Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung abziele. Darüber hinaus solle offenbar eine Erhöhung der Gleichmäßigkeit der Vollziehung und Steuergerechtigkeit erzielt werden, weil allfällige Manipulationsmöglichkeiten verhindert würden. Im Hinblick auf die angeführten Ziele sei § 18 Abs. 8 EStG 1988 auch nicht verhältnismäßig. Damit liege auch die zweite Anwendungsvoraussetzung des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO nicht vor.

7 Aufgrund der im Wesentlichen anlasslosen und auf Vorrat erfolgenden Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorien sei auch zu hinterfragen, ob die Bestimmung des § 18 Abs. 8 EStG 1988 den Wesensgehalt des Datenschutzes wahre. Im vorliegenden Fall sei somit auch das in der Verfassungsbestimmung des § 1 Datenschutzgesetz (DSG) geregelte Grundrecht auf Datenschutz einschlägig. Auch dieses werde - aus in der Beschwerde näher dargelegten Gründen - verletzt.

8 Das Finanzamt legte die Beschwerde - über Antrag des Revisionswerbers (§ 262 Abs. 2 lit. a BAO) - dem Bundesfinanzgericht (BFG) ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor.

9 Mit Schriftsatz vom hielt das BFG dem Revisionswerber vor, der jeweilige Spendenempfänger teile dem Finanzamt nicht die vom Spender bekanntgegebenen Daten (Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum) und die im betreffenden Kalenderjahr erhaltenen Spenden mit. Für den Datenaustausch werde vielmehr ein verschlüsseltes bereichsspezifisches Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben („vbPK SA“) erstellt. Die übermittelten Daten seien im EDV-System der Finanzverwaltung keiner konkreten Organisation zuordenbar und schienen dort in einer Gesamtsumme und nach Kategorien (entsprechend den Kennzahlen in den Steuererklärungen) gegliedert auf. EDV-technisch seien die einzelne Organisationen betreffende Daten nur im Falle einer Überprüfung der jeweiligen Zuwendungen durch das Finanzamt zugänglich.

10 Der Revisionswerber führte in einer Stellungnahme vom zum Schriftsatz vom aus, dass er den in der Beschwerde vertretenen Standpunkt trotz „Pseudonymisierung“ der an das Finanzamt übermittelten Daten aufrechterhalte.

11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - keine Folge. Begründend führte es auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die auf § 18 Abs. 8 EStG 1988 basierende Datenverarbeitung stelle einen verhältnismäßigen und „minimalinvasiven“ Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar. Abgesehen davon, dass eine Datenerhebung gegen den Willen des Spenders gar nicht erfolgen könne, sei die Möglichkeit der Einsicht in die erhobenen Daten ausschließlich auf Organe der Finanzverwaltung beschränkt und auch hier nur im Ausnahmefall vorgesehen. Ohne die auf § 18 Abs. 8 EStG 1988 basierende Datenverarbeitung könne die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit der Schutz wichtiger finanzieller Interessen des Staates nicht ressourcenschonend und kostensparend sichergestellt werden. Die Datenverarbeitung überschreite nicht das zur Zielerreichung erforderliche Ausmaß und stelle das gelindeste Mittel zur Erreichung eines effizienten und gleichmäßigen Steuervollzugs dar, weshalb sie den Erfordernissen des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO entspreche.

12 Die ordentliche Revision erklärte das BFG für zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, „ob § 18 Abs. 8 EStG 1988 wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht anzuwenden ist“.

13 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , E 2666/2020-10, abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt hat: „Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 19.412/2011, 19.892/2014) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, zumal die Erhebung und Speicherung der Daten im Hinblick auf deren Verwendung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers weder ‚anlasslos‘ noch auf ‚Vorrat‘ erfolgt.“

Über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluss vom , E 2666/2022-12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

14 Gegen das Erkenntnis des BFG richtet sich auch die vorliegende ordentliche Revision. Die Revision bringt in Ergänzung der Ausführungen des BFG zur Zulässigkeit vor, die Rechtsfrage grundlegender Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sei nicht, ob die „Abgabenerhebung“ als solche ein erhebliches öffentliches Interesse darstelle, sondern ob die mit der elektronischen Datenverarbeitung konkret verfolgten Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und der Verhinderung von Manipulationsmöglichkeiten ein erhebliches öffentliches Interesse begründeten. Soweit ersichtlich liege auch keine Rechtsprechung zu den Fragen vor, ob die Datenverarbeitung nach § 18 Abs. 8 EStG 1988 dem in der DSGVO geregelten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Grundsatz der Datenminimierung entspreche.

15 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

17 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO), ABl. 2016 L 119, 1, lauten auszugsweise:

„Artikel 5

Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Personenbezogene Daten müssen

[...]

c) dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (,Datenminimierung‘);

d) sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden (,Richtigkeit‘);

e) in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist; personenbezogene Daten dürfen länger gespeichert werden, soweit die personenbezogenen Daten vorbehaltlich der Durchführung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, die von dieser Verordnung zum Schutz der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person gefordert werden, ausschließlich für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke oder für wissenschaftliche und historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gemäß Artikel 89 Absatz 1 verarbeitet werden (,Speicherbegrenzung‘);

[...]

(2) Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Absatzes 1 verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können (,Rechenschaftspflicht‘).

Artikel 6

Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

[...]

e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;

[...]

(2) Die Mitgliedstaaten können spezifischere Bestimmungen zur Anpassung der Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung in Bezug auf die Verarbeitung zur Erfüllung von Absatz 1 Buchstaben c und e beibehalten oder einführen, indem sie spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige Maßnahmen präziser bestimmen, um eine rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgende Verarbeitung zu gewährleisten, einschließlich für andere besondere Verarbeitungssituationen gemäß Kapitel IX.

(3) Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gemäß Absatz 1 Buchstaben c und e wird festgelegt durch

a) Unionsrecht oder

b) das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt.

Der Zweck der Verarbeitung muss in dieser Rechtsgrundlage festgelegt oder hinsichtlich der Verarbeitung gemäß Absatz 1 Buchstabe e für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Diese Rechtsgrundlage kann spezifische Bestimmungen zur Anpassung der Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung enthalten, unter anderem Bestimmungen darüber, welche allgemeinen Bedingungen für die Regelung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung durch den Verantwortlichen gelten, welche Arten von Daten verarbeitet werden, welche Personen betroffen sind, an welche Einrichtungen und für welche Zwecke die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, welcher Zweckbindung sie unterliegen, wie lange sie gespeichert werden dürfen und welche Verarbeitungsvorgänge und -verfahren angewandt werden dürfen, einschließlich Maßnahmen zur Gewährleistung einer rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgenden Verarbeitung, wie solche für sonstige besondere Verarbeitungssituationen gemäß Kapitel IX. Das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten müssen ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen.

[...]

Artikel 9

Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.

(2) Absatz 1 gilt nicht in folgenden Fällen:

a) Die betroffene Person hat in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt, es sei denn, nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten kann das Verbot nach Absatz 1 durch die Einwilligung der betroffenen Person nicht aufgehoben werden,

[...]

g) die Verarbeitung ist auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich,

[...]

(4) Die Mitgliedstaaten können zusätzliche Bedingungen, einschließlich Beschränkungen, einführen oder aufrechterhalten, soweit die Verarbeitung von genetischen, biometrischen oder Gesundheitsdaten betroffen ist.“

18 § 18 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung lautet auszugsweise:

„(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

[...]

7. Freigebige Zuwendungen insoweit, als sie zusammen mit Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 4a insgesamt 10 % des sich nach Verlustausgleich ergebenden Gesamtbetrages der Einkünfte nicht übersteigen, wenn sie

a) an Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 1, 2 und 3 und Abs. 4, sowie

b) ausschließlich in Geld an begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 2a, Z 4 bis 6, Abs. 4a, Abs. 5 und Abs. 6

geleistet werden.

[...]

(8) Für Beiträge gemäß Abs. 1 Z 1a und Z 5 sowie für Zuwendungen gemäß Abs. 1 Z 7 bis 9 gilt Folgendes:

1. Beiträge und Zuwendungen an einen Empfänger, der eine feste örtliche Einrichtung im Inland unterhält, sind nur dann als Sonderausgaben zu berücksichtigen, wenn dem Empfänger Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum des Leistenden bekannt gegeben werden und eine Datenübermittlung gemäß Z 2 erfolgt.

2. Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen im Sinne der Z 1 sind verpflichtet, den Abgabenbehörden im Wege von FinanzOnline Informationen nach Maßgabe folgender Bestimmungen elektronisch zu übermitteln:

a) Zu übermitteln sind:

- das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (vbPK SA) des Leistenden, wenn dieser dem Empfänger Vor- und Zunamen und sein Geburtsdatum bekannt gegeben hat, und

- der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Leistenden.

Die Übermittlung hat zu unterbleiben, wenn der Leistende dem Empfänger die Übermittlung ausdrücklich untersagt hat. In diesem Fall darf bis zum Widerruf für sämtliche Leistungen des betreffenden Kalenderjahres und der Folgejahre keine Übermittlung erfolgen.

b) Zum Zweck der Datenübermittlung an die Abgabenbehörde sind die Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen im Sinne der Z 1 berechtigt, wie Auftraggeber des öffentlichen Bereichs nach § 10 Abs. 2 des E-Government-Gesetzes die Ausstattung ihrer Datenanwendungen mit der vbPK SA von der Stammzahlenregisterbehörde zu verlangen.

[...]

d) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Empfänger der Zuwendungen einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.

[...]

3. Für die Berücksichtigung der Beiträge und Zuwendungen als Sonderausgaben gilt:

a) Die Berücksichtigung kann nur bei jenem Steuerpflichtigen erfolgen, der in der Übermittlung mit der vbPK SA ausgewiesen ist. [...]

b) Der übermittlungspflichtige Empfänger hat auf Veranlassung des Steuerpflichtigen die Übermittlung zu berichtigen oder nachzuholen, wenn sie fehlerhaft oder zu Unrecht unterblieben ist. [...]“

19 Auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 18 Abs. 8 Z 2 lit. d EStG 1988 ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Übermittlung von Daten für die Berücksichtigung von Sonderausgaben in der Einkommensteuerveranlagung (Sonderausgaben-DÜV), BGBl. II Nr. 289/2016, ergangen. §§ 11 Abs. 1, 12 und 14 dieser Verordnung lauten:

„§ 11. (1) Für Teilnehmer an der Datenübermittlung betreffend Sonderausgaben ist in FinanzOnline zum Zweck der Ermittlung des vbPK SA des Zuwendenden und zum Zweck der Ausstattung der Daten der Zuwendenden mit einem vbPK SA ein Link zur Stammzahlenregisterbehörde einzurichten. Dabei hat FinanzOnline als Authentifizierungsprovider zu fungieren.

[...]

§ 12. Kann auf Grundlage der bekannt gegebenen Identifikationsdaten und nach Ausschöpfung der bei der übermittlungspflichtigen Organisation bereits vorhandenen Daten ein vbPK SA nicht ermittelt werden, hat eine Datenübermittlung zu unterbleiben.

[...]

§ 14. Im Interesse des Schutzes der Persönlichkeitssphäre des Zuwendenden ist verwaltungsorganisatorisch und technisch Folgendes sicherzustellen:

1. Einem berechtigten Organwalter dürfen Informationen betreffend die konkrete(n) übermittlungspflichtige(n) Organisation(en) nur in Fällen zugänglich gemacht werden, in denen übermittelte Zuwendungen Gegenstand einer Überprüfungshandlung sind.

2. In allen von Z 1 nicht betroffenen Fällen dürfen Daten, die übermittelte Zuwendungen betreffen, im Rahmen der automatisationsunterstützten Datenverarbeitung nur summarisch und ohne Benennung der jeweils übermittelnden Organisation zugänglich gemacht werden. Der Gesamtbetrag der von der Datenübermittlung betroffenen Zuwendungen ist nach Kategorien gegliedert darzustellen. Dabei gilt:

a) Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung bzw. den Nachkauf von Versicherungszeiten hinsichtlich der Pensionsversicherung (§ 18 Abs. 1 Z 1a EStG 1988) und verpflichtende Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften (§ 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988) sind jeweils gesondert gegliedert in einer Gesamtsumme darzustellen.

b) Die sonstigen übermittelten Zuwendungen sind nach der in der Abgabenerklärung für derartige Betriebsausgaben vorgesehenen Gliederung und Bezeichnung in einer Gesamtsumme darzustellen.

3. Die von übermittlungspflichtigen Organisationen durchgeführten Übermittlungen sind dem betroffenen Steuerpflichtigen in FinanzOnline einsehbar zu machen. Dabei sind die übermittelten Daten nach den übermittlungspflichtigen Organisationen zu gliedern und betragsmäßig anzuzeigen.

4. In einem Abgabenbescheid dürfen betragsmäßig Informationen, die sich auf die übermittlungspflichtigen Organisationen beziehen, nur in einer Beilage ersichtlich gemacht werden. Im Rahmen der automatisationsunterstützten Datenverarbeitung darf diese Beilage für Organwalter nicht einsehbar gemacht werden.“

20 § 13 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Gouvernment-Gesetz - EGovG), BGBl. I Nr. 10/2004, lautet:

„(2) Ist es zum Zweck der eindeutigen Identifikation eines Betroffenen gemäß § 10 Abs. 2 zulässig, von der Stammzahlenregisterbehörde ein bPK anzufordern, ist dieses, sofern es sich um ein bPK aus einem Bereich handelt, in dem der Anfordernde nicht zur Vollziehung berufen ist oder es sich um ein bPK für die Verwendung im privaten Bereich handelt, von der Stammzahlenregisterbehörde nur verschlüsselt zur Verfügung zu stellen. Die Verschlüsselung ist so zu gestalten, dass

1. nur derjenige entschlüsseln kann, in dessen Datenverarbeitung das bPK in entschlüsselter Form zulässigerweise verarbeitet werden darf (Abs. 3), und

2. durch Einbeziehung von zusätzlichen, dem Anfordernden nicht bekannten variablen Angaben in die Verschlüsselungsbasis das bPK auch in verschlüsselter Form keinen personenbezogenen Hinweis liefert.“

21 Die Revision räumt ein, dass die Einhebung von Steuern und Abgaben ein erhebliches öffentliches Interesse darstellt. Sie vertritt aber - wie bereits im Beschwerdeverfahren - den Standpunkt, dass § 18 Abs. 8 EStG 1988 nicht der Einhebung von Steuern und Abgaben, sondern der Verwaltungsvereinfachung und Unterbindung von Manipulationsmöglichkeiten im Einzelfall diene. Diese stellten kein erhebliches öffentliches Interesse iSd Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO dar. Die in § 18 Abs. 8 EStG 1988 vorgesehene Datenverarbeitung sei auch nicht verhältnismäßig, weil von der Finanzbehörde alle Zuwendungen des Revisionswerbers an alle Zuwendungsempfänger für einen (im Gesetz nicht ausdrücklich bestimmten) jedoch jedenfalls mehrjährigen Zeitraum verarbeitet würden. Zu beachten sei weiters, dass die Übermittlung und Speicherung dieser Daten im Erhebungszeitpunkt ohne konkreten Anlass erfolge, was schon daraus erhelle, dass ein Zugriff der jeweiligen Organwalter auf die Daten nur zulässig sei, wenn die Zuwendungen Gegenstand einer Überprüfungshandlung seien (§ 14 Z 1 Sonderausgaben-DÜV). Die Daten seien für die Feststellung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage auch nicht in vollem Umfang erforderlich, zumal dafür nur der Gesamtbetrag der von Steuerpflichtigen an begünstigte Zuwendungsempfänger getätigten Zuwendungen benötigt werde. Insofern erfolge die Übermittlung und Speicherung der vollständigen Daten zu den Zuwendungen auch „auf Vorrat“, nämlich für den Fall, das zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Überprüfungshandlungen vorgenommen würden. Weiters wird gerügt, dass die in § 18 Abs. 8 EStG 1988 vorgesehene äußerst umfangreiche Verarbeitung personenbezogener Daten nicht das gelindeste zum Ziel führende Mittel darstelle und somit gegen den in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO normierten Grundsatz der Datenminimierung verstoße.

22 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht aufgezeigt.

23 Zweck der Bestimmungen des Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist es, einen erhöhten Schutz gegen eine solche Datenverarbeitung zu gewährleisten, die aufgrund der besonderen Sensibilität dieser Daten einen besonders schweren Eingriff in die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten darstellen kann (vgl.  GC u.a., C-136/17, Rn. 44).

24 Kern des Rechtmäßigkeitstatbestandes des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO ist, dass die Verarbeitung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich sein muss. Während für die Verarbeitung personenbezogener Daten allgemein schon ein öffentliches Interesse nötig ist (Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO), bedarf es für die Verarbeitung sensibler Daten iSd Art. 9 Abs. 1 DSGVO - dessen Wortlaut zufolge - eines solchen erheblichen Interesses. Das heißt es bedarf einer spezifischen Abwägung und einer besonderen Legitimation für die Verwendung solcher Daten (vgl.  GC u.a. C-136/17, Rn. 61).

25 Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO bezieht sich ebenso wie Art. 6 Abs. 1 lit. e leg. cit. als Rechtfertigungsgrund auf das Erfordernis der Verarbeitung aus Gründen eines - in Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 2 lit. g erheblichen - öffentlichen Interesses. In Hinblick auf die strukturellen Gemeinsamkeiten dieser beiden Rechtfertigungstatbestände und des jeweiligen Verweises auf das Unionsrecht oder das Recht eines Mitgliedstaats sowie mangels einer gegenteiligen Anordnung ist auch zur Rechtfertigung der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO davon auszugehen, dass - ebenso wie beim Rechtfertigungsgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO - die ausreichend klare Festlegung der mit der Verarbeitung zu erfüllenden Aufgabe - die im Zusammenhang dieser Daten eine besondere Qualität aufzuweisen hat (arg.: „erhebliches öffentliches Interesse“) - geboten aber eben auch hinreichend ist (vgl. , mwN).

26 Die Erhebung von Steuern und Abgaben stellt - wie auch von der Revision eingeräumt wird - ein erhebliches öffentliches Interesse dar. Dies gilt auch für die Ermittlung der korrekten Steuerbemessungsgrundlagen, die essentiell für die Festsetzung von Steuern und Abgaben und damit für eine gleichmäßige Besteuerung sind. Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen, also die Summe der Einkünfte, reduziert um die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und steuerlichen Freibeträge.

27 Gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind freigebige Zuwendungen an bestimmte Einrichtungen und Körperschaften - insoweit, als sie zusammen mit Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 4a insgesamt 10 % des sich nach Verlustausgleich ergebenden Gesamtbetrages der Einkünfte nicht übersteigen - bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben in Abzug zu bringen. § 18 Abs. 8 EStG 1988 sieht vor, dass Beiträge und Zuwendungen an einen Empfänger, der eine feste örtliche Einrichtung im Inland unterhält, nur dann als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, wenn dem Empfänger Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum des Leistenden bekannt gegeben werden und der Empfänger den Abgabenbehörden im Wege von FinanzOnline das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben („vbPK SA“) des Leistenden - durch einen Datenaustausch mit Hilfe dieses verschlüsselten Kennzeichens ist ausschließlich für das Finanzamt eine Zuordnung zu einer Person möglich, nicht jedoch eine Verknüpfung mit anderen Daten, oder ein Zugriff durch andere Personen, Behörden oder Einrichtungen - und den Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Leistenden übermittelt.

28 Das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben ist für die Zuordnung der als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Zuwendungen zu einem bestimmten Steuerpflichtigen erforderlich und der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge ist für die Ermittlung der Sonderausgaben, um welche die Summe der Einkünfte allenfalls zu reduzieren ist, unerlässlich. Der Bestimmung des § 18 Abs. 8 EStG 1988 wohnt der im öffentlichen Interesse liegende Zweck inne, dem Finanzamt die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe zu ermöglichen, die u.a. darin besteht, in einem Massenverfahren Manipulationsmöglichkeiten zu verhindern und so die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Dass mit dieser Bestimmung zudem eine Verwaltungsvereinfachung bewirkt wird, ändert daran nichts.

29 Nicht berechtigt ist der Vorwurf, seitens der Finanzbehörde würden alle Zuwendungen der Steuerpflichtigen an alle Zuwendungsempfänger verarbeitet werden. Verarbeitet werden nur jene Zuwendungen, die ein Steuerpflichtiger als Sonderausgaben in Abzug bringen will. Der Steuerpflichtige muss dem Empfänger der Zuwendung seinen Vor- und Zunamen sowie sein Geburtsdatum nicht bekanntgeben, und wenn er die Daten bekanntgegeben hat, kann er dem jeweiligen Zuwendungsempfänger gemäß § 18 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 jederzeit deren Übermittlung an das Finanzamt untersagen. In diesem Fall darf bis zum Widerruf für sämtliche Leistungen des betreffenden Kalenderjahres und der Folgejahre keine Übermittlung erfolgen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die für die Ermittlung der Sonderausgaben erforderlichen Daten auch vor Einführung des § 18 Abs. 8 EStG 1988 beim Finanzamt zusammengeführt worden sind. Über Aufforderung des Finanzamts waren die als Sonderausgabe geltend gemachten Zuwendungen vom jeweiligen Steuerpflichtigen lückenlos nachzuweisen.

30 Der Einwand, die verarbeiteten Daten würden für die Feststellung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage nicht in vollem Umfang benötigt, ist nicht nachvollziehbar. Die Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen sind - soweit ihnen der Steuerpflichtige dies nicht untersagt - gemäß § 18 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 verpflichtet, dem Finanzamt das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben („vbPK SA“) und den Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Leistenden zu übermitteln. Das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen ist - wie bereits ausgeführt - für die Zuordnung der Zuwendungen zu einem bestimmten Steuerpflichtigen erforderlich und der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge ist für die Ermittlung der Sonderausgaben unerlässlich. Vor diesem Hintergrund geht auch die Rüge ins Leere, dass die Erhebung und Speicherung der Daten ohne konkreten Anlass bzw. „auf Vorrat“ erfolge. Dass die Erhebung und Speicherung der in Rede stehenden Daten im Hinblick auf deren Verwendung weder „anlasslos“ noch auf „Vorrat“ erfolgt, hat im Übrigen auch schon der Verfassungsgerichtshof festgestellt.

31 Der Rüge, wonach § 18 Abs. 8 EStG 1988 gegen den in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO normierten Grundsatz der Datenminimierung verstoße, ist vorweg zu entgegnen, dass die nach § 18 Abs. 8 EStG 1988 zu übermittelnden Daten - wie bereits ausgeführt - für die Ermittlung der Sonderausgaben und damit der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer zwingend erforderlich sind (siehe zur Datenübermittlung für Zwecke der Abgabenerhebung „SS“ SIA, C-175/20). Dass der mit der Bestimmung des § 18 Abs. 8 EStG 1988 verfolgte legitime Zweck ebenso wirksam mit anderen - ein geringeres Maß an Datenverarbeitung benötigenden - Mitteln verwirklicht werden kann, wird in der Revision nicht dargetan. Diesem Umstand kommt insoweit Bedeutung zu, als sich eine Datenverarbeitung auch dann als erforderlich erweisen kann, wenn damit die im öffentlichen Interesse stehenden Aufgaben des Verantwortlichen effizient(er) erfüllt werden können (vgl. dazu z.B. ).

32 Die Revision erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

33 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
EStG 1988 §18 Abs8
EStG 1988 §2 Abs2
EURallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art7
12010P/TXT Grundrechte Charta Art8
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litc
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 lite
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs1
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art9 Abs2 litg
62017CJ0136 CNIL VORAB
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022150018.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-46718