VwGH 22.06.2022, Ro 2021/08/0006
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die in § 538z ASVG vorgesehene Überleitungskonferenz, die in sinngemäßer Anwendung der für die Konferenz der Sozialversicherungsträger des Dachverbandes (kurz: Konferenz) nach § 441a idF BGBl. I Nr. 100/2018 geltenden Bestimmungen zu bilden ist und deren Mitglieder gemäß § 538z Abs. 2 ASVG ab die Mitglieder der Konferenz sind, ist als Verwaltungskörper des - mit anstelle des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger geschaffenen - Dachverbandes anzusehen. Für Streitigkeiten über die Rechte ihrer Mitglieder gilt daher § 450 ASVG. |
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RS 2 | § 449 Abs. 1 letzter Satz ASVG sieht nur eine amtswegige Befugnis der Aufsichtsbehörde vor, während aus § 450 Abs. 1 ASVG auch ein Rechtsanspruch der Mitglieder der Verwaltungskörper bzw. der Verwaltungskörper selbst auf ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde abzuleiten ist (wenngleich in aller Regel auf die Ausübung der Aufsicht kein Rechtsanspruch besteht, kann ein solcher gesetzlich vorgesehen werden). Dieses Tätigwerden beinhaltet aber - wie aus dem Wortlaut des § 450 Abs. 1 ASVG hervorgeht - nur die Entscheidung über die Rechte und Pflichten der Mitglieder bzw. der Verwaltungskörper sowie die Auslegung der Satzung und nicht auch eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Aufgabenerfüllung der Verwaltungskörper. Auch über den Umweg des § 450 Abs. 1 ASVG kann somit kein Recht der Mitglieder auf Überprüfung der Beschlüsse des Verwaltungskörpers in der Art eines Rechtsmittelverfahrens abgeleitet werden. Sollte es in einem Verfahren nach § 450 Abs. 1 ASVG um aus Beschlüssen des Verwaltungskörpers abzuleitende Rechte oder Pflichten der Mitglieder gehen, wäre allenfalls inzident zu prüfen, ob diese Beschlüsse absolut nichtig sind. Selbstverständlich kann ein solches Verfahren der Aufsichtsbehörde auch Anlass geben, derartige Beschlüsse nach § 449 Abs. 1 ASVG aufzuheben, allerdings ohne dass darauf ein Rechtsanspruch bestünde. Im Übrigen bezieht sich die Entscheidungsbefugnis der Aufsichtsbehörde nach § 450 Abs. 1 ASVG - soweit es nicht um die Auslegung der Satzung geht - auf "Streit über die Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder". Sie dient demnach der Klärung des Umfangs von (sich aus dieser Funktion ergebenden - also organisationsrechtlichen) Rechten und Pflichten der Mitglieder der Verwaltungskörper und der Verwaltungskörper selbst. Sie bietet hingegen keine Grundlage für die Feststellung objektiver Rechtsverletzungen ohne Bezug auf die Rechte und Pflichten der (Mitglieder der) Verwaltungskörper. Ausgeschlossen ist auch die Entscheidung über rein theoretische Auslegungsfragen: Anlass für ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde nach § 450 ASVG muss stets ein konkreter Streit über Rechte und Pflichten bzw. über die Auslegung der Satzung sein (vgl. in diesem Sinn - zur Zuständigkeit der Landesschiedskommission nach § 345 Abs. 2 Z 1 ASVG - ). Soweit es um Rechte und Pflichten der Mitglieder bzw. des Verwaltungskörpers geht, ist (nur) dieser konkrete Streit zu entscheiden. Weder kommt es auf ein allfälliges Verschulden der Beteiligten an, noch sind darüber hinausgehende generelle Feststellungen zu treffen. |
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RS 3 | § 456a Abs. 4 ASVG ist gemäß § 456a Abs. 5 ASVG auch auf die Verwaltungskörper des Dachverbandes und damit letztlich auch auf die Überleitungskonferenz anzuwenden. |
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RS 4 | Das grundsätzliche Recht auf zeitgerechte schriftliche Einladungen ergibt sich klar aus § 3 Abs. 1 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019, wonach Einladungen zu den Sitzungen nachweislich spätestens acht Kalendertage vor dem Sitzungstag unter Angabe von Ort, Beginn und Tagesordnungsentwurf auszusenden sind. Gemäß § 3 Abs. 4 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 kann auf die Einhaltung der Einladungsfrist aber ausnahmsweise aus einem wichtigen Grund verzichtet werden. Ein wichtiger Grund in diesem Sinn kann nur dann anerkannt werden, wenn dadurch die Einhaltung der Einladungsfrist von acht Tagen unmöglich gemacht wurde. Auch in diesem Fall ist die Einladungsfrist aber nur im erforderlichen Ausmaß zu unterschreiten. |
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RS 5 | Das Recht der revisionswerbenden Parteien als Mitglieder der Überleitungskonferenz, mit der Einladung relevante Unterlagen übermittelt zu bekommen bzw. für die Beschlussfassung relevante Unterlagen soweit möglich rechtzeitig zu erhalten, ist nach § 3 Abs. 2 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 nicht zweifelhaft |
Norm | ASVG §450 Abs1 |
RS 6 | Die Feststellung des Verschuldens an einer Rechtsverletzung ist nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 450 Abs. 1 ASVG. |
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RS 7 | Tatsächlich folgt schon aus allgemeinen Grundsätzen, dass Mitglieder eines Kollegialorgans selbstverständlich das Recht haben, Kenntnis von allen vorhandenen Unterlagen zu sämtlichen Entscheidungsgegenständen zu erhalten, um ihre Pflichten in Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung erfüllen zu können. Dass die MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 nur eine Übermittlung von Unterlagen mit der Einladung zur Sitzung vorsieht, bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass in - aus welchen Gründen auch immer - nicht (schon) mit der Einladung übermittelte Unterlagen keine Einsicht zu gewähren ist. |
Norm | ASVG §450 Abs1 |
RS 8 | Das Verfahren nach § 450 Abs. 1 ASVG dient nicht der Feststellung objektiver Rechtswidrigkeiten, sondern muss - sofern es nicht um die Auslegung der Satzung geht - immer einen Bezug zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder des Verwaltungskörpers (oder des Verwaltungskörpers selbst) haben. |
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RS 9 | Die Regel, dass bei einer Abstimmung über den gleichen Beschlussgegenstand in einer weiteren Sitzung nicht mehr Einstimmigkeit, sondern eine qualifizierte Mehrheit von sieben Stimmen erforderlich ist, kann nur den Zweck haben, den Zeitraum für die Konsenssuche bis zum nächsten Sitzungstermin zu erstrecken, wobei für den Fall des Scheiterns dieser Bemühungen die Beschlussfassung mit einem geringeren Zustimmungsquorum ermöglicht wird. Zur Abhaltung dieser weiteren Sitzung kann zwar die Tagesordnung eines schon anberaumten Sitzungstermins ergänzt werden. Es ist aber zum einen nicht zulässig, schon "auf Vorrat" einen weiteren Sitzungstermin für eine Wiederholungsabstimmung anzuberaumen, zumal dies zunächst - nach Nichterreichen der Einstimmigkeit - den Antrag eines Mitglieds voraussetzt; zum anderen muss zwischen den beiden Sitzungsterminen grundsätzlich zumindest die reguläre Einladungsfrist für Sitzungen (nach § 3 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019: acht Tage) zur Verfügung stehen, um dem Zweck des zweistufigen Verfahrens - der Ermöglichung einer Konsenssuche nach bei der ersten Abstimmung gescheiterter Einstimmigkeit - entsprechen zu können. |
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RS 10 | Die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur Bestellung des Büroleiters mit Wirkung ab laut § 538z Abs. 7 Z 1 ASVG kann nicht die Missachtung anderer gesetzlicher Vorgaben rechtfertigen, zumal § 538z Abs. 7 Z 1 ASVG eine rückwirkende Bestellung nicht auszuschließen scheint. |
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RS 11 | Gemäß § 441a Abs. 2 ASVG ist es nicht zulässig ist, für einen Tag zwei Sitzungen anzuberaumen, damit am selben Tag über einen Beschlussgegenstand nach Scheitern der Einstimmigkeit mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann, obwohl zum Zeitpunkt der Ladung für die zweite Sitzung der Antrag auf neuerliche Abstimmung in einer weiteren Sitzung noch nicht gestellt worden ist. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2021/08/0007
Ro 2021/08/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision von 1. A H, MBA, in S, 2. P S in W und 3. Mag. I R in W, alle vertreten durch die Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner-Straße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W173 2229251-1/11E, W173 2229363-1/12E, W173 2229364-1/12E, betreffend Verfahren gemäß § 450 Abs. 1 ASVG hinsichtlich der Rechte der Mitglieder der Überleitungskonferenz nach § 538z ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der unter Punkt 6.2f, 6.2j und 6.3. der Beschwerde gestellten Anträge richtet.
Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass der Spruchpunkt A.2.a) entfällt und der Spruchpunkt A.1. wie folgt zu lauten hat:
„Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, wird ihr Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
Spruchpunkt I.a hat zu lauten: ‚Das Recht der antragstellenden Mitglieder der Überleitungskonferenz (im Folgenden kurz: Mitglieder) auf zeitgerechte schriftliche Einladungen zu Sitzungen wurde im vorliegenden Fall durch die Einladung der erst- und zweitantragstellenden Parteien zur Sitzung vom um 18:30 Uhr erst am Vortag, durch die Einladung zur Sitzung vom um 15:30 Uhr erst am und durch die Einladung zur Sitzung vom um 17 Uhr erst am Vortag verletzt. Das Recht eines durch Wahlen in den Versicherungsträgern neu hinzukommenden Mitglieds der Überleitungskonferenz, ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Wahl zu Sitzungen der Konferenz eingeladen zu werden, wurde im vorliegenden Fall verletzt, indem die Drittantragstellerin nicht zur Sitzung vom um 18:30 Uhr eingeladen wurde.‘
Spruchpunkt I.b. hat zu lauten: ,Das Recht der antragstellenden Mitglieder, mit der Einladung zu Sitzungen alle relevanten und schon vorhandenen Unterlagen übermittelt zu bekommen, wurde im vorliegenden Fall verletzt, indem den Einladungen zu den Sitzungen am keine Unterlagen angeschlossen wurden.‘
Spruchpunkt I.c. hat zu lauten: ,Das Recht der antragstellenden Mitglieder, für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, wurde im vorliegenden Fall verletzt, indem den Mitgliedern die vertraulichen Berichte über die Kandidaten nicht schon vor dem übermittelt worden sind.‘
Spruchpunkt I.d. hat zu lauten: ,Das Recht der antragstellenden Mitglieder, zu allen Entscheidungsgegenständen in sämtliche vorhandene Unterlagen Einsicht zu nehmen, wurde im vorliegenden Fall verletzt, indem das am und am geäußerte Ersuchen um Einsicht in die Bewerbungs- und Bewertungsunterlagen abgelehnt wurde. Der Antrag auf Feststellung eines Auskunftsrechts wird zurückgewiesen.‘
Spruchpunkt I.e. hat zu lauten: ,Das Recht der antragstellenden Mitglieder, an der Auswahlentscheidung für den Büroleiter mitzuwirken, wurde im vorliegenden Fall nicht durch die Unterlassung eines Hearings verletzt.‘
Spruchpunkt I.f. hat zu lauten: ,Im vorliegenden Fall wurde durch die Einladungen zu den jeweils zweiten Sitzungen am und das Recht der antragstellenden Mitglieder darauf verletzt, dass nicht für einen Tag zwei Sitzungen anberaumt werden, damit am selben Tag über einen Beschlussgegenstand nach Scheitern der Einstimmigkeit gemäß § 441a Abs. 2 ASVG mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden kann, obwohl zum Zeitpunkt der Einladung für die zweite Sitzung der Antrag auf neuerliche Abstimmung in einer weiteren Sitzung noch nicht gestellt worden ist.‘“
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien waren Mitglieder der Überleitungskonferenz (im Folgenden: ÜLK) gemäß dem durch das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG), BGBl. I Nr. 100/2018, eingefügten § 538z ASVG, und sind nunmehr Mitglieder der Konferenz der Sozialversicherungsträger nach § 441 Z 1 ASVG.
2 Sie stellten am gemäß § 450 Abs. 1 ASVG einen Antrag an die (damalige) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (im Folgenden: Bundesministerin) als Aufsichtsbehörde, folgende Rechtswidrigkeiten festzustellen und die betreffenden Beschlüsse der Überleitungskonferenz aufzuheben:
- „dass die Einladung zu den Sitzungen vom und vom nicht rechtzeitig an A H, MBA [Erstrevisionswerber] und P S [Zweitrevisionswerber] ergangen ist,
- dass die Überleitungskonferenz am Vormittag des nicht gesetzeskonform besetzt war, da es zu diesem Zeitpunkt keine/n Stellvertreterin des Verwaltungsgrates der AUVA gab, sohin nur 9 statt der gesetzlich vorgesehenen 10 Mitglieder;
- dass das Mitglied der Überleitungskonferenz, Mag. I R [Drittrevisionswerberin] zur Sitzung am um 18:00 Uhr, gar keine Einladung erhalten hat, was bedeutet, dass mangels Einladung aller Mitglieder Beschlüsse nicht wirksam gefasst werden können;
- dass den Mitgliedern der Überleitungskonferenz alle für die Beschlussfassung relevanten Unterlagen (insb betreffend des Auswahlverfahrens für die Büroleitung) so rechtzeitig vor der Abstimmung über Anträge zur Verfügung zu stellen sind, sodass eine objektive und eingehende Beurteilung der Unterlagen möglich ist;
- dass es nicht zulässig ist, gleichzeitig mit der Einladung zu einer Sitzung für den gleichen Tag eine weitere Sitzung anzuberaumen, in welcher dann ohne Einstimmigkeit entschieden wird;
- dass das Stellenbesetzungsgesetz im vorliegenden Fall nicht eingehalten wurde;
- dass zuständig für die Auswahlentscheidung die Überleitungskonferenz ist;
- dass entgegen dem Stellenbesetzungsgesetz die fachliche Qualifikation der Bewerber im vorliegenden Fall nicht ausreichend gewichtet wurde;
- dass der Vorsitzende der Überleitungskonferenz die Pflicht verletzt hat, die Mitglieder rechtzeitig zur Sitzung einzuladen, die Sitzungsunterlagen im Zuge der Einladung mit zu übermitteln sowie seine Pflicht, den Mitgliedern der Überleitungskonferenz alle für die Beschlussfassung relevanten Unterlagen (insb betreffend das Auswahlverfahren für die Büroleitung) so rechtzeitig vor der Abstimmung über Anträge zur Verfügung zu stellen sind, sodass eine objektive Beurteilung der Unterlagen möglich ist;
- dass die Beschlüsse vom und vom unwirksam sind.“
3 Weiters wurde die Entscheidung über folgende Fragen beantragt:
„a) Haben die Einschreiter ein Recht auf eine zeitgerechte schriftliche Einladung und wurde dieses Recht im konkreten Fall verletzt?
b) Haben die Einschreiter das Recht, mit der Einladung zu einer Sitzung zur Entscheidungsfindung relevante Unterlagen mitgeschickt zu bekommen?
c) Haben die Einschreiter das Recht, alle für die Beschlussfassung relevanten Unterlagen so rechtzeitig vor der Abstimmung über Anträge zu erhalten, sodass eine objektive und eingehende Beurteilung der Unterlagen möglich ist?
d) Haben die Einschreiter ein Auskunftsrecht bzw. Recht auf Akteneinsicht?
e) Haben die Einschreiter das Recht, an der Auswahlentscheidung für den Büroleiter selbst mitzuwirken und sohin sämtliche Bewerber selbst einem Hearing zu unterziehen?
f) Wurde bei der Bestellung des Büroleiters und seines Stellvertreters im vorliegenden Fall das Stellungsbesetzungsgesetz eingehalten?
g) Ist es zulässig, bei der Bestellung des Büroleiters des Dachverbandes die fachliche Qualifikation nur mit 10% zu bewerten?
h) Ist es zulässig für den selben Tag zwei Sitzungen anzuberaumen, damit am selben Tag über einen Beschlussgegenstand mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann, obwohl zum Zeitpunkt der Ladung für die zweite Sitzung der Antrag auf neuerliche Abstimmung in einer weiteren Sitzung noch gar nicht gestellt worden ist?“
4 Die Bundesministerin stellte mit Bescheid vom unter Spruchpunkt I. fest, dass
„a) die Antragsteller ein Recht auf zeitgerechte schriftliche Einladung haben, dieses Recht im konkreten Fall jedoch nicht verletzt wurde und somit auch eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der Überleitungskonferenz nicht vorliegt,
aa) die Einladungen an Herrn H und Herrn S rechtzeitig ergangen sind,
bb) Frau Mag.a R für die Sitzung am um 18 Uhr keine Einladung erhalten hat, die Gründe hiefür aber nicht vom Büro des Hauptverbandes zu vertreten sind,
b) die Antragsteller ein Recht haben, im Rahmen des § 3 MGO mit der Einladung relevante Unterlagen mitgeschickt zu bekommen, dieses Recht im konkreten Fall jedoch nicht verletzt wurde und somit auch eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der Überleitungskonferenz nicht vorliegt,
c) die Antragsteller ein Recht haben, für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, dieses Recht im konkreten Fall jedoch nicht verletzt wurde und somit auch eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der Überleitungskonferenz nicht vorliegt,
d) ein Auskunftsrecht und ein Recht auf Akteneinsicht im gegenständlichen Zusammenhang nicht besteht,
e) die Antragsteller im Rahmen ihrer Funktion als Mitglieder der Überleitungskonferenz das Recht haben, an der Auswahlentscheidung für den Büroleiter mitzuwirken, was nicht zwingend das Recht auf Abhaltung eines Hearings umfasst - das Recht auf Mitwirkung im vorliegenden Fall somit nicht verletzt wurde,
f) eine Anberaumung von zwei Sitzungen am selben Tag im Zusammenhang mit dem Entscheidungsprocedere nach § 441a Abs. 2 ASVG im konkreten Fall zulässig war.“
5 Mit Spruchpunkt II. wurden folgende Anträge als unzulässig zurückgewiesen:
„a) Antrag auf Entscheidung betreffend die Einhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes,
b) Antrag auf Entscheidung über Zulässigkeit der Bewertung der fachlichen Qualifikation mit nur 10% bei der Bestellung des Büroleiters des Dachverbandes,
c) Antrag auf Feststellung, dass die Überleitungskonferenz am Vormittag des nicht gesetzeskonform besetzt war,
d) Antrag auf Feststellung, dass mangels Einladung aller Mitglieder Beschlüsse in der Sitzung am um 18 Uhr nicht wirksam gefasst werden konnten,
e) Antrag auf Feststellung, dass für die Auswahlentscheidung die Überleitungskonferenz zuständig ist,
f) Antrag auf Feststellung, dass die Beschlüsse vom 25. und unwirksam sind.“
6 Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass § 450 Abs. 1 ASVG die aufsichtsbehördliche Entscheidungskompetenz auf organisatorische Streitigkeiten beschränke. Gegenstand seien die den Mitgliedern des Verwaltungskörpers zukommenden Rechte und Pflichten im Prozess der Entscheidungsfindung, nicht jedoch die getroffenen Entscheidungen selbst.
7 Die revisionswerbenden Parteien erhoben gegen alle Spruchpunkte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
8 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht mit Spruchpunkt A.1.a) die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I.a., I.d., I.e. und I.f. ab. Die Spruchpunkte I.b. und I.c. wurden in Stattgebung der Beschwerde mit Spruchpunkt A.1.b) des angefochtenen Erkenntnisses behoben, und es wurde festgestellt, dass das Recht der revisionswerbenden Parteien, im Rahmen des § 3 der Muster-Geschäftsordnung (MU-GO) mit der Einladung relevante Unterlagen mitgeschickt zu bekommen, verletzt worden sei. Eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der Überleitungskommission liege jedoch nicht vor. Weiters werde festgestellt, dass das Recht der revisionswerbenden Parteien, für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, verletzt worden sei. Eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der Überleitungskommission liege (auch diesbezüglich) nicht vor. Hinsichtlich des Spruchpunktes II. in all seinen Unterpunkten wurde die Beschwerde mit Spruchpunkt A.2.a) des angefochtenen Erkenntnisses zurückgewiesen. Mit Spruchpunkt A.2.b) wurden die unter Punkt 6.2.f, 6.2.j und 6.3. der Beschwerde gestellten Anträge zurückgewiesen.
9 Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.a. des angefochtenen Bescheides aus, dass die Einladung zur ersten Sitzung am , 10 Uhr, innerhalb der „gesetzlich festgelegten“ Frist an die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien ergangen sei. Die Einladung zur zweiten Sitzung am , 18:30 Uhr, sei hingegen - nach einem Aviso am - erst am und somit nicht fristgerecht erfolgt. Es sei daher zu prüfen, ob ein wichtiger Grund im Sinn des § 3 Abs. 4 MU-GO für die Fristunterschreitung vorliege. Als wichtiger Grund sei die in § 538z Abs. 7 Z 1 ASVG festgelegte Bestellung des Büroleiters mit Wirkung ab zu werten. Diese Festlegung bedinge einen sehr knappen zeitlichen Rahmen. Die nicht rechtzeitige Bestellung eines Büroleiters würde eine Gesetzesverletzung darstellen. Die Funktionsperiode des kommissarischen Leiters gemäß § 26 MU-GO sei mit ausgelaufen. Um vor diesem Hintergrund den gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen einhalten zu können, sei eine „teilweise Verkürzung“ der achttägigen Einladungsfrist für die zweite Sitzung am aus einem wichtigen Grund erforderlich gewesen. Der ursprünglich für die Bestellung des Büroleiters vorgesehene Sitzungstermin am habe für die „rechtliche Fundierung des Ausschreibungsprozedere“ mit einem „Sanierungsbeschluss“ genutzt werden müssen. Entgegen der ursprünglich vertretenen Ansicht der Aufsichtsbehörde, dass der Beschluss betreffend die Ausschreibung am mit rechtskonformer Mehrheit gefasst worden sei, sei in der Sitzung am nämlich die bescheidmäßige Aufhebung des Beschlusses vom angekündigt worden. In weiterer Folge sei daher die Einhaltung der achttägigen Einladungsfrist für die zweite Sitzung am nicht mehr möglich gewesen. Ein missbräuchliches Vorgehen könne in diesem Zusammenhang nicht erkannt werden. Zudem sei die tatsächliche Sitzungsteilnahme ermöglicht und damit die Ausübung der Mitwirkungsrechte sichergestellt worden. Eine langfristige Planung für die einzelnen Mitglieder sei insofern gewährleistet gewesen, als eine Sitzung für den in der konstituierenden Sitzung der ÜLK im Sitzungsplan vorgesehen gewesen sei. Hinzugekommen sei ein vorhergehendes Terminaviso. Die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien hätten auch tatsächlich an der Sitzung teilgenommen.
10 Bei den Einladungen für die Sitzungen am um 15:30 und 17 Uhr sei die Einladungsfrist ebenfalls nicht eingehalten worden. Zum Vorliegen eines wichtigen Grundes dafür werde auf die Ausführungen zur gesetzlich festgelegten Frist für die Bestellung des Büroleiters durch die ÜLK verwiesen. Um den gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen einhalten zu können, sei eine Verkürzung der Einladungsfrist aus einem wichtigen Grund erforderlich gewesen. Die Sitzungen am seien - wie bereits ausgeführt - ursprünglich für die Bestellung des Büroleiters vorgesehen gewesen. Auf Grund des notwendig gewordenen Sanierungsbeschlusses habe die Büroleiterbestellung zu diesem Termin nicht abgewickelt werden können. Zudem seien bereits in der Ladung für die zweite Sitzung am , die am ergangen sei, diese beiden Sitzungstermine für ausdrücklich avisiert worden, sodass sie für die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien nicht überraschend gekommen seien. Sie seien bei der Sitzung auch anwesend gewesen.
11 Die drittrevisionswerbende Partei habe für die zweite Sitzung am keine Einladung erhalten. Sie sei an diesem Tag um 15:30 Uhr noch bei der Sitzung der AUVA anwesend gewesen, in der sie zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden sei. Zum Zeitpunkt der Versendung der Einladungen für die beiden Sitzungen am sei noch Mag. A gewählter stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AUVA und damit Mitglied der ÜLK gewesen. Die drittrevisionswerbende Partei sei noch nicht Mitglied der ÜLK gewesen, sodass ihr zum Versendungszeitpunkt auch keine Einladung zuzustellen gewesen sei. Nach ihrer Wahl sei dem Büro des Hauptverbandes weder dieser Umstand noch ihre E-Mail-Adresse bekannt gewesen. Die diesbezügliche Information sei erst am vormittags erfolgt. Damit sei es dem Büro des Hauptverbandes unmöglich gewesen, eine Einladung zur zweiten Sitzung am zu versenden. Ein Versäumnis liege daher nicht vor. Nach telefonischer Bekanntgabe am , dass die drittrevisionswerbende Partei die Vorsitzstellvertretung im Verwaltungsrat der AUVA innehabe, sei ihr noch am selben Tag der Zugang zur „Komfor“-Plattform eingerichtet worden. Damit sei ihr ermöglicht worden, in die dort bereitgestellten Einladungen und Unterlagen Einsicht zu nehmen. Der drittrevisionswerbenden Partei sei es damit offen gestanden, sich entsprechend zu informieren. Dem Büro des Hauptverbandes und dem Vorsitzenden der ÜLK sei keine Verletzung der Mitwirkungsrechte der drittrevisionswerbenden Partei zuzurechnen.
12 Zur Beschwerdestattgebung betreffend Spruchpunkt I.b. und I.c. des angefochtenen Bescheides führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass gemäß § 3 Abs. 2 MU-GO der Einladung zur Sitzung soweit wie möglich bereits die schriftlichen Sitzungsunterlagen beizulegen seien. Das bedeute, dass Unterlagen, die bereits vorhanden seien, der Einladung zur Sitzung anzuschließen seien. Anders als die Bundesministerin im angefochtenen Bescheid festgestellt habe, habe die kommissarische Leiterin selbst die vertraulichen Berichte der Kandidaten bereits am vom beauftragten Personalberatungsbüro übermittelt bekommen. Eine frühere Weiterleitung bzw. eine Versendung dieser Unterlagen gemeinsam mit der Einladung zur ersten Sitzung am wäre daher möglich gewesen. Diese vertraulichen Berichte seien zur Vorbereitung der Beschlussfassung der Büroleitung wesentlich gewesen. Unterlagen zum Tagesordnungspunkt „Bestellung der Büroleitung“ seien den Mitgliedern der ÜLK zwar am zu Mittag elektronisch zur Verfügung gestellt worden. Auch sei vom Vertreter des Personalberatungsunternehmens der Ablauf des dreistufigen Beurteilungsverfahrens in der ersten Sitzung am dargelegt worden, und die Mitglieder der ÜLK hätten im Rahmen der Sitzungsunterbrechung Gelegenheit gehabt, die Berichte und die Unterlagen aller Kandidaten persönlich einzusehen. Im Hinblick auf den großen Umfang der vom Personalberater vorgelegten Unterlagen (ca. 400 Seiten) in Verbindung mit dem kurzen Zeitraum zur Einsichtnahme in diese wäre aber jedenfalls zur angemessenen Vorbereitung der anstehenden Beschlussfassung in den Sitzungen am die vollständige Übermittlung der bereits am vorliegenden vertraulichen Berichte an diesem Tag bzw. zumindest am an die Mitglieder der ÜLK geboten gewesen. Vor diesem Hintergrund liege eine Verletzung der im § 3 MU-GO eingeräumten Rechte, die für die Beschlussfassung relevanten Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, vor.
13 Eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der ÜLK könne jedoch nicht erkannt werden. Dieser habe nämlich nicht gewusst, dass die vertraulichen Berichte der kommissarischen Leiterin schon am übergeben worden seien.
14 Zur Beschwerdeabweisung hinsichtlich Spruchpunkt I.d. des angefochtenen Bescheides betreffend das Recht auf Auskunft und Akteneinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es sich „bei der ÜLK“ um „organisationsinterne Vorgänge im Rahmen der internen Willensbildung und damit um kein Verwaltungsverfahren zwischen Parteien und Behörde“ handle. Für die organisationsinternen Vorgänge der ÜLK und deren Willensbildung seien die Bestimmungen der MU-GO maßgeblich. Diese sehe kein Recht auf Akteneinsicht im Sinn des AVG vor. Das Auskunftsrecht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG „richtet sich an die jeweiligen Organe als solches“. Es betreffe jedenfalls nicht die organisationsinternen Vorgänge in einem Kollegialorgan wie der ÜLK. Maßgebend für ein Kollegialorgan sei die Geschäftsordnung. Im gegenständlichen Verfahren komme die MU-GO zur Anwendung, die kein Auskunftsrecht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG bzw. Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG vorsehe.
15 Zur Beschwerdeabweisung hinsichtlich Spruchpunkt I.e. des angefochtenen Bescheides erklärte das Bundesverwaltungsgericht, dem Beschwerdevorbringen, wonach die diesbezügliche Begründung der Bundesministerin mangelhaft geblieben sei, könne nicht gefolgt werden. Den Mitgliedern der ÜLK komme das Recht und die Pflicht zu, an der Auswahlentscheidung für die Büroleitung mitzuwirken. Die Beschlussfassung obliege dem Gremium als Kollegialorgan. Ein Recht des einzelnen Mitglieds darauf, dass der Bestellung der Büroleitung jedenfalls ein Hearing voranzugehen habe, bestehe nicht und sei auch keiner gesetzlichen Bestimmung zu entnehmen. Der kommissarische Leiter sei mit Mehrheitsbeschluss der ÜLK mit der Durchführung des Auswahlverfahrens beauftragt worden. Die Bestellung der Büroleitung sei mit Mehrheitsbeschluss der ÜLK am erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege es im Wesen der demokratischen Grundsätze, dass Repräsentanten einzelner Pflichtmitglieder eines Selbstverwaltungskörpers in dessen Organen überstimmt werden könnten.
16 Hinsichtlich der Beschwerdeabweisung zu Spruchpunkt I.f. des angefochtenen Bescheides erklärte das Bundesverwaltungsgericht, dass § 441a Abs. 2 ASVG ein zweistufiges System der Beschlussfassung zugrunde liege. Die ÜLK fasse gültige Beschlüsse nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Komme so kein gültiger Beschluss zustande, werde die Angelegenheit auf Antrag eines Mitglieds in einer weiteren Sitzung behandelt. Die Beschlussfassung in dieser weiteren Sitzung erfordere nur mehr die Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern. Im Regelfall werde eine weitere Sitzung zur neuerlichen Abstimmung wohl erst nach dem Scheitern der einstimmigen Beschlussfassung einberufen werden. In der gegenständlichen Fallkonstellation sei eine derartige Vorgangsweise auf Grund des vom Gesetzgeber vorgegebenen äußerst knappen Zeitrahmens nicht möglich gewesen. Es sei daher sachlich geboten gewesen, für den Fall des Scheiterns der Abstimmung nach dem Einstimmigkeitsprinzip am vormittags und am vormittags bereits „vorab präventiv“ jeweils einen zweiten Sitzungstermin anzuberaumen. Es sei in der ersten Sitzung nach Scheitern der Einstimmigkeit in der ersten Sitzung am der im Gesetz vorgesehene Antrag zur Abhaltung einer weiteren Sitzung gestellt worden. Dies gelte auch für die erste Sitzung am , in der ein solcher Antrag zwar nicht explizit gestellt worden sei, jedoch die Aussage des Vorsitzenden eindeutig darauf schließen lasse, dass die Behandlung des Gegenstandes in einer weiteren Sitzung erfolgen solle. Daraus ergebe sich schlüssig, dass ein Antrag auf eine weitere Sitzung zur Behandlung des Gegenstands gestellt worden sei. Die Anberaumung von zwei Sitzungen am selben Tag in Zusammenhang mit dem Entscheidungsprozedere nach § 441a Abs. 2 ASVG sei daher im gegenständlichen Fall zulässig.
17 Zur Begründung seines Spruchpunktes A.2. führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Bundesministerin im Spruchpunkt II. ihres Bescheides nur formal und nicht inhaltlich über die Anträge abgesprochen habe. Die revisionswerbenden Parteien hätten in der Beschwerde aber einen inhaltlichen Abspruch begehrt, indem sie beantragt hätten, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid „dahin abändern, dass festgestellt wird...“. Ein inhaltlicher Abspruch durch das Bundesverwaltungsgericht sei diesbezüglich jedoch unzulässig, weil lediglich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung bekämpft werden hätte können. Keinesfalls könne in diesem Zusammenhang ein inhaltlicher Abspruch über die Anträge begehrt werden, weil damit die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde. Die Beschwerdeanträge seien insoweit daher zurückzuweisen gewesen.
18 Die Zurückweisung der in der Beschwerde unter Punkt 6.2f und 6.2j gestellten Anträge (auf Feststellung, „dass die einzelnen Mitglieder der Überleitungskonferenz auch ein Recht auf Informationserhalt und Einsicht in Unterlagen außerhalb von Sitzungen haben“ bzw. dass „die Überleitungskonferenz gegenständlich ihrer Verpflichtung zur Entscheidung der Bestellung eines/einer Büroleiters/in bzw. dessen/deren Stellvertreters/in nicht rechtzeitig nachgekommen ist“) begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass diese erstmals in der Beschwerde gestellt worden seien und keinen Entscheidungsgegenstand der belangten Behörde dargestellt hätten, sodass mit ihrer inhaltlichen Behandlung durch das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde.
19 Der unter Punkt 6.3. der Beschwerde gestellte Antrag, die Beschlüsse der Überleitungskonferenz vom und als rechtswidrig aufzuheben, sei zurückzuweisen gewesen, weil solche Beschlüsse nur gemäß § 449 ASVG durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben werden könnten, was wiederum beim Bundesverwaltungsgericht bekämpft werden könnte. Für eine Aufhebung von Beschlüssen der Überleitungskonferenz durch das Bundesverwaltungsgericht gebe es hingegen keine gesetzliche Grundlage.
20 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht schließlich aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil es für die gegenständliche Entscheidung an „einer Rechtsprechung zu den maßgebenden Bestimmungen der MU-GO und des ASVG“ fehle.
21 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - erwogen hat:
22 Vorauszuschicken ist, dass die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision unzureichend war, weil nicht konkret angeführt wurde, zu welchen im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Es lag daher an den revisionswerbenden Parteien selbst, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen (vgl. etwa , Rn. 6, mwN).
23 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Revision geltend gemacht, dass zu folgenden Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle:
1. „Ist ein Verwaltungskörper - gegenständlich die ÜLK - gesetzmäßig zusammengesetzt, wenn es zu einem bestimmten Entscheidungszeitpunkt nicht die im Gesetz vorgesehene Anzahl von Mitgliedern gibt?“ Die Beantwortung dieser Frage sei für das gegenständliche Verfahren deswegen entscheidend, weil die rechtswidrige Zusammensetzung des Verwaltungskörpers dazu geführt habe, dass die Beschlüsse der ÜLK zumindest vom , aber in letzter Konsequenz auch der darauf aufbauende Beschluss vom zur Bestellung des Büroleiters nichtig seien.
2. „Welche Konsequenzen haben die vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Verletzungen der Rechte der Revisionswerber als Mitglieder der ÜLK, konkret die Verletzung des Rechts, mit der Einladung zur Sitzung alle wesentlichen Unterlagen mitgeschickt zu bekommen und für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten?“ Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Rechte als bestehend und gegenständlich verletzt beurteilt, es sei aber keine Rechtsfolge daraus abgeleitet worden. Aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen sei abzuleiten, dass die Verletzung von formalen Voraussetzungen zur Entscheidungsfindung eine getroffene Entscheidung mit Rechtswidrigkeit belaste.
3. „Ermöglicht es § 450 ASVG den Mitgliedern von Verwaltungskörpern, eine inhaltliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der von einem Verwaltungskörper gefassten Beschlüsse herbeizuführen?“ Gegenständlich bestehe zwischen den Mitgliedern des Verwaltungskörpers ÜLK ein Streit über Rechte und Pflichten, der sich um die Bestellung des Büroleiters des Dachverbandes und dessen Stellvertreters drehe. Wenn die Aufsichtsbehörde über einen Streit der Rechte und Pflichten des Verwaltungskörpers zu entscheiden habe, wenn ihr die Rechtmäßigkeitskontrolle obliege und wenn sie Beschlüsse der Verwaltungskörper auch aufheben könne, müsse es den Mitgliedern der ÜLK möglich sein, eine inhaltliche Entscheidung über das Verfahren nach § 450 ASVG herbeizuführen.
4. „Haben die Revisionswerber ein Recht auf eine zeitgerechte schriftliche Einladung und wurde dieses Recht im konkreten Fall verletzt?“
5. „Ist es zulässig, für den selben Tag zwei Sitzungen anzuberaumen, damit am selben Tag über einen Beschlussgegenstand dann mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann, obwohl zum Zeitpunkt der Ladung für die zweite Sitzung der Antrag auf neuerliche Abstimmung in einer weiteren Sitzung noch gar nicht gestellt worden ist?“ Diese Frage sei vor der Maxime der sozialpartnerschaftlichen Konsensfindung zu sehen. Wenn Sitzungen zu kurz hintereinander anberaumt würden, werde zwischen Diskussionen eine „cool-off“-Phase verunmöglicht und eine objektive Auseinandersetzung mit den Argumenten der jeweiligen anderen Seite erschwert bis verunmöglicht.
6. „Haben die Revisionswerber ein Auskunftsrecht bzw. Recht auf Akteneinsicht?“
7. „Ist bei der Bestellung des Büroleiters das Stellenbesetzungsgesetz anzuwenden? Wurde bei der Bestellung des Büroleiters und seines Stellvertreters im vorliegenden Fall das Stellenbesetzungsgesetz eingehalten?“
8. „Haben die Revisionswerber das Recht, an der Auswahlentscheidung für den Büroleiter selbst mitzuwirken und sohin sämtliche Bewerber selbst einem Hearing zu unterziehen?“
9. „Ist es zulässig, bei der Bestellung des Büroleiters des Dachverbandes die fachliche Qualifikation nur mit 10% zu bewerten?“
10. „Kommt es auf ein Verschulden bei der Rechtsverletzung an?“ Sowohl die Bundesministerin als auch das Bundesverwaltungsgericht argumentierten damit, dass an den festgestellten Rechtsverletzungen niemanden ein Verschulden treffe, was zu einer Rechtsfolgenlosigkeit führe. Die Revisionswerber verträten die Auffassung, dass es für eine Rechtsverletzung und die daraus resultierenden Folgen (Mangelhaftigkeit und Rechtswidrigkeit von Beschlüssen etc.) auf ein Verschulden nicht ankomme, weil die Einhaltung der formalisierten Verfahren rein nach objektiven Kriterien zu prüfen sei.
24 Zum zurückweisenden Teil des angefochtenen Erkenntnisses wird geltend gemacht, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit der unzulässigen Zurückweisung durch die Bundesministerin auseinandersetzen hätte müssen. Es sei in der Beschwerde dargelegt worden, dass die Bundesministerin inhaltlich zu entscheiden gehabt hätte. Auch die unter Punkt 6.2.f und 6.2.j gestellten Anträge hätten vom Bundesverwaltungsgericht nicht zurückgewiesen werden dürfen, weil sie sich „auf denselben Verfahrensgegenstand und damit auf denselben Inhalt des Behördenverfahrens“ bezögen. Es handle sich um Präzisierungen der bereits im ursprünglichen Antrag enthaltenen Fragen und insofern um zulässige Änderungen im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG. Zur Zurückweisung im Hinblick auf den Antrag unter Punkt 6.3. der Beschwerde auf Aufhebung der Beschlüsse der ÜLK vom 25. und meint die Revision, die Bundesministerin habe dadurch, dass sie die entsprechenden, schon ursprünglich gestellten Anträge zurückgewiesen habe, eine „Grundlage für die Beschwerdeerhebung und zusätzlich einen Anspruch auf Entscheidung für die Revisionswerber“ geschaffen habe. Der Streit über die Frage, ob bestimmte Beschlüsse des Verwaltungskörpers gültig zustande gekommen seien, sei der „Paradefall“ der Anwendung des § 450 ASVG. Wenn diesbezüglich keine Überprüfung möglich wäre, wäre jeder Verstoß gegen die Gesetze im Allgemeinen und die Satzung des Verwaltungskörpers im Besonderen folgenlos.
25 Die Revision ist zur Klärung der Rechtslage zulässig. Sie ist teilweise auch berechtigt.
I. Allgemeines
26 Die in § 538z ASVG vorgesehene Überleitungskonferenz, die in sinngemäßer Anwendung der für die Konferenz der Sozialversicherungsträger des Dachverbandes (kurz: Konferenz) nach § 441a idF BGBl. I Nr. 100/2018 geltenden Bestimmungen zu bilden ist und deren Mitglieder gemäß § 538z Abs. 2 ASVG ab die Mitglieder der Konferenz sind, ist als Verwaltungskörper des - mit anstelle des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger geschaffenen - Dachverbandes anzusehen. Für Streitigkeiten über die Rechte ihrer Mitglieder gilt daher - wovon auch die Parteien des vorliegenden Verfahrens und das Bundesverwaltungsgericht ausgehen - § 450 ASVG.
27 Gemäß § 450 Abs. 1 ASVG hat die Aufsichtsbehörde vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit anderer Stellen und unbeschadet der Rechte Dritter bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder sowie über die Auslegung der Satzung zu entscheiden. Gemäß dem von den revisionswerbenden Parteien in ihrem Antrag ebenfalls genannten § 449 Abs. 1 letzter Satz ASVG kann die Aufsichtsbehörde in Ausübung des Aufsichtsrechts Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben.
28 Schon die Gegenüberstellung dieser beiden Bestimmungen macht deutlich, dass § 449 Abs. 1 letzter Satz ASVG nur eine amtswegige Befugnis der Aufsichtsbehörde vorsieht (vgl. dazu auch Frank in SV-Komm, § 449 ASVG Rz 7), während aus § 450 Abs. 1 ASVG auch ein Rechtsanspruch der Mitglieder der Verwaltungskörper bzw. der Verwaltungskörper selbst auf ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde abzuleiten ist (wenngleich in aller Regel auf die Ausübung der Aufsicht kein Rechtsanspruch besteht, kann ein solcher gesetzlich vorgesehen werden - vgl. Hauer, Aufsicht und Kontrolle, in Selbstverwaltung in Österreich [2009] 75 [96]). Dieses Tätigwerden beinhaltet aber - wie aus dem Wortlaut des § 450 Abs. 1 ASVG hervorgeht - nur die Entscheidung über die Rechte und Pflichten der Mitglieder bzw. der Verwaltungskörper sowie die Auslegung der Satzung und nicht auch eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Aufgabenerfüllung der Verwaltungskörper. Auch über den Umweg des § 450 Abs. 1 ASVG kann somit kein Recht der Mitglieder auf Überprüfung der Beschlüsse des Verwaltungskörpers in der Art eines Rechtsmittelverfahrens abgeleitet werden. Sollte es in einem Verfahren nach § 450 Abs. 1 ASVG um aus Beschlüssen des Verwaltungskörpers abzuleitende Rechte oder Pflichten der Mitglieder gehen, wäre allenfalls inzident zu prüfen, ob diese Beschlüsse absolut nichtig sind. Selbstverständlich kann ein solches Verfahren der Aufsichtsbehörde auch Anlass geben, derartige Beschlüsse nach § 449 Abs. 1 ASVG aufzuheben, allerdings ohne dass darauf ein Rechtsanspruch bestünde.
29 Im Übrigen bezieht sich die Entscheidungsbefugnis der Aufsichtsbehörde nach § 450 Abs. 1 ASVG - soweit es nicht um die Auslegung der Satzung geht - auf „Streit über die Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder“. Sie dient demnach der Klärung des Umfangs von (sich aus dieser Funktion ergebenden - also organisationsrechtlichen) Rechten und Pflichten der Mitglieder der Verwaltungskörper und der Verwaltungskörper selbst. Sie bietet hingegen keine Grundlage für die Feststellung objektiver Rechtsverletzungen ohne Bezug auf die Rechte und Pflichten der (Mitglieder der) Verwaltungskörper.
30 Ausgeschlossen ist auch die Entscheidung über rein theoretische Auslegungsfragen: Anlass für ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde nach § 450 ASVG muss stets ein konkreter Streit über Rechte und Pflichten bzw. über die Auslegung der Satzung sein (vgl. in diesem Sinn - zur Zuständigkeit der Landesschiedskommission nach § 345 Abs. 2 Z 1 ASVG - ; s. auch Frank in SV-Komm, § 450 ASVG Rz 3). Soweit es um Rechte und Pflichten der Mitglieder bzw. des Verwaltungskörpers geht, ist (nur) dieser konkrete Streit zu entscheiden. Weder kommt es auf ein allfälliges Verschulden der Beteiligten an, noch sind darüber hinausgehende generelle Feststellungen zu treffen.
II. Zu Spruchpunkt A.2. des angefochtenen Erkenntnisses
31 Aus diesen Grundsätzen folgt schon, dass die Zurückweisung der Feststellungsanträge mit Spruchpunkt II. des Bescheides der Bundesministerin im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.
32 Die Feststellung, dass die Beschlüsse vom 25. und unwirksam seien, käme einer - gemäß § 449 Abs. 1 letzter Satz ASVG nur von Amts wegen vorzunehmenden - Aufhebung dieser Beschlüsse gleich. Die Feststellungsanträge hinsichtlich der Einhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes, der Zulässigkeit der Bewertung der fachlichen Qualifikation bei der Bestellung des Büroleiters mit nur 10%, der nicht gesetzeskonformen Besetzung der ÜLK am Vormittag des und der Zuständigkeit der ÜLK für die Auswahl des Büroleiters bezogen sich weder auf Rechte (oder Pflichten) der antragstellenden Mitglieder noch auf die Auslegung von Satzungsbestimmungen.
33 Allerdings hätte das Bundesverwaltungsgericht die gegen den zurückweisenden Spruchteil erhobene Beschwerde seinerseits nicht zurückweisen dürfen. Vielmehr wäre die Beschwerde insoweit - nach Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Zurückweisung durch die Aufsichtsbehörde zu Recht erfolgt ist - abzuweisen gewesen. Daran ändert nichts, dass in der Beschwerde zu diesem Entscheidungsgegenstand auch Anträge auf eine meritorische Entscheidung gestellt wurden, die die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten hätten, enthielt die Beschwerde doch - wenn auch nur „in eventu“ - auch einen allgemeinen Aufhebungsantrag, der jedenfalls auch hinsichtlich des zurückweisenden Teils des bekämpften Bescheides zulässig war (wobei es nicht erforderlich war, die „Hauptanträge“ auf meritorische Entscheidung spruchmäßig zurückzuweisen: Das Verwaltungsgericht ist bei der Wahrnehmung seiner Entscheidungskompetenzen nach § 28 VwGVG nicht an eine in der Beschwerde festgelegte Reihenfolge gebunden).
34 Soweit mit der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides der Bundesministerin zurückgewiesen wurde, war der Revision daher Folge zu geben, wobei der Spruch der angefochtenen Entscheidung im Rahmen einer Sachentscheidung gemäß § 42 Abs. 4 VwGG abgeändert werden konnte.
35 Die Zurückweisung der unter Punkt 6.2f, 6.2j und 6.3. der Beschwerde gestellten Anträge durch das Bundesverwaltungsgericht ist hingegen zu Recht erfolgt, weshalb die Revision insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
36 Hinsichtlich des Antrags unter Punkt 6.3. folgt das schon daraus, dass - wie oben ausgeführt - ein subjektives Recht auf Aufhebung von Beschlüssen der Verwaltungskörper durch die Aufsichtsbehörde nicht besteht. Hinsichtlich der Anträge unter Punkt 6.2f und 6.2j hat das Bundesverwaltungsgericht richtig erkannt, dass diese erstmals in der Beschwerde gestellt wurden und kein Entscheidungsgegenstand der Bundesministerin waren, sodass eine inhaltliche Entscheidung darüber auch die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten hätte. Soweit der Antrag unter Punkt 6.2f der Beschwerde eine Präzisierung des ursprünglichen Antrags dargestellt hat, war darauf ohnedies im Rahmen der inhaltlichen Behandlung dieses Antrags einzugehen (siehe dazu unten III.4.).
III. Zu Spruchpunkt A.1. des angefochtenen Erkenntnisses
1. Allgemeines
37 Mit Spruchpunkt A.1. entschied das Bundesverwaltungsgericht inhaltlich - teils abweisend, teils stattgebend - über Feststellungsanträge der revisionswerbenden Parteien. Grundlage in materieller Hinsicht war dafür einerseits § 441a Abs. 2 ASVG betreffend die Beschlusserfordernisse der Trägerkonferenz, auf den § 538z Abs. 6 ASVG - mit einer Maßgabe, die hier unerheblich ist - verweist, und andererseits die als Anlage zu der von der Bundesministerin unter BGBl. II Nr. 97/2019 erlassenen Verordnung angeschlossene Mustergeschäftsordnung (kurz: MU-GO), die gemäß § 538z Abs. 5 ASVG Grundlage für die von der ÜLK selbst zu beschließende Geschäftsordnung sein soll. Es wurde nicht festgestellt, dass von der ÜLK ein derartiger Beschluss über eine Geschäftsordnung gefasst wurde. Allerdings bestimmt § 456a Abs. 4 ASVG allgemein, dass die für die Verwaltungskörper erlassenen Mustergeschäftsordnungen so lange unmittelbar als Geschäftsordnungen gelten, bis für den einzelnen Verwaltungskörper eine Geschäftsordnung erlassen worden ist (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Regelung vgl. VfSlg. 20.361/2019, Punkt IV.2.5.3.2.). Diese Bestimmung ist gemäß § 456a Abs. 5 ASVG auch auf die Verwaltungskörper des Dachverbandes und damit letztlich auch auf die ÜLK anzuwenden. Die MU-GO (die gemäß § 1 Abs. 3 der zitierten Verordnung für die Zeit vom bis zum Ablauf des auch für die ÜLK gilt) ist demnach jedenfalls zu Recht als Basis für die nach § 450 Abs. 1 ASVG getroffenen Feststellungen herangezogen worden.
2. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.a. des Bescheides
38 Mit dem vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt I.a. stellte die Bundesministerin fest, dass die revisionswerbenden Parteien ein Recht auf zeitgerechte schriftliche Einladung zu Sitzungen hätten, dieses Recht jedoch im konkreten Fall nicht verletzt worden sei und somit auch keine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der ÜLK vorliege; die Einladungen an den Erst- und Zweitrevisionswerber seien rechtzeitig ergangen, die Drittrevisionswerberin habe für die Sitzung am um 18 Uhr keine Einladung erhalten, wofür die Gründe aber nicht vom Büro des Hauptverbandes zu vertreten seien.
39 Das grundsätzliche Recht auf zeitgerechte schriftliche Einladungen ergibt sich klar aus § 3 Abs. 1 MU-GO, wonach Einladungen zu den Sitzungen nachweislich spätestens acht Kalendertage vor dem Sitzungstag unter Angabe von Ort, Beginn und Tagesordnungsentwurf auszusenden sind. Gemäß § 3 Abs. 4 MU-GO kann auf die Einhaltung der Einladungsfrist aber ausnahmsweise aus einem wichtigen Grund verzichtet werden.
40 Ein wichtiger Grund in diesem Sinn kann nur dann anerkannt werden, wenn dadurch die Einhaltung der Einladungsfrist von acht Tagen unmöglich gemacht wurde. Auch in diesem Fall ist die Einladungsfrist aber nur im erforderlichen Ausmaß zu unterschreiten. Die Bundesministerin und ihr folgend das Bundesverwaltungsgericht bejahten einen derartigen Ausnahmegrund im Hinblick auf den „sehr knappen zeitlichen Rahmen“ für die Bestellung des Büroleiters und den auf Grund eines zunächst gesetzwidrig zustande gekommenen Beschlusses notwendig gewordenen zusätzlichen Sitzungstermin. Das Bestehen von Zeitdruck mag zwar zutreffend sein, allerdings wurde nicht dargelegt, warum sich aus den festgestellten Umständen des vorliegenden Falles die Notwendigkeit ergab, die Einladung für die Sitzung am um 18:30 Uhr erst am Vortag - statt mindestens acht Tage vor dem Sitzungstermin - zu versenden.
41 Ähnliches gilt hinsichtlich der Einladungen für die Sitzungen am um 15:30 und um 17 Uhr: Sie erfolgten am bzw. . Konkrete Gründe für eine so massive Verkürzung der Einladungsfrist sind auch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht ersichtlich.
42 In Bezug auf die behauptete Verletzung des Rechts auf rechtzeitige Einladungen war der Revision daher im Ergebnis Folge zu geben und der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 4 VwGG entsprechend abzuändern, wobei es - wie unter Punkt I. erwähnt - nicht auf ein Verschulden des Vorsitzenden an den nicht rechtzeitigen Einladungen angekommen ist und auch die - nur die Gegenseite der Verletzung des Rechts der Mitglieder darstellende - Pflichtverletzung nicht eigens festzustellen war.
43 Auch hinsichtlich der Frage, ob es unter den hinsichtlich der Drittrevisionswerberin vorgelegenen Umständen rechtmäßig war, dass überhaupt keine Einladung ergeht, kommt es - anders als das Bundesverwaltungsgericht meint - nicht auf ein Verschulden der dafür verantwortlichen Personen an.
44 Die Drittrevisionswerberin wurde nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts am „um ca. 15:30 Uhr“ zur stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats der AUVA gewählt und nach Annahme der Wahl sofort vereidigt. Damit wurde sie auch zum Mitglied der ÜLK. Ab diesem Zeitpunkt waren ihr Einladungen für alle danach noch stattfindenden Sitzungen - einschließlich jener am um 18:30 Uhr - zuzustellen. Dafür, dass das in Anbetracht einer bekanntermaßen stattfindenden Wahl, die auf die Zusammensetzung der ÜLK Auswirkungen hat, sichergestellt wird, ist durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen Sorge zu tragen.
45 Auch insoweit war der Revision im Ergebnis Folge zu geben und das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 4 VwGG abzuändern.
3. Zur Stattgabe der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.b. und Ic. des Bescheides
46 Mit Spruchpunkt I.b. hatte die Bundesministerin festgestellt, dass die revisionswerbenden Parteien ein Recht hätten, „im Rahmen des § 3 MU-GO“ mit der Einladung relevante Unterlagen mitgeschickt zu bekommen, dieses Recht im konkreten Fall jedoch nicht verletzt worden sei und somit auch eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der ÜLK nicht vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht behob diesen Spruchpunkt und stellte fest, dass das Recht der revisionswerbenden Parteien, im Rahmen des § 3 MU-GO mit der Einladung relevante Unterlagen mitgeschickt zu bekommen, verletzt worden sei, eine Pflichtverletzung der Vorsitzenden der ÜLK jedoch nicht vorliege.
47 Mit Spruchpunkt I.c. hatte die Bundesministerin festgestellt, dass die revisionswerbenden Parteien ein Recht hätten, für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, dieses Recht im konkreten Fall jedoch nicht verletzt worden sei und somit auch eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden der ÜLK nicht vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht behob auch diesen Spruchpunkt und stellte fest, dass das Recht der revisionswerbenden Parteien, für die Beschlussfassung relevante Unterlagen rechtzeitig zu erhalten, verletzt worden sei, eine Pflichtverletzung der Vorsitzenden der ÜLK jedoch nicht vorliege.
48 Das Recht der revisionswerbenden Parteien als Mitglieder der ÜLK, mit der Einladung relevante Unterlagen übermittelt zu bekommen bzw. für die Beschlussfassung relevante Unterlagen soweit möglich rechtzeitig zu erhalten, steht damit im Revisionsverfahren außer Streit und ist nach § 3 Abs. 2 MU-GO auch nicht zweifelhaft. Strittig ist nur, ob den Vorsitzenden der ÜLK an der Verletzung dieses Rechts im konkreten Fall ein Verschulden traf. Dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht verneint, weil der Vorsitzende die fraglichen Unterlagen von der kommissarischen Leiterin - bei der sie nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls vor der Sitzung vom bereits vorhanden waren - selbst nicht zeitgerecht erhalten hatte und von ihrem Einlangen bei der kommissarischen Leiterin nichts wusste. Die Feststellung des Verschuldens an einer Rechtsverletzung ist aber, wie ausgeführt, nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 450 Abs. 1 ASVG, und es war auch nicht - ebenso wenig wie in Zusammenhang mit dem Recht auf rechtzeitige Sitzungseinladungen (vgl. Rn. 42) - eine Pflichtverletzung des Vorsitzenden festzustellen.
49 Die betreffenden Spruchpunkte waren daher in Stattgabe der Revision gemäß § 42 Abs. 4 VwGG entsprechend abzuändern.
4. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.d. des Bescheides
50 Mit dem vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt I.d. des Bescheides der Bundesministerin wurde festgestellt, dass „ein Auskunftsrecht und ein Recht auf Akteneinsicht im gegenständlichen Zusammenhang nicht besteht“. Dies wurde sowohl von der Bundesministerin als auch vom Bundesverwaltungsgericht damit begründet, dass für die Mitglieder der ÜLK nicht § 17 AVG, sondern die MU-GO maßgeblich sei, die aber kein Recht auf Akteneinsicht vorsehe. Das Auskunftsrecht nach Art. 20 Abs. 4 B-VG wiederum richte sich an die jeweiligen Organe, betreffe aber nicht die organisationsinternen Vorgänge in einem Kollegialorgan wie der ÜLK. Die für die ÜLK maßgebliche MU-GO sehe kein Auskunftsrecht vor.
51 Diese Begründung greift jedoch zu kurz. Die revisionswerbenden Parteien hatten nicht das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG bzw. das Auskunftsrecht nach Art. 20 Abs. 4 B-VG geltend gemacht, sondern ein allgemeines Recht auf Auskunft und Informationen sowie Einsicht in Unterlagen zu Beschlussgegenständen der ÜLK, konkret zur Bestellung des Büroleiters und seines Stellvertreters; der Erstrevisionswerber bat konkret am und am um Einsicht in die Bewerbungs- und Bewertungsunterlagen, die von der kommissarischen Leiterin nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts nur mit Verzögerung zur Verfügung gestellt wurden, obwohl sie (ungeachtet der Beauftragung eines Personalberatungsunternehmens mit der Durchführung eines Auswahlverfahrens und der Erstattung eines Besetzungsvorschlags) für die Beschlussfassung über die Bestellung des Büroleiters und seines Stellvertreters zumindest potentiell relevant waren. Die Begründung des geltend gemachten Auskunfts- und Informationsrechts wurde in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht noch präzisiert, wobei insbesondere auf § 538z Abs. 8 und 9 ASVG sowie § 441e Abs. 2 ASVG als gesetzliche Grundlagen für entsprechende Ansprüche der Mitglieder der ÜLK bzw. der Konferenz der Sozialversicherungsträger verwiesen wurde.
52 Tatsächlich folgt schon aus allgemeinen Grundsätzen, dass Mitglieder eines Kollegialorgans selbstverständlich das Recht haben, Kenntnis von allen vorhandenen Unterlagen zu sämtlichen Entscheidungsgegenständen zu erhalten, um ihre Pflichten in Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung erfüllen zu können. Dass die MU-GO nur eine Übermittlung von Unterlagen mit der Einladung zur Sitzung vorsieht, bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass in - aus welchen Gründen auch immer - nicht (schon) mit der Einladung übermittelte Unterlagen keine Einsicht zu gewähren ist.
53 In Bezug auf ein darüber hinausgehendes Auskunftsrecht der Mitglieder lag allerdings kein konkreter Streit - als Voraussetzung für ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde nach § 450 Abs. 1 ASVG - vor, da weder vorgebracht wurde noch aus den vorgelegten Akten ersichtlich ist, dass ein Auskunftsbegehren gestellt und nicht beantwortet wurde. Insoweit wäre der Antrag daher zurückzuweisen gewesen.
54 Infolge der dargestellten Verkennung der Rechtslage durch das Bundesverwaltungsgericht war der Revision stattzugeben und der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 4 VwGG abzuändern.
5. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.e. des Bescheides
55 Mit diesem Spruchpunkt stellte die Bundesministerin, bestätigt durch das Bundesverwaltungsgericht, fest, dass „die Antragsteller im Rahmen ihrer Funktion als Mitglieder der Überleitungskonferenz das Recht haben, an der Auswahlentscheidung für den Büroleiter mitzuwirken, was nicht zwingend das Recht auf Abhaltung eines Hearings umfasst - das Recht auf Mitwirkung im vorliegenden Fall somit nicht verletzt wurde“.
56 Die revisionswerbenden Parteien bekämpfen diesen Ausspruch, legen aber nicht dar, aus welcher Rechtsvorschrift sich das (zwingende) Recht auf Abhaltung eines Hearings ergeben sollte. Eine solche Rechtsgrundlage ist auch nicht ersichtlich.
57 Der Revision war in diesem Punkt daher nur insoweit im Ergebnis Folge zu geben, als nach den unter Punkt I. dargelegten Grundsätzen nur der konkrete Streit zu entscheiden und nicht darüber hinaus eine allgemeine Feststellung über den Umfang des Rechts der Mitglieder zu treffen war. Der Spruchpunkt war gemäß § 42 Abs. 4 VwGG entsprechend anzupassen.
6. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I.f. des Bescheides
58 Mit diesem vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt stellte die Bundesministerin fest, dass eine Anberaumung von zwei Sitzungen am selben Tag im Zusammenhang mit dem Entscheidungsprozedere nach § 441a Abs. 2 ASVG im konkreten Fall zulässig gewesen sei.
59 Diesbezüglich ist zunächst zu klären, ob es sich überhaupt um einen zulässigen Entscheidungsgegenstand im Verfahren nach § 450 Abs. 1 ASVG gehandelt hat, da dieses Verfahren - wie oben ausgeführt - nicht der Feststellung objektiver Rechtswidrigkeiten dient, sondern - sofern es nicht um die Auslegung der Satzung geht - immer einen Bezug zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder des Verwaltungskörpers (oder des Verwaltungskörpers selbst) haben muss.
60 Die Bundesministerin und das Bundesverwaltungsgericht sind ohne nähere Begründung von einem zulässigen Entscheidungsgegenstand ausgegangen. Dem kann im Ergebnis deswegen gefolgt werden, weil hinter der Frage, ob die zweite Sitzung nach einem nicht einstimmigen Abstimmungsergebnis noch für den selben Tag bzw. auch schon vorab anberaumt werden kann, letztlich das Recht der Mitglieder steht, rechtzeitig zu Sitzungen geladen zu werden.
61 Gemäß § 441a Abs. 2 Satz 2 ASVG erfordert ein gültiger Beschluss der Konferenz Einstimmigkeit, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt. Kommt kein gültiger Beschluss zustande und wird die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedarf ein gültiger Beschluss gemäß § 441a Abs. 2 Satz 3 der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern. Diese Bestimmung ist - wie schon erwähnt - gemäß § 538z Abs. 6 ASVG auch auf die ÜLK anzuwenden, wobei im Fall, dass ein gültiger Beschluss der ÜLK nicht zustande kommt, der/die Vorsitzende, wenn wichtige Interessen des Dachverbandes gefährdet scheinen, die Angelegenheit der Bundesministerin zur Entscheidung vorlegen kann.
62 Dieses stufenweise Prozedere wird in den Gesetzesmaterialien nicht näher erläutert. In den ErlRV 329 BlgNR 26. GP, 9, wird im Wesentlichen nur der Gesetzeswortlaut wiederholt: „Sie [die Konferenz] fasst ihre Beschlüsse nach dem Einstimmigkeitsprinzip bei Anwesenheit von mindestens sieben Mitgliedern. Kommt auf diese Weise kein gültiger Beschluss zustande, so kann in einer weiteren Sitzung auf Antrag eines Mitglieds über denselben Gegenstand abgestimmt werden, wobei jedoch nur mehr eine Mehrheit von sieben Stimmen für die Beschlussfassung erforderlich ist.“
63 Die Regel, dass bei einer Abstimmung über den gleichen Beschlussgegenstand in einer weiteren Sitzung nicht mehr Einstimmigkeit, sondern eine qualifizierte Mehrheit von sieben Stimmen erforderlich ist, kann aber nur den Zweck haben, den Zeitraum für die Konsenssuche bis zum nächsten Sitzungstermin zu erstrecken, wobei für den Fall des Scheiterns dieser Bemühungen die Beschlussfassung mit einem geringeren Zustimmungsquorum ermöglicht wird. Zur Abhaltung dieser weiteren Sitzung kann zwar die Tagesordnung eines schon anberaumten Sitzungstermins ergänzt werden. Es ist aber zum einen nicht zulässig, schon „auf Vorrat“ einen weiteren Sitzungstermin für eine Wiederholungsabstimmung anzuberaumen, zumal dies zunächst - nach Nichterreichen der Einstimmigkeit - den Antrag eines Mitglieds voraussetzt; zum anderen muss zwischen den beiden Sitzungsterminen grundsätzlich zumindest die reguläre Einladungsfrist für Sitzungen (nach § 3 MU-GO: acht Tage) zur Verfügung stehen, um dem Zweck des zweistufigen Verfahrens - der Ermöglichung einer Konsenssuche nach bei der ersten Abstimmung gescheiterter Einstimmigkeit - entsprechen zu können.
64 Eine Vorgangsweise wie im vorliegenden Fall - Anberaumung einer jeweils zweiten Sitzung zur Ermöglichung eines Mehrheitsbeschlusses mit Einladung vom für den um 18:30 (für den Fall des Scheiterns der Einstimmigkeit in der Sitzung am um 10 Uhr) bzw. mit Einladung vom für den um 17 Uhr (für den Fall des Scheiterns der Einstimmigkeit in der Sitzung am um 15:30 Uhr) - ist damit rechtswidrig: zum einen wegen der Anberaumung noch vor der Stellung eines Antrags auf Abstimmung in einer weiteren Sitzung, zum anderen wegen der extremen Verkürzung der Frist vor der zweiten Sitzung (am lagen zwischen den beiden Sitzungen laut Protokoll nur zehn Minuten), womit das grundsätzliche Einstimmigkeitserfordernis letztlich völlig ins Leere läuft.
65 Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur Bestellung des Büroleiters mit Wirkung ab laut § 538z Abs. 7 Z 1 ASVG nicht die Missachtung anderer gesetzlicher Vorgaben rechtfertigen kann, zumal (worauf auch die revisionswerbenden Parteien hinweisen) § 538z Abs. 7 Z 1 ASVG eine rückwirkende Bestellung nicht auszuschließen scheint.
66 Zusammengefasst war - entsprechend dem Antrag der revisionswerbenden Parteien - in Stattgabe der Revision gemäß § 42 Abs. 4 VwGG festzustellen, dass es gemäß § 441a Abs. 2 ASVG nicht zulässig ist, für einen Tag zwei Sitzungen anzuberaumen, damit am selben Tag über einen Beschlussgegenstand nach Scheitern der Einstimmigkeit mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann, obwohl zum Zeitpunkt der Ladung für die zweite Sitzung der Antrag auf neuerliche Abstimmung in einer weiteren Sitzung noch nicht gestellt worden ist, sodass die Mitglieder in ihrem diesbezüglich geltend gemachten Recht verletzt wurden.
67 Von der in der Revision beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
68 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | ASVG §441a Abs2 ASVG §449 Abs1 ASVG §450 ASVG §450 Abs1 ASVG §456a Abs4 ASVG §456a Abs5 ASVG §538z ASVG §538z Abs1 ASVG §538z Abs2 ASVG §538z Abs5 ASVG §538z Abs6 ASVG §538z Abs7 Z1 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 §3 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 §3 Abs1 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 §3 Abs2 MusterGO Sozialversicherungsträger 2019 §3 Abs4 VwRallg |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021080006.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-46604