VwGH 20.02.2024, Ro 2022/15/0008
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | § 2 WKG 1998 legt fest, wer Mitglied der Wirtschaftskammer ist. Danach sind alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die Unternehmungen in näher genannten Bereichen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind, von der Mitgliedschaft erfasst. Eine Organschaft ist von dieser Aufzählung nicht umfasst, da sie weder eine physische oder juristische Person noch ein sonstiger Rechtsträger ist. Gemäß § 2 UStG 1994 beschränken sich die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen. Kammermitglied können daher nur die jeweiligen Gesellschaften der Organschaft sein. |
Normen | WKG 1998 §122 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
RS 2 | Aus der Zusammenschau von § 2 WKG 1998 mit § 122 WKG 1998 ergibt sich, dass individuelle Bestimmungen für die Berechnung der Kammerumlage, wie etwa jene für Banken, nur auf das jeweilige Kammermitglied, das auch diese Voraussetzungen erfüllt, angewendet werden können. Ist die Organträgerin somit ein Kammermitglied, für das Sonderbestimmungen gelten, sind diese Sonderbestimmungen auch nur für dieses Kammermitglied zur Anwendung zu bringen. Dasselbe gilt, wenn Organträgerin eine Gesellschaft ist, die überhaupt kein Mitglied der Wirtschaftskammer ist. Fällt eine einzelne Organgesellschaft unter eine Sonderbestimmung oder ist sie nicht Kammermitglied, sind die für diese Gesellschaft geltenden Regelungen nur auf diese anzuwenden. |
Norm | |
RS 3 | Gemäß § 1 Abs. 3 BAO sind unter Erhebung alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen. Darunter fallen alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben (vgl. ). |
Normen | WKG 1998 §122 Abs1 Z1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs1 Z2 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs1 Z3 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 Z1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
RS 4 | § 122 Abs. 5 WKG 1998 sieht für die Erhebung eine sinngemäße Anwendung der für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften mit wenigen Ausnahmen vor. Daraus ergibt sich etwa, dass Schuldner der Kammerumlage bei einer Organschaft nur der Organträger sein kann. Aus der Bestimmung ist allerdings nicht abzuleiten, dass für Zwecke der Kammerumlage die Umsatzsteuern, die den Organgesellschaften in Rechnung gestellt werden, danach zu untersuchen sind, ob sie letztendlich in einen umlagebefreiten Teilbereich der Organträgerin eingehen. § 122 Abs. 1 WKG 1998 enthält nämlich eigene Vorschriften für die Berechnung der Kammerumlage, die als lex specialis dem Umsatzsteuergesetz vorgehen. So sieht die Z 1 vor, dass jene Beträge der Kammerumlage unterliegen, die auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden. Auch die Z 2 und 3 stellen auf das Kammermitglied ab; dass die aufgrund von Reverse-Charge anfallenden Umsatzsteuerschulden bzw. die Erwerbsteuer wegen der Organschaft auf den Organträger übergehen bzw. geschuldet werden, vermag nichts daran zu ändern. Der Gesetzgeber hat die Vorsteuerbeträge des jeweiligen Kammermitgliedes als Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage festgelegt, soweit diese für jene Unternehmensteile erbracht werden, die die Mitgliedschaft dieser Gesellschaft in der Wirtschaftskammer begründen. |
Normen | VwRallg WKG 1998 §122 Abs1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
RS 5 | Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die einzelne Organgesellschaft einer Umlagepflicht unterliegt, die an deren wirtschaftliche Aktivität und die entsprechende Zuordnung der Bemessungsgrundlage geknüpft ist und dieser Pflicht nur vom Organträger - im Sinne einer Abfuhr der Abgabe - entsprochen wird. Eine Gesamtbetrachtung der Organschaft als ein kammerumlagepflichtiges Unternehmen hatte der Gesetzgeber offenkundig nicht vor Augen; das Gegenteil ist der Fall, er nennt den Organträger sogar "einen Dritten" (vgl. IA 1388 BlgNR, 28. GP 3). Die Organgesellschaften sind gerade wegen jener betrieblichen Tätigkeit, mit der sie Leistungen unter anderem auch an die Organträgerin erbringen, Mitglied der Wirtschaftskammer und damit umlagepflichtig. |
Normen | VwRallg WKG 1998 §122 Abs1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
RS 6 | Der Gesetzgeber stellt bei der Berechnung der Kammerumlage auf den dem einzelnen Kammermitglied erwachsenden Nutzen ab, um dem Äquivalenzprinzip stärker Rechnung zu tragen (vgl. IA 1388 BlgNR, 28. GP). |
Normen | WKG 1998 §122 Abs1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
RS 7 | Die Organschaft ist für Zwecke der Berechnung der Kammerumlage nicht als ein einheitliches Unternehmen anzusehen, sondern die einzelnen Gesellschaften sind isoliert zu betrachten. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der E AG in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101735/2016, betreffend Kammerumlage 4. Quartal 2009, die Kalenderjahre 2011 und 2012 sowie die Quartale 1 - 3/2013, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist umsatzsteuerliche Organträgerin und vorwiegend im Bereich der Energieversorgung tätig. Ihre Organgesellschaften sind Mitglieder der Wirtschaftskammer.
2 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts ist die Revisionswerberin eine Holdinggesellschaft, die ihre Serviceabteilungen in vier eigene Tochtergesellschaften ausgegliedert hat. Diese sind im Wesentlichen als Servicedienstleister im Konzern tätig. Die Revisionswerberin besitzt Vermögenswerte und Konzessionen im Zusammenhang mit der Energieerzeugung und Energieverteilung und wurde daher mit ihren Umsätzen in Bezug auf diese Wirtschaftsgüter als Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Wirtschaftskammergesetzes (WKG) eingestuft. Für ihre Leistungen als Elektrizitätsversorger besteht keine eine Kammerumlagepflicht begründende Kammermitgliedschaft, mit ihren übrigen Leistungen ist sie kammerumlagepflichtig.
3 Strittig ist im Revisionsfall, ob für die Berechnung der Kammerumlage die Organgesellschaften isoliert zu betrachten sind oder ob die Kammerumlage einheitlich für die gesamte Organschaft als ein Unternehmen zu ermitteln ist.
4 Das Bundesfinanzgericht wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Kammerumlage für das 4. Quartal 2009, die Kalenderjahre 2011 und 2012 sowie die Quartale 1 - 3/2013 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Es führte nach Darstellung der historischen Entwicklung der Kammerumlage 1 aus, die Wirkungen einer Organschaft seien auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile seien als ein Unternehmen zu behandeln. Die Kammerumlage sei nach § 122 Abs. 1 WKG nur von Kammermitgliedern zu entrichten. § 122 Abs. 1 und Abs. 5 WKG unterschieden klar zwischen Berechnung und Erhebung der Kammerumlage. Die Kammermitgliedschaft knüpfe an die Art der Tätigkeit eines Unternehmens an. Im Revisionsfall sei unstrittig, dass die Organgesellschaften zur Gänze und die Organträgerin nur mit einem Teil ihrer Tätigkeit wirtschaftskammerzugehörig nach § 2 WKG seien. Für die Erhebung werde - bis auf wenige hier nicht relevante Ausnahmen - auf das UStG 1994 verwiesen. Bei Vorliegen einer Organschaft gelte nur der Organträger als Unternehmer und sei nur dieser Steuerschuldner. Daher habe auch der Organträger die Kammerumlage für den gesamten Organkreis zu entrichten. Für die Berechnung der Kammerumlage 1 finde sich - im Gegensatz zur Erhebung - kein Verweis auf das UStG 1994. § 122 Abs. 1 WKG stelle vielmehr für die Berechnung der Kammerumlage 1 auf das einzelne Kammermitglied ab. Kammermitglied könne nach § 2 WKG nur eine physische oder juristische Person oder ein anderer Rechtsträger im zivilrechtlichen Sinn sein. Eine Organschaft sei kein Rechtsträger in diesem Sinn. Das Vorliegen einer Organschaft spiele daher für die Kammermitgliedschaft keine Rolle und damit auch nicht für die Berechnung. Dies bedeute, dass von jeder einzelnen Gesellschaft des Organkreises, die der Kammerumlagepflicht unterliege, die Kammerumlage 1 für das eigene Unternehmen selbst zu berechnen sei. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin komme daher eine Einbeziehung nur jener Vorsteuern in die Bemessungsgrundlage der Kammerumlage, die dem kammerumlagepflichtigen Bereich der Organschaft zuzuordnen sind, nicht in Betracht.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die vorbringt, es gebe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob bei der Berechnung der Kammerumlage 1 bei einer Organschaft im Sinne des § 2 UStG 1994 eine Organgesellschaft als Teil eines Unternehmens oder isoliert als eigenständiges Unternehmen zu behandeln sei. Die Verpflichtung zur Leistung der Kammerumlage knüpfe an die Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer an. Würden von einem Kammermitglied auch Tätigkeiten ausgeführt, die einer Kammermitgliedschaft nicht zuzuordnen seien, so seien nur jene Vorsteuern für die Bemessungsgrundlage heranzuziehen, die auf die Tätigkeiten entfielen, die die Kammermitgliedschaft begründen würden. Schuldner der Kammerumlage seien Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994. Daher werde die Kammerumlage bei Organschaften zur Gänze der Organträgerin vorgeschrieben. Die Revisionswerberin sei nur teilweise kammerumlagepflichtig, weil sie mit ihren Tätigkeiten im Bereich der Elektrizitätserzeugung und -verteilung keine Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer begründe. Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage sei auf Ebene der Organträgerin daher nur ein Teil ihrer Vorsteuern. Dieser Teil sei seitens der Behörde anhand eines Umsatzschlüssels ermittelt worden. Das gleiche gelte jedoch auch auf Ebene der Organgesellschaften. Aufgrund der Anlehnung des WKG an das UStG 1994 sowie des konkreten Verweises auf die Bestimmungen des UStG 1994 seien für die Berechnung der Kammerumlage die Vorschriften des UStG 1994 und damit auch § 2 UStG 1994 relevant. Daraus ergebe sich, dass die umsatzsteuerliche Organschaft für Zwecke der Kammerumlage als ein Unternehmen zu behandeln und die Kammerumlage 1 entsprechend zu berechnen sei. Die Organschaft der Revisionswerberin stelle ein Unternehmen dar, welches sowohl Tätigkeiten ausführe, die der Kammerumlage unterliegen würden, als auch Tätigkeiten, die keiner Kammermitgliedschaft zuzuordnen seien. Als Teil dieses Unternehmens würden Organgesellschaften auch Leistungen für den kammerumlagebefreiten Bereich erbringen. Diesem Umstand sei bei der Berechnung der Kammerumlage auf Ebene der Organgesellschaften und in der Folge bei der Organträgerin entsprechend Rechnung zu tragen. Die Vorsteuern der Organgesellschaften könnten demnach nicht zur Gänze als Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage herangezogen werden, sondern seien in jenem Ausmaß auszuscheiden, in dem die Organgesellschaften Leistungen an den kammerumlagebefreiten Bereich der Organschaft erbringen würden. § 122 Abs. 1 WKG regle, wie die Kammerumlage zu berechnen sei. Die Bemessungsgrundlage beziehe sich direkt auf das UStG 1994. Das Bundesfinanzgericht unterscheide zwischen Berechnung und Erhebung der Abgabe, dies sei jedoch unrichtig. Aufgrund einer teleologisch systematischen Interpretation sei nicht zwischen Erhebung und Berechnung zu unterscheiden.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
7 § 2 WKG idF BGBl. I Nr. 153/2001 lautete:
„§ 2. (1) Mitglieder der Wirtschaftskammern und Fachorganisationen sind alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die Unternehmungen des Gewerbes, des Handwerks, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, des Nachrichtenverkehrs, des Rundfunks, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft sowie sonstiger Dienstleistungen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind.
(2) Zu den Mitgliedern gemäß Abs. 1 zählen jedenfalls Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen sowie insbesondere solche, die in der Anlage zu diesem Gesetz angeführt sind.
(3) Mitglieder sind auch alle im Firmenbuch eingetragenen Holdinggesellschaften, soweit ihnen zumindest ein Mitglied gemäß Abs. 1 angehört.
[...]“
8 § 122 WKG idF BGBl. I Nr. 153/2001 lautete:
„§ 122. (1) Zur Bedeckung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Landeskammern und der Bundeskammer kann von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden; die Verhältnismäßigkeit ist auch an dem Verhältnis zwischen den Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen. Ist an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Kammermitglied, dem für die im Rahmen der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten keine Unternehmereigenschaft im Sinne der Umsatzsteuer zukommt, gemeinsam mit einer oder mehreren physischen oder juristischen Personen beteiligt, so gelten die Bemessungsgrundlagen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Bemessungsgrundlage für die Umlage; diesfalls kann die Erhebung der Umlage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgen. Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die
1. auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,
2. als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,
3. auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.
Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen gemäß Z 1 bis 3. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen.
[...]
(5) Die Umlage gemäß Abs. 1 und 2 ist von den Abgabenbehörden des Bundes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben:
1. Die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sind mit Ausnahme des § 20 Abs. 1 vierter Satz und des § 21 UStG 1994 sinngemäß anzuwenden.
2. Der zu entrichtende Umlagebetrag ist kalendervierteljährlich selbst zu berechnen und spätestens am fünfzehnten Tag des nach Ende des Kalendervierteljahres zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten. Bei der Berechnung der Umlage für das jeweils letzte Kalendervierteljahr sind Unterschiedsbeträge, die sich zwischen den berechneten Vierteljahresbeträgen und dem Jahresbetrag der Umlage ergeben, auszugleichen. Ein gemäß § 201 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, in der jeweils geltenden Fassung, festgesetzter Umlagenbetrag hat den vorgenannten Fälligkeitstag.
3. Ist auf dem amtlichen Formular für die Umsatzsteuererklärung die Angabe des Jahresbetrages der Umlage vorgesehen, so ist dieser Jahresbetrag in der Umsatzsteuererklärung bekannt zu geben.
4. Von Kammermitgliedern, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, jährlich 150 000 Euro nicht übersteigen, wird die Umlage nicht erhoben.
5. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde oder dem Umfang nach bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen gemäß § 128 Abs. 3.
(6) Die Umlage gemäß Abs. 1 und 2 ist von den Abgabenbehörden des Bundes an die Bundeskammer zu überweisen. Die auf die Landeskammern entfallenden Anteile sind nach Maßgabe der Eingänge zu verrechnen und von der Bundeskammer an die Landeskammern zu überweisen. Die Aufteilung des Landeskammeranteiles auf die einzelnen Landeskammern erfolgt nach dem Verhältnis der Zahl der Kammermitglieder der Landeskammern; das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann Sockelbeträge vorsehen.
[...]“
9 Gemäß der Anlage zu § 2 WKG zählen zu den Mitgliedern der Wirtschaftskammer- und Fachorganisationen gemäß Abs. 2 insbesondere Energieversorgungsunternehmen ausschließlich der Elektrizitätswerke, jedoch einschließlich der Erdgasversorgungsunternehmen und Energieverteilungsunternehmen, letztere ausschließlich der Elektrizitätsverteilungsunternehmen.
10 § 2 WKG legt fest, wer Mitglied der Wirtschaftskammer ist. Danach sind alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die Unternehmungen in näher genannten Bereichen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind, von der Mitgliedschaft erfasst.
11 Eine Organschaft ist von dieser Aufzählung nicht umfasst, da sie weder eine physische oder juristische Person noch ein sonstiger Rechtsträger ist. Gemäß § 2 UStG 1994 beschränken sich die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen. Kammermitglied können daher nur die jeweiligen Gesellschaften der Organschaft sein.
12 Gemäß § 122 WKG sind die Kammerumlagen von den Kammermitgliedern zu entrichten. Die Bestimmung sieht in Abs. 2 zudem besondere Berechnungsvorschriften für bestimmte Kammermitglieder, wie etwa Banken oder Versicherungen, vor und enthält in den Abs. 3 und 4 die Möglichkeit für das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer, für einzelne Berufszweige unter bestimmten Voraussetzungen abweichende Regelungen zu treffen. Aus der Zusammenschau von § 2 WKG mit § 122 WKG ergibt sich, dass individuelle Bestimmungen für die Berechnung der Kammerumlage, wie etwa jene für Banken, nur auf das jeweilige Kammermitglied, das auch diese Voraussetzungen erfüllt, angewendet werden können.
13 Ist die Organträgerin somit ein Kammermitglied, für das Sonderbestimmungen gelten, sind diese Sonderbestimmungen auch nur für dieses Kammermitglied zur Anwendung zu bringen. Dasselbe gilt, wenn Organträgerin eine Gesellschaft ist, die überhaupt kein Mitglied der Wirtschaftskammer ist. Fällt eine einzelne Organgesellschaft unter eine Sonderbestimmung oder ist sie nicht Kammermitglied, sind die für diese Gesellschaft geltenden Regelungen nur auf diese anzuwenden.
14 Im Revisionsfall ist die Revisionswerberin nur mit einem Teil ihrer Tätigkeiten nicht Mitglied der Wirtschaftskammer, mit einem anderen Teil allerdings kammerumlagepflichtig. Die Revision bringt nicht vor, dass die „teilweise Nichtmitgliedschaft“ auch auf die Organgesellschaften durchschlagen würde, was nach dem Gesagten unzutreffend wäre, sondern, dass die Umsatzsteuern aus jenen Lieferungen und Leistungen nicht der Umlagepflicht unterliegen dürften, die den Organgesellschaften in Rechnung gestellt worden und in weiterer Folge in Lieferungen und Leistungen der Organgesellschaften an den kammerumlagebefreiten Bereich der Revisionswerberin eingeflossen seien.
15 Das Bundesfinanzgericht hat eine isolierte Betrachtung der Organgesellschaften weitgehend damit begründet, dass § 122 WKG zwischen Berechnung und Erhebung unterscheide und auf das UStG 1994 nur im Zusammenhang mit der Erhebung in § 122 Abs. 5 WKG verwiesen werde. Aus diesem Argument lässt sich allerdings nichts gewinnen, weil gemäß § 1 Abs. 3 BAO unter Erhebung alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen sind. Darunter fallen alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben (vgl. ).
16 § 122 Abs. 5 WKG sieht für die Erhebung eine sinngemäße Anwendung der für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften mit wenigen Ausnahmen vor. Daraus ergibt sich etwa, dass Schuldner der Kammerumlage bei einer Organschaft nur der Organträger sein kann. Aus der Bestimmung ist allerdings nicht abzuleiten, dass für Zwecke der Kammerumlage die Umsatzsteuern, die den Organgesellschaften in Rechnung gestellt werden, danach zu untersuchen sind, ob sie letztendlich in einen umlagebefreiten Teilbereich der Organträgerin eingehen.
17 § 122 Abs. 1 WKG enthält nämlich eigene Vorschriften für die Berechnung der Kammerumlage, die als lex specialis dem Umsatzsteuergesetz vorgehen. So sieht die Z 1 vor, dass jene Beträge der Kammerumlage unterliegen, die auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden. Auch die Z 2 und 3 stellen auf das Kammermitglied ab; dass die aufgrund von Reverse-Charge anfallenden Umsatzsteuerschulden bzw. die Erwerbsteuer wegen der Organschaft auf den Organträger übergehen bzw. geschuldet werden, vermag nichts daran zu ändern. Der Gesetzgeber hat die Vorsteuerbeträge des jeweiligen Kammermitgliedes als Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage festgelegt, soweit diese für jene Unternehmensteile erbracht werden, die die Mitgliedschaft dieser Gesellschaft in der Wirtschaftskammer begründen.
18 Der Ausschussbericht zur 10. Handelskammergesetznovelle, mit der die Kammerumlage 1 über einen Initiativantrag eingeführt wurde, führt zu der Anknüpfung an das Umsatzsteuergesetz aus (IA 1388 BlgNR, 28. GP 3):
„Die unmittelbare Anknüpfung an die Erhebung durch die Umsatzsteuerverwaltung bedingt auch, daß die Umlagepflicht in allen Verfahrensfragen der Umsatzsteuer folgt. So sind insbesondere Organgesellschaften nicht als Umsatzsteuerunternehmer zu betrachten und daher nicht selbständig umlagepflichtig. Hier ist von der Fiktion auszugehen, daß der Umlagepflicht, insoweit sie der wirtschaftlichen Aktivität der Organgesellschaften zuzuordnen ist, durch einen Dritten - dem Organträger - entsprochen wird; die Aufteilung der Umlage ist dem Innenverhältnis der Organschaft vorbehalten.“
19 Der Gesetzgeber geht demnach davon aus, dass die einzelne Organgesellschaft einer Umlagepflicht unterliegt, die an deren wirtschaftliche Aktivität und die entsprechende Zuordnung der Bemessungsgrundlage geknüpft ist und dieser Pflicht nur vom Organträger - im Sinne einer Abfuhr der Abgabe - entsprochen wird. Eine Gesamtbetrachtung der Organschaft als ein kammerumlagepflichtiges Unternehmen hatte der Gesetzgeber offenkundig nicht vor Augen; das Gegenteil ist der Fall, er nennt den Organträger sogar „einen Dritten“.
20 Die Organgesellschaften sind gerade wegen jener betrieblichen Tätigkeit, mit der sie Leistungen unter anderem auch an die Organträgerin erbringen, Mitglied der Wirtschaftskammer und damit umlagepflichtig.
21 Für eine isolierte Betrachtung der Organgesellschaften spricht auch der Zweck der Kammerumlage. Der Ausschussbericht führt zum Zweck der Kammerumlage aus:
„Mit der Umstellung ist tendenziell eine stärkere Orientierung am Äquivalenzprinzip verbunden: Bei der Finanzierung beruflicher Selbstverwaltungskörper geht es primär um die Verteilung der Kosten bestimmter Aufgaben, die durch, die Ansätze der genehmigten Voranschläge determiniert sind, auf die Kammermitglieder. (...) Eine Finanzierung nach dem Äquivalenzprinzip (Nutzen- bzw. Kostenaspekte) bedeutet, daß die Heranziehung der einzelnen Kammermitglieder an Hand des jeweils aus der Mitgliedschaft zu ziehenden Nutzens bzw. der vom Mitglied verursachten Kosten einen sachgerechten Verteilungsmaßstab bildet. Diesem Prinzip zufolge sind Anknüpfungen zu wählen, die auf die Betriebsgröße Bedacht nehmen, weil dies ein Kriterium ist, das typischerweise mit Nutzen und Kosten einer Kammermitgliedschaft zusammenhängt.“
22 Der Gesetzgeber stellt bei der Berechnung der Kammerumlage daher auf den dem einzelnen Kammermitglied erwachsenden Nutzen ab, um dem Äquivalenzprinzip stärker Rechnung zu tragen. Dass die Organgesellschaften einen wesentlich geringeren Nutzen aus der Kammermitgliedschaft ziehen als jene vergleichbaren Kammermitglieder, die sich nicht in einer Organschaft befinden, behauptet auch die Revision nicht.
23 Die Organschaft ist für Zwecke der Berechnung der Kammerumlage somit nicht als ein einheitliches Unternehmen anzusehen, sondern die einzelnen Gesellschaften sind isoliert zu betrachten.
24 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BAO §1 Abs3 UStG 1994 §2 UStG 1994 §2 Abs2 VwRallg WKG 1998 §122 Abs1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs1 Z1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs1 Z2 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs1 Z3 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 Abs5 Z1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §122 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 Abs1 idF 2001/I/153 WKG 1998 §2 idF 2001/I/153 |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022150008.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-46712