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VwGH 31.01.2024, Ro 2021/13/0010

VwGH 31.01.2024, Ro 2021/13/0010

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BAO §280 Abs1 lite
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs2
VwGG §41
VwGG §42 Abs2 Z3
RS 1
Der VwGH kann die ihm gemäß § 41 VwGG obliegende Gesetzmäßigkeitsprüfung nur vornehmen, wenn die angefochtene Entscheidung die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der als verletzt geltend gemachten Rechte der Revisionswerber (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. einer Rechtswidrigkeit im Rahmen der Anfechtungserklärung (§ 28 Abs. 2 VwGG) auf der Grundlage der Begründung der Entscheidung auch ermöglicht. Lässt die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine solche Beurteilung gar nicht zu, dann führt ein solcher Begründungsmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig schon aus diesem Grund.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2022/15/0079 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzende Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Baden Mödling in 2500 Baden bei Wien, Josefsplatz 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103462/2020, betreffend Einkommensteuer 2018 (mitbeteiligte Partei: K in P, vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Mitbeteiligten für das Jahr 2018 fest und berücksichtigte dabei als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in einem Lohnzettel ausgewiesene Bezüge von der österreichischen M Ö GmbH.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Mitbeteiligte vor, bei der Veranlagung sei der Lohnausweis „L 17“ für das Jahr 2018 nicht berücksichtigt worden. Er sei im Veranlagungsjahr 2018 als Geschäftsführer der österreichischen M Ö AG tätig gewesen, weshalb die in Österreich steuerpflichtigen Bezüge um weitere - im mit der Beschwerde übermittelten Formular „L 17“ ausgewiesene - Einkünfte zu ergänzen seien.

3 Das Finanzamt setzte mit Beschwerdevorentscheidung die Einkommensteuer für das Jahr 2018 unter Berücksichtigung weiterer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inländischen Steuerabzug neu fest.

4 Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag. Darin brachte er vor, er sei von seinem Arbeitgeber, der deutschen M AG, befristet von Deutschland nach Österreich zur M Ö AG (mittlerweile M Ö GmbH) entsandt worden. Im Jahr 2018 habe er neben den österreichischen Bezügen noch laufende und sonstige Bezüge von der deutschen M AG erhalten, die nicht im Rahmen der österreichischen Lohnverrechnung berücksichtigt worden seien. In Summe seien sämtliche Bezüge von einem Arbeitgeber geleistet worden und seien bei der - mit der Beschwerdevorentscheidung unrichtig erfolgten - Ermittlung des Jahressechstels zu berücksichtigen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2018 abweichend von der Beschwerdevorentscheidung - mit einem geringeren Betrag - neu fest. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

6 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte das Bundesfinanzgericht aus, die vom Finanzamt vorgebrachte Differenz zwischen Betrag laut Kennzahl 350 des Formulares L 17 und dem ausländischen Lohnkonto sei unproblematisch, weil der unter dieser Kennzahl ausgewiesene Betrag nur für österreichische Besteuerungszwecke errechnet worden sei.

7 Der Entsendungsvertrag selbst enthalte eine Bestimmung über einen sonstigen Bezug, der zusätzlich zu den laufenden Bezügen von der entsendenden Gesellschaft ausbezahlt werde, und zwar die variable Abschlussvergütung. Weiters werde im Entsendungsvertrag auch auf eine Konzernrichtlinie verwiesen. Der Entsendungsvertrag trete zum Dienstvertrag im Heimatland hinzu.

8 In näher bezeichneten Zeilen des ausländischen Lohnkontos seien sonstige Bezüge, die nur einmal bzw nicht regelmäßig ausbezahlt worden seien, ausgewiesen.

9 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, entscheidend sei die tatsächliche Auszahlung von sonstigen Bezügen zusätzlich zu den laufenden Bezügen. Die tatsächliche Auszahlung sei laut ausländischem Lohnkonto erfolgt.

10 Dass im Entsendungsvertrag selbst nur wenig über sonstige Bezüge, die zusätzlich zu den laufenden Bezügen ausbezahlt worden seien, enthalten sei, lasse nicht den Schluss zu, dass tatsächlich keine sonstigen Bezüge ausbezahlt worden seien. Schließlich gebe es auch den weiterbestehenden Dienstvertrag im Heimatland sowie eine Konzernrichtlinie.

11 In wirtschaftlicher Betrachtungsweise habe der Mitbeteiligte nur ein Dienstverhältnis und einen Arbeitgeber. Die von zwei Stellen desselben Konzernes ausgezahlten Vergütungen seien daher für Zwecke der Sechstelberechnung gemeinsam zu betrachten.

12 Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob alle laufenden bzw. sonstigen Bezüge aus einem Dienstverhältnis, für welches die Entlohnung von zwei Konzerngesellschaften bezahlt werde, jeweils in Summe bei der Jahressechstelermittlung zu berücksichtigen seien, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich sei.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Mitbeteiligten erwogen hat:

14 Die Revision ist zulässig und begründet.

15 Der Verwaltungsgerichtshof kann die ihm gemäß § 41 VwGG obliegende Gesetzmäßigkeitsprüfung nur vornehmen, wenn die angefochtene Entscheidung die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der als verletzt geltend gemachten Rechte der Revisionswerber (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. einer Rechtswidrigkeit im Rahmen der Anfechtungserklärung (§ 28 Abs. 2 VwGG) auf der Grundlage der Begründung der Entscheidung auch ermöglicht. Lässt die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine solche Beurteilung gar nicht zu, dann führt ein solcher Begründungsmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig schon aus diesem Grund (vgl. , mwN).

16 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erkennen lassen, welcher Sachverhalt ihr zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen es die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung muss dabei in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für die Verfahrensparteien als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. etwa , mwN).

17 Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Erkenntnis nicht.

18 Das Bundesfinanzgericht hat im Begründungsteil des angefochtenen Erkenntnisses im Wesentlichen zwei Berechnungen - eine davon zur „Kontrolle der Rück- und Hochrechnungen“ des Mitbeteiligten - vorgenommen, ohne jedoch Feststellungen zu den diesen Berechnungen zu Grunde liegenden Parametern - insbesondere die Höhe und die Art der vom Mitbeteiligten erhaltenen Bezüge - zu treffen. Verweise auf im Verwaltungsakt einliegende Lohnkonten oder auf vom Mitbeteiligten angestellte Berechnungen können eigenständige Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes nicht ersetzen.

19 Ebenso wenig hat das Bundesfinanzgericht Feststellungen getroffen, die eine Auseinandersetzung mit der - vom Bundesfinanzgericht als die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung identifizierte - Rechtsfrage, ob der Mitbeteiligte ein einziges Dienstverhältnis oder mehrere Dienstverhältnisse hatte, ermöglichen würden. Eine derartige Beurteilung kann nur auf Grundlage des entsprechend festzustellenden vertraglichen Rahmens - wie insbesondere die zwischen dem Mitbeteiligten und den die Bezüge auszahlenden Gesellschaften abgeschlossenen Vereinbarungen - für das Tätigwerden des Mitbeteiligten, vorgenommen werden.

20 Insgesamt ist dem Verwaltungsgerichtshof daher die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses nicht möglich, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §280 Abs1 lite
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs2
VwGG §41
VwGG §42 Abs2 Z3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2021130010.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-46623