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VwGH 10.05.2023, Ro 2022/08/0010

VwGH 10.05.2023, Ro 2022/08/0010

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Während des Ruhens der Leistung wird Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nicht gewährt, sodass kein Bezug der Leistung vorliegt und diese Zeit schon nach dem klaren Wortlaut des § 66 Abs. 1 AlVG 1977 bei der Beurteilung, ob die Mindestbezugsdauer von 60 Tagen erreicht wird, nicht zu berücksichtigen ist. Dass der Gesetzgeber von diesem Verständnis ausgegangen ist, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur AlVG-Novelle BGBl. I Nr. 71/2020, mit der die Gewährung einer Einmalzahlung für Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe für den Zeitraum Mai bis August 2020 in § 66 AlVG 1977 (nunmehr: § 66 Abs. 1 AlVG 1977) eingeführt wurde (vgl. ErlRV 285 BlgNR 17. GP 1, wonach die Leistung nicht durchgehend bezogen worden sein muss und daher Unterbrechungen durch "kurzfristige Beschäftigungen oder Krankenstände" dem Anspruch nicht schaden) sowie daraus, dass hinsichtlich der später in selber Form für weitere Zeiträume in § 66 Abs. 2 bis 5 AlVG 1977 eingeführten Einmalzahlungen - anders als zu § 66 Abs. 1 AlVG 1977 - an anderer Stelle auch Zahlungen für die Bezieher von Krankengeld vorgesehen wurden (vgl. § 41 Abs. 4 und 5 AlVG 1977 sowie § 759b und § 771 ASVG; vgl. insoweit auch zu § 66 Abs. 5 AlVG 1977 die ErlRV 1563 BlgNR 17. GP 5, wonach ausdrücklich bei einem Ruhen der Leistung nach § 16 AlVG 1977 keine Bezugstage nach dem AlVG 1977 vorliegen).
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
RS 2
Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen (in Ermangelung eines substantiierten Vorbringens zur Erforderlichkeit einer Lückenfüllung durch Analogie oder einer teleologischen Reduktion) dann nicht vor, wenn sich das VwG in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag (vgl. B , Ra 2014/12/0007).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/12/0081 B RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des J B in W, vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 94/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W164 2236993-1/10E, betreffend Einmalzahlung nach § 66 AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Redergasse), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - in Bestätigung eines Bescheides der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Redergasse - den Antrag des Revisionswerbers, ihm gemäß § 66 Abs. 1 AlVG eine Einmalzahlung zu gewähren, ab.

2 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei im Jahr 2020 im Bezug von Notstandshilfe gestanden. Von bis habe er Notstandshilfe bezogen. Von 1. Mai bis und von 22. bis habe er Krankengeld erhalten, sodass sein Anspruch auf Notstandshilfe in diesen Zeiträumen gemäß § 16 Abs. 1 lit. a iVm. § 38 AlVG geruht habe.

3 Eine Einmalzahlung nach § 66 Abs. 1 AlVG (vormals § 66 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2020) stehe nur Personen zu, von denen in den Monaten Mai bis August 2020 mindestens 60 Tage Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen worden sei. Der Revisionswerber, bei dem im genannten Zeitraum lediglich ein Bezug von 40 Tagen vorliege, sei nicht anspruchsberechtigt.

4 Die Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 66 AlVG vorliege.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision in dieser Hinsicht ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Das gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (vgl. etwa , mwN).

8 Die vorliegende Revision verweist zur Begründung ihrer Zulässigkeit nur auf den Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichts.

9 Gemäß § 66 Abs. 1 AlVG erhalten Personen, die in den Monaten Mai bis August 2020 mindestens 60 Tage Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen haben, zur Abdeckung des Sonderbedarfs aufgrund der COVID-19-Krise eine Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro.

10 Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Zeit, in der der Anspruch des Revisionswerbers auf Krankengeld ruhte, bei Berechnung der in § 66 Abs. 1 AlVG vorgesehenen Mindestbezugszeit von 60 Tagen zu berücksichtigen ist. Während des Ruhens der Leistung wird Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe aber nicht gewährt, sodass kein Bezug der Leistung vorliegt und diese Zeit schon nach dem klaren Wortlaut des § 66 Abs. 1 AlVG bei der Beurteilung, ob die Mindestbezugsdauer von 60 Tagen erreicht wird, nicht zu berücksichtigen ist.

11 Dass der Gesetzgeber von diesem Verständnis ausgegangen ist, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur AlVG-Novelle BGBl. I Nr. 71/2020, mit der die Gewährung einer Einmalzahlung für Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe für den Zeitraum Mai bis August 2020 in § 66 AlVG (nunmehr: § 66 Abs. 1 AlVG) eingeführt wurde (vgl. ErlRV 285 BlgNR 17. GP 1, wonach die Leistung nicht durchgehend bezogen worden sein muss und daher Unterbrechungen durch „kurzfristige Beschäftigungen oder Krankenstände“ dem Anspruch nicht schaden) sowie daraus, dass hinsichtlich der später in selber Form für weitere Zeiträume in § 66 Abs. 2 bis 5 AlVG eingeführten Einmalzahlungen - anders als zu § 66 Abs. 1 AlVG - an anderer Stelle auch Zahlungen für die Bezieher von Krankengeld vorgesehen wurden (vgl. § 41 Abs. 4 und 5 AlVG sowie § 759b und § 771 ASVG; vgl. insoweit auch zu § 66 Abs. 5 AlVG die ErlRV 1563 BlgNR 17. GP 5, wonach ausdrücklich bei einem Ruhen der Leistung nach § 16 AlVG keine Bezugstage nach dem AlVG vorliegen).

12 Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen (in Ermangelung eines substantiierten Vorbringens zur Erforderlichkeit einer Lückenfüllung durch Analogie oder einer teleologischen Reduktion) dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag (vgl. etwa , mwN).

13 Von 1. Mai bis und von 22. bis erhielt der Revisionswerber Krankengeld, sodass sein Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 16 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG ruhte. Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, dass diese Zeiträume mangels Bezugs von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe zur Beurteilung des Erreichens der Mindestbezugszeit von 60 Tagen nach § 66 Abs. 1 AlVG nicht zu berücksichtigen sind, konnte sich im dargestellten Sinn auf den klaren Gesetzeswortlaut stützen.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit - nach Durchführung des Vorverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch das AMS - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022080010.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-46686