VwGH 13.06.2023, Ro 2022/08/0006
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die von der Rechtsprechung hervorgehobenen personenbezogenen Weisungs- und Kontrollbefugnisse des Dienstgebers gehen über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und betreffen das Verhalten des Erwerbstätigen und die Art und Weise, wie er seine Tätigkeiten verrichtet (zB Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, persönliches Erscheinungsbild, Benehmen, Kommunikationskultur, Arbeitseifer, Sorgfalt, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Lenkbarkeit, Einfügungsbereitschaft in vorgegebene Strukturen des Arbeitsablaufs usw). Sie sind Mittel des Dienstgebers, unter Beachtung der Fürsorgepflicht auf das persönliche Verhalten des Dienstnehmers Einfluss zu nehmen und dieses im betrieblichen Interesse (laufend) zu steuern. Der daraus erwachsende personenbezogene Anpassungsdruck () schränkt die Bestimmungsfreiheit des Erwerbstätigen maßgeblich ein und begründet seine persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG. Im Unterschied dazu geht es dem Dienst- bzw. Auftraggeber bei einem freien Dienstnehmer oder bei einem selbständigen Erwerbstätigen (nach dem Gesamtbild der Tätigkeit) nicht um eine solche (laufende) Steuerung des persönlichen Verhaltens, sondern in erster Linie um die sachlichen Ergebnisse der Tätigkeit (, 0192; , 2010/08/0256) bzw. darum, ob die (Geschäfts)Beziehung zu einem - in persönlichen Belangen selbstbestimmten - Partner zufriedenstellend verläuft oder nicht. Der Dienst- bzw. Auftraggeber beschränkt sich - soweit dies bei solchen Tätigkeiten, die meist eine besondere Qualifikation erfordern, möglich ist - auf eine Steuerung der Ergebnisse der Tätigkeit und ist im Übrigen darauf beschränkt, die Zusammenarbeit mit dem selbstbestimmten Partner aufrecht zu erhalten oder sie zu beenden (sachliche Weisungs- und Kontrollbefugnisse). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/08/0171 E RS 2 (hier ohne den letzten Satz) |
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RS 2 | Die Verpflichtung, bei bestimmten Anlässen Teambekleidung zu tragen, ist im Umfeld von sportlichen Bewerben generell üblich und nicht Ausdruck der persönlichen Abhängigkeit von einem Dienstgeber. |
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RS 3 | Der VwGH hat - wenn auch vor dem Hintergrund eines Sachverhalts, in dem keinesfalls von einer schon "bestehenden" Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG 1978 ausgegangen werden konnte (vgl. zu diesem Begriff auch ) - abgeleitet, dass die Heranziehung des § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG und damit auch des § 10 Abs. 1a ASVG voraussetze, dass (im Rahmen eines Verfahrens nach § 194a GSVG 1978) bei Säumigkeit der Gebietskrankenkasse zunächst eine Vorfragenbeurteilung durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erfolgt sei, auf Grund deren eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG verneint und eine solche nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG 1978 bejaht worden sei (vgl. ). Auch wenn diese enge Auslegung sich nicht zwingend aus dem Gesetzeswortlaut der §§ 10 Abs. 1a und 410 Abs. 1 Z 8 ASVG ergibt, hat sie neben dem in den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1234 BlgNR 20. GP, 28) hervorgehobenen engen Zusammenhang der genannten Bestimmungen mit dem zugleich geschaffenen besonderen Feststellungsverfahren nach § 194a GSVG 1978 auch für sich, dass im "Verschweigen" des in dieses Verfahren einbezogenen Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG eine Rechtfertigung dafür liegt, ausnahmsweise eine dem Gesetz entsprechende Korrektur der Versicherungszugehörigkeit nicht auch rückwirkend zuzulassen. Zudem bekommt der Ausdruck "bestehende Pflichtversicherung" in § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG auf diese Weise einen klar umrissenen Inhalt: Es muss sich um eine Pflichtversicherung handeln, die nicht nur faktisch durchgeführt wurde, sondern deren Tatbestandsvoraussetzungen in einem nach § 194a GSVG 1978 erlassenen Bescheid bejaht wurden. Nur in diesen Fällen ist für die nachträgliche abweichende Beurteilung durch den Krankenversicherungsträger nach dem ASVG - auch ohne entsprechenden Antrag - die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG geboten, der wiederum gemäß § 10 Abs. 1a ASVG bloß ex nunc Wirksamkeit entfaltet. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2022/08/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revisionen 1. der Österreichischen Gesundheitskasse, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 42/6, (protokolliert zu Ro 2022/08/0006) und 2. des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (protokolliert zu Ro 2022/08/0007), jeweils gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W167 2176856-1/9E, W167 2176681-1/16E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Ö S in W, vertreten durch Mag. Georg Koller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6; 2. M F in B, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12/7; 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, und 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1100 Wien, Wienerbergstraße 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag der Österreichischen Gesundheitskasse auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass bei der erstmitbeteiligten Partei, einem Sportverein, im Jahr 2014 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durchgeführt wurde, die zur Folge hatte, dass der Zweitmitbeteiligte für den Zeitraum bis im Nachhinein zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG angemeldet wurde.
2 Am brachte der Zweitmitbeteiligte bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse - ÖGK) niederschriftlich das Ersuchen ein, auch den Zeitraum bis zu überprüfen und die entsprechenden Meldungen durchzuführen. Er sei auf Grund der GPLA nur bis zum nachgemeldet worden, habe danach aber die gleiche Tätigkeit durchgeführt.
3 Die Wiener Gebietskrankenkasse stellte daraufhin mit Bescheid vom fest, dass der Zweitmitbeteiligte auf Grund seiner Beschäftigung bei der erstmitbeteiligten Partei - einem Sportverein - im Zeitraum bis der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei.
4 Sowohl die erst- als auch die zweitmitbeteiligte Partei erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Zweitmitbeteiligte brachte vor, nunmehr auch davon auszugehen, dass kein Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgelegen sei.
5 Das Bundesverwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung durch und gab den Beschwerden mit dem angefochtenen Erkenntnis statt. Es sprach aus, dass der Zweitmitbeteiligte im Zeitraum bis nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen sei.
6 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass es sich bei der erstmitbeteiligten Partei um einen xxx Sportverband handle, in dem die Sparten xxx, xxx, xxx und xxx vertreten seien. Zweck und Ziel des Verbands sei es, den xxx Sport in seinen Sparten zu pflegen, zu verbreiten und zu vervollkommnen.
7 Der Zweitmitbeteiligte sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Trainer der xxx Mannschaft im xxx und als Sportkoordinator in der Sparte xxx für die erstmitbeteiligte Partei tätig gewesen. Es habe sich dabei nicht um eigenständige bzw. getrennte Tätigkeiten, sondern um eine Kombination der Funktionen gehandelt.
8 Die „Dienstvereinbarung“ vom wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt wiedergegeben:
„[...] als freier Dienstnehmer andererseits abgeschlossen wurde wie folgt:
I.
[BF 2] tritt ab in die Dienste des [BF 1] und übernimmt den Bereich des Sportkoordinators und Trainers der Sparte xxx.
II.
Der Dienstnehmer ist verpflichtet, seinen Obliegenheiten nachzukommen und die Interessen seines Dienstgebers in jeder Hinsicht zu wahren. Er ist weiters verpflichtet, den diesbezüglichen Anordnungen des Präsidenten und Gen. Sekretärs in dienstlichen Belangen Folge zu leisten. Er ist lt. beiliegendem Arbeitsprofil für die Sparte xxx in Absprache mit dem [BF 1] zuständig.
III.
[BF 1] sichert dem freien Dienstnehmer für das Jahr 2009 eine Aufwandsentschädigung in der Höhe von € 25.000,00 zu. Die Überweisung erfolgt auf ein vom Dienstnehmer bekannt zu gebendes Konto eines inländischen Geldinstitutes. Mit diesem Entgelt sind auch sämtliche, an Werk-, Sonn- und Feiertagen geleistete Überstunden abgegolten.
Die Mittel werden aus der Besonderen Bundes-Sportförderung des [BF 1] bezahlt, der Dienstnehmer ist aufgrund seiner freien Tätigkeit verpflichtet, eine Honorarnote bzw. Honorarbestätigungen dem [BF 1] über die angeführten Beiträge zu übermitteln.
IV.
Der Dienstnehmer verpflichtet sich, über Verlangen des [BF 1] für etwaige Sponsoren unentgeltlich Werbung (insbesondere Verwendung zur Verfügung gestellter Kleidung und Ausrüstung, Autogrammstunden, Mitwirkung bei Showvorführungen) zu betreiben.
V.
Der Dienstnehmer ist bei seinen Dienstzeiten an keine Vorgaben des [BF 1] gebunden. Der Dienstnehmer ist zur Geheimhaltung und Verschwiegenheit aller ihm ausschließlich aus seinen dienstlichen Tätigkeiten bekannt gewordener Tatsachen verpflichtet. Die Verschwiegenheit besteht während des Dienstverhältnisses und auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Der Dienstnehmer darf während seines Dienstverhältnisses eine andere Erwerbstätigkeit nur mit dem Einverständnis des Präsidenten ausüben.
VI.
Als Gerichtsstand wird das für [BF 1] zuständige Arbeitsgericht in Wien vereinbart.“
9 Weiters wurde das „Dokument betreffend die Arbeitsprofile“ wie folgt wiedergegeben:
„Arbeitsprofil - Sportkoordinator
1. Entwicklung der SpoKo. xxx
Aufgabenteilung, mehr Mitarbeiter
2. Entwicklung der Vereine
Interessierte als Mitarbeiter zu finden
diese zu motivieren und für ihre freiwillige Tätigkeit belohnen
3. Verbesserung der Infrastruktur
Optimierung vorhandener xxx
Forderung nach mehr xxx
4. Akquisition finanzieller Ressourcen
und damit eine finanzielle Entlastung der Vereine
durch Sponsorship zusätzliche finanzielle Mittel zu finden
5. Kooperation Verein - Schule - xxx
Ausbildung von Lehrwarten
Für die Arbeit mit Schülern in den Vereinen (xxx)
Weiterführend Organisation von Trainerausbildungen
6. In Zusammenarbeit mit dem Fachwart:
Organisation der Österreichischen Meisterschaften
Arbeitsprofil xxx Trainer
1. Betreuung der xxx Mannschaft im xxx
2. Kontrolle der Trainingsaufgaben der xxx Mannschaft
3. Durchführung von Teamlehrgängen
4. Betreuung bei Wettkämpfen“
10 Die Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei habe, so das Bundesverwaltungsgericht weiter, auch das Training der Heeressportler von November bis März umfasst.
11 Die Abrechnung zwischen der erst- und zweitmitbeteiligten Partei sei halbjährlich oder monatlich im Nachhinein erfolgt. Diesbezüglich seien seitens des Zweitmitbeteiligten Honorarnoten an die erstmitbeteiligte Partei gelegt worden. Eine vorgegebene Stundenzahl habe der Zweitmitbeteiligte nicht erfüllen müssen, es seien auch keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt worden. Das Entgelt sei über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen und auf das Bankkonto des Zweitmitbeteiligten überwiesen worden. Für die Jahre 2010, 2011 und 2012 sei eine Veranlagung auf Grund der Einkommensteuererklärung vorgenommen worden.
12 Der Zweitmitbeteiligte sei mit dem Präsidenten, dem Generalsekretär sowie anderen Verantwortlichen der erstmitbeteiligten Partei im ständigen Kontakt und Austausch zur aktuellen sportlichen Lage sowie zu den zur Verfügung stehenden budgetären Mitteln gestanden (zwecks Planung von Trainingslagern etc.). Der Zweitmitbeteiligte habe Vorschläge hinsichtlich beabsichtigter Trainingslager oder der Teilnahme an Wettkämpfen einbringen können, die letzte Entscheidung darüber sei jedoch dem Vorstand der erstmitbeteiligten Partei oblegen.
13 Hinsichtlich der Auswahl bzw. Einteilung der Trainingszeiten und Trainingsorte in Bezug auf seine Tätigkeit für das xxx Team sei der Zweitmitbeteiligte in seiner Entscheidung grundsätzlich frei gewesen. Er sei in seiner Entscheidungsfreiheit allerdings insofern eingeschränkt gewesen, als die Spieler für das xxx Team nur zu bestimmten Zeiten (unter Berücksichtigung des Spielplans der Vereinsmannschaften) von ihren Vereinen freigestellt worden seien und daher die Vorbereitungen und Wettkämpfe in diesen Zeiträumen zu erfolgen gehabt hätten. Auch seien geeignete Räumlichkeiten (xxx) zur Abhaltung von Trainingseinheiten erforderlich gewesen, die nur in beschränkter Anzahl vorhanden bzw. zugänglich gewesen seien, sodass auch diesbezüglich die Bestimmungsfreiheit des Zweitmitbeteiligten eingeschränkt gewesen sei. Entsprechende Räumlichkeiten seien von der erstmitbeteiligten Partei bereitgestellt worden. In Bezug auf die Trainingszeiten der Heeressportler sei der Zweitmitbeteiligte insofern an fixe Vorgaben gebunden gewesen, als deren Training im Rahmen des Grundwehrdienstes erfolgt sei. Der Zweitmitbeteiligte habe das Training für die Heeressportler am Standort xxx geleitet bzw. diese in einen anderen Verein, für den er als Trainer tätig gewesen sei, integriert.
14 Der Zweitmitbeteiligte sei in der inhaltlichen Ausgestaltung des Trainings völlig frei gewesen. Es sei auch allein ihm oblegen, welche Spieler er für das xxx Team ausgewählt und einberufen habe. Er habe den Kader für das xxx Team auf Grund von Spiel- und Spielerbeobachtungen nach freiem Ermessen zusammengestellt. Auch bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Trainings für die Heeressportler sei der Zweitmitbeteiligte an keine Weisungen oder Kontrollen der erstmitbeteiligten Partei oder des Bundesheers gebunden gewesen.
15 Zwischen der erstmitbeteiligten Partei und dem Zweitmitbeteiligten sei kein Vertretungsrecht vereinbart worden, der Zweitmitbeteiligte habe sich auch faktisch nicht vertreten lassen. Zu seiner Unterstützung habe es im xxx Team mehrere Co-Trainer gegeben, die mitunter an der Gestaltung der Trainingseinheiten beteiligt gewesen seien oder Spieler bei ihren Vereinen beobachtet hätten. Sie hätten nicht der Vertretung des Zweitmitbeteiligten, sondern dessen Beratung bzw. Assistenz gedient.
16 Es habe kein Konkurrenzverbot bestanden. Der Zweitmitbeteiligte sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum neben der Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei von September 2010 bis September 2012 für 20 Stunden pro Woche bei einem xxx Verein in Salzburg und ab als Dienstnehmer bei einem xxx Verein in Wien beschäftigt gewesen.
17 Zwischen der erst- und zweitmitbeteiligten Partei seien keine Urlaubsvereinbarungen getroffen worden. Ein krankheitsbedingter Ausfall des Zweitmitbeteiligten sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht eingetreten.
18 Ein eigener (Büro-)Arbeitsplatz sei dem Zweitmitbeteiligten nicht zur Verfügung gestellt worden, jedoch sei ihm zu Beginn der Tätigkeit ein Laptop überlassen worden. Dieser sei zu einem nicht näher verifizierbaren Zeitpunkt vor dem Jahr 2013 wieder an die erstmitbeteiligte Partei retourniert worden. Der Zweitmitbeteiligte habe eine eigene auf seinen Namen lautende E-Mail-Adresse zugewiesen bekommen, welche durch die Endung auf eine Zugehörigkeit zur erstmitbeteiligten Partei hindeute. Er habe zudem Kleidungsstücke (Trainingsanzug, Jacke, Hemd, T-Shirt, Taschen...) mit Aufdrucken des Logos bzw. der namentlichen Bezeichnung der erstmitbeteiligten Partei bzw. des xxx Teams erhalten. Er sei verpflichtet gewesen, diese Kleidungsstücke bei repräsentativen Anlässen, wie etwa Wettkämpfen oder medialen Auftritten, zu tragen.
19 Der Zweitmitbeteiligte habe weder über eigene Mitarbeiter noch über eigene Geschäfts- bzw. Büroräumlichkeiten verfügt. Eine eigene unternehmerische Struktur habe nicht festgestellt werden können.
20 In rechtlicher Hinsicht bejahte das Bundesverwaltungsgericht zunächst - in Abgrenzung vom Werkvertrag - das Vorliegen eines Dienstvertrags sowie die persönliche Arbeitspflicht des Zweitmitbeteiligten.
21 In einer Abwägung kam es sodann zum Ergebnis, dass von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Zweitmitbeteiligten auszugehen und daher die Dienstnehmereigenschaft im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG zu verneinen gewesen sei.
22 Der Zweitmitbeteiligte sei hinsichtlich der Auswahl der Trainingszeiten und Trainingsorte grundsätzlich frei gewesen. Dass die Trainingseinheiten in von der erstmitbeteiligten Partei bereitgestellten bzw. gemieteten Räumlichkeiten durchgeführt worden seien, sei vorwiegend dem Umstand geschuldet gewesen, dass für diese Sportart eine entsprechende Infrastruktur erforderlich sei. Eine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort könne daraus nicht abgeleitet werden. Ebenso könne aus dem Umstand, dass die xxx Spieler nur zu bestimmten Zeiten von ihren Vereinen freigestellt worden seien und daher die Vorbereitungen und Wettkämpfe in diesen Zeiträumen zu erfolgen gehabt hätten, nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Vielmehr handle es sich dabei um einen üblichen Vorgang im Leistungssport. Die Arbeitszeiten des Zweitmitbeteiligten für seine Tätigkeit als xxx Trainer hätten sich am Terminplan der Sportereignisse, nicht jedoch an verbindlichen Vorgaben der erstmitbeteiligten Partei orientiert.
23 Auch in Bezug auf die Abhaltung der Trainingseinheiten der Heeressportler sei von keiner Weisungsunterworfenheit des Zweitmitbeteiligten auszugehen. Vielmehr sei in der Eingliederung der Heeressportler in das Mannschaftstraining des vom Zweitmitbeteiligten trainierten Vereins die Möglichkeit zu sehen, das Training während der Absolvierung des Grundwehrdienstes fortzusetzen.
24 Der Zweitmitbeteiligte sei auch an keine arbeitsbezogenen Weisungen der erstmitbeteiligten Partei gebunden oder Kontrollrechten unterworfen gewesen. Wie von sämtlichen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, habe man seitens der erstmitbeteiligten Partei auf die Erfahrungen und die fachliche Expertise des Zweitmitbeteiligten vertraut. Dieser sei als Trainer bei der Auswahl der Sportler, der inhaltlichen Ausgestaltung der Trainingseinheiten und der taktischen Ausrichtung bei Wettkämpfen völlig frei gewesen. Er sei zudem nicht verpflichtet gewesen, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen.
25 Eine Einbindung des Zweitmitbeteiligten in die Betriebsorganisation der erstmitbeteiligten Partei lasse sich insgesamt nicht erkennen. Ihm sei kein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden. Ein Laptop sei ihm nur zu Beginn überlassen worden. Mehrheitlich habe er seinen eigenen Computer verwendet, und er habe ausschließlich sein eigenes Telefon genutzt. Was die Ausgabe der Kleidungsstücke mit Verbandslogo bzw. der namentlichen Bezeichnung der erstmitbeteiligten Partei betreffe, so sei allgemein bekannt, dass bei Wettkämpfen die Teams einheitlich gekleidet aufträten. Auch der Trainer sei als Teil der Mannschaft anzusehen, sodass die einheitliche Kleidung der Natur der Sache folge. Es handle sich somit im gegenständlichen Fall bei der Verpflichtung zum Tragen der genannten Kleidungsstücke bei repräsentativen Auftritten um kein unterscheidungskräftiges Kriterium für die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit. Unerheblich erscheine schließlich auch die Zuweisung einer eigenen E-Mail-Adresse. Es sei im Bereich des Leistungssports durchaus gebräuchlich, dass Kontaktdaten des Trainers mit Bezug zum Verband vorhanden seien.
26 In der Folge prüfte das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG.
27 Dem Zweitmitbeteiligten seien von der erstmitbeteiligten Partei nur unwesentliche Betriebsmittel zur Verfügung gestellt worden. Umgekehrt gebe es aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zweitmitbeteiligte eine eigene betriebliche Struktur geschaffen habe, um seine Leistung am Markt anzubieten. Er sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum neben der Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei jeweils für einen (weiteren) Verein tätig gewesen. Er sei somit nur für eine überschaubare Zahl von Auftraggebern tätig gewesen und verfüge über keine eigene unternehmerische Struktur, um für den Markt tätig zu werden. Er habe auch nicht eigens zur Ausübung seiner Tätigkeit Gegenstände angeschafft oder private Gegenstände in ein Betriebsvermögen aufgenommen.
28 Somit habe er über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG verfügt. Da er außerdem seine Dienstleistungen für die erstmitbeteiligte Partei persönlich und entgeltlich erbracht habe, sei der Tatbestand des § 4 Abs. 4 ASVG erfüllt.
29 In weiterer Folge ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein Fall des § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG vorliege, weil die Kasse von Amts wegen einen Bescheid betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung erlassen habe. In der Literatur werde die Meinung vertreten, dass die Anwendung des § 10 Abs. 1a ASVG - wonach die Pflichtversicherung nach dem ASVG hinsichtlich der in § 4 Abs. 4 bezeichneten Personen erst mit der Bescheiderlassung beginne - auch dann möglich sei, wenn sich der Feststellungsbescheid nicht ausdrücklich auf § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG stütze.
30 Es müsse auch nicht unbedingt ein Verfahren nach § 194a GSVG durchgeführt worden sein, sondern es genüge, dass eine „bestehende“ Pflichtversicherung nach dem GSVG vorgelegen sei.
31 Dies sei gegenständlich (mit Durchführung einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) der Fall gewesen. Die davon abweichende spätere Unterstellung der Tätigkeit unter § 4 Abs. 4 ASVG werde gemäß § 10 Abs. 1a ASVG ex nunc wirksam. Da die Tätigkeit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung schon beendet gewesen sei, sei keine Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG festzustellen gewesen.
32 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil - wie vom Bundesverwaltungsgericht näher erläutert wurde - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1a ASVG in einer Konstellation, wie sie dem Beschwerdefall zugrunde liege (Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ohne Prüfverfahren und erst spätere Prüfung durch den zuständigen Krankenversicherungsträger mit Unterstellung der Tätigkeit unter § 4 Abs. 4 ASVG), vorhanden sei.
33 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden Revisionen der ÖGK als belangte Behörde und des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, dessen Revisionslegitimation sich auf § 415 ASVG gründet.
34 Das Bundesverwaltungsgericht hat über beide Revisionen das Vorverfahren eingeleitet, in dem von den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien jeweils Revisionsbeantwortungen erstattet wurden.
35 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionen wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und erwogen:
36 Die Revisionen sind aus dem vom Bundesverwaltungsgericht genannten Grund, auf den auch die Revisionen zurückkommen, zulässig.
37 Gemäß § 10 Abs. 1a ASVG beginnt die Pflichtversicherung der im § 4 Abs. 4 ASVG bezeichneten Personen (also der freien Dienstnehmer) „im Fall der Erlassung eines Bescheides gemäß § 410 Abs. 1 Z 8 mit dem Tag der Erlassung dieses Bescheides“.
38 Gemäß § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG hat der Versicherungsträger einen Bescheid zu erlassen, „wenn er entgegen einer bereits bestehenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf Grund ein und derselben Tätigkeit die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 als gegeben erachtet“.
39 Sowohl § 10 Abs. 1a als auch § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG wurden mit der Novelle BGBl. I Nr. 138/1998 eingefügt und in den Materialien (ErlRV 1234 BlgNR 20. GP, 28) wie folgt erläutert:
„Die Problematik der sozialversicherungsrechtlichen Abgrenzung zwischen den nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversicherten sogenannten ‚Neuen Selbständigen‘ und den nach § 4 Abs. 4 ASVG pflichtversicherten freien Dienstnehmern soll im Rahmen der 23. GSVG-Novelle dadurch entschärft werden, daß für die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Möglichkeit der bescheidmäßigen Feststellung, ob der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG erfüllt ist, vorgesehen wird, wobei über die Vorfrage des Vorliegens einer Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG die Entscheidung der zuständigen Gebietskrankenkasse einzuholen ist.
Als begleitende Maßnahme hiezu soll durch die vorgeschlagenen Ergänzungen der §§ 10 und 410 ASVG normiert werden, daß die (nachträgliche) Feststellung der Gebietskrankenkasse, eine auf Grund einer bestimmten Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversicherte Person unterliege für diese Tätigkeit der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG, in Bescheidform zu ergehen hat und Rechtswirkungen nur pro futuro entfaltet.“
40 Mit der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, die in diesen Erläuterungen erwähnt wird, wurde § 194a GSVG eingefügt. Er hat - unter der Überschrift „Feststellungsbescheid“ - folgenden Wortlaut:
„§ 194a. Der Versicherungsträger hat in Verwaltungssachen auf Antrag mit Bescheid festzustellen, ob die in § 2 Abs. 1 Z 4 erster Satz genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei darf das Vorliegen der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG als Vorfrage nicht beurteilt werden. Der Versicherungsträger hat vielmehr die Einleitung des Verfahrens beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu beantragen und das eigene Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Verwaltungsverfahren auszusetzen (zu unterbrechen). Der zuständige Krankenversicherungsträger hat binnen einem Monat ab Zustellung des Antrages des Versicherungsträgers zu entscheiden, widrigenfalls der Versicherungsträger über die Vorfrage selbst zu entscheiden hat. Die Entscheidung über die Vorfrage ist für den darüber als Hauptfrage zur Entscheidung zuständigen Krankenversicherungsträger solange bindend, als er nicht selbst einen Bescheid erläßt (§ 10 Abs. 1a ASVG).“
41 In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (ErlRV 1235 BlgNR 20. GP, 26) heißt es:
„Im Zuge der Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 194a GSVG hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, wenn als Vorfrage das Vorliegen einer Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG zu beurteilen ist, den zuständigen Krankenversicherungsträger um Einleitung eines entsprechenden Verfahrens zu ersuchen und das eigene Verfahren zu unterbrechen. Um die, mit dem Feststellungsbescheid bezweckte und erforderliche Rechtssicherheit gewährleisten zu können, soll die Frist für die Feststellung, ob eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG vorliegt, mit einem Monat beschränkt werden. Entscheidet der Krankenversicherungsträger nicht innerhalb dieser Frist, so geht die Entscheidungsbefugnis auf die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft über. Die Entscheidung des Versicherungsträgers soll sodann solange bindende Wirkung für den Krankenversicherungsträger entfalten, als dieser selbst nicht einen Bescheid erläßt (§ 10 Abs. 1a ASVG). Eine Wiederaufnahme und damit ein Aufrollen des Versicherungsverhältnisses soll aus verwaltungsökonomischen Gründen, aber vor allem aus Gründen der Rechtssicherheit für Versicherte und Auftraggeber bzw. Dienstnehmer im Falle der Erlassung eines Feststellungsbescheides ausgeschlossen sein.“
42 Strittig ist im vorliegenden Fall die Auslegung des § 10 Abs. 1a ASVG betreffend den Beginn der Pflichtversicherung.
43 Da diese Bestimmung nach ihrem insofern eindeutigen Wortlaut nur für die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG gilt, ist zunächst zu prüfen, ob das Bundesverwaltungsgericht (ausgehend vom unstrittigen Vorliegen eines Dienstvertrags) zu Recht diesen Tatbestand bejaht hat oder ob - wie die ÖGK in der Revision vorbringt - nicht vielmehr eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gegeben war.
44 Die diesbezügliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch - auf Basis seiner Feststellungen zur tatsächlichen Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses, die zum Teil vom Inhalt des eingangs wiedergegebenen schriftlichen Dienstvertrags abweichen, aber von der ÖGK in der Revision nicht bestritten wurden - nicht zu beanstanden.
45 Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein.
46 Die personenbezogenen Weisungs- und Kontrollbefugnisse des Dienstgebers gehen über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und betreffen das Verhalten des Erwerbstätigen und die Art und Weise, wie er seine Tätigkeiten verrichtet (z.B. Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, persönliches Erscheinungsbild, Benehmen, Kommunikationskultur, Arbeitseifer, Sorgfalt, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Lenkbarkeit, Einfügungsbereitschaft in vorgegebene Strukturen des Arbeitsablaufs usw.). Sie sind Mittel des Dienstgebers, unter Beachtung der Fürsorgepflicht auf das persönliche Verhalten des Dienstnehmers Einfluss zu nehmen und dieses im betrieblichen Interesse (laufend) zu steuern. Der daraus erwachsende personenbezogene Anpassungsdruck schränkt die Bestimmungsfreiheit des Erwerbstätigen maßgeblich ein und begründet seine persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG. Im Unterschied dazu geht es dem Dienst- bzw. Auftraggeber bei einem freien Dienstnehmer oder bei einem selbständigen Erwerbstätigen (nach dem Gesamtbild der Tätigkeit) nicht um eine solche (laufende) Steuerung des persönlichen Verhaltens, sondern in erster Linie um die sachlichen Ergebnisse der Tätigkeit bzw. darum, ob die (Geschäfts-)Beziehung zu einem - in persönlichen Belangen selbstbestimmten - Partner zufriedenstellend verläuft oder nicht (vgl. zum Ganzen etwa , mwN).
47 Im Lichte dieser Rechtsprechung war im vorliegenden Fall vor allem maßgeblich, dass der Zweitmitbeteiligte nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts an keine Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten gebunden war. Was die Bindung an bestimmte xxx Hallen und verfügbare Zeiten betrifft, ist das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass daraus keine Elemente persönlicher Abhängigkeit abzuleiten waren, weil Sachzwänge dafür maßgeblich waren. Ähnliches gilt für die Verpflichtung, bei bestimmten Anlässen Teambekleidung zu tragen: Sie ist im Umfeld von sportlichen Bewerben generell üblich und nicht Ausdruck der persönlichen Abhängigkeit von einem Dienstgeber. Entgegen dem weiteren Revisionsvorbringen der ÖGK reichte auch die Zusammenarbeit mit anderen Trainern nicht aus, um eine Eingliederung des Zweitmitbeteiligten in eine Betriebsorganisation anzunehmen; auch insoweit kommt es nämlich darauf an, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht (vgl. , 0173), wovon im vorliegenden Fall ausgehend von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts keine Rede war. Vor diesem Hintergrund konnten auch die von der ÖGK in der Revision ins Treffen geführten Nebenkriterien wie insbesondere die lange Dauer des Dienstverhältnisses nicht zum Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG führen.
48 Die Pflichtversicherung nach dem ASVG war daher anhand der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 ASVG zu prüfen, deren Vorliegen das Bundesverwaltungsgericht zu Recht bejahte, da der Zweitmitbeteiligte seine Leistung gegen Entgelt sowie persönlich erbrachte und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügte.
49 Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts war allerdings eine rückwirkende Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG gemäß § 10 Abs. 1a ASVG unzulässig. Gegen diese Beurteilung wenden sich, wie dargestellt, beide Revisionen.
50 Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1a ASVG beginnt die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG im Fall der Erlassung eines Bescheides gemäß § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG (erst) mit dem Tag der Erlassung dieses Bescheides. Ein solcher Bescheid ist zu erlassen, wenn entgegen einer bereits bestehenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf Grund ein und derselben Tätigkeit eine Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG angenommen wird. Diese Bestimmungen nehmen nicht explizit auf das besondere Feststellungsverfahren nach § 194a GSVG Bezug. Umgekehrt wird allerdings in § 194a GSVG auf § 10 Abs. 1a ASVG verwiesen; außerdem bezeichnen die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien die Einfügung des § 10 Abs. 1a ASVG und des § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG als „begleitende Maßnahme“ zum besonderen Feststellungsverfahren nach § 194a GSVG.
51 Aus all dem hat der Verwaltungsgerichtshof - wenn auch vor dem Hintergrund eines Sachverhalts, in dem keinesfalls von einer schon „bestehenden“ Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgegangen werden konnte (vgl. zu diesem Begriff auch ) - bereits abgeleitet, dass die Heranziehung des § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG und damit auch des § 10 Abs. 1a ASVG voraussetze, dass (im Rahmen eines Verfahrens nach § 194a GSVG) bei Säumigkeit der Gebietskrankenkasse zunächst eine Vorfragenbeurteilung durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erfolgt sei, auf Grund deren eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG verneint und eine solche nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bejaht worden sei (vgl. ). Auch wenn diese enge Auslegung sich nicht zwingend aus dem Gesetzeswortlaut der §§ 10 Abs. 1a und 410 Abs. 1 Z 8 ASVG ergibt (vgl. etwa Auer-Mayer in Neumann, GSVG für Steuerberater2 [2018] § 1 Rz 31, mwN), hat sie neben dem in den Gesetzesmaterialien hervorgehobenen engen Zusammenhang der genannten Bestimmungen mit dem zugleich geschaffenen besonderen Feststellungsverfahren nach § 194a GSVG auch für sich, dass im „Verschweigen“ des in dieses Verfahren einbezogenen Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG eine Rechtfertigung dafür liegt, ausnahmsweise eine dem Gesetz entsprechende Korrektur der Versicherungszugehörigkeit nicht auch rückwirkend zuzulassen. Zudem bekommt der Ausdruck „bestehende Pflichtversicherung“ in § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG auf diese Weise einen klar umrissenen Inhalt: Es muss sich um eine Pflichtversicherung handeln, die nicht nur faktisch durchgeführt wurde, sondern deren Tatbestandsvoraussetzungen in einem nach § 194a GSVG erlassenen Bescheid bejaht wurden. Nur in diesen Fällen ist für die nachträgliche abweichende Beurteilung durch den Krankenversicherungsträger nach dem ASVG - auch ohne entsprechenden Antrag - die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG geboten, der wiederum gemäß § 10 Abs. 1a ASVG bloß ex nunc Wirksamkeit entfaltet.
52 Ein solches besonderes Feststellungsverfahren gemäß § 194a GSVG unter Einbeziehung des Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG hat im vorliegenden Fall nicht stattgefunden. Damit war nach dem zuvor Gesagten kein Bescheid nach § 410 Abs. 1 Z 8 ASVG zu erlassen (der auch weder von der Wiener Gebietskrankenkasse noch vom Bundesverwaltungsgericht als Rechtsgrundlage herangezogen wurde), und § 10 Abs. 1a ASVG stand der rückwirkenden Feststellung der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG nicht entgegen.
53 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
54 Der Antrag der ÖGK auf Kostenersatz war abzuweisen, weil sie gemäß § 47 Abs. 4 VwGG im Fall einer Amtsrevision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz hat. Ein solcher kommt auch deswegen nicht in Betracht, weil sie selbst Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG ist (vgl. , 0014, mwN).
Wien, am
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Normen | |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022080006.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-46684