VwGH 17.05.2023, Ro 2021/13/0023
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 sieht vor, dass Diensteanbieter gemäß § 3 Z 2 ECG 2001 bestimmte Daten dem Magistrat Wien innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist melden müssen. Ein solcher Diensteanbieter ist eine natürliche oder juristische Person oder sonstige rechtsfähige Einrichtung, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellt. Weder das ECG 2001 noch das Wr TourismusförderungsG 1955 stellen darauf ab, dass der Diensteanbieter im Inland seinen Sitz hat. Eine Einschränkung auf inländische Diensteanbieter lässt sich auch nicht den Erläuterungen zur Regierungsvorlage entnehmen. Diese geben an, dass bewusst weite Begrifflichkeiten im Gesetz verwendet wurden, um sämtliche technologische Entwicklungen zu erfassen und auch Umgehungsmöglichkeiten zB durch diverse Zwischengesellschaften oder Verflechtungen von Unternehmenstätigkeiten zu verhindern (LGBl. Wien Nr. 7/2017, Beilage 23/2016). Auch der Zweck der Vorschrift, die Erfassung sämtlicher Unterkunftgeber, deren Leistungen der Ortstaxe unterliegen, zu erleichtern, bedingt, dass nicht nur inländische Anbieter, sondern auch sämtliche ausländische Anbieter zu erfassen sind. |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 VStG §27 Abs1 |
RS 2 | Eine Auskunfts- oder Meldepflicht ist erst dann als erfüllt anzusehen, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist der Sitz der Behörde, bei der die Meldung zu erstatten ist. Dort ist die geschuldete Handlung, also die Erteilung der Auskunft vorzunehmen (vgl. ; , 93/03/0156). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2021/15/0095 E RS 3 (hier: Tatort iSd § 27 Abs. 1 VStG ist demnach der Sitz des Magistrats der Stadt Wien, bei dem die Meldung gemäß § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 zu erstatten ist.) |
Normen | VStG §47 VStG §49 |
RS 3 | Die Strafverfügungen, deren Zustellung nach dem Revisionsvorbringen nicht wirksam erfogt sei, sind jedenfalls durch den Einspruch außer Kraft getreten. Die Straferkenntnisse wurden dem angegebenen bevollmächtigten Vertreter rechtswirksam zugestellt. Eine allfällige Unwirksamkeit der Strafverfügungen berührt die Rechtswirksamkeit der Straferkenntnisse nicht. |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 VStG §31 Abs1 VwRallg |
RS 4 | Ein Unterlassungsdelikt ist rechtlich vollendet, sobald die Frist zur Vornahme der gebotenen Handlung abgelaufen ist. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst mit dem Zeitpunkt, in dem die gebotene, jedoch bis dahin unterlassene Handlung gesetzt worden oder die Verpflichtung zur Vornahme der Handlung weggefallen ist (vgl. , mwN). (hier: Unterlassung der Anzeige der Identifikationsdaten und der Kontaktdaten gemäß § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955) |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 VStG §31 Abs1 VwRallg |
RS 5 | Nach dem - schon im Text der Norm genannten - Zweck der Gebotsnorm des § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 (ordnungsgemäße und vollständige Abgabenerhebung) fällt die Verpflichtung zur Vornahme der Anzeige nach Ablauf der für sie zur Verfügung stehenden Frist nicht weg (vgl. auch , mwN). |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 |
RS 6 | § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 verlangt die Meldung der nach den Geschäftsunterlagen der Diensteanbieter vorhandenen Identifikationsdaten und Kontaktdaten der bei ihnen registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftgeberinnen sowie sämtliche Adressen der bei ihnen registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien. Die Meldung hat beim Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monates in einer automationsunterstützt auswertbaren Form zu erfolgen. Aus dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass das Gesetz, weil es eine Meldung bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monates verlangt, auf den einzelnen Unterkunftgeber abstellt und eine entsprechende Meldung der Identifikationsdaten jedes einzelnen Unterkunftgebers bzw. jeder einzelnen Unterkunft verlangt. Auch aus dem Zweck des Gesetzes, das eine möglichst umfassende Erfassung aller Unterkunftgeber, die der Ortstaxe unterliegen, erleichtern soll, wofür eine lückenlose Mitwirkung der Diensteanbieter unerlässlich ist, ergibt sich, dass eine Strafe für jeden nicht gemeldeten Datensatz zu verhängen ist. |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 12010E056 AEUV Art56 62020CJ0674 Airbnb Ireland VORAB |
RS 7 | Im , Airbnb Ireland, hat der EuGH zu einer § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 ähnlichen belgischen Regelung ausgesprochen, dass die Verpflichtung zur Übermittlung bestimmter Informationen über die Geschäfte zur Beherbergung von Touristen nicht der Dienstleistungsfreiheit widerspricht, wenn sie für sämtliche Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig vom Ort der Niederlassung dieser Vermittler und unabhängig davon, wie die Dienstleistungen erbracht werden, gilt. § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 sieht eine unterschiedslose und diskriminierungsfreie Verpflichtung sämtlicher Diensteanbieter zur Datenübermittlung vor. |
Normen | TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 12010E056 AEUV Art56 62005CJ0257 Kommission / Österreich 62017CJ0135 X VORAB |
RS 8 | Die Verhängung der Strafen bei einer Übertretung des § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 dient der Sicherung der Mitwirkung der Betreiberplattformen bei der Ermittlung der Steuerpflichtigen für die Ortstaxe, ohne die eine Erfassung der steuerpflichtigen Unterkunftgeber nur unter erheblich erschwerten Bedingungen möglich wäre. Sie dient dabei der Hintanhaltung von Steuerhinterziehung sowie der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs zwischen den einzelnen Arten von Unterkunftgebern (Hotels, Privatvermietern, etc.) und damit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, mit denen eine etwaige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt werden kann (vgl. etwa X-GmbH, C-135/17, Rn 75; , Kommission/Österreich, C-257/05, Rn 30). Um eine wirksame Durchsetzung der Meldepflicht zu gewährleisten, muss die Strafe eine abschreckende Wirkung haben, darf zugleich aber nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. § 20 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 sieht keine Mindeststrafe vor und ermöglicht damit eine individuelle, an die Schwere der Tat bzw. Schuld angepasste Strafbemessung. |
Normen | EURallg TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 32000L0031 eCommerce-RL 62020CJ0674 Airbnb Ireland VORAB |
RS 9 | Im , in der Rs Airbnb Ireland hat dieser klargestellt, dass die belgische Vorschrift, die eine (mit dem Wr TourismusförderungsG 1955) vergleichbare Datenübermittlungspflicht von Plattformbetreibern vorgesehen hat, nicht unter die Richtlinie 2000/31 fällt: Die Regelung richtet sich zwar als solche nicht an die Schuldner der Touristenpauschalsteuer, sondern an diejenigen Personen, die für den Betrieb einer entgeltlichen Beherbergung von Touristen in der Rolle eines Vermittlers tätig waren; weiters ist Gegenstand der Vorschrift die bußgeldbewehrte Erteilung von Auskünften an die Verwaltung der Region Brüssel-Hauptstadt. Dessen ungeachtet ist erstens die Steuerverwaltung diejenige, an die diese Auskünfte zu erteilen sind; zweitens ist der dort behandelte Artikel Teil einer steuerrechtlichen Regelung; und drittens sind die Auskünfte, zu deren Übermittlung diese Vorschrift verpflichtet, im Hinblick auf ihren Gehalt von der genannten Regelung untrennbar, weil sie allein die Ermittlung des tatsächlichen Steuerschuldners, der Besteuerungsgrundlage, nämlich den Ort der Beherbergung im häuslichen Bereich, die Zahl der Beherbergungseinheiten sowie die Anzahl der Übernachtungen, und mithin des Betrags der Steuer ermöglichen (Rn 33 des Urteils). All dies trifft auch auf die Reglungen des Wr TourismusförderungsG 1955 zu. § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 ist somit vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/31 ausgenommen. |
Normen | EURallg 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 lita |
RS 10 | Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Eine Verarbeitung nach Treu und Glauben muss innerhalb dessen liegen, womit der Betroffene im Lichte der gesamten Rechtsordnung rechnen muss, und so gestaltet sein, wie es der Verantwortliche nach außen hin darstellt (vgl. u.a. Erwägungsgrund 38 der Richtlinie 95/46/EG). |
Normen | EURallg TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art13 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 lita |
RS 11 | Die Mitteilungspflicht nach § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 ist gesetzlich geregelt und damit für die betroffenen Unterkunftgeber klar ersichtlich. Zudem ist die Zweitrevisionswerberin (Diensteanbieterin) gemäß Art. 13 DSGVO verpflichtet, ihren Vertragspartnern mitzuteilen, dass die Daten an den Magistrat der Stadt Wien auf Basis des § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955 übermittelt werden. |
Normen | EURallg TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litb 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litc 62020CJ0175 SS VORAB |
RS 12 | Das Wr TourismusförderungsG 1955 gibt als Zweck der Datenverarbeitung insbesondere die ordnungsgemäße und vollständige Abgabenerhebung an. Dabei handelt es sich um einen legitimen Zweck, der ausreichend bestimmt ist (siehe etwa zur Datenübermittlung für Zwecke der Abgabenerhebung "SS" SIA, C-175/20). Der Zweck der ordnungsgemäßen und vollständigen Abgabenerhebung kann nur dann erreicht werden, wenn die Daten der Unterkünfte und Unterkunftgeber über die Betreiberplattformen gemeldet werden, weil die Feststellung des Vorliegens abgabenrelevanter Sachverhalte und Steuerpflichtiger durch das Geschäftsmodell vieler Betreiberplattformen, die eine Anonymität der Unterkunftgeber und Unterkünfte (ohne Buchung) ermöglichen, erheblich erschwert ist. Die zu übermittelnden Daten entsprechen daher dem Datenverarbeitungszweck des § 15 Abs. 2 Wr TourismusförderungsG 1955. Die Daten sind weiters erheblich, weil sie für die Zweckerreichung förderlich und geeignet sind. Ohne die Meldung und Verarbeitung dieser Daten, wäre die Zweckerreichung erheblich erschwert. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2021/13/0024
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision 1. des C und 2. der A UC, beide vertreten durch die Dorda Rechtsanwälte GmbH in1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7500561/2020, betreffend Verwaltungsübertretungen gemäß § 15 Abs. 2 und § 20 Abs. 2 Wiener Tourismusförderungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 6 - Rechnungs- und Abgabenwesen Dezernat Abgaben und Recht), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerber haben der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit insgesamt 69 im Wesentlichen gleichlautenden Straferkenntnissen des Magistrats der Stadt Wien wurde der Erstrevisionswerber für schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin ab bis zum fahrlässig unterlassen zu haben, die nach den Geschäftsunterlagen vorhandenen Identifikationsdaten (Bezeichnung, Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Rechtsform) und Kontaktdaten der beim Unternehmen registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftgeberinnen sowie sämtliche Adressen der beim Unternehmen registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien unter den in den jeweiligen Erkenntnissen ersichtlichen numerischen Bezeichnungen auf der Plattform X, auf welche verwiesen wird, dem Magistrat in einer automationsunterstützt auswertbaren Form anzuzeigen und dadurch 6.877 Verwaltungsübertretungen begangen zu haben. Damit seien § 15 Abs. 2 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (WTFG) iVm § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG verletzt worden.
2 Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschuldigten gemäß § 20 Abs. 2 WTFG 6.877 Geldstrafen in Höhe von je 35 €, in Summe also 240.695 €, falls diese uneinbringlich seien, 6.877 Ersatzfreiheitsstrafen von je 6 Stunden, verhängt. Ferner habe der Erstrevisionswerber gemäß § 64 VStG in Summe 68.770 € als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafen/Kosten) betrage daher insgesamt in Summe 309.465 €. Die Zweitrevisionswerberin hafte für die Beträge gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
3 Die Revisionswerber erhoben fristgerecht Beschwerde. Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung dahingehend statt, dass der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafen ersatzlos aufgehoben wurde; die Beschwerde wurde darüber hinaus als unbegründet abgewiesen. Weiters erkannte es, dass die Revisionswerber keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten hätten.
4 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass die Zweitrevisionswerberin bereits im Dezember 2015 seitens der belangten Behörde unter Hinweis auf die Auskunftspflicht gemäß § 143 BAO aufgefordert worden sei, Daten der Unterkunftgeber bekanntzugeben. Später seien Verhandlungen betreffend eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 3 WTFG aufgenommen worden; diese seien nach mehreren vergeblichen Einigungsversuchen schließlich abgebrochen worden. Die Meldepflicht für Onlineplattformen gemäß § 15 Abs. 2 WTFG sei am in Kraft getreten. Die Zweitrevisionswerberin habe jedenfalls von Beginn an volle Kenntnis über den Inhalt der verfahrensgegenständlich relevanten gesetzlichen Bestimmungen gehabt. Der Erstrevisionswerber sei als verantwortlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin im Tatzeitraum bis seiner ihm gemäß § 15 Abs. 2 WTFG auferlegten Meldeverpflichtung nicht nachgekommen. Er habe es - trotz Kenntnis dieser Meldeverpflichtung - unterlassen, die nach den Geschäftsunterlagen der Zweitrevisionswerberin vorhandenen Identifikationsdaten und Kontaktdaten der beim Unternehmen registrierten Unterkunftgeber sowie sämtliche Adressen der beim Unternehmen registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien auf der Plattform X dem Magistrat in einer automationsunterstützt auswertbaren Form anzuzeigen und dadurch 6.877 Verwaltungsübertretungen begangen. Die Frist für die erstmalige Erfüllung dieser Meldeverpflichtung sei am abgelaufen. Danach sei der Beschuldigte seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, bis zum 15. eines jeweiligen Monats die aufgrund der Neuregistrierungen von Unterkunftgebern des Vormonates im Sinne des § 15 Abs. 2 WTFG vorhandenen Daten dem Magistrat der Stadt Wien bekannt zu geben. Bis zum habe er es unterlassen, seiner ihm gemäß § 15 Abs. 2 WTFG auferlegten Meldeverpflichtung für insgesamt 6.877 auf der Plattform X im Gebiet der Stadt Wien registrierte Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) nachzukommen. Mit Strafverfügungen vom seien über den Erstrevisionswerber wegen dieser insgesamt 6.877 Verwaltungsübertretungen Geldstrafen von je 35 € und Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden verhängt worden. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG sei die Haftung der Zweitrevisionswerberin für die genannten Geldstrafen ausgesprochen worden. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten für die Verletzung der Meldeverpflichtungen gemäß § 15 Abs. 2 WTFG sei im Beschwerdeverfahren nicht in Abrede gestellt worden und könne als unstrittig angesehen werden.
5 Es sei entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Verfolgungsverjährung eingetreten, weil es sich bei der Missachtung der Meldepflicht um ein Dauerdelikt handle und der Tatzeitraum ausreichend genau umschrieben worden sei. Die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG habe für alle in Rede stehenden unterlassenen Meldungen (frühestens) am zu laufen begonnen. Die Strafverfügungen seien innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist ergangen. Es stehe außer Streit, dass die Strafverfügungen vom dem Erstrevisionswerber und der gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung herangezogenen Zweitrevisionswerberin direkt per Post am Firmensitz in I zugestellt worden seien und sich durch den Einspruch vom nicht mehr im Rechtsbestand befänden. Die ordnungsgemäße Zustellung der Strafverfügungen vom sei für deren Wirksamkeit und Tauglichkeit als Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG nicht relevant, weil eine die Verjährung verhindernde Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG auch dann vorliege, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig gewesen sei, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreiche oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt habe (was im gegenständlichen Fall auch gar nicht vorliege). Die Frage, ob die mit den Strafverfügungen vom ausgesprochenen Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche rechtswirksam erfolgt seien, sei deswegen nicht von Relevanz, weil diese aufgrund der am eingebrachten Einsprüche aus dem Rechtsbestand getreten und unwirksam geworden seien. Kein Zweifel könne an der wirksamen Zustellung der angefochtenen Straferkenntnisse bestehen. Im Einspruch gegen die Strafverfügungen vom habe sich der nunmehr vertretende Verteidiger auf die gemäß § 10 AVG iVm § 24 VStG erteilte Vollmacht berufen.
6 § 15 Abs. 2 WTFG verpflichte nach seinem klaren Wortlaut sämtliche Diensteanbieter im Sinne des § 3 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes - somit auch solche mit Sitz im Ausland - zur Meldung der vorhandenen Kontakt- und Identifikationsdaten der bei ihnen registrierten Diensteanbieter/Diensteanbieterinnen sowie zur Meldung der bei ihnen registrierten Adressen der Unterkünfte im Gebiet der Stadt Wien. Eine Einschränkung dieser Meldeverpflichtung auf Plattformbetreiber/Diensteanbieterinnen mit Sitz im Inland, wie dies in der Beschwerde im Ergebnis vorgebracht werde, könne aus § 15 Abs. 2 WTFG nicht abgleitet werden und würde auch dem Normzweck widersprechen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei Erfüllungsort, an dem der Täter einer Verwaltungsübertretung hätte handeln sollen, jener, an dem seine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Auskunft, Anzeige oder Meldung bestimmter Umstände zu erfüllen gewesen wäre, also der Sitz der Behörde - gegenständlich des Magistrates der Stadt Wien in Wien -, der auch der Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft sei. Die Vorgabe, österreichisches Recht anzuwenden, und die Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde ergebe sich aus der wirtschaftlichen Betätigung der haftenden juristischen Person betreffend Quartiere in Wien sowie dem Tatort Wien und sei unabhängig von deren ausländischem Firmensitz.
7 Zum Beschwerdevorbringen, § 15 Abs. 2 und 3 WTFG würde gegen das Herkunftslandprinzip gemäß § 20 ECG verstoßen, der auf Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG („E-Commerce Richtlinie“) basiere, führte das Bundesfinanzgericht aus, es handle sich bei § 15 Abs. 2 WTFG zweifelsfrei um eine Abgabenvorschrift, die der gesetzeskonformen Erhebung der Wiener Ortstaxe diene. Der Bereich der Besteuerung sei gemäß Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 ausdrücklich von deren Anwendungsbereich ausgenommen.
8 Zum behaupteten Verstoß gegen die DSGVO ging das Bundesfinanzgericht davon aus, dass Datenübermittlungen zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß § 15 Abs. 2 WTFG durch Art. 5 Abs. 1 lit. c und e DSGVO gedeckt seien. Die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde habe schlüssig dargelegt, dass die Erhebung der relevanten Daten ohne Mitwirkung der Plattformen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich sei. Die Erforderlichkeit der Datenübermittlungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 2 WTFG ergebe sich aus dem Geschäftsmodell der Zweitrevisionswerberin, Kurzfristvermietungen von Unterkünften, die nach außen hin nicht als Beherbergungsbetriebe erkennbar sind, über das Internet zu ermöglichen. Ohne diese Regelungen wären die Durchsetzung und Überprüfung des Besteuerungsanspruches, die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen und die Erlangung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich.
9 Im Revisionsfall sei sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite erfüllt. Der Erstrevisionswerber habe als verantwortlicher Geschäftsführer in offensichtlicher Kenntnis der Meldeverpflichtung gemäß § 15 Abs. 2 WTFG die gesetzlich angeordnete Meldung und Übermittlung der in dieser Bestimmung näher bezeichneten Daten unterlassen.
10 Zur behaupteten unionsrechtswidrigen Kumulierung von Strafen werde auf § 22 Abs. 2 VStG verwiesen, der festlege, dass bei Verwirklichung mehrerer Verwaltungsübertretungen die „Strafen nebeneinander zu verhängen“ seien (Kumulationsprinzip). Die Strafenkumulierung ergebe sich als Folge des Umstands, dass beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen für jedes (selbständig verwirklichte) Delikt eine eigene Strafe zu verhängen sei. Es sei nach dem Wortlaut und dem Normzweck des § 20 Abs. 2 WTFG iVm § 15 Abs. 2 WTFG nicht von einem fortgesetzten Delikt auszugehen, sondern es seien durch den Erstrevisionswerber eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen begangen worden. Der Normzweck des § 15 Abs. 2 WTFG bestehe in der Durchsetzung des Besteuerungsanspruches, somit in der vollständigen und korrekten Erklärung und Einhebung der Ortstaxe von jenen Unterkunftinhabern, die ihre Unterkunft über eine Online-Plattform vermieten. Bei der Bemessung der Geldstrafen sei aus unionsrechtlicher Sicht zu berücksichtigen, dass diese auch in Summe in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der geahndeten Verstöße stehen müssten und sie daher - insgesamt - kein unverhältnismäßiges Ausmaß erreichen dürften. Ein Missverhältnis der verhängten Sanktionen zu der Schwere der mit ihr geahndeten Verstöße könne nicht erkannt werden. Die verhängten Strafen dienten der wirksamen Durchsetzung der abgabenrechtlichen Meldepflichten und in der Folge der Wahrung zahlreicher Besteuerungsansprüche, womit faire Wettbewerbsbedingungen gewährleistet würden. Eine unangemessene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit könne darin nicht gesehen werden. Die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafen im Revisionsfall sei allerdings mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Der Beschwerde sei daher insoweit stattzugeben.
11 Die Revision wurde mit der Begründung zugelassen, dass es zur Rechtsfrage, ob nach § 20 Abs. 2 WTFG zu einer in § 15 Abs. 2 WTFG normierten Meldeverpflichtung hinsichtlich jeder unterlassenen Meldung zu vorhandenen Identifikationsdaten zu einem Unterkunftgeber je eine unter der in § 20 Abs. 2 WTFG angegebenen Strafdrohung stehende Verwaltungsübertretung vorliegt, keine Rechtsprechung des VwGH gebe. Weiters sei im gegenständlichen Fall im Lichte der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Maksimovic und des VwGH-Erkenntnisses vom , Ra 2019/11/033 bis 0034-6, in unionsrechtskonformer Auslegung des § 20 Abs. 2 WTFG iVm § 16 VStG, entgegen dem Gesetzeswortlaut dieser Bestimmungen (Verdrängung von nationalen Recht durch EU-Recht), von der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen abgesehen werden. Eine Rechtsprechung des VwGH zur unionsrechtskonformen Auslegung dieser Rechtsvorschriften fehle.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die vorbringt, es liege Unzuständigkeit der vor dem Bundesfinanzgericht belangten Behörde vor, weil keine Verwaltungsübertretung in Österreich begangen worden sei. Es sei höchstgerichtlich nicht geklärt, ob die Anzeigepflicht nach § 15 Abs. 2 WTFG ausländische Diensteanbieter überhaupt verpflichten könne. Es sei nicht die Rechtsprechung zum Tatort bei Meldepflichtverletzungen, sondern bei Internet-Delikten anwendbar, weshalb der Tatort nicht in Österreich liege. Es sei keine wirksame Zustellung der Strafverfügung erfolgt, weil Irland weder Vertragspartei des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den EU-Mitgliedstaaten, noch des Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsstrafsachen sei. Eine Direktzustellung von behördlichen Schriftstücken sei unzulässig gewesen. Eine Heilung käme nicht in Betracht, weil nichtige Hoheitsakte, die nicht zugestellt, sondern nur faktisch bekannt worden seien, keine Rechtswirkungen entfalten könnten. Es liege eine unionsrechtlich unzulässige Kumulierung von Strafen vor. § 20 Abs. 2 WTFG würde keine Strafe pro gemeldeten Datensatz, sondern nur pro versäumten Meldetermin zulassen. Es sei gegen das Herkunftslandprinzip des § 20 ECG verstoßen worden. Es sei nicht geklärt, ob das WTFG eine Steuervorschrift sei, die unter die Bereichsausnahme der E-Commerce-Richtlinie falle. Es liege ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung vor. § 15 Abs. 2 WTFG verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Es liege ein Verstoß gegen das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Irland vor, weil „Fishing-Expeditions“ unzulässig seien.
13 Der Magistrat der Stadt Wien hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
15 § 15 Abs. 2 Wiener Tourismusförderungsgesetz (WTFG) idF LGBl. Nr. 7/2017 lautet:
„(2) Für Zwecke der ordnungsgemäßen und vollständigen Abgabenerhebung, der Wahrnehmung der Aufgaben der Tourismusförderung und für statistische Zwecke haben die Diensteanbieter und Diensteanbieterinnen im Sinne des § 3 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes, BGBl. I Nr. 152/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2015, im Bereich des Tourismus die nach ihren Geschäftsunterlagen vorhandenen Identifikationsdaten (Bezeichnung, Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Rechtsform) und Kontaktdaten der bei ihnen registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftgeberinnen sowie sämtliche Adressen der bei ihnen registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien dem Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächst folgenden Monates in einer automationsunterstützt auswertbaren Form anzuzeigen. Der Magistrat kann Art und Struktur der Datenübertragung in organisatorischer und technischer Hinsicht festlegen. Erfolgt eine solche Festlegung, ist diese zu verwenden. Die in den Anzeigen enthaltenen personenbezogenen Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald sie für die angeführten Zwecke nicht mehr benötigt werden.“
16 § 20 Abs. 2 WTFG lautet:
„(2) Übertretungen der §§ 13, 15, 16 und 19 sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2.100 Euro zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.“
17 § 3 Z 2 E-Commerce-Gesetz lautet:
„Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:
[...]
2. Diensteanbieter: eine natürliche oder juristische Person oder sonstige rechtsfähige Einrichtung, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellt;
[...]“
18 § 15 Abs. 2 WTFG sieht vor, dass Diensteanbieter gemäß § 3 Z 2 E-Commerce-Gesetz bestimmte Daten dem Magistrat Wien innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist melden müssen. Ein solcher Diensteanbieter ist eine natürliche oder juristische Person oder sonstige rechtsfähige Einrichtung, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellt. Weder das E-Commerce-Gesetz noch das WTFG stellen darauf ab, dass der Diensteanbieter im Inland seinen Sitz hat. Eine Einschränkung auf inländische Diensteanbieter lässt sich auch nicht den Erläuterungen zur Regierungsvorlage entnehmen. Diese geben an, dass bewusst weite Begrifflichkeiten im Gesetz verwendet wurden, um sämtliche technologische Entwicklungen zu erfassen und auch Umgehungsmöglichkeiten zB durch diverse Zwischengesellschaften oder Verflechtungen von Unternehmenstätigkeiten zu verhindern (LGBl. Wien Nr. 7/2017, Beilage 23/2016). Auch der Zweck der Vorschrift, die Erfassung sämtlicher Unterkunftgeber, deren Leistungen der Ortstaxe unterliegen, zu erleichtern, bedingt, dass nicht nur inländische Anbieter, sondern auch sämtliche ausländische Anbieter zu erfassen sind. Die Zweitrevisionswerberin stellt somit einen Diensteanbieter gemäß § 15 Abs. 2 WTFG dar, der der Meldepflicht unterliegt.
19 Die Revision wendet ein, dass der Tatort der Verwaltungsübertretung nicht in Österreich liege und daher keine Zuständigkeit einer österreichischen Behörde für die Bestrafung gegeben sei.
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur örtlichen Zuständigkeit bei der Verletzung von Melde-, Anzeige-, Auskunftspflichten, ist eine Auskunfts- oder Meldepflicht erst dann als erfüllt anzusehen, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist der Sitz der Behörde, bei der die Meldung zu erstatten ist. Dort ist die geschuldete Handlung, also die Erteilung der Auskunft vorzunehmen (vgl. , mwN).
21 Wenn die Revision vermeint, es sei diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht anwendbar, weil es sich um ein „Internetdelikt“ handle, genügt der Hinweis, dass im Revisionsfall eine Verletzung der Meldepflicht gegenständlich ist.
22 Tatort iSd § 27 Abs. 1 VStG ist demnach der Sitz des Magistrats der Stadt Wien, bei dem die Meldung gemäß § 15 Abs. 2 WTFG zu erstatten ist. Eine Unzuständigkeit der Behörde liegt somit nicht vor. Die Übertretung ist demnach im Inland begangen (§ 2 Abs. 2 VStG).
23 Weiters bringt die Revision vor, es sei keine wirksame Zustellung der Strafverfügungen erfolgt, weil lediglich eine Zustellung per Post erfolgt sei und die Republik Irland kein Vertragspartner näher genannter Übereinkommen sei.
24 Die Revision lässt außer Acht, dass die Strafverfügungen jedenfalls durch den Einspruch außer Kraft getreten sind. Die Straferkenntnisse wurden dem angegebenen bevollmächtigten Vertreter rechtswirksam zugestellt. Eine allfällige Unwirksamkeit der Strafverfügungen berührt die Rechtswirksamkeit der Straferkenntnisse nicht.
25 Soweit die Revision Verfolgungsverjährung einwendet, weil im Straferkenntnis der Tatzeitraum nur vage angegeben worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die Frist für die erstmalige Übermittlung der vorhandenen Daten mit geendet hat. Ab diesem Zeitpunkt hätten von der Zweitrevisionswerberin die Daten der Neuregistrierungen bis zum 15. des jeweiligen Folgemonats gemeldet werden müssen.
26 Ein Unterlassungsdelikt, wie hier die Unterlassung der Anzeige der Identifikationsdaten und der Kontaktdaten ist rechtlich vollendet, sobald die Frist zur Vornahme der gebotenen Handlung (Anzeige dieser Daten) abgelaufen ist (hier also der für die bis zu dem Zeitpunkt vorhandenen Daten und der 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monates für die Neuregistrierungen). Die Verjährungsfrist beginnt aber erst mit dem Zeitpunkt, in dem die gebotene, jedoch bis dahin unterlassene Handlung gesetzt worden oder die Verpflichtung zur Vornahme der Handlung weggefallen ist (vgl. , mwN). Nach dem - schon im Text der Norm genannten - Zweck der in Rede stehenden Gebotsnorm (ordnungsgemäße und vollständige Abgabenerhebung) fällt die Verpflichtung zur Vornahme der Anzeige nach Ablauf der für sie zur Verfügung stehenden Frist nicht weg (vgl. auch , mwN). Da die Anzeigepflicht jedenfalls bis zum nicht erfüllt wurde, waren die Strafverfügungen vom rechtzeitige Verfolgungshandlungen (§ 32 Abs. 2 VStG). Eine Verfolgungsverjährung ist somit nicht eingetreten.
27 Die Revision macht weiters geltend, § 20 Abs. 2 WTFG würde keine Strafe pro gemeldeten Datensatz, sondern nur pro versäumten Meldetermin zulassen. § 20 Abs. 2 WTFG sieht vor, dass Übertretungen des § 15 leg. cit. als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2.100 Euro zu bestrafen sind. § 15 Abs. 2 WTFG verlangt die Meldung der nach den Geschäftsunterlagen der Diensteanbieter vorhandenen Identifikationsdaten und Kontaktdaten der bei ihnen registrierten Unterkunftgeber und Unterkunftgeberinnen sowie sämtliche Adressen der bei ihnen registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien. Die Meldung hat beim Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monates in einer automationsunterstützt auswertbaren Form zu erfolgen. Aus dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass das Gesetz, weil es eine Meldung bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monates verlangt, auf den einzelnen Unterkunftgeber abstellt und eine entsprechende Meldung der Identifikationsdaten jedes einzelnen Unterkunftgebers bzw. jeder einzelnen Unterkunft verlangt. Auch aus dem Zweck des Gesetzes, das eine möglichst umfassende Erfassung aller Unterkunftgeber, die der Ortstaxe unterliegen, erleichtern soll, wofür eine lückenlose Mitwirkung der Diensteanbieter unerlässlich ist, ergibt sich, dass eine Strafe für jeden nicht gemeldeten Datensatz zu verhängen ist.
28 Wenn die Revision in dem Zusammenhang eine unionsrechtlich unzulässige Kumulierung der Strafen einwendet, ist zunächst darauf zu verweisen, dass es sich beim Urteil des EuGH in der Rs Maksimovic vom , C-64/18 ua, um einen Fall handelte, bei dem es um die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ging. Der EuGH hat dort ausgesprochen, dass eine Regelung, die vorsieht, dass im Fall der Nichteinhaltung von Verpflichtungen, die für sich genommen den freien Dienstleistungsverkehr beschränken, sowohl gegen den Erbringer von Dienstleistungen als auch gegen ihren Empfänger Sanktionen verhängt werden, geeignet ist, die Ausübung dieser Freiheit weniger attraktiv zu machen und deshalb eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt.
29 Im , Airbnb Ireland, hat der EuGH zu einer § 15 Abs. 2 WTFG ähnlichen belgischen Regelung ausgesprochen, dass die Verpflichtung zur Übermittlung bestimmter Informationen über die Geschäfte zur Beherbergung von Touristen nicht der Dienstleistungsfreiheit widerspricht, wenn sie für sämtliche Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig vom Ort der Niederlassung dieser Vermittler und unabhängig davon, wie die Dienstleistungen erbracht werden, gilt.
30 § 15 Abs. 2 WTFG sieht eine unterschiedslose und diskriminierungsfreie Verpflichtung sämtlicher Diensteanbieter zur Datenübermittlung vor. Es liegt im Revisionsfall somit keine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vor.
31 Ungeachtet dessen ist aber darauf zu verweisen, dass der EuGH in der Rs Maksimovic weder ausgesprochen hat, dass eine Sanktion, deren Höhe von der Zahl der von der Nichteinhaltung bestimmter arbeitsrechtlicher Verpflichtungen betroffenen Arbeitnehmer abhängt, für sich genommen unzulässig wäre (Rn 41 des Urteils) noch, dass das Kumulationsprinzip generell unverhältnismäßig wäre. Er hat vielmehr ausgesprochen, dass das Zusammenwirken von Strafen, die pro Arbeitnehmer ohne vorgesehene Höchststrafe kumuliert verhängt werden, einer Mindeststrafe, die nicht auf die Schwere der Schuld Bedacht nehmen kann, sowie der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen und der zusätzlichen Auferlegung von Kostenbeiträgen in Höhe von 20 % zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen kann.
32 Der EuGH hat in der Rs MT, C-231/20, vom bestätigt, dass weder die Verhängung von Strafen pro Glücksspielautomat, noch eine Anwendung von Mindeststrafen, noch der Umstand, dass eine nationale Regelung keine Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht, per se unzulässig oder unverhältnismäßig wären (vgl. auch die nachfolgende Entscheidung des ).
33 Im Revisionsfall dient die Verhängung der Strafen bei einer Übertretung des § 15 Abs. 2 WTFG der Sicherung der Mitwirkung der Betreiberplattformen bei der Ermittlung der Steuerpflichtigen für die Ortstaxe, ohne die eine Erfassung der steuerpflichtigen Unterkunftgeber nur unter erheblich erschwerten Bedingungen möglich wäre. Sie dient dabei der Hintanhaltung von Steuerhinterziehung sowie der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs zwischen den einzelnen Arten von Unterkunftgebern (Hotels, Privatvermietern, etc.) und damit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, mit denen eine etwaige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt werden kann (vgl. etwa X-GmbH, C-135/17, Rn 75; , Kommission/Österreich, C-257/05, Rn 30).
34 Um eine wirksame Durchsetzung der Meldepflicht zu gewährleisten, muss die Strafe eine abschreckende Wirkung haben, darf zugleich aber nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. § 20 Abs. 2 WTFG sieht keine Mindeststrafe vor und ermöglicht damit eine individuelle, an die Schwere der Tat bzw. Schuld angepasste Strafbemessung. Das Bundesfinanzgericht hat sich ausführlich mit der Höhe der verhängten Strafen, die sich mit 35 € pro nicht gemeldeten Datensatz im untersten Bereich der möglichen Strafzumessung bewegten, beschäftigt und diese vor dem Hintergrund des nicht geringen Verschuldens des Erstrevisionswerbers und der Höhe des Abgabenausfalls, der durch das Fehlverhalten begünstigt wird, als verhältnismäßig beurteilt. Diese Beurteilung begegnet keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.
35 Soweit die Revision vorbringt, es sei nicht geklärt, ob das WTFG eine Steuervorschrift sei, die unter die Bereichsausnahme der E-Commerce-Richtlinie falle, ist auf das Urteil der EuGH in der Rs Airbnb Ireland zu verweisen, in dem dieser klargestellt hat, dass die belgische Vorschrift, die eine vergleichbare Datenübermittlungspflicht von Plattformbetreibern vorgesehen hat, nicht unter die Richtlinie 2000/31 fällt: Die Regelung richtet sich zwar als solche nicht an die Schuldner der Touristenpauschalsteuer, sondern an diejenigen Personen, die für den Betrieb einer entgeltlichen Beherbergung von Touristen in der Rolle eines Vermittlers tätig waren; weiters ist Gegenstand der Vorschrift die bußgeldbewehrte Erteilung von Auskünften an die Verwaltung der Region Brüssel-Hauptstadt. Dessen ungeachtet ist erstens die Steuerverwaltung diejenige, an die diese Auskünfte zu erteilen sind; zweitens ist der dort behandelte Artikel Teil einer steuerrechtlichen Regelung; und drittens sind die Auskünfte, zu deren Übermittlung diese Vorschrift verpflichtet, im Hinblick auf ihren Gehalt von der genannten Regelung untrennbar, weil sie allein die Ermittlung des tatsächlichen Steuerschuldners, der Besteuerungsgrundlage, nämlich den Ort der Beherbergung im häuslichen Bereich, die Zahl der Beherbergungseinheiten sowie die Anzahl der Übernachtungen, und mithin des Betrags der Steuer ermöglichen (Rn 33 des Urteils).
36 All dies trifft auch auf die Reglungen des WTFG zu. § 15 Abs. 2 WTFG ist somit vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/31 ausgenommen.
37 Zum Einwand der Revisionswerber, das WTFG würde gegen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Irland verstoßen, genügt der Hinweis, dass Art. 25 Abs. 1 des DBA den Informationsaustausch zwischen Behörden der Vertragsstaaten betrifft. Ein derartiger Fall der zwischenstaatlichen Amtshilfe liegt hier nicht vor.
38 Schließlich moniert die Revision noch einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Es würde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil kein verständiger Betroffener damit rechnen müsse, dass eine umfassende proaktive Mitteilungspflicht bestehen würde. Auch gegen den Grundsatz der Zweckbindung werde verstoßen, weil die Zwecke in § 15 Abs. 2 WTFG nur generisch umschrieben würden. Auch gegen den Grundsatz der Datenminimierung werde verstoßen.
39 Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Eine Verarbeitung nach Treu und Glauben muss innerhalb dessen liegen, womit der Betroffene im Lichte der gesamten Rechtsordnung rechnen muss, und so gestaltet sein, wie es der Verantwortliche nach außen hin darstellt (vgl. u.a. Erwägungsgrund 38 der Richtlinie 95/46/EG; Hötzendorfer/Tschohl/Kastelitz in Knyrim, DatKomm Art. 5 DSGVO, Rz 16).
40 Wenn die Revision vorbringt, mit einer derart umfassenden proaktiven Mitteilungspflicht wie in § 15 Abs. 2 WTFG normiert müsse kein Betroffener rechnen, scheint sie zu übersehen, dass diese Mitteilungspflicht gesetzlich geregelt und damit für die betroffenen Unterkunftgeber klar ersichtlich ist. Zudem ist die Zweitrevisionswerberin gemäß Art. 13 DSGVO ohnedies verpflichtet, ihren Vertragspartnern mitzuteilen, dass die Daten an den Magistrat der Stadt Wien auf Basis des § 15 Abs. 2 WTFG übermittelt werden. Worin der Verstoß gegen Treu und Glauben liegen solle, macht die Revision nicht einsichtig.
41 Wenn die Revisionswerber monieren, die Zwecke für die Datenverarbeitung würden nur generisch umschrieben und seien nicht legitim, ist dem entgegenzuhalten, dass das WTFG als Zweck insbesondere die ordnungsgemäße und vollständige Abgabenerhebung angibt. Dabei handelt es sich um legitimen Zweck, der ausreichend bestimmt ist (siehe etwa zur Datenübermittlung für Zwecke der Abgabenerhebung „SS“ SIA, C-175/20).
42 Soweit gerügt wird, dass gegen den Grundsatz der Datenminimierung verstoßen werde, ist darauf zu verweisen, dass der Zweck der ordnungsgemäßen und vollständigen Abgabenerhebung nur dann erreicht werden kann, wenn die Daten der Unterkünfte und Unterkunftgeber über die Betreiberplattformen gemeldet werden, weil die Feststellung des Vorliegens abgabenrelevanter Sachverhalte und Steuerpflichtiger durch das Geschäftsmodell vieler Betreiberplattformen, die eine Anonymität der Unterkunftgeber und Unterkünfte (ohne Buchung) ermöglichen, erheblich erschwert ist. Die zu übermittelten Daten entsprechen daher dem Datenverarbeitungszweck des § 15 Abs. 2 WTFG. Die Daten sind weiters erheblich, weil sie für die Zweckerreichung förderlich und geeignet sind. Ohne die Meldung und Verarbeitung dieser Daten, wäre die Zweckerreichung erheblich erschwert (vgl. dazu Hötzendorfer/Tschohl/Kastelitz in Knyrim, DatKomm Art. 5 DSGVO, Rz 36 f). Die von der Revision vorgeschlagenen Alternativen, wonach nur anonymisierte Daten oder nur im Verdachtsfall Daten übermittelt werden sollten, stellen kein gelinderes zum Ziel führendes Mittel dar. Die Übermittlungspflicht betrifft nur die bereits bei der Revisionswerberin vorhandenen Daten. Im Übrigen würde der Umstand, dass einzelne Daten für die genannten Zwecke nicht notwendig sind, nicht dazu führen, dass die Meldepflicht der Revisionswerberin für sämtliche Daten entfällt, weshalb für die Revisionswerberin mit dem Vorbringen, dass einzelne Daten wie etwa das Geschlecht für die angegebenen Zwecke nicht notwendig wären, nichts zu gewinnen ist.
43 Das Bundesfinanzgericht hat sich ausführlich mit der Verhältnismäßigkeit der Datenübermittlung im Sinne der DSGVO beschäftigt und ist zu der vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Beurteilung gelangt, dass § 15 Abs. 2 WTFG den Vorgaben der DSGVO entspricht.
44 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
45 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
46 Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG entfallen.
Wien, am
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Normen | ECG 2001 §3 Z2 EURallg TourismusförderungsG Wr 1955 §15 Abs2 TourismusförderungsG Wr 1955 §20 Abs2 VStG §27 Abs1 VStG §31 Abs1 VStG §47 VStG §49 VwRallg 12010E056 AEUV Art56 32000L0031 eCommerce-RL 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art13 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 lita 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litb 32016R0679 Datenschutz-GrundV Art5 Abs1 litc 62005CJ0257 Kommission / Österreich 62017CJ0135 X VORAB 62020CJ0175 SS VORAB 62020CJ0674 Airbnb Ireland VORAB |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2021130023.J00 |
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Fundstelle(n):
GAAAF-46634