VwGH 29.08.2023, Ro 2022/02/0013
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | BörseG 2018 §130 Abs1 |
RS 1 | Voraussetzung für eine Meldepflicht nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ist der unmittelbare oder mittelbare Erwerb oder die Veräußerung von Aktien, sofern der Anteil an Stimmrechten, der nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung gehalten wird, einen in der Bestimmung genannten Schwellenwert erreicht, über- oder unterschreitet. |
Normen | BörseG 1989 §91 Abs1 BörseG 1989 §92 Z4 BörseG 2018 §130 Abs1 BörseG 2018 §133 Z4 EURallg ÜbG 1998 §22 Abs2 ÜbG 1998 §22 Abs3 VwGG §42 Abs2 Z1 VwRallg 32004L0109 Prospektinformation-RL Art10 lite 32004L0109 Prospektinformation-RL Art2 Abs1 litf |
RS 2 | Der VwGH hat zur Frage, was unter einer mittelbaren Veräußerung iSd. § 91 Abs. 1 BörseG 1989, der Vorgängerbestimmung zu § 130 Abs. 1 BörseG 2018, zu verstehen ist, bereits ausgesprochen, dass eine mittelbare kontrollierende Beteiligung nach § 22 Abs. 2 und 3 ÜbG 1998 unter anderem bei einer Beteiligung an einer Zielgesellschaft vorliegt, die mehr als 30 % der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte vermittelt und die die Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf diesen Rechtsträger ermöglicht. Die Richtlinie 2004/109/EG fasst den Begriff des "kontrollierten Unternehmens" und damit die Mitteilungspflicht weiter, indem eine Person ein Unternehmen kontrolliert, wenn sie entweder über eine Mehrheit an Stimmrechten verfügt oder einen sonstigen beherrschenden Einfluss auf das kontrollierte Unternehmen ausüben kann oder tatsächlich ausübt. Es ist dabei unerheblich, ob zwischen dem kontrollierenden Unternehmen und der Gesellschaft, die an dem Emittenten beteiligt ist, ein oder mehrere Unternehmen zwischengeschaltet sind, solange auf allen Unternehmensebenen jeweils eine kontrollierende Beteiligung vorliegt. Ebenso wenig macht es einen Unterschied, ob von jenem - kontrollierten - Unternehmen, das am Emittenten unmittelbar beteiligt ist, Aktien veräußert werden, wodurch ein relevanter Schwellenwert unterschritten wird, oder ob das kontrollierende Unternehmen die Kontrolle über eines der zwischengeschalteten Unternehmen, etwa durch Verlust der Mehrheitsbeteiligung, abgibt. In beiden Fällen verfügt das kontrollierende Unternehmen nicht mehr über den vor dieser Maßnahme gehaltenen Anteil an Stimmrechten und unterliegt damit gemäß § 91 Abs. 1 BörseG 1989 iVm § 92 Z 4 BörseG 1989 der Pflicht, die FMA, das Börseunternehmen sowie den Emittenten zu unterrichten (vgl. ). § 130 Abs. 1 BörseG 2018 entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 91 Abs. 1 BörseG 1989. Die in der Rechtsprechung zu § 91 Abs. 1 BörseG 1989 angeführten Überlegungen sind daher auf die aktuelle Rechtslage übertragbar. |
Normen | BörseG 2018 §130 Abs1 BörseG 2018 §133 EURallg VwRallg 32004L0109 Prospektinformation-RL Art10 32004L0109 Prospektinformation-RL Art9 |
RS 3 | Gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ist über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den die meldepflichtige Person nach dem die Mitteilungspflicht auslösenden Ereignis (unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb oder unmittelbare oder mittelbare Veräußerung von Aktien) hält. § 133 BörseG 2018 erweitert diese Mitteilungspflicht für Stimmrechte, die von der meldepflichtigen Person zwar nicht gehalten werden, die ihr aber unter den Voraussetzungen der Z 1 bis 7 zugerechnet werden, sofern sie zur Ausübung der Stimmrechte berechtigt ist. Insofern wird zwischen dem Halten von Stimmrechten und der Ausübung von Stimmrechten unterschieden. Im Gegensatz zu § 133 BörseG 2018 stellt § 130 Abs. 1 BörseG 2018 nicht darauf ab, dass die Stimmrechte auch ausgeübt werden müssen. Aus dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ergibt sich daher gerade nicht, dass in der Beteiligungsmeldung nur über solche Stimmrechte zu unterrichten ist, die von der meldepflichtigen Person auch ausgeübt werden können. Zum selben Ergebnis führt ein Blick auf Art. 9 und 10 der Richtlinie 2004/109/EG, wobei in Art. 9 der Richtlinie 2004/109/EG zudem primär von einer Mitteilungspflicht des Aktionärs die Rede ist. |
Normen | BörseG 1989 §91 BörseG 1989 §91a BörseG 1989 §91b BörseG 1989 §92 BörseG 1989 §92a BörseG 2018 §130 BörseG 2018 §131 BörseG 2018 §132 BörseG 2018 §133 BörseG 2018 §134 VwRallg |
RS 4 | |
Normen | BörseG 1989 §91 BörseG 1989 §92 BörseG 2018 §130 Abs1 BörseG 2018 §133 EURallg 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL Art4 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL Art7 |
RS 5 | Bereits die Richtlinie 88/627/EWG (die durch § 91ff BörseG 1989 in innerstaatliches Recht umgesetzt wurde) unterschied zwischen den gehaltenen Stimmrechten des Erwerbers bzw. Veräußerers einer Beteiligung gemäß Art. 4 und jenen Stimmrechten, die gemäß Art. 7 in den dort genannten Fällen den gehaltenen Stimmrechten gleichzusetzen waren. |
Normen | EURallg VwRallg 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL Art4 32001L0034 Prospekt-RL Art89 Abs1 52003PC0138 Prospekt-RL Stellungnahme |
RS 6 | In Bezug auf die Unterscheidung in Art. 4 der Richtlinie 88/627/EWG (bzw. dessen Nachfolgeregelung Art. 89 Abs. 1 der Richtlinie 2001/34/EG) zwischen dem Anteil an Stimmrechten und dem Anteil am Kapital ist darauf hinzuweisen, dass die genannten Richtlinienbestimmungen, wonach die Mitgliedstaaten auch die Unterrichtung über den von der Person gehalten Anteil am Kapital vorschreiben konnten, nicht darauf abzielten, zwischen ausübbaren und nicht ausübbaren Stimmrechten zu unterscheiden. Die Regelung stellte vielmehr auf jene Fälle ab, in denen mit einer Aktie mehrere Stimmrechte verknüpft sind (vgl. KOM/2003/138 endg., S. 27). |
Normen | |
RS 7 | Unter dem Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs der §§ 130 und 133 BörseG 2018 kann nicht zweifelhaft sein, dass § 130 Abs. 1 BörseG 2018 lediglich auf stimmrechtstragende Aktien abstellt und nicht verlangt, dass Stimmrechte vom Inhaber der Aktien auch ausgeübt werden (können). |
Normen | BörseG 2018 §130 Abs1 BörseG 2018 §133 EURallg InvFG 2011 §163 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL 32004L0109 Prospektinformation-RL |
RS 8 | Bereits aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 88/627/EWG ergibt sich, dass eine Politik der angemessenen Unterrichtung der Anleger im Wertpapierbereich deren Schutz verbessert, das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte stärkt und auf diese Weise zu deren reibungslosen Funktionieren beiträgt, weshalb es angebracht ist, die Anleger über bedeutende Beteiligungen und über Änderungen dieser Beteiligungen an Gesellschaften in der Gemeinschaft zu unterrichten, deren Aktien zur amtlichen Notierung an einer in der Gemeinschaft ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse zugelassen sind. Dieser Zweck der Beteiligungspublizität wird auch in der Richtlinie 2004/109/EG betont, in deren Erwägungsgrund 18 zudem festgehalten wird, dass diese Informationen über Änderungen bedeutender Beteiligungen Anleger in die Lage versetzen sollten, Aktienkäufe oder -verkäufe in voller Kenntnis der geänderten Stimmrechte zu tätigen; dies dürfte auch eine wirksamere Kontrolle der Emittenten von Aktien ermöglichen und insgesamt die Markttransparenz großer Kapitalbewegungen erhöhen. Vor diesem Hintergrund wäre es aber nicht zweckentsprechend, Aktieninhaber von der Mitteilungspflicht gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 allein mit der Begründung auszunehmen, dass die interessierende Beteiligung über einen Spezialfonds gemäß § 163 InvFG 2011 gehalten wird. |
Normen | |
RS 9 | In dem Formular zur Beteiligungsmeldung in der Anlage zu § 6 TransV 2018 wird eine Mitteilung über die "Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören" verlangt. Darunter können entsprechend dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 jene Stimmrechte verstanden werden, die mit den Aktien des Emittenten verknüpft sind und von der meldepflichtigen Person gehalten werden. Dass lediglich eine Verpflichtung zur Meldung der ausübbaren Stimmrechte bestünde, ergibt sich damit aus der TransV 2018 nicht. |
Normen | |
RS 10 | Der Strafbarkeit der juristischen Person nach § 142 Abs. 1 und 2 BörseG 2018 liegt der Vorwurf zu Grunde, die dort genannten Führungspersonen hätten gegen die in § 141 angeführten Verpflichtungen verstoßen (Abs. 1) oder sie hätten durch mangelnde Kontrolle oder Überwachung eine "Mitarbeitertat" ermöglicht (Abs. 2). |
Normen | BörseG 2018 §141 BörseG 2018 §142 Abs1 BörseG 2018 §142 Abs2 VStG §31 VStG §32 Abs1 VStG §44a Z1 VStG §9 VwGVG 2014 §38 |
RS 11 | Für die Bestimmtheit der verfolgten Person reicht es weder für die Verfolgungshandlung, noch für die Bestrafung aus, soweit sie im Spruch nicht ohnehin namentlich genannt wird, wenn auf der Erledigung nicht beigeschlossene Urkunden (wie etwa das "Firmenbuch") verwiesen wird, weil die bloße Bestimmbarkeit der Person nicht genügt (). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/02/0012 B RS 4 |
Normen | |
RS 12 | Als Täter der Übertretung des § 142 Abs. 2 BörseG 2018 kommt nur eine die Überwachung oder Kontrolle vernachlässigende Führungsperson nach Abs. 1 leg. cit. in Frage, weil nur eine solche nach § 9 VStG strafbar sein kann, während der die Pflichtverletzung begehende Mitarbeiter in diesem Zusammenhang mangels Strafbarkeit als Täter nicht in Betracht kommen kann (vgl. ). |
Normen | |
RS 13 | Für die Strafbarkeit nach § 141 Z 2 BörseG 2018 kommt es nicht darauf an, ob eine falsche oder gar keine Beteiligungsmeldung erstattet wurde. |
Normen | VStG §5 Abs2 VwGVG 2014 §38 |
RS 14 | Ein entschuldbarer Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs 2 VStG setzt voraus, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es (zur Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht) einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen (vgl , mwH). Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl etwa , mwH). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/03/0007 E RS 9 |
Normen | BörseG 2018 BörseG 2018 §130 Abs1 FMABG 2001 §2 Abs3 Z2 FMABG 2001 §22 Abs7 VStG §31 Abs1 VStG §32 Abs2 VwGVG 2014 §38 VwRallg |
RS 15 | Abweichend von § 31 Abs. 1 VStG beträgt gemäß § 22 Abs. 7 iVm § 2 Abs. 3 Z 2 FMABG 2001 die Verjährungsfrist im Fall von Übertretungen des BörseG 2018 18 Monate. |
Normen | |
RS 16 | Da gemäß § 141 Z 2 BörseG 2018 die fortgesetzte Nichterfüllung einer Mitteilungs- oder Veröffentlichungspflicht unter Strafe steht, handelt es sich um ein Dauerdelikt, das durch eine nicht korrekte Beteiligungsmeldung nicht beendet wird. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2022/02/0014
Ro 2022/02/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revisionen 1. der W AG (hg. protokolliert zu Ro 2022/02/0013), 2. der W - Vermögensverwaltung (hg. protokolliert zu Ro 2022/02/0014) und 3. der V AG (hg. protokolliert zu Ro 2022/02/0015), alle vertreten durch die DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 14, die Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Weyrgasse 8 und die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom , 1. W158 2243574-1/21E (ad 1.), 2. W158 2243572-1/20E (ad 2.) und 3. W158 2243576-1/21E (ad 3.), jeweils betreffend Übertretung des BörseG 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzmarktaufsichtsbehörde, weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
I. Das erstangefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. Die Revisionen der zweit- und der drittrevisionswerbenden Parteien gegen das zweit- und das drittangefochtene Erkenntnis werden als unbegründet abgewiesen.
Die zweit- und die drittrevisionswerbende Parteien haben dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnissen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) jeweils vom wurde den revisionswerbenden Parteien zur Last gelegt, sie hätten es im Zeitraum vom bis zur Korrekturmeldung am unterlassen, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin S AG über den Anteil an Stimmrechten an der Emittentin S AG, einer Aktiengesellschaft, deren Aktien im Tatzeitraum im amtlichen Handel der Wiener Börse AG notierten, zu unterrichten, den sie jeweils unmittelbar und/oder mittelbar - die erstrevisionswerbende Partei mittelbar und unmittelbar, die zweitrevisionswerbende Partei mittelbar über die drittrevisionswerbende Partei sowie die erstrevisionswerbende Partei, und die drittrevisionswerbende Partei unmittelbar und mittelbar über die erstrevisionswerbende Partei - gehalten hätten.
2 Mit hätten die erstrevisionswerbende Partei mittelbar und unmittelbar nur noch 9,04 %, die zweitrevisionswerbende Partei mittelbar über die erst- und die drittrevisionswerbende Partei nur noch 9,15 % (das seien 6.124.312 Aktien) und die drittrevisionswerbende Partei unmittelbar und mittelbar über die erstrevisionswerbende Partei nur noch 9,15 % (das seien 6.124.312 Aktien) der Stimmrechte an der S AG gehalten und somit die Meldeschwelle von 10 % (als auch 15 %) unterschritten. Die Tatsache, dass diese Aktien über Spezialfonds gehalten worden seien, die von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet worden seien, ändere an der Meldeverpflichtung der revisionswerbenden Parteien nichts. Die entsprechende Meldung an die FMA, das Börseunternehmen sowie an die Emittentin sei seitens der erst- und der zweitrevisionswerbende Partei sowie für die drittrevisionswerbende Partei seitens der zweitrevisionswerbenden Partei nicht fristgerecht erfolgt. Erst mit Korrekturmeldung vom hätten die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin von der Unterschreitung der 10 % (und damit einhergehend auch 15 %) Meldeschwelle Kenntnis erlangt.
Die Verantwortlichkeit der revisionswerbenden Parteien ergebe sich jeweils daraus, dass die im Tatzeitraum zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder der Vorstände der revisionswerbenden Parteien, die sich aus dem jeweils beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch ergäben, der einen integrierten Bestandteil des jeweiligen Straferkenntnisses bilde, selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen und durch mangelnde Überwachung und Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch für die revisionswerbenden Parteien tätige Personen ermöglicht hätten. Dies werde den revisionswerbenden Parteien auch zugerechnet.
3 Die revisionswerbenden Parteien hätten dadurch jeweils gegen § 130 iVm § 133 Z 4, § 141 Z 2 und § 142 BörseG 2018 verstoßen, weshalb über sie gemäß § 141 Z 2 BörseG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 226.667,-- verhängt wurde.
4 Den von den revisionswerbenden Parteien dagegen erhobenen Beschwerden wurde mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung jeweils mit der Maßgabe keine Folge gegeben, dass der Spruch jeweils wie folgt zu lauten habe (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichthof):
„Die [Erstrevisionswerberin] hat als juristische Person folgenden Verstoß zu verantworten:
Die [Erstrevisionswerberin] hat es im Zeitraum bis zur Korrekturmeldung am unterlassen, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin S AG über den Anteil an Stimmrechten an der Emittentin S AG, einer Aktiengesellschaft [...], deren Aktien im Tatzeitraum im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG [...] notierten, zu unterrichten, den die [erstrevisionswerbende Partei] mittelbar und unmittelbar gehalten hat.
Infolge eines Verkaufs einer Beteiligung an der S AG am hielt die [Erstrevisionswerberin] jedenfalls von bis mittelbar und unmittelbar nur noch 9,04% der Stimmrechte an der S AG, die in Spezialfonds gehalten und von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet wurden.“
„Die [Zweitrevisionswerberin] hat als juristische Person folgenden Verstoß zu verantworten:
Die [Zweitrevisionswerberin] hat es im Zeitraum bis zur Korrekturmeldung am unterlassen, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin S AG über den Anteil an Stimmrechten an der Emittentin S AG, einer Aktiengesellschaft [...], deren Aktien im Tatzeitraum im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG [...] notierten, zu unterrichten, den die [Zweitrevisionswerberin] mittelbar über die [Drittrevisionswerberin] und die [Erstrevisionswerberin] gehalten hat.
Infolge eines Verkaufs einer Beteiligung an der S AG am hielt die [Zweitrevisionswerberin] als oberste Muttergesellschaft mittelbar über die [Drittrevisionswerberin] und die sV AG (später [Erstrevisionswerberin]) jedenfalls von bis 6.124.312, das sind 9,15% der Stimmrechte an der S AG über Spezialfonds [...], die von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet wurden.“
„Die [Drittrevisionswerberin] hat als juristische Person folgenden Verstoß zu verantworten:
Die [Drittrevisionswerberin] hat es im Zeitraum bis zur Korrekturmeldung am unterlassen, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin S AG über den Anteil an Stimmrechten an der Emittentin S AG, einer Aktiengesellschaft [...], deren Aktien im Tatzeitraum im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG [...] notierten, zu unterrichten, den die [Drittrevisionswerberin] mittelbar gehalten hat.
Infolge eines Verkaufs einer Beteiligung an der S AG am hielt die [Drittrevisionswerberin] unmittelbar und mittelbar über die [Erstrevisionswerberin] jedenfalls von bis 6.124.312, das sind 9,15% der Stimmrechte an der S AG über Spezialfonds (...), die von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet wurden.“
Gleichlautend für alle drei revisionswerbenden Parteien lautet der Spruch jeweils weiter:
„Durch den Verkauf am unterschritt der Anteil an den Stimmrechten 10%. Die Meldung dieser Unterschreitung der 10% Schwelle erfolgte erst am .
Die im Tatzeitraum zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstands, die damit die Befugnis zur Vertretung der [revisionswerbenden Partei] hatten (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch, der einen integrierten Bestandteil des Straferkenntnis bildet), haben damit die Begehung der angeführten Verstöße durch mangelnde Überwachung und Kontrolle durch eine für die [revisionswerbende Partei] tätige Person ermöglicht. Dieses schuldhafte Verhalten wird der [revisionswerbenden Partei] zugerechnet.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 130 Abs. 1, 2 und 8 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, iVm §§ 141 Z 2, 142 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird gemäß § 142 Abs. 3 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 folgende Strafe verhängt:
226.667 Euro
Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG 22.666,70 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.“
Unter einem sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
Das Bundesverwaltungsgericht stellte gleichlautend im Wesentlichen Folgendes fest: Die Aktien der S AG seien im Tatzeitraum im amtlichen Handel der Wiener Börse AG notiert gewesen. Die zweitrevisionswerbende Partei habe am direkt und indirekt rund 70% der Aktien an der drittrevisionswerbenden Partei gehalten. Die drittrevisionswerbende Partei habe wiederum die überwiegende Aktienmehrheit an der erstrevisionswerbenden Partei gehalten. Die zweitrevisionswerbende Partei sei seit 2008 die oberste Muttergesellschaft der drittrevisionswerbenden Partei.
Die drittrevisionswerbende Partei habe per 85% der Aktien der SV AG gekauft. Die SV AG habe zu diesem Zeitpunkt 6.727.779 Aktien (9,88%) an der S AG gehalten. Am habe die drittrevisionswerbende Partei gemeldet, dass sie indirekt mehr als 5% „of the voting rights of“ S AG halte und am näher ausgeführt, sie halte in Folge des oben beschriebenen Kaufs ungefähr 9,38% der Aktien an der S AG. Das konstituiere „an indirect shareholding of more than 5% of the voting rights of“ S AG.
Am habe die S AG eine Ad-Hoc-Mitteilung mit folgendem Inhalt erstattet (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof:
„[Die erstrevisionswerbende Partei] hält über 5 % an S AG
E AG hält nach Verkauf der SV AG 9% an S AG
Die börsennotierte S AG hat von der [erstrevisionswerbenden Partei] und [v]on der E AG - beide mit Sitz in Wien - Mitteilungen gemäß § 91 Absatz 1 Börsegesetz erhalten. Demnach hat die [erstrevisionswerbende Partei] indirekt mehr als 5 % der ausgegebenen Aktien der S AG erworben.
Die Beteiligung hat sich durch den Verkauf der SV AG von der E AG an die [erstrevisionswerbende Partei] ergeben. Das Closing wurde letzte Woche nach der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbs- und der lokalen Versicherungsaufsichtsbehörden bekanntgegeben. Die E AG hält künftig 9 % der S AG Aktien.“
Am habe die SV AG bekanntgegeben, dass sie ihre Beteiligung an der S AG „von 9,88 % bzw. 6.727.779 Aktien des stimmberechtigten Grundkapitals auf 10,27 % bzw. 7.000.000 Aktien des stimmberechtigten Grundkapitals (68.118.718 Aktien) aufgestockt und somit die Meldegrenze von 10 % mit Wirkung überschritten“ habe. Die drittrevisionswerbende Partei halte 87,2490 % an der SV AG und somit die kontrollierende Mehrheit.
Ebenfalls am habe die S AG eine Ad-Hoc-Mitteilung veröffentlicht, in der sie vom Erhalt dieser Meldung berichtet habe. Außerdem sei darin mitgeteilt worden, dass neben der drittrevisionswerbenden Partei die E AG mit einer Beteiligung von 9% der zweite Kernaktionär sei.
Am habe die E GmbH eine Stimmrechtsmitteilung in Bezug auf die S AG für sich selbst und ihre beiden Tochtergesellschaften erstattet, woraus sich ein Stimmrechtsanteil von insgesamt 11,94 % ergeben habe.
Ebenfalls am habe die S AG eine entsprechende Ad-Hoc-Mitteilung mit der vorgehenden Klarstellung erstattet, dass die beiden strategischen Kernaktionäre des Unternehmens, die E AG und die drittrevisionswerbende Partei, nach wie vor mit 9% beziehungsweise über 10% an der Gesellschaft beteiligt seien.
Am habe die SV AG eine Beteiligungsmeldung mit auszugsweise folgendem Inhalt erstattet (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
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„ 1.Emittent: S AG | ||||
2. Grund der Mitteilung: Erwerb/Veräußerung von Aktien (Stimmrechten) | ||||
3. Meldepflichtige PersonName: [zweitrevisionswerbende Partei]Sitz: WStaat: Österreich | ||||
4. Namen der Aktionäre: SV AG | ||||
5. Datum der Schwellenberührung: | ||||
6. Gesamtposition der meldepflichtigen Person | ||||
Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören (7.A) | Prozentanteile der Stimmrechte, die die Finanz-/sonstigen Instrumente repräsentieren (7.B.1 + 7.B.2) | Summe von 7.A + 7.B in % | Gesamtzahl der Stimmrechte des Emittenten | |
Situation am Tag der Schwellenberührung | 0,00 % | 0,00 % | 0,00 % | 66 917 179 |
Situation in der vorherigen Meldung (sofern anwendbar) | 10,46 % | |||
Details
7. Details über die gehaltenen Instrumente am Tag der Berührung der Schwelle
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A: Stimmrechte, die zu Aktien gehören | ||||
ISIN der Aktien | Anzahl der Stimmrechte | Prozentanteil der Stimmrechte | ||
Direkt (§ 130 BörseG 2018) | Indirekt (§ 133 BörseG 2018) | Direkt (§ 130 BörseG 2018) | Indirekt (§ 133 BörseG 2018) | |
AT0000652250 | 0 | 0 | 0,00 % | 0,00 % |
Subsumme A | 0 | 0,00 %“ | ||
Ebenfalls am habe die S AG eine entsprechende Ad-Hoc-Meldung erstattet.
Dieser Meldung sei ein Verkauf aller Aktien an der S AG durch die SV AG vorangegangen.
Jedenfalls mit habe die zweitrevisionswerbende Partei mittelbar über die drittrevisionswerbende Partei und die SV AG, die mit mit der erstrevisionswerbenden Partei als übernehmende Gesellschaft verschmolzen worden sei, 9,15 % an der S AG über Spezialfonds gehalten, die von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet worden seien. In Bezug auf diese Beteiligung gebe es eine vertragliche Klarstellung, dass die Stimmrechtsausübung ausschließlich von der Verwaltungsgesellschaft wahrgenommen werde und sie dabei freies Ermessen habe und kein Einfluss auf sie ausgeübt werde.
Am habe die zweitrevisionswerbende Partei nach Einschreiten der FMA eine Beteiligungsmeldung gemäß §§ 130 bis 134 BörseG 2018 mit auszugsweise folgendem Inhalt erstattet (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
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„1.Emittent: S AG | ||||
2. Grund der Mitteilung: Sonstiges | ||||
3. Meldepflichtige PersonName: [zweitrevisionswerbende Partei]Sitz: WStaat: Österreich | ||||
4. Namen der Aktionäre: [drittrevisionswerbende Partei] und [erstrevisionswerbende Partei] | ||||
5. Datum der Schwellenberührung: | ||||
6. Gesamtposition der meldepflichtigen Person | ||||
Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören (7.A) | Prozentanteile der Stimmrechte, die die Finanz-/sonstigen Instrumente repräsentieren (7.B.1 + 7.B.2) | Summe von 7.A + 7.B in % | Gesamtzahl der Stimmrechte des Emittenten | |
Situation am Tag der Schwellenberührung | 9,15 % | 0,00 % | 9,15 % | 66 917 179 |
Situation in der vorherigen Meldung (sofern anwendbar) | 00,00 % | 0,00 % | 0,00 % | |
Details
7. Details über die gehaltenen Instrumente am Tag der Berührung der Schwelle
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A: Stimmrechte, die zu Aktien gehören | ||||
ISIN der Aktien | Anzahl der Stimmrechte | Prozentanteil der Stimmrechte | ||
Direkt (§ 130 BörseG 2018) | Indirekt (§ 133 BörseG 2018) | Direkt (§ 130 BörseG 2018) | Indirekt (§ 133 BörseG 2018) | |
AT0000652250 | 0 | 6 124 312 | 0,00 % | 9,15 % |
Subsumme A | 6 124 312 | 9,15 % | ||
[...]
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10. Sonstige KommentareKLARSTELLUNG: Die oben genannten 6.124.312 Aktien der S AG werden in Spezialfonds gehalten, die von der E GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden. Die Fondsanteile an diesen Spezialfonds werden von Konzerngesellschaften der [drittrevisionswerbenden Partei] gehalten. Zur Ausübung der Stimmrechte der oben genannten 6.124.312 Aktien der S AG war und ist ausschließlich die E GmbH berechtigt. Diese Meldung erfolgt zum Zweck der Klarstellung der am durch die E GmbH erfolgten Beteiligungsmeldung. Aktuell halten die erwähnten Spezialfonds insgesamt 6.644.312 Aktien der S AG.“ |
Die von den Spezialfonds gehaltenen Aktien seien am von der E GmbH verkauft worden. Dementsprechend habe die zweitrevisionswerbende Partei eine Beteiligungsmeldung erstattet, wonach sie nunmehr keine Aktien beziehungsweise 0 % an der S AG halte.
Das Asset Management der revisionswerbenden Parteien sei im Tatzeitraum von einer gemeinsam mit der drittrevisionswerbenden Partei genutzten Abteilung (V. Asset Management) gemeinsam für alle Gruppengesellschaften durchgeführt worden. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten sowie die Konditionen für diese gemeinsame Abteilung seien im Jahr 2018 verschriftlicht worden und ab gültig gewesen. Die Aufgaben dieser Abteilung hätten unter anderem auch die „Überwachung von Meldegrenzen zu Beständen in börsennotierten Aktiengesellschaften“ umfasst. Diese Arbeitsanleitung sei durch eine näher bezeichnete Gruppen-Richtlinie aus Dezember 2016 beziehungsweise ab die Nachfolgeregelung sowie die - vorwiegend operative Themen umfassende - Anlagestrategien aus den Jahren 2018 und 2019 ergänzt und präzisiert worden. Diese Arbeitsanleitungen seien vom Leiter der Abteilung Kapitalanlagen als Chief Investment Officer erstellt worden. Bei Fragen der Governance sei mit den Vorstandsmitgliedern, besonders mit Dr. S. (Vorstandsmitglied in der zweitrevisionswerbenden Partei von bis ), Rücksprache gehalten worden.
Den Grundsätzen der näher zitierten Gruppen-Richtlinie entsprechend sei die Überwachung und Kontrolle potentieller Schwellenberührungen für alle revisionswerbenden Parteien durch das Asset Management mittels des Investment Management System SimCorp Dimension (in Folge: SCD), das eine tagesaktuelle Erfassung der Wertpapiertransaktionen ermögliche, erfolgt.
Für das tägliche Monitoring von Transaktionen mit Aktien börsennotierter Gesellschaften durch V. Asset Management seien SCD Bestandsübersichten in Form eines automatisch generierten Datenextrakts an die E-Mail-Adressen des Leiters von V. Asset Management und dessen Stellvertreter übermittelt worden. In diesem Datenextrakt seien die in den Portfolios der revisionswerbenden Parteien enthaltenen Aktien börsennotierter Gesellschaften aufgelistet und Angaben darüber enthalten, welche Stückzahl insgesamt im Bestand der revisionswerbenden Parteien gewesen sei, bzw. welche Stückzahl das Gesamtkapital der einzelnen Gesellschaft betroffen habe. Auf Basis dieser Informationen habe das V. Asset Management täglich einen Vergleich der Bestände und damit der Veränderungen erstellt.
Um unvorhergesehenen Schwellenberührungen vorzubeugen, sei intern - gleichsam als Vorsichtsmaßnahme - eine erste Schwelle bereits bei 3 % eingezogen worden. Habe eine Gesellschaft diese oder eine andere von Gesetzes wegen maßgebliche Schwelle berührt, sei dies im täglichen Vergleich automatisch farblich hervorgehoben worden. Die in Spezialfonds gehaltenen Aktien hätten auch bei einer Schwellenberührung keine farbliche Hervorhebung ausgelöst. Das Kontrollsystem habe keine Kontrolle dahingehend vorgesehen, ob die in Spezialfonds gehaltenen Anteile gemeldet worden seien. Dies hätten die Vorstände der revisionswerbenden Parteien bei der Erstellung beziehungsweise Genehmigung des Kontrollsystems zumindest ernstlich für möglich gehalten und hätten sich damit abgefunden.
Sofern im Rahmen des täglichen Monitorings Bestandsänderungen oder Schwellenberührungen festgestellt worden seien, hätten sich der Leiter von V. Asset Management und dessen Stellvertreter umgehend informiert bzw. alle notwendigen weiteren Schritte nach Feststellen eines Über-, Unterschreitens oder des Erreichens einer Meldeschwelle gesetzt.
Nach der festgestellten Transaktion am habe der Leiter des V. Asset Management am , 08:36:17 Uhr, ein E-Mail an ein Vorstandsmitglied der SV AG mit folgendem Inhalt versandt: „ich möchte sicherheitshalber nachfragen, ob es betreffend des Verkaufs des Gesamtbestands in der [S]-Aktien aus dem Direktportfolio eine entsprechende Meldung an die Emittentin, die Wiener Börse und die FMA gegeben hat, da der Anteil am Grundkapital über 10% betragen hat.“ Dem Leiter des V. Asset Management sei vom Leiter der Rechtsabteilung mitgeteilt worden, dass eine entsprechende Meldung gemacht worden sei. Die Auskunft sei vom Leiter des Asset Managements nicht überprüft worden. Dem Verkauf am seien umfangreiche Vorbereitungen vorausgegangen. Dabei sei auch eine der hier vertretenden Rechtsanwaltsgesellschaften zur Beratung beigezogen worden. Fragen zur Beteiligungspublizität seien dabei nur insoweit erörtert worden, ob eine Meldung durch die SV AG ausreiche oder ob die zweitrevisionswerbende Partei als oberste kontrollierende Person die Meldung zu erstatten habe. Dazu sei mit der FMA Rücksprache gehalten worden. Ebenso sei die FMA hinsichtlich einer möglichen Meldepflicht nach Art. 19 MAR kontaktiert worden. Dem Rechtsvertreter seien alle Beteiligungen, auch die in den Spezialfonds gehaltenen, bekannt gewesen. Weder er noch sonst jemand der Gruppe habe eine Rücksprache mit der FMA gehalten, ob auch die in Spezialfonds gehaltenen Beteiligungen bei der Beteiligungsmeldung zu berücksichtigen gewesen seien. Innerhalb der revisionswerbenden Parteien seien diese Beteiligungen in der Vorbereitung zum Verkauf Thema gewesen, wobei aufgrund des Gesetzeswortlauts und einer Kommentarstelle die Meinung vertreten worden sei, dass diese nicht zu melden seien. Der Leiter der Rechtsabteilung habe diese Frage auch nicht mit den vertretenden Anwälten besprochen.
Der mittlerweile veraltete Emittentenleitfaden vom in der Fassung vom , der im Tatzeitraum zwar nicht mehr auf der Homepage der FMA abrufbar, jedoch den revisionswerbenden Parteien und dem Rechtsvertreter anlässlich des Verkaufs am bekannt gewesen sei, habe auszugsweise folgenden Inhalt:
„Hinsichtlich Bruchteilseigentum ist vom einzelnen Miteigentümer nicht der gesamte Bestand, sondern nur sein jeweiliger Bruchteil zu melden, da der jeweilige Miteigentümer nur über seinen (ideellen) Anteil, nicht aber über den gesamten Anteil, selbst frei verfügen kann. So ist im Fall einer Sammelverwahrung von Aktien gemäß § 4 ff. DepotG, der einzelne Miteigentümer nur insoweit meldepflichtig, als er mit seinem Bruchteil am Miteigentum Meldeschwellen gemäß § 91 Abs. 1 BörseG erreicht, über- oder unterschreitet. Gleiches gilt für Anteilscheininhaber eines Kapitalanlagefonds, da das Fondsvermögen gemäß § 46 Abs. 1 InvFG 2011 im Miteigentum der Anteilscheininhaber steht. In diesen Fällen besteht möglicherweise zusätzlich eine Meldepflicht der Kapitalanlagegesellschaft als Verwalterin des Kapitalanlagefonds. [...]
Hinsichtlich Kapitalanlagegesellschaften58 (KAG) bestimmt § 52 InvFG 2011, dass nur die KAG berechtigt ist, über die Vermögenswerte eines von ihr verwalteten Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) oder Alternativen Investmentfonds (AIF) zu verfügen und die Rechte aus den Vermögenswerten auszuüben. Das bedeutet, dass nur die KAG den Anteilen korrespondierende Stimmrechte ausüben kann. Daher trifft die Meldepflicht, zumindest bei OGAW, die KAG nach § 91 Abs. 1 i.V.m. § 92 Z 5 BörseG, da diese die Stimmrechte gemäß § 52 Satz 1 Halbsatz 2 InvFG 2011 im eigenen Namen für fremde Rechnung ausübt.59[Fn 59: Die KAG übt die Stimmrechte gemäß § 52 Satz 1 Halbsatz 2 InvFG 2011 im eigenen Namen für fremde Rechnung aus, weshalb sich die Meldepflicht nach § 92 Z 5 BörseG bestimmt.]
Besonderheiten sind bei Spezial- und Großanlegerfonds zu beachten, da hier durch vertragliche Vereinbarung Mitwirkungsrechte der Anteilinhaber, z.B. in Form eines Anlageausschusses bestehen können. Das beinhaltet auch die Ausübung von Stimmrechten, wenngleich formal gesehen auf Grund von § 52 Abs. 1 InvFG 2011 eine exklusive Verfügungsberechtigung der KAG besteht. Im Einzelfall wird hier genauer zu betrachten sein, welche Vereinbarungen tatsächlich zwischen der KAG und den Anlegern des Spezial- oder Großanlegerfonds bestehen. Sofern es z.B. bezüglich des Stimmrechts keine Vereinbarung und auch keine faktische Einflußnahmemöglichkeit gibt, bleibt es auch bei Spezial- und Großanlegerfonds auf Grund von § 52 Abs. 1 InvFG 2011 bei einer Meldepflicht der KAG gemäß § 91 Abs. 1 i.V.m. § 92 Z 5 BörseG und des Aktieneigentümers nach § 91 Abs. 1 BörseG. Andernfalls kann die Meldepflicht auch die Anteilinhaber selbst als Eigentümer der die Stimmrechte vermittelnden Aktien gemäß § 91 Abs. 1 BörseG treffen.“
Aufgrund dieses Emittentenleitfadens sei innerhalb der Gruppe mit der Rechtsabteilung diskutiert und die vertragliche Klarstellung vom , dass nur die Verwaltungsgesellschaft zur Stimmausübung berechtigt sei, getroffen worden. Eine Rückfrage bei der FMA hinsichtlich der Meldungen bei in Spezialfonds gehaltenen Aktien habe es deswegen nicht gegeben. Innerhalb der Gruppe sei klar gewesen, dass die Auslegung der Bestimmung strittig sei, es habe ein Problembewusstsein dahingehend bestanden.
5 Nach Darlegung seiner Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts zusammengefasst und im Wesentlichen gleichlautend aus, der Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 normiere eine Meldeverpflichtung, wenn „Aktien eines Emittenten“ unmittelbar oder mittelbar erworben oder veräußert werden. Der Erwerber oder Veräußerer habe über den „Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten“ eine gewisse Schwelle überschreite. § 130 Abs. 1 BörseG 2018 spreche im Gegensatz zu § 133 BörseG nicht davon, dass man zur Stimmrechtsausübung berechtigt sein müsse. Demnach müssten die Aktien nur einen Anteil an Stimmrechten haben. Dies sei jedoch auch der Fall, wenn die Stimmrechte (gesetzlich und/oder vertraglich) von jemand anderem ausgeübt würden. Die in Spezialfonds gehaltenen Anteile stünden gemäß § 163 Abs. 1 InvFG im Miteigentum der Anteilinhaber. Die revisionswerbenden Parteien seien daher Miteigentümer und aufgrund des Wortlauts grundsätzlich zur Meldung verpflichtet.
Im Wesentlichen dieselben Überlegungen würden auch für die unionsrechtlichen Regelungen gelten. Auch dort würden sich die Formulierungen, die eine Meldepflicht auslösen, unterscheiden. Art. 9 der Richtlinie 2004/109/EG (im Folgenden: Transparenz-RL) knüpfe eine Mitteilungspflicht an den Erwerb oder die Veräußerung „von Aktien des Emittenten, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und an die Stimmrechte geknüpft sind“. Art. 10 Transparenz-RL sehe dagegen eine Mitteilungspflicht vor, wenn eine Person „zum Erwerb, zur Veräußerung oder zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt ist“. Auch diese verschiedenen Anknüpfungspunkte würden deutlich machen, dass es für die grundsätzliche Meldungsverpflichtung des Eigentümers unerheblich sei, ob die Stimmrechte auch tatsächlich ausgeübt werden könnten, vielmehr müssten an die erworbenen oder veräußerten Aktien die Stimmrechte nur „geknüpft“ sein. Auch eine unionsrechtskonforme Auslegung spreche damit für eine Meldeverpflichtung der revisionswerbenden Parteien, auch wenn sie nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt seien. Entscheidend sei vielmehr nur, dass an die erworbenen Aktien Stimmrechte „geknüpft“ seien, was im konkreten Fall unstrittig sei. Dafür, dass für den Grundtatbestand der Meldeverpflichtung die Stimmrechte ausgeübt können werden müssten, biete der Wortlaut dagegen keinen Anhaltspunkt. Das Gesetz lege vielmehr mit seiner grundsätzlichen Konzeption des § 130 BörseG 2018 die Offenlegungspflichten breit an. Es sei zunächst jeder Erwerber beziehungsweise Veräußerer von stimmrechtstragenden Aktien meldepflichtig. Selbst ohne einen Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgang könne eine Meldepflicht entstehen, wenn der Stimmrechtsanteil einer Person durch die Veränderung der Aufteilung der Stimmrechte eine offenlegungspflichtige Schwelle erreiche, über- oder unterschreite. Die Offenlegungspflicht gelte damit für jeden Erwerber und jeden Veräußerer von Aktien einer erfassten Gesellschaft, der infolge einer Übertragung von Eigentum an (stimmrechtstragenden) Aktien eine offenlegungspflichtige Schwelle erreiche, über- oder unterschreite.
6 Zu prüfen sei, ob im Sinne der Ausführungen der revisionswerbenden Parteien und der von diesen zitierten Literatur eine teleologische Reduktion zulässig sei. Dazu sei zunächst zu fragen, welchen Zweck die Beteiligungspublizität verfolge. Bereits die Vorgängerrichtlinie zur nunmehrigen Transparenz-RL, die Richtlinie 88/627/EWG des Rates vom über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen (im Folgenden: RL 88/627/EWG), halte in den Erwägungsgründen fest, dass eine Politik der angemessenen Unterrichtung der Anleger im Wertpapierbereich deren Schutz verbessere, das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte stärke und auf diese Weise zu deren reibungslosen Funktionieren beitrage. Auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (im Folgenden: RL 2001/34/EG) werde der Anlegerschutz betont, der durch die Beteiligungspublizität erhöht werden solle (Erwägungsgründe 31 bis 36). Gleichfalls betone die Transparenz-RL in ihren Erwägungsgründen den Anlegerschutz, der besonders durch die Beteiligungspublizität gewährleistet werden solle. Zusätzlich solle dadurch die Markteffizienz gewährt werden (Erwägungsgründe 1, 2). Dementsprechend betone auch die österreichische Literatur, dass die Regelungszwecke der Beteiligungspublizität der Anlegerschutz, die Transparenz wie auch die Markteffizienz bzw. die Funktion des Kapitalmarkts seien. Dass sich die hier vorliegende Konstellation von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheide, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre, könne nicht erkannt werden. Vielmehr gebiete gerade der Anlegerschutz wie auch die mit den Regelungen angestrebte Transparenz, das Publikum auch über Beteiligungen zu informieren, für die die Stimmrechte nicht ausgeübt werden könnten. Nur wenn dem Publikum auch diese Informationen bekannt seien, könne es eine fundierte Entscheidung über einen möglichen Kauf oder Verkauf einer Beteiligung treffen. Dafür sei nämlich auch die Eigentümerstruktur von besonderem Interesse, werde doch oftmals erst dadurch klar, ob es sich dabei beispielsweise um ein langfristiges Engagement eines zahlungskräftigen Investors handle, wodurch die weitere Entwicklung des Unternehmens leichter abgeschätzt werden könne. Das zeige sich etwa auch an der breiten Medienberichterstattung über eine mögliche Beteiligung.
7 Das hier gewonnene Ergebnis werde auch durch einen Ministerialentwurf des Bundesministers für Finanzen (174/ME 27. GP) gestützt. Das von den revisionswerbenden Parteien vorgelegte Privatrechtsgutachten erachtete das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung hingegen als nicht überzeugend.
8 Dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, die RL 88/627/EWG stelle auf eine wesentliche Änderung der Anteile an Stimmrechten ab, womit eindeutig keine Veränderung der Kapitalanteile mitgemeint sei, weil die Richtlinie es den Mitgliedsstaaten ausdrücklich freigestellt habe, vorzuschreiben, dass die Gesellschaft „auch über den von der Person gehaltenen Anteil am Kapital zu unterrichten ist“, hielt das Bundesverwaltungsgericht entgegen, dass es auch Anteile am Kapital gebe, die grundsätzlich über keinen Anteil an den Stimmrechten verfügen würden, wie etwa stimmrechtslose Vorzugsaktien gemäß § 12a AktG. Nur in Bezug auf solche Anteile am Kapital, die grundsätzlich von vornherein über keinen Anteil an den Stimmrechten verfügen, habe diese zusätzliche Möglichkeit bestanden, die im Übrigen in der nunmehrigen Transparenz-RL nicht mehr vorgesehen sei. Alle Anteile am Kapital, die auch über Anteile an den Stimmrechten verfügen, seien dagegen stets von den unionsrechtlichen Regelungen erfasst gewesen. Das unabhängig davon, ob diese Stimmrechte tatsächlich auch vom Erwerber ausgeübt würden.
9 Das bestätige auch die von den revisionswerbenden Parteien in der Stellungnahme vom aufgezeigte Veränderung des Art. 9 Transparenz-RL. Die von der Kommission vorgeschlagene Fassung sollte denjenigen zur Meldung der Höhe des Stimmrechtsanteils beziehungsweise der Kapitalbeteiligung verpflichten, der „zur Ausübung von Stimmrechten in seinem Namen berechtigt ist“. Im Gesetzgebungsverfahren sei die Fassung derart geändert worden, dass die Meldeverpflichtung nicht mehr daran hänge, ob die Stimmrechte im eigenem Namen auch ausgeübt werden könnten. Vielmehr sehe diese Regelung nunmehr vor, dass nur der „Anteil an den Stimmrechten“ zur Meldung verpflichte. Die Meldeverpflichtung sei - entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien - in Abweichung vom Entwurf der Kommission ausgeweitet worden, da eben nicht mehr eine Ausübung des Stimmrechtes maßgeblich sei, sondern nur der gehaltene Anteil an den Stimmrechten. Dass die Wendung „Kapitalbeteiligung“ entfallen sei, spreche ebenfalls nicht für die von den revisionswerbenden Parteien vertretene Ansicht. Vielmehr sei diesem Begriff offensichtlich das oben dargelegte Verständnis zugrunde gelegt worden. Daran könne daher auch die von den revisionswerbenden Parteien aufgezeigte Änderung des 18. Erwägungsgrundes nichts ändern. Die dort genannte Sperrminorität könne sich offensichtlich nur auf die Änderung der Stimmrechte beziehen. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung von § 130 BörseG 2018 erfordere daher nicht das von den revisionswerbenden Parteien gewünschte Ergebnis, sondern spreche vielmehr für die vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Auslegung.
Letztlich spreche entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien auch eine historische Auslegung der unionsrechtlichen Regelungen dafür, dass die hier vorliegende Konstellation von der unionsrechtlichen Beteiligungsmeldungspflicht erfasst sein solle. Art. 1 Abs. 1 RL 88/627/EWG wie auch Art. 85 Abs. 1 RL 2001/34/EG hätten festgelegt, dass die Mitgliedstaaten natürliche und juristische Personen der Beteiligungspublizität unterwerfen, „wenn dies zu einer Änderung in den Stimmrechtverhältnissen einer Gesellschaft führt“. In Art. 4 Abs. 1 RL 88/627/EWG beziehungsweise in Art. 89 Abs. 1 RL 2001/34/EG seien die näheren Regelungen getroffen und stets vom gehaltenen „Anteil an den Stimmrechten“ gesprochen worden. Die Transparenz-RL sehe dagegen eine Art. 1 Abs. 1 RL 88/627/EWG beziehungsweise Art. 85 Abs. 1 RL 2001/34/EG korrespondierende Vorschrift nicht mehr vor. Auch sei der Wortlaut geändert worden, sodass nunmehr Aktien, „an die Stimmrechte geknüpft sind“, für die Beteiligungspublizität maßgeblich seien. Spätestens seit der Transparenz-RL sei damit nicht mehr eine Änderung in den Stimmrechtsverhältnissen maßgeblich, sondern eine Änderung in der Eigentümerstruktur an Aktien, an die Stimmrechte geknüpft seien, was hier der Fall sei. Selbst wenn man der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Auslegung zur Möglichkeit, Beteiligungen am Kapital ebenfalls vorzuschreiben, nicht folge, ergebe sich somit aus der Streichung ebendieser Möglichkeit und der Änderung des Wortlauts, dass auch Fälle wie der vorliegende von der Beteiligungspublizität erfasst seien.
Zur subjektiven Tatseite hielt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst jeweils fest, den revisionswerbenden Parteien sei insofern zwar zugute zu halten, dass sie ein bestimmtes Kontrollsystem zur Beteiligungspublizität eingerichtet hätten, das auch tatsächlich umgesetzt werde, sofern sie die Stimmrechte auch ausüben könnten. Allerdings lasse dieses Kontrollsystem nicht mit gutem Grund erwarten, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten würden, zumal innerhalb der revisionswerbenden Parteien eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Rechtsauffassung bestanden habe. Die hier konkret vorgeworfene Verletzung sei daher gerade nicht Teil des Kontrollsystems in Form eines farblichen Hinweises bei Schwellenberührungen gewesen. Das habe zur Folge, dass jedenfalls der für Fahrlässigkeitsdelikte zu beachtende objektive Sorgfaltsmaßstab nicht beachtet worden sei, was den revisionswerbenden Parteien auch subjektiv vorwerfbar sei. Einen schuldausschließenden Verbotsirrtum sah das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung als nicht gegeben an.
Schließlich verneinte das Bundesverwaltungsgericht den Eintritt von Verfolgungsverjährung und begründete seine Strafzumessung.
Die Revision sei zulässig, weil zur hier maßgeblichen Frage, ob § 130 BörseG 2018 in Fällen, in denen die (Mit-)Eigentümer nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt seien, teleologisch zu reduzieren sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege. Der Frage komme auch über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zu. Gleichfalls fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis von § 109 und § 143 BörseG 2018, sowie dazu, welcher Jahresabschluss der Berechnung zugrunde zu legen sei.
10 Die revisionswerbenden Parteien erhoben gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts die vorliegenden ordentlichen Revisionen.
11 Die belangte Behörde erstattete jeweils eine Revisionsbeantwortung, in der die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der jeweiligen Revision beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
12 Die Revisionen sind aus den vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten Gründen zulässig. Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei ist auch begründet.
13 Die hier maßgeblichen Bestimmungen zur Beteiligungspublizität im BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, lauten auszugsweise:
„Beteiligungspublizität
Änderungen bedeutender Beteiligungen
§ 130. (1) Erwerben oder veräußern Personen unmittelbar oder mittelbar Aktien eines Emittenten, dessen Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, so haben sie unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA und das Börseunternehmen sowie den Emittenten über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten 4 vH, 5 vH, 10 vH, 15 vH, 20 vH, 25 vH, 30 vH, 35 vH, 40 vH, 45 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH erreicht, übersteigt oder unterschreitet. [...]
[...]
Feststellung der Stimmrechtsanteile
§ 133. Die Mitteilungspflicht nach § 130 Abs. 1 und 2 gilt auch für jene Person, die zur Ausübung von Stimmrechten in einem oder mehreren der folgenden Fälle berechtigt ist:
1.Stimmrechte aus Aktien eines Dritten, mit dem diese Person eine Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig eine gemeinsame Politik bezüglich der Geschäftsführung des betreffenden Emittenten zu verfolgen, indem sie die Stimmrechte einvernehmlich ausüben;
2.Stimmrechte aus Aktien, die diese Person einem Dritten als Sicherheit übertragen hat, wenn sie die Stimmrechte ohne ausdrückliche Weisung des Sicherungsnehmers ausüben oder die Ausübung der Stimmrechte durch den Sicherungsnehmer beeinflussen kann;
3.Stimmrechte aus Aktien, an denen dieser Person ein Fruchtgenussrecht eingeräumt wird;
4.Stimmrechte aus Aktien, die einem Unternehmen gehören oder nach den Z 1 bis 3 zugerechnet werden, an dem diese Person eine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung (§ 22 Abs. 2 und 3 ÜbG) hält;
5.Stimmrechte, die von einem Dritten in eigenem Namen für Rechnung dieser natürlichen oder juristischen Person gehalten werden;
6.Stimmrechte, die diese Person als Bevollmächtigte nach eigenem Ermessen ausüben darf, wenn keine besonderen Weisungen der Aktionäre vorliegen;
7.Stimmrechte, die der Person gemäß § 23 Abs. 1 oder 2 ÜbG zuzurechnen sind.“
14 § 163 Abs. 1 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl. I Nr. 77/2011, lautet:
„Spezialfonds
§ 163. (1) Ein Spezialfonds ist ein aus liquiden Finanzanlagen im Sinne von § 67 Abs. 1 bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfällt, im Miteigentum der Anteilinhaber steht und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gebildet wird und dessen Anteilscheine auf Grund der Fondsbestimmungen jeweils von nicht mehr als zehn Anteilinhabern, die der Verwaltungsgesellschaft bekannt sein müssen, gehalten werden.“
Zu Spruchpunkt I.
15 Gemäß § 41 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts zu überprüfen, dass die revisionswerbenden Parteien oder auch die FMA in ihrer Revisionsbeantwortung nicht entgegengetreten sind.
16 In einem ersten Schritt ist die Frage zu klären, ob in den vorliegenden Revisionsfällen überhaupt eine Meldepflicht gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 bestanden hat, was in den vorliegenden Revisionen jeweils bestritten wird.
17 Voraussetzung für eine Meldepflicht nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ist der unmittelbare oder mittelbare Erwerb oder die Veräußerung von Aktien, sofern der Anteil an Stimmrechten, der nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung gehalten wird, einen in der Bestimmung genannten Schwellenwert erreicht, über- oder unterschreitet.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage, was unter einer mittelbaren Veräußerung im Sinn des § 91 Abs. 1 BörseG 1989, der Vorgängerbestimmung zu § 130 Abs. 1 BörseG 2018, zu verstehen ist, bereits ausgesprochen, dass eine mittelbare kontrollierende Beteiligung nach § 22 Abs. 2 und 3 Übernahmegesetz - ÜbG unter anderem bei einer Beteiligung an einer Zielgesellschaft vorliegt, die mehr als 30 % der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte vermittelt und die die Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf diesen Rechtsträger ermöglicht. Die Transparenz-RL fasst den Begriff des „kontrollierten Unternehmens“ und damit die Mitteilungspflicht weiter, indem eine Person ein Unternehmen kontrolliert, wenn sie entweder über eine Mehrheit an Stimmrechten verfügt oder einen sonstigen beherrschenden Einfluss auf das kontrollierte Unternehmen ausüben kann oder tatsächlich ausübt. Es ist dabei unerheblich, ob zwischen dem kontrollierenden Unternehmen und der Gesellschaft, die an dem Emittenten beteiligt ist, ein oder mehrere Unternehmen zwischengeschaltet sind, solange auf allen Unternehmensebenen jeweils eine kontrollierende Beteiligung vorliegt. Ebenso wenig macht es einen Unterschied, ob von jenem - kontrollierten - Unternehmen, das am Emittenten unmittelbar beteiligt ist, Aktien veräußert werden, wodurch ein relevanter Schwellenwert unterschritten wird, oder ob das kontrollierende Unternehmen die Kontrolle über eines der zwischengeschalteten Unternehmen, etwa durch Verlust der Mehrheitsbeteiligung, abgibt. In beiden Fällen verfügt das kontrollierende Unternehmen nicht mehr über den vor dieser Maßnahme gehaltenen Anteil an Stimmrechten und unterliegt damit gemäß § 91 Abs. 1 BörseG iVm § 92 Z 4 BörseG der Pflicht, die FMA, das Börseunternehmen sowie den Emittenten zu unterrichten (vgl. zum Ganzen , auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
19 § 130 Abs. 1 BörseG 2018 entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 91 Abs. 1 BörseG 1989. Die in der Rechtsprechung zu § 91 Abs. 1 BörseG 1989 angeführten Überlegungen sind daher auf die aktuelle Rechtslage übertragbar.
20 Im vorliegenden Fall haben die revisionswerbenden Parteien selbst keine Aktien der S AG veräußert. Die zweitrevisionswerbende Partei hat jedoch eine Mehrheitsbeteiligung an der drittrevisionswerbenden Partei, die wiederum die Aktienmehrheit an der SV AG hält. Dass damit nicht auch die Mehrheit der Stimmrechte verbunden war, wurde nicht behauptet, sodass für die Frage der Mitteilungspflicht von einer Kette an kontrollierten Unternehmen auszugehen war. Da die SV AG ihren 10,27 %igen Anteil an der S AG am veräußerte, ist nach dem eben Gesagten von einer mittelbaren Veräußerung dieser Anteile durch die zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien auszugehen, der zu einer Beteiligungsmeldung gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 verpflichtete.
21 Die erstrevisionswerbende Partei hielt nach den Feststellungen jedoch an keinem der genannten Unternehmen eine kontrollierende Beteiligung, weshalb die Veräußerung der Anteile an der S AG durch die SV AG am für die erstrevisionswerbende Partei auch keine eigene Meldepflicht auslöste. Dass die SV AG einen Verstoß gegen die sie treffende Meldepflicht begangen hätte, wurde nicht angelastet.
22 Indem das Bundesverwaltungsgericht dies verkannte, hat es das Erkenntnis betreffend die erstrevisionswerbende Partei mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieses bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Zu Spruchpunkt II.
23 Nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts erstattete am die SV AG im Gefolge des Verkaufs aller ihrer Aktien der S AG unter Hinweis auf die zweitrevisionswerbende Partei als meldepflichtige Person eine Beteiligungsmeldung. Erst am erfolgte eine entsprechende Beteiligungsmeldung der zweitrevisionswerbenden Partei unter Angabe der anderen beiden revisionswerbenden Parteien als Aktionärinnen und unter der Klarstellung, dass 6.124.312 Aktien der S AG in Spezialfonds gehalten würden, deren Fondsanteile von Konzerngesellschaften der drittrevisionswerbenden Partei gehalten würden.
24 Wie oben dargelegt, erfließt infolge der kontrollierenden Beteiligungen der zweitrevisionswerbenden Partei an der drittrevisionswerbenden Partei und der Mehrheitsbeteiligung der drittrevisionswerbende Partei an der SV AG aus der Veräußerung der Anteile der S AG durch die SV AG am und damit einer mittelbaren Veräußerung dieser Anteile durch die zweit- und die drittrevisionswerbende Partei die Verpflichtung für diese beiden revisionswerbenden Parteien zu einer Beteiligungsmeldung gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018. Dieser Verpflichtung sind die zweit- und die drittrevisionswerbenden Parteien nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in den angefochtenen Erkenntnissen betreffend die zweit- und die drittrevisionswerbenden Parteien nicht vollständig nachgekommen.
25 Was den Inhalt der fallbezogenen Meldepflicht nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 - somit die Angabe der nach dem auslösenden Ereignis gehaltenen Stimmrechtsanteile, die eine schwellenrelevante Änderung nach sich ziehen - betrifft, bestreiten die zweit- und die drittrevisionswerbende Parteien, dass in dieser Beteiligungsmeldung auch jene Anteile an der S AG anzugeben gewesen wären, die von der drittrevisionswerbenden Partei über Spezialfonds gehalten werden, da zur Ausübung der Stimmrechte dieser Anteile nur die E GmbH berechtigt sei.
26 Die drittrevisionswerbende Partei ist - wie in der Revision ausgeführt wird - unmittelbar Anteilinhaberin der verfahrensgegenständlichen Spezialfonds; die zweitrevisionswerbende Partei mittelbar über die drittrevisionswerbende Partei.
27 § 163 Abs. 1 InvFG definiert einen Spezialfonds als ein aus liquiden Finanzanlagen im Sinne von § 67 Abs. 1 InvFG bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfällt, im Miteigentum der Anteilinhaber steht und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gebildet wird und dessen Anteilscheine auf Grund der Fondsbestimmungen jeweils von nicht mehr als zehn Anteilinhabern, die der Verwaltungsgesellschaft bekannt sein müssen, gehalten werden.
28 Da die drittrevisionswerbende Partei Anteilinhaberin der verfahrensgegenständlichen Spezialfonds ist, ist sie dementsprechend auch Miteigentümerin der darin befindlichen Aktien der S AG.
Zur Auslegung des § 130 Abs. 1 BörseG 2018
29 Gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ist über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den die meldepflichtige Person nach dem die Mitteilungspflicht auslösenden Ereignis (unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb oder unmittelbare oder mittelbare Veräußerung von Aktien) hält.
30 § 133 BörseG 2018 erweitert diese Mitteilungspflicht für Stimmrechte, die von der meldepflichtigen Person zwar nicht gehalten werden, die ihr aber unter den Voraussetzungen der Z 1 bis 7 zugerechnet werden, sofern sie zur Ausübung der Stimmrechte berechtigt ist.
31 Insofern wird zwischen dem Halten von Stimmrechten und der Ausübung von Stimmrechten unterschieden. Im Gegensatz zu § 133 BörseG 2018 stellt § 130 Abs. 1 BörseG 2018 nicht darauf ab, dass die Stimmrechte auch ausgeübt werden müssen.
32 Aus dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ergibt sich entgegen dem Revisionsvorbringen daher gerade nicht, dass in der Beteiligungsmeldung nur über solche Stimmrechte zu unterrichten ist, die von der meldepflichtigen Person auch ausgeübt werden können.
33 Zum selben Ergebnis führt ein Blick auf Art. 9 und 10 der Transparenz-RL, wobei in Art. 9 der Transparenz-RL zudem primär von einer Mitteilungspflicht des Aktionärs die Rede ist.
34 Dem Argument der revisionswerbenden Parteien, schon aus dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 ergebe sich, dass ein Stimmrecht begrifflich zwangsläufig mit der Befugnis zu dessen Ausübung einhergehe, weshalb eine Beteiligungsmeldung ausschließlich Stimmrechte umfasse, die vom jeweiligen Meldepflichtigen auch tatsächlich ausgeübt werden könnten, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden.
35 Entgegen dem Revisionsvorbringen führt auch eine historische bzw. richtlinienkonforme Interpretation nicht zu dem von den revisionswerbenden Parteien vertretenen Auslegungsergebnis:
36 Die §§ 130 bis 134 BörseG 2018 entsprechen den §§ 91 bis 92a BörseG 1989 (vgl. RV 1661 BlgNR 25. GP, 19).
37 Den Erläuterungen zur Stammfassung der §§ 91 und 92 BörseG 1989 lässt sich auszugsweise Folgendes entnehmen (RV 1049 BlgNR 17. GP, 46):
„Zu § 91
Zu Abs. 1: Entspricht Art. 4 der Beteiligungsinformationsrichtlinie; [...]
Zu § 92
Entspricht Art. 7 der Beteiligungsinformationsrichtlinie. Um Umgehungen zu vermeiden, müssen bestimmte Stimmrechtsanteile den eigenen gleichgehalten werden, wenn die Ausübung des Stimmrechts tatsächlich nicht in der Verfügungsmacht desjenigen steht, der formal den Kapitalanteil hält. [...]“
38 Art. 4 und Art. 7 der Richtlinie des Rates vom über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen (88/627/EWG), lauten:
„Artikel 4
( 1 ) Erwirbt oder veräußert eine Person im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 eine Beteiligung an einer in Artikel 1 Absatz 1 genannten Gesellschaft und erreicht, übersteigt oder unterschreitet als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der von dieser Person gehaltene Anteil an den Stimmrechten die Schwellen von 10 v. H. 20 v. H., 1/3, 50 v. H. und 2/3, so muß sie die Gesellschaft und gleichzeitig die zuständige(n) Stelle(n) im Sinne des Artikels 13 innerhalb von sieben Kalendertagen über den Anteil an den Stimmrechten unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung hält. [...]
Die Mitgliedstaaten können außerdem vorschreiben, daß die Gesellschaft auch über den von der Person gehaltenen Anteil am Kapital zu unterrichten ist.
[...]
Artikel 7
Für die Beurteilung, ob eine Person im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 dazu verpflichtet ist, die Erklärung gemäß Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 5 abzugeben, sind die nachstehenden Stimmrechte den von ihr gehaltenen Stimmrechten gleichzustellen:
- Stimmrechte, die von anderen Personen in ihrem eigenen Namen für Rechnung der betreffenden Person gehalten werden;
- Stimmrechte, die von Unternehmen gehalten werden, die die betreffende Person kontrolliert;
- Stimmrechte, die von einem Dritten gehalten werden, mit dem die betreffende Person eine schriftliche Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig eine gemeinsame Politik bezüglich der Geschäftsführung der betreffenden Gesellschaft zu verfolgen, indem sie die von ihnen gehaltenen Stimmrechte einvernehmlich ausüben;
- Stimmrechte, die von einem Dritten aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung gehalten werden, die mit der betreffenden Person oder mit einem von ihr kontrollierten Unternehmen getroffen worden ist und eine vorläufige Übertragung dieser Stimmrechte gegen Entgelt vorsieht;
- Stimmrechte aus von der betreffenden Person gehaltenen Aktien, die als Sicherheit verwahrt werden, es sei denn, der Verwahrer hält die Stimmrechte und bekundet die Absicht, sie auszuüben; in diesem Fall sind sie den Stimmrechten des Verwahrers gleichzustellen;
- Stimmrechte aus Aktien, an denen zugunsten der betreffenden Person ein Nießbrauch bestellt ist;
- Stimmrechte, die die betreffende Person oder eine der anderen unter den vorstehenden Gedankenstrichen bezeichneten Personen aufgrund einer förmlichen Vereinbarung durch einseitige Willenserklärung erwerben kann; in diesem Fall ist die in Artikel 4 Absatz 1 vorgesehene Unterrichtung zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die Vereinbarung getroffen wird;
- Stimmrechte aus Aktien, die bei der betreffenden Person verwahrt sind, sofern sie diese Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen der Inhaber vorliegen. [...].“
39 Bereits die RL 88/627/EWG (die nach den zitierten Erwägungen durch § 91ff BörseG 1989 in innerstaatliches Recht umgesetzt wurde) unterschied daher zwischen den gehaltenen Stimmrechten des Erwerbers bzw. Veräußerers einer Beteiligung gemäß Art. 4 und jenen Stimmrechten, die gemäß Art. 7 in den dort genannten Fällen den gehaltenen Stimmrechten gleichzusetzen waren.
40 Insoweit die revisionswerbenden Parteien aus der Unterscheidung in Art. 4 der RL 88/627/EWG (bzw. dessen Nachfolgeregelung Art. 89 Abs. 1 der RL 2001/34/EG) zwischen dem Anteil an Stimmrechten und dem Anteil am Kapital schließen, dass mit dem Anteil an Stimmrechten nur ausübbare Stimmrechte gemeint sein könnten, ist darauf hinzuweisen, dass die genannten Richtlinienbestimmungen, wonach die Mitgliedstaaten auch die Unterrichtung über den von der Person gehalten Anteil am Kapital vorschreiben konnten, nicht darauf abzielte, zwischen ausübbaren und nicht ausübbaren Stimmrechten zu unterscheiden. Die Regelung stellte vielmehr auf jene Fälle ab, in denen mit einer Aktie mehrere Stimmrechte verknüpft sind (vgl. KOM/2003/138 endg., S. 27).
41 Ebenso wenig zielführend ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf den Vorschlag der Kommission zur Transparenz-RL mit dem Vorbringen, dieser habe noch sowohl auf die Veränderung der Stimmrechte als auch auf Kapitalbeteiligungsveränderungen als meldepflichtigen Tatbestand abgestellt, was im Zuge des Normsetzungsverfahrens aber nicht aufgegriffen, sondern ganz bewusst nur auf eine Veränderung der Stimmrechtsanteile abgestellt wurde. Eine richtlinienkonforme Interpretation der Bestimmungen der §§ 130ff BörseG 2018 könne daher nur zu dem Ergebnis gelangen, dass ausschließlich eine wesentliche Veränderung der Stimmrechte meldepflichtig sei.
42 Es ist jedoch auch diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass der Entwurf die Mitteilung der Kapitalbeteiligung ebenfalls nur dann vorgesehen hätte, wenn der Herkunftsmitgliedstaat Mehrfachstimmrechte aus Aktien zulässt und der Emittent Entsprechendes in seiner Gründungsurkunde oder Satzung vorsieht (vgl. KOM/2003/138 endg., S. 49).
43 Unter dem Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs der §§ 130 und 133 BörseG 2018 kann daher nicht zweifelhaft sein, dass § 130 Abs. 1 BörseG 2018 lediglich auf stimmrechtstragende Aktien abstellt und nicht verlangt, dass Stimmrechte vom Inhaber der Aktien auch ausgeübt werden (können).
44 An diesem Ergebnis vermag auch das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien nichts zu ändern, die vorliegende Konstellation weise eine Parallele zu „American Depositary Receipts“ auf, bei denen die Inhaber der Aktienzertifikate nach herrschender Lehre zur Beteiligungsmeldung verpflichtet seien und nicht die zertifikatsausgebende Bank, weshalb ähnliche Überlegungen auch für den vorliegenden Fall gelten müssten. Dies trifft nämlich bereits deshalb nicht zu, weil Anteilinhaber von Spezialfonds keine aktienvertretenden Zertifikate an die den Spezialfonds verwaltende Verwaltungsgesellschaft ausgeben. Die von den Revisionen in diesem Zusammenhang geltend gemachte Gleichheitswidrigkeit ist nicht zu erkennen.
45 Weiters vertreten die revisionswerbenden Parteien die Ansicht, dass selbst wenn man der Rechtsauffassung folge, in einer Beteiligungsmeldung nach § 130 BörseG 2018 seien auch solche Anteile anzugeben, hinsichtlich derer dem Meldepflichtigen keine Möglichkeit der Stimmrechtsausübung zukomme, sei der Adressatenkreis des § 130 BörseG 2018 - im Hinblick auf die regelmäßige faktische Unmöglichkeit für Anteilinhaber von Investmentfonds, ihre Meldepflicht zu erfüllen - dahingehend zu reduzieren, dass Anteilinhaber solcher Fonds von vornherein nicht zu einer Meldung verpflichtet seien.
46 Die Rechtsfigur der teleologischen Reduktion verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Rechtsfigur setzt jedenfalls das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung voraus und hätte dann zur Folge, dass die überschießend geregelten Fallgruppen nicht von der Regelung erfasst würden. Ebenso wie im Zweifel anzunehmen ist, dass das Unterbleiben einer gesetzlichen Regelung beabsichtigt war und insofern keine durch Analogie zu schließende Rechtslücke vorliegt, ist - jedenfalls im Zweifel - auch nicht davon auszugehen, dass die Anwendung einer ausdrücklich getroffenen Regelung vom Gesetzgeber nicht auf alle davon erfassten Fälle - objektiv (insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit der gesamten Regelung des betreffenden Sachbereiches) erkennbar - beabsichtigt war (vgl. etwa , mwN).
47 Bereits aus den Erwägungsgründen der RL 88/627/EWG ergibt sich, dass eine Politik der angemessenen Unterrichtung der Anleger im Wertpapierbereich deren Schutz verbessert, das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte stärkt und auf diese Weise zu deren reibungslosen Funktionieren beiträgt, weshalb es angebracht ist, die Anleger über bedeutende Beteiligungen und über Änderungen dieser Beteiligungen an Gesellschaften in der Gemeinschaft zu unterrichten, deren Aktien zur amtlichen Notierung an einer in der Gemeinschaft ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse zugelassen sind.
48 Dieser Zweck der Beteiligungspublizität wird auch in der Transparenz-RL betont, in deren Erwägungsgrund 18 zudem festgehalten wird, dass diese Informationen über Änderungen bedeutender Beteiligungen Anleger in die Lage versetzen sollten, Aktienkäufe oder -verkäufe in voller Kenntnis der geänderten Stimmrechte zu tätigen; dies dürfte auch eine wirksamere Kontrolle der Emittenten von Aktien ermöglichen und insgesamt die Markttransparenz großer Kapitalbewegungen erhöhen.
49 Vor diesem Hintergrund wäre es aber nicht zweckentsprechend, Aktieninhaber von der Mitteilungspflicht gemäß § 130 Abs. 1 BörseG 2018 allein mit der Begründung auszunehmen, dass die interessierende Beteiligung über einen Spezialfonds gemäß § 163 InvFG gehalten wird.
50 Dem von den revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführten Argument, die Abgabe einer rechtzeitigen und richtigen Beteiligungsmeldung sei faktisch nicht möglich, wenn die Anteilinhaber von Investmentfonds keine gesicherte Kenntnis darüber haben könnten, welche Anteile in dem betreffenden Fonds gehalten würden, ist fallbezogen bereits deshalb nicht zu folgen, weil nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ein Monitoring von Transaktionen mit Aktien börsennotierter Gesellschaften stattgefunden habe, in dessen Rahmen täglich Bestandsübersichten an den Leiter des Asset Managements der revisionswerbenden Parteien übermittelt worden seien, die - wie in den Revisionen selbst ausgeführt wurde - auch die in den Spezialfonds gehaltenen Aktien enthalten hätten.
51 Auch dem Formular zur Beteiligungsmeldung in der Anlage zu § 6 Transparenz-Verordnung 2018 ist entgegen dem Revisionsvorbringen kein dem Gesetzwortlaut entgegenstehender Inhalt zu entnehmen. In diesem Formular wird eine Mitteilung über die „Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören“ verlangt. Darunter können entsprechend dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 jene Stimmrechte verstanden werden, die mit den Aktien des Emittenten verknüpft sind und von der meldepflichtigen Person gehalten werden. Dass lediglich eine Verpflichtung zur Meldung der ausübbaren Stimmrechte bestünde, ergibt sich damit auch aus der Transparenz-Verordnung 2018 nicht.
52 Dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, eine analoge Anwendung des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 sei im Strafverfahren nicht zulässig, ist vor dem Hintergrund des eben Gesagten hingegen der Boden entzogen.
53 Der vom Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht, wonach die drittrevisionswerbende Partei als Anteilinhaberin von Spezialfonds zur Erstattung einer Beteiligungsmeldung über die in den Spezialfonds befindlichen Aktien der S AG verpflichtet gewesen sei, ist nach dem Gesagten daher beizupflichten. Selbiges gilt für die zweitrevisionswerbende Partei, die als Mutterunternehmen die Mehrheitsanteile an der drittrevisionswerbenden Partei hält.
Zum Vorbringen der Rechtswidrigkeit des Spruchs:
54 In den Revisionen wird weiters ein Verstoß des Bundesverwaltungsgerichts gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG geltend gemacht, weil weder die natürlichen Personen, deren Verhalten der drittrevisionswerbenden Partei (und der zweitrevisionswerbenden Partei als Mutterunternehmen) zur Begründung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zugerechnet wird, noch die für die revisionswerbenden Parteien tätige Person, die den Verstoß begangen hat, noch die als erwiesen angenommene Tat im Spruch des Straferkenntnisses ausreichend bestimmt seien.
55 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat den § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an die Umschreibung der Tat zu stellende Genauigkeitserfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den im Weiteren wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Taten in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben dann nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (vgl. , mwN).
56 Gemäß § 141 Z 2 BörseG 2018 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine Mitteilungspflicht gegenüber Emittenten oder eine Veröffentlichungspflicht unter anderem gemäß § 130 Abs. 1 bis 3 und 5 leg. cit. nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt.
57 Der Strafbarkeit der juristischen Person nach § 142 Abs. 1 und 2 BörseG 2018 liegt der Vorwurf zu Grunde, die dort genannten Führungspersonen hätten gegen die in § 141 angeführten Verpflichtungen verstoßen (Abs. 1) oder sie hätten durch mangelnde Kontrolle oder Überwachung eine „Mitarbeitertat“ ermöglicht (Abs. 2).
58 Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Zurechenbarkeit eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens einer natürlichen Person zu einer juristische Person festgehalten hat, reicht es - sei es für die Verfolgungshandlung, sei es für die Bestrafung - für die Bestimmtheit der verfolgten Person, soweit sie im Spruch nicht ohnehin namentlich genannt wird, nicht aus, wenn auf der Erledigung nicht beigeschlossene Urkunden (wie etwa das „Firmenbuch“) verwiesen wird, weil die bloße Bestimmbarkeit der Person nicht genügt (vgl. ).
59 Im vorliegenden Fall wurde dem Straferkenntnis der FMA jedoch jeweils ein Auszug aus dem Firmenbuch beigeschlossen, der zu einem integrierten Bestandteil des jeweiligen Straferkenntnisses erklärt wurde, aus dem sich die im Tatzeitraum zur Vertretung nach außen berufenen Vorstandsmitglieder, deren Verhalten der drittrevisionswerbenden Partei (wie auch der zweitrevisionswerbenden Partei) zugerechnet wird, zweifelsfrei ergeben. Dass einige Vorstandsmitglieder während des Tatzeitraumes gewechselt haben, ändert an der ausreichenden Bestimmtheit des Spruchs nichts, weil die jeweils zur Vertretung nach außen berufenen Vorstandsmitglieder dem beigeschlossenen Firmenbuchauszug und damit auch dem Spruch des jeweiligen Straferkenntnisses zu entnehmen sind.
60 Als Täter der Übertretung des § 142 Abs. 2 BörseG 2018 kommt nur eine die Überwachung oder Kontrolle vernachlässigende Führungsperson nach Abs. 1 leg. cit. in Frage, weil nur eine solche nach § 9 VStG strafbar sein kann, während der die Pflichtverletzung begehende Mitarbeiter in diesem Zusammenhang mangels Strafbarkeit als Täter nicht in Betracht kommen kann (vgl. zu dem im Wesentlichen den gleichen Regelungsinhalt aufweisenden § 35 FM-GwG ).
61 Vor diesem Hintergrund ist die konkrete Bezeichnung der für die zweit- bzw. drittrevisionswerbende Partei tätigen Person, welche die Pflichtverletzung begangen hat, im Spruch des Straferkenntnisses nicht erforderlich.
62 Da es für die Strafbarkeit nach § 141 Z 2 BörseG 2018 nicht darauf ankommt, ob eine falsche oder gar keine Beteiligungsmeldung erstattet wurde, schadet es fallbezogen auch nicht, dass die Beteiligungsmeldung vom im Spruch des jeweiligen Straferkenntnisses keine Erwähnung findet.
63 Entgegen dem Revisionsvorbringen geht sowohl aus dem Spruch der Straferkenntnisse als auch aus den Aufforderungen zur Rechtfertigung klar hervor, dass der zweit- und der drittrevisionswerbenden Partei die mangelnde Mitteilung über die in Spezialfonds gehaltenen Aktien an der S AG in Höhe von 9,15 % angelastet werden.
64 Es ist nicht erkennbar, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass die zweit- und die drittrevisionswerbenden Parteien im Verfahren ihre Verteidigungsrechte nicht hätten wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wären (vgl. , mwN).
Zum Einwand des fehlenden Verschuldens:
65 Zum Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dem implementierten Kontrollsystem liege eine unrichtige Rechtsauffassung zu Grunde, ist auf die vorherigen Ausführungen zum Umfang der Meldepflicht nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 zu verweisen.
66 Ob auch die in Spezialfonds befindlichen und von der drittrevisionswerbenden Partei über die Spezialfonds unmittelbar gehaltenen (und der zweitrevisionswerbenden Partei damit mittelbar gehaltenen) Aktien der S AG im täglichen Monitoring grundsätzlich farblich hervorgehoben werden oder nicht, ist für die Frage des Vorliegens eines ausreichenden Kontrollsystems nicht von Belang, wenn aufgrund der falschen Rechtsansicht der revisionswerbenden Parteien unbestritten keine Kontrolle dahingehend vorgesehen war, ob die in Spezialfonds gehaltenen Stimmrechtsanteile auch gemeldet wurden oder nicht.
67 Soweit sich die zweit- und die drittrevisionswerbenden Parteien gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts betreffend das Bestehen eines Problembewusstseins innerhalb der Unternehmensgruppe wenden, ist ihnen entgegenzuhalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich nachvollziehbar und schlüssig auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung einvernommen Leiters des Asset Managements stützte, wonach es diesbezüglich eine unternehmensinterne Diskussion über den Emittentenleitfaden der FMA gegeben habe, aufgrund derer eine vertragliche Klarstellung über die Stimmrechtsausübung getroffen worden sei, was vom Vorstandmitglied Dr. S. bestätigt worden sei.
68 Dass Dr. S. nicht während des gesamten Tatzeitraums Vorstandsmitglied gewesen ist, führt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht dazu, dass er keine Aussage über die innerhalb der Unternehmen diskutierten Probleme treffen konnte, die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen war.
69 Sofern die zweit - und die drittrevisionswerbenden Parteien in diesem Zusammenhang auch vorbringen, sie seien einem schuldausschließenden Verbotsirrtum unterlegen, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG voraussetzt, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum bei einer derartigen Konstellation nicht auszuschließen. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl. etwa , mwN).
70 Auf dieser Grundlage wird mit dem Vorbringen, die Vorstandsmitglieder der zweit- und der drittrevisionswerbenden Parteien hätten sich selbst über die einschlägigen Rechtsvorschriften informiert und sich bezüglich der Richtigkeit der abgegebenen Beteiligungsmeldung auf die Rechtsabteilung verlassen, kein Entschuldigungsgrund im Sinn der dargelegten Rechtsprechung dargetan, zumal betreffend die Auslegung des § 130 BörseG 2018 keine geeigneten Erkundigungen eingeholt wurden.
Zum Einwand der Verjährung:
71 Im Hinblick auf den Einwand der Verjährung wird in den Revisionen weiter vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu der Frage, ob die Abgabe einer inhaltlich unrichtigen Meldung nach § 130 BörseG 2018 ein Dauerdelikt oder ein Begehungsdelikt darstelle und ob die Verjährungsfristen daher erst mit Abgabe einer allfälligen „Korrekturmeldung“ zu laufen beginnen oder - wie von den revisionswerbenden Parteien vorgebracht - bereits mit Abgabe der unrichtigen Meldung. Es sei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist auch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden, weil sich aus der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht ergebe, welcher Umstand eine Meldepflicht ausgelöst habe und welche allfälligen Zurechnungen die FMA ihrer Annahme, die revisionswerbenden Parteien treffe eine Meldepflicht, zu Grunde gelegt habe. Zudem werde mit der Umschreibung der Tatanlastung unterstellt, dass am überhaupt keine Meldung erfolgt wäre und nicht dargetan, welche Anteile an Stimmrechten die revisionswerbenden Parteien nach Ansicht der FMA vor dieser Beteiligungsmeldung vom gehalten hätten.
72 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Eine Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben, was erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (vgl. , mwN). Abweichend davon beträgt gemäß § 22 Abs. 7 iVm § 2 Abs. 3 Z 2 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz - FMABG diese Frist im Fall von Übertretungen des BörseG 2018 18 Monate.
73 Der Verwaltungsgerichtshof hat insbesondere zur Unterlassung der Erstattung von Meldungen oder von Veröffentlichungen, die nach dem Gesetz in einer bestimmten Frist oder „unverzüglich“ vorzunehmen gewesen wären, ausgesprochen, dass eine solche Unterlassung ein Dauerdelikt begründet (vgl. , mwN).
74 Wie bereits dargelegt wurde, erfolgte seitens der beiden meldepflichtigen revisionswerbenden Parteien keine dem Gesetz entsprechende Mitteilung nach § 130 BörseG 2018, weshalb die Mitteilungspflicht bis zur „Korrekturmeldung“ am nicht erfüllt wurde.
75 Da gemäß § 141 Z 2 BörseG 2018 die fortgesetzte Nichterfüllung einer Mitteilungs- oder Veröffentlichungspflicht unter Strafe steht, handelt es sich um ein Dauerdelikt, das durch eine nicht korrekte Beteiligungsmeldung nicht beendet wird.
76 Insoweit die Revisionen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG ins Treffen führen (Hinweis auf ), ist darauf hinzuweisen, dass mit der genannten Bestimmung auch die Erstattung falscher Meldungen, somit ein aktives Tun, pönalisiert wird, weshalb es sich dabei um ein Begehungsdelikt handelt. § 141 Z 2 BörseG 2018 pönalisiert im Gegensatz dazu aber nicht die Erstattung falscher Meldungen, sondern die Nichterfüllung einer Mitteilungs- oder Veröffentlichungspflicht, was - wie bereits dargelegt - ein Dauerdelikt begründet.
77 Da das strafbare Verhalten der zweit- und der drittrevisionswerbenden Parteien demnach erst zum Zeitpunkt der Erfüllung der Mitteilungspflicht aufgehört hat, haben die Verjährungsfristen gemäß § 31 Abs. 1 und 2 VStG am zu laufen begonnen.
78 Dass die - inhaltlich den sodann ergangenen Straferkenntnissen entsprechende - Aufforderungen zur Rechtfertigung vom keine tauglichen Verfolgungshandlungen darstellen würden, trifft nicht zu, da sich diesen zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der zweit- und der drittrevisionswerbenden Partei die unterlassene Mitteilung über die von der drittrevisionswerbenden Partei gehaltenen, in Spezialfonds befindlichen Aktien der S AG in Höhe von 9,15 % angelastet werden.
79 Dass in den Aufforderungen zur Rechtfertigung auch angeführt werde, welche Stimmrechtsanteile die revisionswerbenden Parteien vor dem Veräußerungsvorgang am gehalten hätten, ist für die Tauglichkeit der Verfolgungshandlung hingegen nicht erforderlich, weil es sich dabei nicht um für eine Bestrafung nach § 141 Z 2 BörseG 2018 erforderliche Sachverhaltselemente handelt.
80 Die Aufforderungen zur Rechtfertigung wurde der zweit- und der drittrevisionswerbenden Partei nachweislich am und somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, die gemäß §§ 2 Abs. 3 Z 2 iVm 22 Abs. 7 FMABG im vorliegenden Fall 18 Monate beträgt, zugestellt.
81 Mit der Erlassung der Straferkenntnisse vom am , somit innerhalb der dreijährigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG, wurde zudem der Eintritt der Strafbarkeitsverjährung verhindert.
Zum Vorbringen der Verletzung von Verfahrensvorschriften:
82 Soweit in den Revisionen weiters gerügt wird, dass Aktenstücke in der Verhandlung nicht verlesen worden seien, sondern lediglich festgehalten worden sei, dass diese als verlesen gelten würden, übergehen sie, dass dagegen nach dem unbestrittenen Verhandlungsprotokoll keine Einwendungen erhoben wurden. Wenn daher die Verlesung von Verfahrensakten in der Verhandlung unterblieben ist, so ist nicht zu erkennen, dass die zweit- und die drittrevisionswerbenden Parteien dadurch unzulässigerweise in der Wahrnehmung ihrer Verteidigungsrechte unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) beeinträchtigt worden wären. Derartiges legen die Revisionen auch nicht dar.
83 Schließlich wird in den Revisionen eine Reihe von Aktenwidrigkeiten behauptet, nämlich betreffend das Bestehen eines „Problembewusstseins“ innerhalb der Gruppe, betreffend die Annahme, Fondsanteile sollten der Öffentlichkeit vorenthalten werden, betreffend die Annahme eines Verschuldens eines näher bezeichneten Vorstandsmitglieds sowie betreffend das farbliche Aufscheinen von Fondsanteilen in dem von den revisionswerbenden Parteien implementierten Kontrollsystem.
84 Es wurde bereits dargelegt, dass die revisionswerbenden Parteien von einer falschen Rechtsansicht ausgegangen sind und sie sich nicht auf einen schuldausschließenden Verbotsirrtum berufen können. Auf die von den Revisionen als aktenwidrig angesehenen Feststellungen kommt es für das Vorliegen eines Verschuldens daher nicht mehr an.
85 Da die behaupteten Rechtsverletzungen nach dem Gesagten nicht vorliegen, waren die Revisionen der zweit- wie auch der drittrevisionswerbenden Partei gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
86 Der jeweilige Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | BörseG 1989 §91 BörseG 1989 §91 Abs1 BörseG 1989 §91a BörseG 1989 §91b BörseG 1989 §92 BörseG 1989 §92 Z4 BörseG 1989 §92a BörseG 2018 BörseG 2018 §130 BörseG 2018 §130 Abs1 BörseG 2018 §131 BörseG 2018 §132 BörseG 2018 §133 BörseG 2018 §133 Z4 BörseG 2018 §134 BörseG 2018 §141 BörseG 2018 §141 Z2 BörseG 2018 §142 Abs1 BörseG 2018 §142 Abs2 EURallg FMABG 2001 §2 Abs3 Z2 FMABG 2001 §22 Abs7 InvFG 2011 §163 TransV 2018 TransV 2018 §6 ÜbG 1998 §22 Abs2 ÜbG 1998 §22 Abs3 VStG §31 VStG §31 Abs1 VStG §32 Abs1 VStG §32 Abs2 VStG §44a Z1 VStG §5 Abs2 VStG §9 VwGG §42 Abs2 Z1 VwGVG 2014 §38 VwRallg 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL Art4 31988L0627 Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft-RL Art7 32001L0034 Prospekt-RL Art89 Abs1 32004L0109 Prospektinformation-RL 32004L0109 Prospektinformation-RL Art10 32004L0109 Prospektinformation-RL Art10 lite 32004L0109 Prospektinformation-RL Art2 Abs1 litf 32004L0109 Prospektinformation-RL Art9 52003PC0138 Prospekt-RL Stellungnahme |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Dauerdelikt "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022020013.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-46671